Philip Glass – Klassik oder Kommerz?

  • Hallo,
    ich möchte hiermit allen Liebhabern klassischer Musik den amerikanischen Komponisten Philip Glass etwas näher bringen.


    Schon im Titel „Philip Glass – Klassik oder Kommerz“ habe ich seine beiden Hauptrichtungen genannt. Wie viele andere Komponisten schreibt Glass auch Musikstücke, um damit Geld zu verdienen, aber mir ist kein anderer bekannt, der das so offen zugibt. Zitat:“… Mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Geld verdienen…..“
    Wem diese Einleitung jetzt genügt bzw. wen ich verschreckt habe, der kann den Beitrag komplett überspringen, die andern sind eingeladen, weiterzulesen.


    Um sich Stücke von Philip Glass anzuhören, muß man schon bereit sein, sich etwas gedanklich zu öffnen, man muß bereit sein, sich auf neues Terrain zu wagen, aber man wird dann auch belohnt, durch eine Vielzahl an „klassischen Stücken“, in Anführungszeichen, weil sich doch etwas anders sind als die übliche klassische Musik.
    Philip Glass wird immer wieder in Verbindung gebracht mit dem Begriff „Minimal Music“, diesen Begriff lehnt er selbst aber inzwischen wieder ab, es gab mal eine Phase, da mag das gegolten haben, aber besser trifft es zu, wenn man seine Musik anders beschreibt: repetetive Musik passt etwas besser, es wäre aber ungerecht, sie nur so zu nennen. Seine Musik lebt oft von endlosen Wiederholungen, oft nur minimal modifiziert, und setzen viel Geduld beim Hören voraus. Musik lebt ja auch von der Wiedererkennung, und die ist schwierig, wenn aufs erste Gehör sich alles gleich anhört. Die Nuancen herauszufinden ist oft nicht ganz leicht, aber das unterscheidet ja den Klassikhörer vom Pop-Hörer, der kein Lied erträgt, das länger als 2,5 Minuten ist.


    Melodien-Recycling: Das beschreibt eine der Arten, wie Glass Musik schreibt: Manche Melodien finden sich in mehreren Werken wieder, an manchen Wiederholungen erkennt man sofort: Das ist Philip Glass.
    Philip Glass ist omnipräsent. Seine Musik ist überall zu hören, in Werbespots (zur Zeit: Robert de Niro macht Werbung für American Express), dauernd als Hintergrundmusik für Dokumentationen.


    Zur Vita nur ganz kurz: geboren 1937, lebt hauptsächlich in New York, komponiert seit ca. 1980. Bis jetzt gibt es von ihm ca. 100 CDs, davon ein oder zwei Handvoll mit klassischen Werken. Er hat geschrieben 6 Sinfonien, ca. 15 Opern, ca. 20-30 Filmmusiken, einige Balletstücke, Klavier- und Violinkonzerte, Streichquartette und viel seltsame Musik, meist für irgendwelche Ereignisse geschrieben. Am Ende dieses Beitrags ist eine Liste der CDs, die ich von ihm habe, zu diesen Sachen kann ich auch befragt werden..



    Eine Kurzübersicht über seine klassischen Werke:


    1. Sinfonie: Low, nach einer Schallplatte von David Bowie.
    2. Sinfonie (ohne Titel)
    3. Sinfonie: eine Streichersinfonie.
    4. Sinfonie Heroes, nach einer CD von David Bowie und Brian Eno
    5. Sinfonie: ein sakrales Werk in 12 Sätzen.
    6. Sinfonie: A Plutonian Ode


    Opern: nur die wenigsten seiner Opern sind auf CD verfügbar, ich kenne nur diese 5:
    - The Beauty and the Beast
    - Einstein on the Beach 1979
    - AKHNATEN
    - The Fall of the House of Asher
    - Satyagraha,
    wobei ich nur AKHNATEN und Satyagraha zu den klassischen Opern zählen wurde. „The Beauty and the Beast“ ist eine Synchronfassung des gleichnamigen Films von Jean Cocteau, und in etwas gekürzter Form auch auf CD zu finden, zwar sehr schön, wie ich finde, kann aber aufgrund seiner „Bauart“ nicht als eigenständiges Werk gelten. „Einstein on the Beach“ ist mehr ein Versuch einer sehr modernen Oper, und man muß wirklich sehr viel Geduld aufbringen, sich mehr als auch nur eine Minute dieses Werks anzuhören, inzwischen höre ich es sehr gerne auch in voller Länge (4 CDs).
    AKHNATEN ist eine Oper über den ägyptischen König Echnaton, Satyagraha ist über das Leben von Ghandi, in Sanskrit gesungen, beides Opern im klassischen Sinne (finde ich).


