Damit es endlich einen Thread über Alfreds Lieblingsklavierkonzert gibt [und ich ihm kein Weihnachtsgeschenk kaufen muß (freiwillige Zwangsverpflichtung)]:
In aller Eile komponierte Mozart das Klavierkonzert D-Dur KV 537, heute als „Krönungskonzert“ bekannt. Er vollendete es Ende Februar 1788. Sehr unbekannt und in diesem Falle sicherlich überraschend ist die Tatsache, dass Mozart auch hier – wie bei den Konzerten F-Dur KV 413, A-Dur KV 414, C-Dur KV 415 und Es-Dur KV 449 – den gesamten Bläserpart ad libitum setzte. Während es zu der Trias KV 413-415 sowie zu KV 449 Einspielungen ohne Bläser – quasi als Klavier-Quintett - gibt, ist dies nach meinen Recherchen für KV 537 bisher nicht der Fall. Zu den kammermusikalischen Einspielungen der genannten Klavierkonzerte siehe hier:
Mozart: Klavierkonzert A-Dur KV 385p (KV 414) als Klavierquintett
Mozart dachte wohl auch bei KV 537 daran, durch die Kammerversion größere Verbreitung des Werkes – und damit schlussendlich höhere Einnahmen – zu bewirken.
Das Werk ist ein sehr persönliches, da Mozart es für sich selbst komponierte und es keinen erkennbaren bzw. nachweisbaren Auftraggeber oder Widmungsträger gibt. Für diese Tatsache spricht neben der Nichtexistenz originaler Kadenzen u.a. auch, dass Mozart den Part der linken Hand in weiten Teilen unausgefüllt ließ - und dies noch weitaus großzügiger als in KV 491 [vgl. diesbezügl. Thread oder diesen Post]. Der Part der linken Hand wurde jedoch bereits in den ersten Druckausgaben [Erstdruck J. Andrè, Offenbach, 1794 als op. 46] von unbekannter Hand ergänzt. In den meisten Fällen wird diesem nicht als solchen erkennbaren Ausführungsvorschlag heute gefolgt. Diese Ergänzung ist in weiten Teilen brauchbar, doch teils auch etwas trivial. Wagemutige Interpreten, welche Kenntnis von den eigentlich fehlenden Stimmen haben, zeigen in diesem Konzert ihr eigentliches Können.
Da Mozart das D-Dur-Konzert am 15. Oktober 1790 in Frankfurt anlässlich der Krönung Leopolds II. spielte, erhielt das Werk den Beinamen „Krönungskonzert“. Es ist anzunehmen, dass im Rahmen der Krönungsfeierlichkeiten die Version mit Bläsern [Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten nebst Pauken] gegeben wurde. Vermutlich ebenfalls zur Kaiserkrönung wurde das F-Dur-Konzert KV 459 gegeben, von dem heute die Trompeten- und Paukenstimmen als verloren gelten müssen. Das sogenannte „2. Krönungskonzert“, auf welches innerhalb dieses Threads nicht weiter eingegangen wird, kennen wir daher heute nur in der abgespeckten Version [Rekonstruktionsversuche mit Trompeten und Pauken gibt es sehr wohl].
KV 537 ist – wie alle Klavierkonzerte Mozarts – dreisätzig angelegt und gehört m. E. zu den harmonisch interessantesten, vielleicht gar „modernsten“, vgl. Satz 1, Takte 143ff. [diese ähneln z.B. Schuberts Finalsatz der Sonate a-moll D784], besonders jedoch T. 178ff. oder die Takte 124ff. des Finales.
Die Satzfolge ist
1. Allegro D-Dur, C-Takt
2. ohne Satzbezeichnung, A-Dur, C|-Takt [„Larghetto“ später von fremder Hand hinzugefügt]
3. ohne Satzbezeichnung, D-Dur, 2/4-Takt [„Allegretto“ später von fremder Hand hinzugefügt]
Erneut ist hier die große Eile der Komposition durch das Fehlen der Satzbezeichnungen im Autograph erkennbar.
Ich nehme dieses Konzert zum Anlass, um mittels ein paar Notenbeispielen gewisse Ähnlichkeiten in Mittelteilen von Mittelsätzen einiger Klavierkonzerte aufzuzeigen:
Man kann an diesen Beispielen sehr schön erkennen, wie Mozart ein und denselben Gedanken unterschiedlich ausführt. Die Nebenthemen im jeweils 2. Satz der Konzerte 466, 467, 537 und 595 sind sehr eng miteinander verwandt und haben verschiedene melodische oder rhythmische Beziehungen untereinander. Vielleicht auch ein Anreiz, die vier Mittelsätze einmal vergleichend anzuhören?
Besonders im Mittelsatz ist die große Auszierungskunst des Pianisten gefragt – wiederholt sich doch das Hauptthema ganze 7 Mal [eingerechnet die Insichwiederholung der zweiteiligen Phrase, jedoch ohne die Wiederholungen vom (Streich-) Orchester]. Immerseel interessiert dies z.B. leider nicht, er spielt lieber mit m. E. überflüssigen Auszierungen auf anderen Teilen als dem Hauptthema herum. Brendel ist diesbezüglich „erfinderischer“ gewesen, dafür aber nicht HIP [nun wird er's nicht mehr ändern...]
Ulli