Das Köchelverzeichnis zählt insgesamt 34 vollständige Sonaten für Klavier in mit einem weiteren Instrument. Abgesehen von den 18 Frühwerken KV 6-15, 26-31, 46d und 46e, welche nicht immer eindeutig die Violine als Korrespondent angeben, sondern ad libitum auch die Flöte, möchte ich die 16 eindeutigen Violinsonaten, beginnend bei KV 293a [301] vorstellen.
Die die Sonate G-Dur KV 293a [301], komponiert in Mannheim 1778, gewidmet der Kurfürstin von der Pfalz, beginnt Mozart ursprünglich ebenfalls noch für Flöte und Klavier. Vor der Solostimme im 1. Satz ist Violino unterstrichen und ó Flauto durchgestrichen. Man kann also sagen, hier beginnen die echten Violinsonaten, obwohl das Werk lediglich zweisätzig ist: Ein Allegro con spirito gefolgt von einem witzigen Allegro in Rondoform.
Ebenfalls der Kurfürstin von der Pfalz gewidmet ist die Sonate Es-Dur KV 293b [302], die ebenfalls aus nur zwei Sätzen besteht. Nach einem spritzigen Allegro folgt ein etwas stilfremdes Rondeau Andante grazioso, welches thematisch ab Takt 46 bereits auf Beethovens c-moll-Sonate hinwirkt.
Die pfälzer Kurfürstin muss sich geehrt gefühlt haben, dass ihr auch die Sonate C-Dur KV 293c [303] zugeeignet wurde. Wiederum noch nicht in der „klassischen“ Sonatenform stehend, beginnt diese Sonate Mit einer Adagio-Einleitung, welche in ein Molto Allegro übergeht und das beginnt keineswegs in der Grundtonart C-Dur! Anstelle einer klassischen Durchführung pflanzt Mozart den Adagio-Teil wieder ein, bevor das Molto allegro, diesmal in der Grundtonart stehen zum Schluß des ersten Satzes führ. Der zweite Satz ist kein Menuett, aber im Tempo di Minuetto zu spielen.
Machen wir es kurz: Der Kurfürstin wurden insgesamt sechs Violinsonaten zuteil, wovon die Sonate in A-Dur KV 293d [305] die vierte im Bunde ist. Noch immer zweisätzig beginnt die Sonate mit einem Allegro di molto, welches durchaus den Beinamen La chasse verdient hätte. Der zweite Satz ist ein Andante gracioso, welches fünffach variiert wird: Es fehlt nicht an der mozarttypischen moll-Variante und dem krönenden Allegro nach einem Wechsel des Metrums in einen 3/8-Takt.
Mozart unterbricht die Arbeit an dem Kurfüstinnen-Sextett mit der Sonate C-Dur KV 296, welche augenscheinlich pour Mademoiselle Therese [Pierron] gewidmet ist. Diese Sonate er scheint später im Erstdruck als eine der Six sonates pour le clavecin, ou Pianoforte d’un Violon dediées á Mademoiselle Josephe d’Aurnhamer. Die Sonate ist dreisätzig und beginnt mit einem lebhaften Allegro vivace. Es folgt ein liedhaftes Andante sostenuto und als dritter Satz ein Rondeau Allegro, welches in seiner Art bereits auf die Pariser Sinfonie hinweist.
Nach dem Erfolg der Pariser Sinfonie und nach dem Tod seiner Mutter am 3. Juli 1778 komponiert Mozart weiter an den kurfürstlichen Sonaten: Die Sonate e-moll KV 300c [304] wird immer im Zusammenhang mit dem Tod von Mozarts Mutter vernachlässigt; hier wird meist die Klaviersonate a-moll KV 300d [310] als Mozarts Gefühlsentladung angesehen. Das Werk ist wieder nur zweisätzig und beginnt im Allegro mit einem aus der Tiefe kommenden Dreiklangthema. Das zunächst ruhige Tempo di Menuetto des zweiten Satzes, unterbrochen von einem zarten E-Dur-Teil endet in einem klagenden Aufschrei.