    Diverse Balletstücke, z.B.
    The Photographer. Hier gibt es leider nur eine stark gekürzte CD-Fassung. Das Werk lebt hauptsächlich von der hypnotischen Wirkung durch Steigerung der Intensität und Geschwindigkeit, und durch die Wiederholungen.


    Weitere klassische Werke:
    Ein Violinkonzert, nach einhelliger Meinung eher etwas langweilig.
    Diverse Klavierkonzerte, besonders gelungen finde ich das „Tirol Concerto“.
    „Organ Works“: das sind einige schöne Stücke für Orgel.
    „Itaipu/The Canyon“ (Konzertstücke für großes Orchester)
    Viele Stücke für Cello und Violine, so z.B. die Musik zum Film Dracula, gespielt vom Kronos Quartett.
    Viele Vokalwerke, die ich aber nicht zur Klassik zählen würde, sie sind eine Art „amerikanische Neu-Klassik“, trotzdem sehr hörenswert, z.B. Hydrogen Jukebox.
    „Solo Piano“, eine Sammlung von 7 simplen Klavierstücken, sehr beruhigend, die Noten kann man kaufen, und man kann sie auch selber spielen. Meinem Klavierlehrer waren die Sachen zu einfach (keine Geduld, auch mit mir nicht).
    „Monsters of Grace“, ein Gesangswerk, bei dem simultan ein 3D-Film gezeigt wird, in Zusammenarbeit mit Robert Wilson, leider wurde der 3D-Film nicht rechtzeitig fertig und es wurde improvisiert, und besonders schade: noch nicht auf CD bzw. DVD erhältlich.
    „Konzert für Saxophon und Orchester“: dort gibt für 4 Saxophone in vier Tonlagen je einen Satz, ich habe es schon öfters live erlebt, die spielen alle um ihr Leben. Geschrieben für das Rascher Saxophon Quartett, die tingeln andauernd durch die deutschsprachigen Lande und es gab in den letzten Jahren viele Gelegenheiten, sie zu hören.
    „civil Wars“: ein sinfonisches Werk mit Gesang und Sprechgesang in vier Sätzen, ursprünglich komponiert für irgendwelche olympischen Spiele, dort sollte von vielen Komponisten ein Werk von 24 Stunden Aufführungsdauer geschrieben werden, was aber nicht zustande kam, an Glass lags allerdings nicht, dass es schiefging.


    Die Aufführungsorte seiner Stücke sind oft sehr ungewöhnlich, z.B. wurde die Oper „Einstein on the Beach“ aufgeführt im Tresorraum der Deutschen Bank in Berlin, oder das Stück „1000 Airplanes on the roof“ wurde uraufgeführt in einer Flugzeughalle in Wien-Schwechat.


    Wenn man über Philip Glass schreibt, dann sollte man auch den Dirigenten Dennis Russell Davis (DRD) erwähnen, er ist eine der wenigen, die sich trauen, Stücke von Glass aufzuführen. DRD ist zur Zeit Dirigent im Brucknerhaus in Linz.


    Philip Glass’ Homepage: http://www.philipglass.com


    Auf seiner Homepage kann man viele Stücke von ihm anhören, und das mit einem sehr interessanten Programm, es gibt eine Einteilung nach diversen Kategorien,z.B. Geschwindigkeit, Entstehungsjahr, alphabetisch nach Titel, und man kann in jeder Kategorie navigieren.


