J.S. Bach: Suiten für Violoncello Solo auf DVD

  • Tach,


    man sollte ja nicht für möglich halten, dass es spannend sein könnte, einem einsamen Cellisten dabei zu zu sehen, wie er die 6 Suiten für Violoncello Solo spielt. Ist es aber ! Zum beweis hier vier Einspielungen auf DVD:


    1. Miklós Perényi



    Eine musikalisch sehr gelungene Einspielung, bei der die visuelle Umsetzung ausgezeichnet gelungen ist !


    2. Wen Sinn Yang



    Informative DVD mit Beiträgen zur Entstehungsgeschichte und Interpretationspraxis.


    3. Mstislaw Rostropowitsch



    Der Klassiker in einer klassischen Umgebung.


    4. Mischa Maisky



    Die DVD von Yo-Yo Ma zähle ich nicht dazu; ich kenne sie auch noch nicht.


    VG, Bernd

  • Eine berührende Aufnahme war Paul Tortelier in seinem letzten Lebens-Sommer noch gegönnt, die dieser große Cellist anlässlich des 40. Jahrestages des Festivals von Prades im Gedenken an dessen Gründer Pau Casals auf DVD sehr ausdrucksstark und "sprechend" auf DVD ("Paul Tortelier - Testament to Bach") gestaltet, wobei man auf altersbedingte technische Beeinträchtigungen hinweghören sollte. Dennoch ein ungemein beeindruckendes Bild- und Tondokument, zumal wenn man sich erinnert, wie viele Maßstab setzende Aufnahmen dieser Grandseigneur der französischen Cellokunst seinem Publikum hinterlassen hat. Vor allem sein "Don Quixote" machte ihn unsterblich ...


    Daß die Rostropowitsch-Doppel-DVD das Maß aller Dinge ist, dürfte wohl unbestritten sein. Besonders wertvoll ist die Tatsache, dass Slava (sollte ich jetzt wieder einen Rüffel von Schlechtriem bekommen, dass ich Rostropowitsch mit seinem Kosenamen benenne, dann halte ich ihm eine persönliche Widmung vors Gesicht, in der mir der große Cellist mit den Schlußworten "... in Liebe - Slava" unendliche Freude bereitete) jede der Suiten ganz wunderbar erklärt und auch am Klavier mit Beispielen und Hinweisen unterstreicht. Auch das beeindruckende Ambiente der Kathedrale von Vézelay trägt zur in jeder Hinsicht stimmigen Atmosphäre dieser Aufnahme (für die einsame Insel) bei.


    PS: Zum Unterschied von z.B. Anner Bylsma spielt Slava (nochmals na bumm!) auch die 6. Suite auf seinem Cello und nicht auf einer fünfsaitigen Viola pomposa.


    Die Maisky-Aufnahme (ich spreche nur von seiner CD-Box bzw. von seinen Suiten, die ich in Wien - teilweise nur zum Teil als Zugabensätze - die DVD kenne ich leider nicht) wird von Bach-Puristen als "zu romantisch" verketzert, die nicht genug kriegen können vom strengen Stil. Ich gestehe, dass sie mich begeistert (Bach mit Vibrato und agogisch-rhythmischen "Subjektivismen" - einfach überwältigend!).


    PS: Als ein Kritiker Maysky einmal seine romantische Bach-Sicht vorwarf, konterte dieser mit den entwaffnenden Worten: "Können Sie sich vorstellen, dass ein Vater von zwölf Kindern kein Romantiker gewesen sein soll? - Ich nicht!"


    Schiff und Bylsma habe ich in Wien mit den Suiten-Zyklen erleben dürfen, so grundverschieden beide auch den Meister interpretierten - Bylsma spielte übrigens die 6. Suite auf einer Pomposa di braccia - Schiff sehr trocken und geradlinig, Bylsma mit Andacht und Größe auf seinen Darmsaiten - beider Interpretationen waren beglückend.