Zwischen einer handvoll Klaviersonaten und vor dem unvollendeten Doppelkonzert für Klavier und Violine schließt Mozart den Zyklus mit der Sonate D-Dur KV 300 l [306] erfolgreich ab. Hüpfenden Bässe und virtuose Verspielungen im ersten Satz, Allegro con spirito, werden von dem verträumten Andantino cantabile des zweiten Satzes abgelöst. Wiederum etwas Besonderes ist der dritte Satz der Sonate. Die Besonderheit liegt zunächst in seiner Existenz, wo doch die fünf Vorgängerinnen dieses Zyklus jeweils aus nur zwei Sätzen bestanden. Der Satz beginnt mit einem spazierenden Allegretto im 2/4-Takt. Es folgt ein konzertantes 6/8-Allegro, dann wieder das Allegretto, dann wieder das Allegro. Die Sonate verfügt über eine durchkomponierte Kadenz, ähnlich der Klaviersonate B-Dur KV 315c [333]. Es ist kaum zu unterscheiden, ob das nach der Kadenz folgende Allegretto und Allegro noch zur eigentlichen Kadenz gehören, oder selbständig dastehen. Jedenfalls findet der Satz ein konzerthaftes Ende.
Den nächsten Zyklus bilden die sechs Aurnhammer-Sonaten, zu welchem die bereits oben erwähnte Sonate C-Dur KV 296 beigeordnet wurde. Mozart komponiert fünf weitere Sonaten, von denen die Sonate F-Dur KV 374d [376] die gezählte Nr. 1 ist. Die 1779/1781 geschriebenen fünf Sonaten sind Josepha von Aurnhammer gewidmet. Die F-Dur-Sonate ist dreisätzig, klassischer Form: Ein Allegro, gefolgt von einem singenden Andante und gekrönt von einem Rondeau, Allegretto gracioso.
In der Zykluszählung folgt nun als Nr. 2 die bereits 1778 komponierte C-Dur-Sonate. Als Nr. 3 wird die Sonate G-Dur KV 373a [379] gezählt. Auf eine romantische Adagio-Einleitung folgt ein klagendes Allegro in g-moll. Als Form für den zweiten und letzten Satz wählt Mozart ein typisch Mozartisches Thema in G-Dur, welches er sechsfach variiert. Hier mangelt es natürlich ebenfalls nicht an der obligatorischen moll-Variante, der Adagio-Version und einer Kadenz.
Die Sonate in B-Dur KV 317d [378] spiegelt Mozarts ganzes pianistisches Können dieser Zeit wieder, lässt es doch die Tonart zu, dass der Tonumfang von Mozart Klavier [F-f’’’] vollständig ausgekostet wird. Bereits virtuos der erste Satz, trotz Allegro moderato. Auf das Andantino sostenuto e cantabile [eine eher Beethovensche Satzbezeichnung!] folgt ein spritziges Rondeau Allegro – gekonnt unterbrochen von einem von Triolen übersähten Allegro im 4er-Takt. Der Schluß der Sonate erfolgt come prima im 6/8-Takt.
Die Sonate F-Dur KV 374e [377] ist ebenfalls nicht weniger erholend für die Ausführenden komponiert: markant rhythmisch und von Triolen gefolgt beginnt das erste Allegro. Der zweite Satz ist ein Andante [Thema] in d-moll, auf welches Mozart sechs Variationen komponiert. Thematisch ist dieser Satz sehr eng mit dem zweiten satz aus Beethovens 7. Sinfonie verwandt. Ein plätscherndes rondeauhaftes Tempo di Minuetto beschließt diese Sonate.