    Die Aufzählung hat Lücken, ich habe hier die Nummern der CDs angegeben, so wie sie bei mir im CD-Wechsler sind, und da gibt es ein paar Lücken. Zu allen diesen Stücken könnte ich näher Auskunft geben:


    1 Glassworks
    2 1000 Airplanes on the roof
    3 Hydrogen Jukebox
    4 Songs from the trilogy
    5 Music in motion
    6 The essential Philip Glass
    7 KOYANISQUATSI
    8 The Photographer
    9 ITAIPU and THE CANYON
    10 Songs from liquid days
    11 Dancepieces
    12 Low Sinfonie
    13 Solo Piano
    14-15 The Beauty and the Beast
    16-19 Einstein on the Beach 1979
    20-21 AKHNATEN
    22-24 Satyagraha
    25 Heroes
    26-27 Dances 1-5
    28 Violin Concerto
    29 Music with changing parts
    30 Anima mundi
    31 Music from the Screens
    32 Organ Works
    33 Mishima
    34 Powaqqatsi
    35 The Thin Blue Line
    36-38 Music in Twelve Parts
    39 KOYANISQUATSI (1) 1998
    40 Glass Jukebox (2)
    41 Sinfonie 2
    42 Kronos plays Streichquartette
    43 Secret Agent
    44 Kundun
    45-47 Einstein on the Beach 1993
    48 Milarepa, The Truman Show
    49 North Star
    50 Circles
    51 Dracula
    51-53 GlassMasters (1999, Sampler von Sony)
    55 the Civil warS
    56 Passages
    57 uakti, aquas de amaonas
    58 Symphony No. 3
    59-60 Symphony #5
    61 Songs from liquid days/Crouch End
    62 Glassworks 2
    63 Silencio
    64 Diverses, z.B.Compassion in Exile...
    65 Streichquartette 2, 4 und 5
    66 Philip on Film 1
    67 Philip on Film 2
    68 Philip on Film 3
    69 Philip on Film 4
    70 Philip on Film 5
    71 The Music of Candyman
    73 Music in the Shape of a Square
    74 Early voice
    75 A DESCENT INTO THE MAELSTROM
    76 SAXOPHONE
    77 The hours
    78 Glass Salonen
    79 Music of the Human Spirit
    80 Tirol Concerto for Piano and Orchestra
    81 The Thin Blue Line 2004
    82 Cello Octet Conjunto Ibérico
    83 The Orphee Suite for Piano
    84 Etudes for Piano Vol 1 No. 1-10
    85. The Fog Of War
    86. Alter Ego performs 600 Lines by Philip Glass
    87. Dennis Russell Davies performs Philip Glass
    88. Glass - Rorem - Bernstein: Violin Concertos und Serenade/Gidon Kremer
    89. Philip Glass Violin Concerto, Prelude and Dance from Aknaten, Company, Adele Anthony Violin, Ulster Orchestra, Takuo Yuasa
    90. Philip Glass Up Close
    91. The Concert Project Vol. 1
    92. The Music of Untertow
    93. Music from the Hours (Michael Riesman, Piano)
    94. Music from the Kitchen Archives
    95. Symphony no. 2 und 3, Bournemouth Symphony Orchestra, Martin Alsop

    mit vielen Grüßen
    J.

    Einmal editiert, zuletzt von JoeBroesel ()

  • Hallo Joe,


    gerade heute habe ich überlegt, ob ich einen Thread zur Minimal Music eröffne, da hast du es mir (wenn auch nicht ganz) abgenommen.
    Ich hatte mir gedacht, dass diese spezielle Musikrichtung in Claus' neuem Thread besprochen werden kann. Aber hier geht es ja "nur" um Glass.


    Als ich Glass zum ersten Mal hörte, und zwar mit dem Orgelstück "Mad Rush", war ich angetan von dieser Musik.
    Aber je mehr ich mich mit Glass beschäftigt habe - okay, so lange beschäftige ich mich noch nicht mit ihm - umso absurder wird mir seine Musik. Die Kadenzen und Harmonien, die er in seinen Stücken verwendet und benutzt, gefallen mir außerordentlich gut. Jedoch gehen mir mit der Zeit die ständigen Wiederholungen auf den Geist.
    Deshalb kann ich Glass auch nur "kurz" hören, irgendwann ist mir das dann einfach zu viel. Oder besser, zu wenig.