    Ja, und Ma spielt "seinen" Bach sehr souverän und technisch vollendet, aber der "Funke" springt doch vor allem in den Préludes über, während die restlichen Sätze eher eine Demonstration seines technischen Könnens sind.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Mir scheint es nicht entscheidend zu sein , wen jemand als d e n besten Interpreten für sich selbst aus der nicht geringen Anzahl von Aufnahmen herausgehört hat .


    Die Werke selbst sprechen , klingen aussich selbst . Wobei sicherlich jeder von u8ns auch eine bevorzugte Komposition hat .


    TORTELIER halte ich für einen sehr guten Vorschlag , wenn man sich e i n e Aufnahme kaufen möchte oder dabei ist , sich eine CD - Bibliothek aufzubauen . Ntürlich auch sonst . Tortelier war ein grosser seines Instrumentes .


    PABLO CASALS . An ihm dürfte nichts vorbeigehen , wobei mir die LPs besser gefallen als dei CDs .


    FOURNIER wie Tortelier ein bedeutender Cellist sollte immer Berücksichtigung finden .


    Die Leidenschaft von "Slava" ROSTROWITSCH ist vielleicht nicht jedermanns Sache . Aber welch eine Musiker !


    YO YO MA . Es ist ein wenig ( zu ? ) still um ihn geworden gehört zu den immer genannten Tipps . Zu recht .


    Aber , bitte , liebe Freunde , wie steht es um die CeliistINNEN ???


    Ich würde mich gerade hier auf eine Antwort freuen ( möglichst mit Empfehlungeg ) .


    Einen schönen Sonntag !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Frank,


    in diesem Thread ging es eigentlich nur um audiovsuelle Aufnahmen der Suiten. Es gibt noch einen allgemeinen Thread zu den Cellosuiten von Bach und zwar hier: Bach Violoncello Solo


    Zitat

    TORTELIER halte ich für einen sehr guten Vorschlag , wenn man sich e i n e Aufnahme kaufen möchte oder dabei ist , sich eine CD - Bibliothek aufzubauen . Ntürlich auch sonst . Tortelier war ein grosser seines Instrumentes .


    Welche Aufnahme meinst du ? Tortelier hat die Suiten imo wenigstens dreimal eingespielt, einschließlich der hier genannten auf DVD. Von den drei Aufnahmen ist die auf DVD natürlich am beührendsten. Von den CD´s finde ich die aus 1960 am besten, weil sie ie bewegten, tänzerischen Momente stärker betont, während die ältere imo etwas abgeklärte, meditativer klingt.


    Zitat

    PABLO CASALS . An ihm dürfte nichts vorbeigehen , wobei mir die LPs besser gefallen als dei CDs .


    Ich finde die Aufnahmen, selbst wenn man mal von der katastrophalen aufnahmetechnischen Qualität absieht, auch interpretatorisch nicht so gelungen. Als ich könnt durchaus darauf verzichten, etwa zugunsten eines Janos Straker, Steven Isserlis oder Wenn Sinn Yang. Aer ich gebe dir insofern recht, als sie historisch natürlich als erste Gesamteinspielung überhaupt durchaus ihren Wert hat.


    Zitat

    FOURNIER wie Tortelier ein bedeutender Cellist sollte immer Berücksichtigung finden .


    Volle Zustimmung; sicherlich eine der besten Aufnahmen, die derzeit auf dem Markt sind. Neben der bekannten Aufnahme aus 1961 soll es noch eine weitere geben, die ich aber leider nicht kenne.


    Zitat

    Aber , bitte , liebe Freunde , wie steht es um die CeliistINNEN ???


    Ich habe Aufnahmen von Gerda Angermann, Viviane Spanoghe, Tanya Anisimova, Phoebe Carrai, Kerstin Feltz, Anne Gastinel, Ophelie Galliard, Nobuko Imai (Viola), Viktoria Drake (Harfe), Maria Kliegel, Esther Nyffenegger, Susan Sheppard, Anette Maria Slaatto (Viola), Marion Verbruggen (Flöte), Tatjana Vassiljeva und Barbara Westphal (Viola). So richtig überzeugt hat mich davon bisher keine. Am besten gefielen mir noch Anne Gastinel, die sehr frech mit den Tempi spielt, aber da fehlt dann doch ein wenig der Gesamtüberblick, Maria Kliegel, die in der 5. Suite die Sarabande in der Wiederholung gezupft zu spielen und Marion Verbruggen - die Suiten auf der Blockflöte sind Konzentration auf das Wesentliche.