Als 5. Komposition für diesen Zyklus [bzw. als Nr. 6 in der Zählung] endet dieser mit der Sonate in Es-Dur KV 374f [380]. Der erste Satz drückt Feierlichkeit gleichermaßen aus wie Lebensfreude und steht den vorhergehenden Sonaten dieses Zyklus in Virtuosität um nichts nach. Als schönstes Stück darf der folgende 2. Satz in g-moll, Andante con moto, gelten, sehr melancholisch - und harmonisch durchaus kühn und einzigartig. Ein Rondeau ohne Tempoangabe krönt diese Schaffensperiode Mozarts in klavierkonzertähnlicher Manier.
Von den sogenannten späten Wiener Sonaten ist die wohl bekannteste die Sonate B-Dur KV 454 – „die mit der langsamen Einleitung“: Largo – Allegro. Meines Erachtens wird erst hier die Violine als gleichwertige Partnerin zum Klavier eingesetzt, wenn sie auch in den vorgenannten Sonaten nicht wegzudenken ist. Das Andante – eines meiner Lieblingsstücke – erweist sich als für die Violine technisch herausfordernd. Das sanghafte und trällernde Schlußrondo Allegretto ist wieder typisch mozärtlich und „leicht“. Die Sonate ist komponiert für die Violinistin Regina Strinasacchi.
Mit einem Molto Allegro beginnt die Sonate Es-Dur KV 481, die durchaus auch „Die Uhr“ genannt werden könnte. Jedenfalls meine ich, in den ersten 16 Takten eine Uhr ticken zu hören. Besonders interessant sind die enharmonischen Verwechslungen des 2. Satzes, mit denen Mozart spielt. Bereits die ungewöhnliche Tonart As-Dur lässt aufmerken. Das im zweiten Teil auftauchende Des-Dur verwandelt Mozart augenblicklich in ein cis-moll und kehrt über A-Dur, Cis-Dur, H-Dur, Fis-Dur kühn und elegant zum As-Dur zurück. Kurz vor Schluß löst Mozart den D7-Akkord auf Es noch einmal nach e-moll auf… Herzstillstand. Der dritte Satz ist eich schöner Variationensatz.
Ebenso beliebt bei den Hörern wie unbelibt bei den Ausführenden ist die Sonate A-Dur KV 526, welche 1787 als unmittelbare Vorgängerin des Don Giovanni in Wien entstand. Die Sonate enthält die aus unerfindlichen Gründen bisher genauste Entstehungsangabe Mozarts: Sonata per Piano-forte e Violino di W. A. Mozart mpr. Landstraße. Nach gesanghaften Molto Allegro folgt ein wunderbares Andante, in dem die Violine stellenweise mit dem Bass des Klaviers kooperiert. Ähnlich dem „großen“ Klavierkonzert in A-Dur KV 488 ist das Presto des letzten Satzes angelegt, unendlich lang, undendlich schön, unendlich schnell…
Im Prinzip sind die Violinsonaten damit beendet, hätte Mozart nicht noch die Sonate in F-Dur KV 547 als Kleine Klavier Sonate für Anfänger mit einer Violin komponiert. Nach dem eher oberflächlichen Andantino cantabile folgt ein Allegro und ein bezauberndes Andante con variazioni. Letztere beide übertrug Mozart später als Einzelsätze für Klavier allein.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen natürlich die Zwölf Variationen über ‚La Bergére Célimène’ in G-Dur sowie die Sechs Variationen über ein Andantino ‚Hélas, j’ai perdu mon amant’ in g-moll, sowie die beiden so genannten Konstanze-Fragmente und die Bearbeitung [eines Unbekannten?] der Klaviersonate B-Dur KV 570, zu dem die Violinstimme - warum auch immer, aber absolut würdig - ergänzt wurde.
Eigentlich wollte ich ja nur fragen, welche Interpreten die Taminos und Taminas bevorzugen bzw. welche Favoriten Ihr unter den genannten Werken habt?
Cordialement,
Ulli