    Diese Aufnahme des Violinkonzertes besitze ich, kann aber keine Einschätzung geben. Habe mal Kremers Interpretation im Radio gehört, die fand ich spannend.



    Gruß, Peter.

  • Als Komponist von Filmmusik finde ich Glass fantastisch, als reine Konzertaufführung ist seine Musik aber doch etwas fad.


    Steve Reich ist eindeutig der seriösere Komponist.

  • Ich finde, dass Glass mit der Zeit immer seichter und damit schwächer geworden ist. Jetzt ist es mehr nette Dudelei, aber die ganz alten "Hardcore"-Glass Werke sind ziemlich gut:


    Two Pages
    Contrary Motion
    Music in fifths
    Music in similar motion
    Music in changing parts
    Music in twelve parts



    Aber letztlich ist Steve Reich immer fünf Längen besser als Glass (obwohl der auch immer gleich klingt - aber eben besser gleich).


    Gruß,

  • Hallo Forianer,


    ich kann der Musik von Phillip Glass einfach nichts positives abgewinnen.
    Was ich bisher von ihm gehört habe finde ich einfach langweilig und wie schon hier erwähnt "fad".
    Ich hatte die CD mit der Sinfonie HEROES, die bei jpc preiswert im jpc-Courier angeboten war bestellt um mal einen Anfang zu machen. Nach mehreren Hörversuchen steht die CD im CD-Schrank und da kann sie auch drin bleiben (bis sich ein Käufer findet).


    8o Als großer Anhänger amerikanischer sinfonischer Musik von Gerschwin über Barber, Schuman, Hanson, Bernstein, Copland, Ives bis Adams war ich über Glass sehr negativ enttäuscht: Das ist nicht meine Musik !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Bisher kenne ich nur wenig von ihm.
    Diese recht schöne doppel CD befindet sich in meinem Besitz:



    Songs from liquid days


    Songs from the Trilogy



    Zuerst war es ein reines Experiment, je öfter ich sie jedoch höre umso mehr schätze ich diese Aufnahmen.
    Durch mein Studium ist es unumgänglich sich auch mit zeitgenössischen Komponisten zu beschäftigen, darüber bin ich eigentlich ganz froh, vor allem wenn man dann so wunderbare Dinge entdeckt.
    Jedenfalls aninimiert mich das durchaus mehr von ihm zu hören.

  • ich höre mir philip glass immer wieder gerne an. ich besitze folgende CDs


    • Glassworks - CBS MK 37265
    • Heroes - point music 454-388-2
    • Low - point music 438 150-2
    • Symphony No.2 - nonesuch 7559-79496-2
    • Symphony No.5 Requiem- nonesuch 7559-79618-2
    • Violin Concerto - telarc CD-80494


    aufmerksam wurde ich auf ihn durch das radio, als ich sein violinkonzert
    hörte. das war mein erster kauf. die anderen CDs folgten und es war bisher
    für mich kein fehlkauf dabei.


    für glass sind wir sogar nach st.pölten ins festspielhaus gefahren. als bisher
    einzige seiner opern haben wir dort Satyagraha erlebt. sie ist auch für mich
    eine durchaus klassische oper, die ich (gelegenheit vorausgesetzt) wieder
    besuchen würde.


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Hallo!


    Zitat

    Original von faun


    für glass sind wir sogar nach st.pölten ins festspielhaus gefahren. als bisher
    einzige seiner opern haben wir dort Satyagraha erlebt. sie ist auch für mich
    eine durchaus klassische oper, die ich (gelegenheit vorausgesetzt) wieder
    besuchen würde.


    Diese Opernaufführung habe ich in St. Pölten auch besucht und kann mich noch sehr gut daran erinnern. So habe ich Glass auch kennengelernt. Mir gefallen seine Opern sehr gut - gerne würde ich auch seine Opern Einstein und Arkahkhan sehen.


    Weiters habe ich noch diverse Werke von ihm wie das Violinkonzert, die 3. Symphonie und "The Photographer".


    Philip Glass hat auch für die Tirol Werbung einst die Musik komponiert - das ist jene Werbung, wo die Kamera den Flug eines Adlers in einem Tal und über die Berge nachfliegt - ich fand es sehr passend und ansprechend.