    Zitat

    Ich würde mich gerade hier auf eine Antwort freuen ( möglichst mit Empfehlungeg ) .


    Gerne: fehlen darf imo keineswegs Janos Starker; die Unterschiede in den Aufnahmen von 1963 (Mercury, SACD) und 1992 sind eklatant. Starker spielt hochvirtuos und mit einer Leichtigkeit und Unangestrengtheit, die ihm so leicht keiner nachmacht. Gaspard Cassado und André Navarra - die beiden anderen Musketiere - spielen natürlich auch in der allersten Liga. Enrico Meinardi spielt die Suiten nicht, er "zelebriert" sie. Von den Jüngeren würde ich mir mal die Einspielungen von Truls Mork und Torleif Thedeen anhören, Queyras ist auch sehr gut. Von der "historischen" Schule natürlich Anner Bylsma und Hidemi Suzuki.


    Zitat

    Einen schönen Sonntag !


    dito, Bernd

  • Lieber Bernd :



    ganz herzlichen Dank !


    ENRICO MAINARDI . Richtig , er war ein Grandseigneur des Cellospieles .


    Janos STARKER gehört sicherlich auch dazu .


    Bei den DAMEN bin ich etwas verwundert , dass Du so viele Aufnahmen zumindest kennst , aber von einer abgesehhen , keine so wirklich überzeugt .


    Dabei gibt es odch seit vielen Jahren Cellistinnen in renommierten Orchetsren . Ich erinnere mich an ein Konzert in Paris um 1984 als sogar eine Diskussion entbrannt ist , wie denn die Cello spielende Dame gekleidet zu sein habe .


    Gibt es dafür Gründe ?


    Es gab doch immer grosse Pianistinnen , bedeutende Geigerinnen . Harfenistinnen ( etwa Frau Zoff in der Staatskapelle Dresden geradezu unverzichtbar zu ihrer Zeit ! ) . Den Fall Sabine Meyer lasse ich hier bewusst einmal weg, weil er ausdiskutiert worden ist .


    Viele Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Frank,


    ich schildere natürlich nur meine ganz subjektiven Eindrücke und muss dazu sagen, dass ich selber weder Musiker noch Kritiker bin, sondern nur ein Laie, der nicht einmal besonders tiefe theoretische Kenntnisse von Musik und Interpretationstechnik oder Aufführungsweisen hat. Deshalb tue ich mich manchmal auch wirklich schwer, meine Eindrücke in Worte zu fassen. Und ausser den genannten hat keine andere der Damen bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, obwohl sie sicherlich nicht schlecht sind.


    Was wirklich bedauerlich ist, ist der Umstand, dass es von der herausragenden Jaqueline du Pre leider nur eine Einspielung der 1. Suite gibt. Eine berückende Aufnahme ! Was hätte sie aus den anderen machen können ?!


    Viele Grüße,


    Bernd

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna


    Die Leidenschaft von "Slava" ROSTROWITSCH ist vielleicht nicht jedermanns Sache . Aber welch eine Musiker !


