Markus Schirmer - Debüt bei den Wiener Philharmonikern

  • Liebe Forianer,


    Daß Markus Schirmer ganz an die Spitze gehört, das war mir nach dem Kauf seiner Beethoven Sonaten CD (leider gibt es nur eine) und weiteren Aufnahmen mit ihm .


    Wenngleich er auch anderes erstklassig spielt - seine Stärke liegt bei Werken der Wiener Klassik . Und mit Mozarts Klavierkonzert in d-moll KV 466 gab er gestern sein Debut mit den Wiener Philharmonikern im Wiener Musikverein, welches am 22. und 23. April wiederholt wird. Am Pult steht jedesmal Valery Gergiev. Die Kadenzen sind von Markus Schirmer.


    Der Kulturteil der österreichischen Tageszeitung "Der Standard" widmete gestern diesem Ereignis eine halbe Seite.


    Fürs Forum erhielt ich an meine e-mail Adresse folgende Botschaft - allerdings zeitlich seeehr knapp - aber sicher hatte Markus in den letzten Tagen eine Menge am Hals.....



    Ich persönlich wünsche mir, daß dies der Beginn eine laaangen Aufnahmeserie von Mozart - CDSs mit Markus Schirmer sein möge....



    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Schlecht gespielt war es nicht - aber schlecht geplant.


    In diesem "Sandwich" hat gewissermaßen das Brot die Füllung an die Wand gespielt, denn der Shostakovitch (insb. das Violinkonzert mit einem sensationellen Vadim Repin) war wirklich großartig. Schade für Schirmer, aber da ist er unter die Räder gekommen.


    Jedenfalls gibt's am Sonntag die Matinee auf Ö1 - unbedingt anhören!
    (und wer zufällig in Wien ist - hingehen!)

  • Meine persönlichen Eindrücke zur Ö 1 Übertragung:


    Schirmer macht´s spannend. Er konterkariert die lebendige Orchestereinleitung in seinem ersten Einsatz mit bewusster Zurücknahme, um sich auch in der Folge deutlich als selbstbewusster Solist zu positionieren, ohne Mozarts musikalische Poesie damit abzubremsen, ganz im Gegenteil diese bewusst auskostend. Ein großartig spannendes Wechselspiel, das natürlich auch ganz wunderbar ineinander fließt. Friedrich Gulda hat endlich einen legitimen Nachfolger gefunden! Schirmer spielt allerdings nicht die Beethoven-Kadenzen. (Wenn man die gewohnt ist, bedeutet dies auch eine spannende Abwechslung, zumal Schirmer mit sich aus dem Spiel entwickelnden innehaltenden gebrochenen A-Dur Akkordfolgen plötzlich Tore ins Universum aufzustoßen imstande scheint.) Voll Poesie ist natürlich erst recht die Romanze, auch der stürmische Mittelteil atmet bunt im Wechselspiel der Holzbläser mit den Wanderungen des Klaviers über die ganze Tastatur. Auch im spritzigen Rondofinale akzentuiert der Pianist – wenn er´s tut – einfühlsam und intelligent, immer im Sinne der Musik. Ein kurzweiliger, spannender Mozart!