    Grüße,
    Andi

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  • Ich erinnere mich an mein erstes Erlebnis vor Jahren mit dieser Art Musik, von der ich bis dahin noch nichts gehört hatte.


    Ich kann mich nicht mehr erinnern ob es Glass oder Reich war, erst recht nicht welches Stück.


    Auf jeden Fall war ich der Meinung, dass ich jetzt schon eine Viertelstunde die gleichen Takte hörte und kam zu dem Ergebniss, dass das trotz aller "Modernität" gepaart mit "Schockeffekten" nicht sein konnte und es an mir liegen müsse, denn sonst könnte ich mir ja auch 'n Topf mit kochendem Wasser anhören (muss ich mal machen, vielleicht ist's auch nicht so regelmässig wie ich glaube 8o).


    Daraufhin habe ich mir das Ganze nochmal genau angehört und festgestellt, dass es winzige subtile Änderungen gab, was ich dann doch interessant fand und hab's dann wieder und wieder gehört.


    Dies war einer der ersten Schritte, meine Hörgewohnheiten auf den jeweiligen Musikstil einstellen zu können - also ein Schlüsselerlebnis.


    Ich kann nicht sagen, dass Reich oder Glass heute zu meinen Lieblingskomponisten gehören, aber ihre Musik hat mir bei meiner Hörentwicklung tüchtig geholfen.


    Viele Grüsse
    Walter

  • Der Herr hat heute übrigens Geburtstag!


    Höre deshalb gerade kurz in Einstein on the Beach hinein. Allerdings geht es mir wie einigen Vorrednern. Klingt zunächst immer wieder interessant, aber dann... langweilig und vorhersehbar.


    Was die Frage nach Kommerz angeht, glaube ich nicht, dass es Glass aufs Geldverdienen anlegt (und wenn schon, ist es sein gutes Recht), sondern schon sein künstlerisches Ideal durchzieht. Ich finde immer wieder Glass-Platten in den Regalen absoluter Klassik-Nicht-Hörer. (Gorecki und Pärt übrigens auch) Somit scheint er durchaus eine große Zielgruppe anzusprechen. Vielleicht liegt's an seiner Popularität als Filmkomponist, wo seine Musik manchmal ja durchaus effektvoll ist.


    Gruß
    B.

  • Philip Glass - gibt es da auch einen Komponisten, der so heißt? Ich kenne nur einen Textilienerzeuger dieses Namens, der seine Socken seit Jahrzehnten nach der immer gleichen Masche strickt. :stumm:

    ...

  • Hallo!


    Ich habe nun schon mehrfach eher zufällig Stücke von Glass gehört. Vielleicht ist er vergleichsweise populär, weil man als konservativerer (ich) oder auch als klassikunerfahrener Hörer bei ihm weniger Berührungsängste mit der Moderne (der "E-Musik") hat. Tatsächlich tat nichts in den Ohren weh, ich hatte nicht den Drang, abschalten zu müssen.
    Daß ich es totlangweilig fand, steht wieder auf einem anderen Blatt...


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Ich kenne nur seine Bearbeitungen der Eno-Kompositionen der Bowie Platten Low und Heroes. Dieses hat mir sicherlich die Musik ein Stück mehr entschlossen, habe ich doch früher bei den Eno-Teilen dieser beiden Bowie Platten weggezappt. Er hat mir Brian Eno näher gebracht. Das was von ihm vertont wurde stammte kaum von Bowie. Diese beiden Berliner Platten waren zweigeteilt in SOngs von Bowie und Eno und in diese Soundcollagen von Eno (wahrscheinlich Füller, weil Bowie zu der Zeit kaum mehr leisten konnte, da er nie nüchtern genug war, um im Studio zu arbeiten).


    Brian Eno schätze ich dafür mehr als Glass. Eno ist der Erfinder der musikalischen Tapete - des Ambients. Ihm verdanken wir große Kunst wie Music for Airports oder die Frippertronics, welche im zusammen mit dem großen Gitarristen Robert Fripp entstanden sind.