    Frank


    PO fiel offenbar der Zensur zum Opfer. Aber im Ernst: Ich kann nicht nachvollziehen, dass DIESE Aufnahme zu leidenschaftlich wäre. Aber natürlich muss man jedes (subjektive) Urteil - und wer bitte ist nicht subjektiv? - akzeptieren. Wenn man z.B. Prokofjews Sinfonisches Konzert in Slavas Interpretation hört, ja da ist wahrhaftig Funken schlagende Leidenschaft und Dramatik auszumachen, die dem Hörer schier den Atem raubt. Aber bei Bach? Da spielt Rostropowitsch die Suiten (wohlgemerkt: auf der DVD!) bei weitem kontemplativer, scheint mir, als in der CD-Version. Abgesehen davon, dass Leidenschaft als Interpretationselement ohnedies sehr oft zu kurz kommt. Ich bin mir bewusst, dass heutzutage Attribute wie Schönheit, Ausdruckstiefe oder eben Leidenschaft nicht mehr en vogue sind. Bedauerlicher Weise. Da trägt der Geschmacksbildner Harnoncourt einen Grossteil Schuld daran.


    Um nochmals auf die Rostropowitsch-DVD zurückzukommen: Ich rechne diesem grossen Musiker hoch an, dass er die Suiten vor seiner Interpretation edukativ dem Hörer nahebringt und so ein tieferes Verständnis für diesen Cello-Solozyklus erreicht. Dafür kann man ihm, meine ich, nicht innig genug danken!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Zitat

    Original von Milletre


    Um nochmals auf die Rostropowitsch-DVD zurückzukommen: Ich rechne diesem grossen Musiker hoch an, dass er die Suiten vor seiner Interpretation edukativ dem Hörer nahebringt und so ein tieferes Verständnis für diesen Cello-Solozyklus erreicht. Dafür kann man ihm, meine ich, nicht innig genug danken!


    Wenn Sinn Yang macht das auf seiner DVD übrigens auch. Zwischen den Suiten erklärt er verschiedene Interpretationsansätze und Aufführungsweisen. Lohnt sich. Ich habe viel dabei gelernt. Die DVD ist überhaupt vorbildlich, weil sie zudem zwei CD´s enthält, auf denen nur die Musik enthalten ist. So sollte es sein !


    Was Yo Yo Ma angeht: ich finde seine frühe Aufnahme viel besser, als die spätere, die im Zusammenhang mit der DVD entstanden ist. Da ist er mir zu meditativ. Das funktioniert vielleicht im Zusammenspiel mit den Bildern.


    VG, Bernd

  • Bedauerlicherweise kenne ich diese Einspielung von Wen-Sinn-Yang nicht, möchte aber betonen, dass ich diesen wunderbaren Cellisten von vielen Kammermusikaufnahmen des BR her ausserordentlich schätze.


    Diese DVD muss ich mir (Aktion wässriger Mund) unbedingt zulegen - danke für diesen Hinweis!

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  • Gibt es überhaupt von den "Altmeistern" (Navarra, Piatigorsky, Casals, Feuermann etc.) DVDs, basierend auf Filmmaterial?

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  • Zitat

    Original von Milletre
    Gibt es überhaupt von den "Altmeistern" (Navarra, Piatigorsky, Casals, Feuermann etc.) DVDs, basierend auf Filmmaterial?


    Leider gibt es - bis auf Casals und Navarra - von Feuermann un Piatigorsky meines Wissens nicht einmal Tonträger.


    VG, Bernd


    P.S.: Es scheint so, als habe sich die Moderation dann doch entschieden, den Teil des Threads, der sich nicht unmittelbar mit den DVD-Aufnahmen der Suiten, sondern nur mit diesen selbst auf Tonträer befasst zu verschieben, und zwar hierhin: http://www.tamino-klassikforum.at/thread.php?threadid=443, vielen Dank !

  • Zitat

    Original von Milletre
    ....
    Aber bei Bach? Da spielt Rostropowitsch die Suiten (wohlgemerkt: auf der DVD!) bei weitem kontemplativer, scheint mir, als in der CD-Version.
    ...


    Ähem. Das sind identische Aufnahmen, gemacht im März 1991 in Vezelay!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Ähem. Das sind identische Aufnahmen, gemacht im März 1991 in Vezelay!


    :hello:


    Da sieht man wieder, wie sich der Eindruck verändern kann, sobald man auch den visuellen Eindruck mit einfließen läßt.
    Übrigens: Auch ich bin aus Graz, lebe aber seit 1962 in Wien.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)