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Zunächst einmal einen ganz herzlichen Gruss an alle Forum-Besucher ! Bin gerade 2 Tage in Graz, wo ich meine Schäfchen (Studenten :-) nach längerem wieder einmal sehr intensiv betreue, morgen aber schon wieder unterwegs in die Schweiz, um mit meinem Schauspieler-Kollegen Wolfi Berger dreimal unser Programm "Engel im Kopf" zu spielen. (Baden bzw. Wohlen, nähere Infos auf meiner Hp, falls irgendjemand interessiert ist, zu kommen).
    Ich wollte, falls Euch dies interessiert, kurz schildern, wie es für mich gewesen ist, zum erstenmal mit den Wiener Philharmonikern musiziert zu haben (mit Valery Gergiev hatte ich ja bereits einmal - vor 3 Jahren - das Vergnügen. Damals stand allerdings das Brittenkonzert am Programm, gemeinsam mit seinem "Mariinsky"):
    Nach einer ersten Beschnupper-Probe im gläsernen Saal, welcher leider denkbar ungünstige Verhältnisse in der Akustik aufweist, gings zur Generalprobe gleich in den herrlichen Musikvereinssaal, wo die Inspiration ja förmlich in jeder Holznische "lauert" - und so war´s auch: es war ein pures Vergnügen, in diesem Saal, mit diesem Orchester - aber sicher auch diesem Dirigenten, der nach "gängigen Maßstäben" nicht unbedingt unter den Mozart-Dirigenten einzuordnen ist, Mozart spielen zu können. Ein spannendes Wechselbad, welches ich wirklich sehr genossen habe. Wenn einmal der Punkt erreicht ist, daß man regelrecht traurig ist, wenn die 3 Konzerte vorbei sind, wenn man´s sehr gerne beispielsweise weiter auf Tournee musizieren würde - denke ich - ist das ein ganz gutes Zeichen. Ich sehe Mozart sehr unverzärtelt, sehr männlich, aber auch sehr verletzlich und unsicher - sehr menschlich eben. Daher ist es durchaus legitim, was Gergiev gemacht hat: ihn herauszuheben aus der eigentlichen Mozart-Ecke und ihn - frech - zwischen 2 großartige Schostakowitsch-Werke zu positionieren. Der Anfang des Mozartschen d-Moll Konzerts nach der Pause erhält dadurch ein besonderes irrisierendes Flirren und eine vielleicht ganz neue, eigenwillige Wirkung, ich fands wirklich spannend. Es ist natürlich etwas ganz Besonderes, wenn´s da Musiker gibt, die auf jede Nuance wendig und willig reagieren, da entstehen dann Dialoge, die oft mit anderen Orchestern kaum möglich sind und das ist das Prickelnde an Mozart: ein Sich-die-Hände reichen, ein Fragen und Antworten, ein Herantasten und bestätigen. Für mich eines der bewegendsten und unmorzartschsten Konzerte, die es gibt, wahrscheinlich das "beethovenschste" unter allen, ein unglaublich faszinierendes persönliches Dokument, das, wenn man die Geschichte herum kennt, noch mehr an Bedeutung gewinnt: 11. Feb. 1785, ein eiskalter Wintertag. Mozart liegt im Clinch mit seinem Vater, der ihm nie verziehen hat, daß er sich von ihm und Salzburg losgelöst hatte, der nun - hier - seinen eigenen Weg gehen möchte. Der Vater besucht ihn nun erstmals in der Stadt. Mozart holt ihn ab, zerrt ihn in die damalige Mehlgrube, stösst ihn in den Sessel und spielt ihm sein allererstes Klavierkonzert in Moll vor (die schicksalhafte Tonart, die er nur mehr ein einziges Mal in einem weiteren Klavierkonzert (c-Moll Kv. 491) anschlagen sollte und dann natürlich im Don Giovanni) - Der Vater ist komplett irritiert, solch ein Werk seines Sohnes hat er noch nie gehört. Nach unzähligen Brüchen und Abgründen findet sich im plötzlich heiteren D-Dur Finale eine Art Versöhnungsangebot des Sohnes an den Vaters, welches dieser auch irgendwie erkennen kann und schlußendlich akzeptiert. Als Leopold sieht, daß sich Mozart im Wiener Musikleben und im eigentlichen Leben bewährt und Anerkennung genießt, beginnt er, seine starre Haltung aufzugeben und die beiden kommen sich wieder näher. Unter diesem Gesichtspunkt, jenem des Konfliktes und seiner Lösung, habe ich meine Interpretation, aber auch meine Kadenzen angelegt und war sehr dankbar, daß die Philharmoniker diesen Ansatz in so spannender und uneitler Weise mitgetragen haben. Mit Valery Gergiev ist bereits die nächste gemeinsame Zusammenarbeit in Planung: wie es derzeit aussieht, wird´s das 3. Prokofieff-Klavierkonzert, gemeinsam mit dem Mariinsky-Orchester - auch wieder mit einem Wiedersehen in Wien (Konzerthaus). Zeitraum: Oktober 2007.
    Alle Forenbesucher möchte ich aber schon jetzt zu einem 2., wenngleich ganz anderen Mozart-Programm sehr herzlich einladen (und da wird Alfred nun wahrscheinlich besondere Freude haben :-) - ich spiele am 8. Juni ´06 um 19:30 Uhr im Brahmssaal des Musikvereins gemeinsam mit dem wunderbaren Artis-Quartett Mozarts Klavierkonzert A-Dur Kv. 414 in der schönen und selten zu hörenden Quintett-Fassung. (auch das restliche Programm besteht ausschließlich aus Mozart) Ein Konzert im Rahmen der Wiener Festwochen.
    So - nun muß ich mich allerdings sputen, um rechtzeitig zu meinen "Schäfchen" zu kommen. Alles Liebe und ganz herzliche Grüsse !
    Markus Schirmer

  • Hallo Markus,


    Vielen lieben Dank für diesen sehr persönlichen Beitrag in unserem Forum. Zudem lässt er uns erahnen, was uns entgeht, weil Du dich den Taten des Klavieres und nicht der Computertastatur verschrieben hast - der Beitrag war auch historisch sehr fundiert - Spitze. Aber ehrlich gesagt bin ich trotzdem froh, daß Du dich für das Klavier entschieden hast... :hello:


    Besonders erwähnen möchte ich den Mut zu eigenen Kadenzen - viele Pianisten weichen dem aus - aus welchen Gründen immer. Gerade aber die Kadenzen ermöglichen es dem Interpreten viel persönliches einzubringen.


    Ich habe Dir vor etwa 2 Jahren die Frage gestellt , ob weitere Aufnahmeprojekte in Bezug auf "Wiener Klassik" geplant sind - und Du hast damals verneint. Sollte sich das aber inzwischen geändert haben - lass uns das bitte wissen.
    Meinen Terminkalender werde ich mir versuchen am 8. Juni freizuhalten - mal sehen obs gelingt. Wies scheint bist Du gerade dabei Wien zu erobern.... =)
    (und das ist wirklich keine leichte Festung ...)


    Weil ich natürlich weiß, wie knapp Deine Zeit bemessen ist -
    möchte ich Dir danken, daß Du dir welche für unser Forum genommen hast.


    Liebe Grüße von Wien nach Graz


    Alfred

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