    Fripp und Eno bauten eine Maschine. Fripp spielte etwas auf der Gitarre mit viel ausschweifenden Effekten und nahm das gleichzeitig auf. Dann spielte er das Band ab, spielte parralel dazu etwas dazu passendes und nahm beides zusammen auf. Auf diese Art und weise baute Fripp Klangtürme, die ihresgleichen suchen. Dies aber leicht off topic und nur nebenbei.


    Und Kommerz, was bedeutet heutzutage schon Kommerz. In dieser Schiene bewegen wir uns alle nicht. Auch nicht ein Herr Glass. Mit Musik wird heute sicherlich anders und mehr Geld verdient, als früher. Darüber könnte man sicher viel diskutieren. Musik zu machen ist aber heute auch sehr sehr teuer. Ich kenne einige Bands, die ich vergöttere, die sich ihre Musik und die Aufnahmen nur leisten können, indem sie nebenbei einer Arbeit nachgehen. Ich möchte in diesem Zusammenhang IQ nennen. Eine der größten ProgRockbands, die ich kenne. Diese Band wird von Fans in einem Atemzug mit Yes und Genesis genannt. Da der PrrogRock eher eine kleine aber feine Fangemeinde hat, ist es schwierig, das große Geld damit zu verdienen. Ich wünschte allerdings, solche Bands hätten mehr Geld zur Verfügung, um bspw. mehr als zwei Deutschlandkonzerte in kleineren Clubs zu geben. Die Musiker brauchen Geld, um die Musik zu machen. Im günstigsten Fall sollte genug Geld da sein, um die Musik gefällig zu vermarkten. Selbst Bands wie Genesis oder Pink Floyd waren finanziell ruiniert, da sie zu aufwändig tourten. Als Peter Gabriel z. B. Genesis verließ war die Band durch die "Tha Lamb lies down on Broadway Tour", ein zweistündiges Konzeptwerk mit aufwändiger Bühnenshow, finanziell mehr als am Ende. Die Kunst wird immer ambitionierter und dementsprechend teurer.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Ich habe letztes jahr mir "Satyagraha" reingezogen (aber nicht bis zum Schluss, das war nicht erträglich) und das war neben Messians "Saint François d'Assise", Brittens "Tod in venedig" und Stockhausens "Dienstag aus Licht" die langweiligste Opernmusik des 20. Jahrhunderts, die ich bisher gehört hatte. :untertauch:
    Auch das Violinkonzert von Glass klingt öde + uninteressant. :untertauch:


    :hello:

  • Filmmusik von Philip Glass finde ich meistens sehr wirksam und gefällt mir sehr gut - zumindest solange man die Bilder nicht weg lässt. :rolleyes:


    Die Musik für sich genommen - auch bei nicht Filmkompositionen - ist mir bei dem, was ich so kenne, fast immer zu langweilig. Gelegentlich ist das Glass Violinkonzert ja mit dem von John Adams gekoppelt. Bei diesem Vergleich wird mir dann besonders deutlich, wie genial ich das John Adams Werk finde und wie phantasielos das Gegenstück von Glass...


    Viele Grüße
    Frank

    From harmony, from heavenly harmony
    this universal frame began.


  • Von Glass höre ich sehr oft und gern diese "Powaqqatsi"CD.
    Augen zu und mit den Gedanken ab in ferne Länder.Zur Entspannung und Meditation empfehlenswert.Die entsprechende DVD habe ich auch,aber mir gefällt die Musik allein,auf die Bilder kann ich verzichten..
    Seine Oper "Einstein on the Beach" gefällt mir auch sehr gut,die höre ich gerne als Hintergrundmusik.

    mfG
    Michael

  • Mein erster ernsthafter Hörkontakt mit Philip Glass war gleich eine Oper:


    SATYAGRAHA


    Fand und finde ich auch heute noch beeindruckend, wie es dieser Komponist schafft einen Klangteppich zu weben, der nie wirklich nervt, aber bisweilen, insbesondere nach längerem Hören doch ermüdend wirkt.


    Aber was soll es, für mich ist Philip Glass ein wichtiger Inspirator der aktuellen symphonischen Musikszene - allen voran für die aktuellen Filmkomponisten.


    Ohne den von Philip Glass geschaffenen repitativen "Sound" wären wohl kaum Filmkomponisten, wie James Newton Howard oder auch Ryuichi Sakamoto in der Lage gewesen ihren schon jetzt beachtlichen Beitrag für dieses Genre zu kreieren.


    Dafür bin ich Philip Glass sehr dankbar, auch wenn ich SEINE Musik selbst nur noch recht selten - und dann auch nicht länger als eine Stunde - höre. Meistens ist es dann das Album "Songs From Liquid Days", welches ich mir dann anhöre.

    alle Menschen werden Brüder ...

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  • Ich finde, es wäre ein Fehler, bei der Beurteilung dieser Musik wenn man sie Klassik nennen würde. Das trifft für mich auch auf Stockhausen,
    Kagel, Gage u.v.a. zu. Man sollte für diese Werke vielleicht eine andere Bezeichnung als Klassik finden. Dann braucht man sie auch nicht mit den großen Werken der Klassik zu vergleichen, sondern man kann ihnen einen eigenen Platz in der Musikgeschichte einräumen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Vielen Dank für den Hinweis auf Philip Glass, den ich bis dato noch nicht kannte!
    Habe gerade mal bei JPC in die Oper Akhnaten, und in die Syphonien 2&3, sowie in die Streichquartette Nr. 1-5 reingeschnipselt und bin positiv überrascht! :jubel: :jubel: :jubel:


    War es heute auch die erste Begegnung mit Glass, so wird es gewiss nicht die letzte gewesen sein!
    Mit lieben Grüßen,
    Diotima. :hello:

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Dann braucht man sie auch nicht mit den großen Werken der Klassik zu vergleichen, sondern man kann ihnen einen eigenen Platz in der Musikgeschichte einräumen.
    :hello:Herbert.


    Und warum sollte man das Deiner Meinung nach nicht tun??

  • Zitat


    Ich finde, es wäre ein Fehler, bei der Beurteilung dieser Musik wenn man sie Klassik nennen würde.


    Finde ich auch. Genauso wenig würde ich den Herren mit Zylinder - Dein Avatar - dem Begriff "Klassik" unterodnen, ja auch nicht den guten Verdi, den mit Monte.
    Zur Klassik gehört Haydn, Mozart, Beethoven und deren zeitliches Umfeld. Vielleicht auch noch Schubert.


    Ansonsten kann man Stockhausen, Kagel und Cage schon zur sog. Klassischen Musik rechnen, v.a. die Musik der ersten beiden dürfte deutlich in der abendländischen Tradition verwurzelt sein.


    :hello:
    Wulf

  • Sollten wir nicht mal lieber wieder zum Komponisten Glass zurückkehren? -- Das ist doch eine abseitige Diskussion, die letztlich zu wenig führt - wie eng oder weit der Begriff "Klassik" ausgelegt wird, hat mit Glass IMO wenig zu tun.


    Ich pflichte der Meinung bei, dass es einen "frühen", "Avantgarde"-Glass gibt mit Werken wie "Music in similar motion" (1969), "Music with changing parts" (1970), "Einstein on the Beach" (1975), einen Glass, der zusammen mit Reich, Riley und ein paar anderen wirklich etwas "Unerhörtes" wollte.


    Das lohnt sich allemal anzuhören, aber bitte nicht nebenbei beim Bügeln, weil es gerade bei der Minimal Music auf das aufmerksame, nachvollziehende Hören ankommt. Ich finde es immer wieder frappierend, die winzigen Veränderungen zu verfolgen, die auf einmal etwas ganz Neues ergeben. Dann ist das überhaupt keine leicht verdauliche Musik, sondern höchst anspruchsvoll und auf der Höhe der Zeit.


    Spätere Werke von Glass schielen viel stärker auf Konventionen. Im Gegensatz zu Reich hat er es offenbar nicht wirklich darauf angelegt, weiter "Unerhörtes" zu schaffen, sondern hat es sich auf der Straße des Erfolgs ganz nett eingerichtet. Ich gönn' es ihm, aber für mich ist das dann nicht mehr interessant, weil ich von allen Komponisten, ob in "Klassik" oder Gegenwart, erwarte, dass sie eben dieses "Unerhörte" schaffen wollen.

    "Nur in der Gesellschaft wird es interessant, Geschmack zu haben."
    Immanuel Kant

  • Zitat

    Original von Gustav Theodor
    Das lohnt sich allemal anzuhören, aber bitte nicht nebenbei beim Bügeln, weil es gerade bei der Minimal Music auf das aufmerksame, nachvollziehende Hören ankommt.


    Lieber Gustav,


    meine uneingeschränkte Zustimmung. Ich wollte gar keine große Diskussion bemühen, wollte aber andererseits Herberts durch nichts weiter belegtes Diktum nicht unkommentiert stehen lassen. Wie dem auch sei: einige frühe Werke aus der Feder von Glass sind noch recht reizvoll, er erreicht aber IMO zu keiner seiner Schaffensphasen das Niveau und auch die intellektuelle Durchdringung eines Steve Reichs, die durch Phasenverschiebung mündende resulting patterns, Augmentationstechnik o.ä. resultiert.


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Wie dem auch sei: einige frühe Werke aus der Feder von Glass sind noch recht reizvoll, er erreicht aber IMO zu keiner seiner Schaffensphasen das Niveau und auch die intellektuelle Durchdringung eines Steve Reichs, die durch Phasenverschiebung mündende resulting patterns, Augmentationstechnik o.ä. resultiert.


    Lieber Wulf,
    ganz so krass würde ich es nicht ausdrücken (wenngleich ich Dir durchaus zustimme, dass Reich der bessere Komponist ist, nicht zuletzt deshalb, weil er seine Qualität in der Weiterentwicklung gehalten hat...).


    Für mich steckte in beiden Komponisten ein unterschiedliches Interesse am Minimalismus: Reich hat radikaler am Rhythmus gearbeitet, mit Phasenverschiebungen und ist da gleich grundsätzlicher drangegangen, während Glass sich stärker vertikal, also für die Harmonien interessiert hat. Die eingängigen Dreiklangfolgen aus ihrem funktionellen Zusammenhang zu reißen, die scheinbar endlose Repetition mit kleinsten Änderungen, das ist die Arbeit von Glass (dem FRÜHEN!). Damit ist er aber schneller in der Sackgasse gelandet als Reich.


    Gruß,
    Gustav Theodor

    "Nur in der Gesellschaft wird es interessant, Geschmack zu haben."
    Immanuel Kant

  • Mir geht das mit vielen Werken von Philip Glass leider ähnlich. Grundsätzlich bin ich der Minimal Musik mehr als zugetan, aber die beim ersten kennenlernen noch interessanten Klänge von Glass verlieren beim näherer Beschäftigung aufgrund der Beschränktheit des kompositorischen Materiasl leider zusehends an Reiz.


    Zitat

    Original von Amfortas08
    [..]
    Auch das Violinkonzert von Glass klingt öde + uninteressant.


    Hier möchte ich widersprechen. Gerade das VC von Glass ist für mich noch eines seiner interessanteren Werke, welches man sich auch mehr als einmal anhören kann. Gerade der letzte Satz besitzt durch sein hohes Tempo und die schnellen Läufe eine große innere Energie.


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:


  • Aber auch diese innere, etwas "pseudo-barockeske" innere Energie nutzt sich IMO sehr schnell ab. Wenn ich etwas von Glass gerne höre, sind es die sehr frühen Werke bzw. seine Filmmusiken, allen voran die Musik zu Mishima, einem Film von Paul Schrader. Die Nummmern zeichnen sich durch angenehme Vilefalt in Instrumentation und Stil aus - Glass, der bei erneutem Hören in meinen Ohren nicht langweilig wird.


    :hello:
    Wulf

  • Lieber Gustav Theodor,


    ich wollte Glass auch kein Talent absprechen, um Gottes Willen. Aber er gelangt, wie Du schon schriebst, zu anderen Ergebnissen, die sich schneller erschöpfen. Reizvolle aus dem Kontext gerissene Akkorde, die den Hörer verzücken bzw. zum Träumen anregen, die sich aber in dieser Beschränkung schnell erschöpfen. Insofern erscheinen mir Reichs Ansätze intellektuell durchdrungener.


    :hello:
    Wulf

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