HINDEMITH Das Marienleben op.27

  • Hallo,


    im Jahr 1923 vollendete P. HINDEMITH den Zyklus Das Marienleben für hohe Stimme und Klavier bestehden aus 15 Liedern nach Gedichten von R. M. Rilke .




    Ich selber kenne den Zyklus bisher kaum, ein Versuch der Annäherung mit einer CD aus der Bibliothek war gescheitert,...



    A. Kupper/ C. Seemann


    ...vor allem auch wegen der wenig überzeugenden Leistung der Sänderin. HINDEMITH möcht ich das (noch?) nicht anlasten, da mich seine Musik meistens beigeistert hat, und er meiner Meinung zu wenig bekannt ist. Im Moment ist die CD mit R. Roslack/ G.Gould wieder günstig greifbar. Gould hat sich ja mehrfach überzeugend für HINDEMITHs Werke eingestzt.



    Wer kennt die Aufnahme,wer kennt die Sängerin?
    Wer kennt den Zyklus, und weitere Aufnahmen?


    ...und mag sich hier dazu äußern.


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Hallo pt_concours,



    bei Hindemiths Marienleben darf man nicht vergessen, dass es davon noch eine spätere Bearbeitung des Komponisten gibt, die, nach dem was ich gelesen habe, z.T. wohl sogar eine Neukomposition darstellt.
    Die erste Version von 1923 gilt als Übergang zu einer neuen Entwicklung bei Hindemith vom Bürgerschreck zum seriösen Neoklassiker mit Alt-Meister-Ambitionen, die in den 30'er oder 40'er Jahren zu der 2. Version geführt haben.


    Ich kenne nur die Gould/Roslak-Aufnahme; es ist die 1. Version. Die Sängerin ist wohl nicht tadellos, was ich aber nur an Textproblemen festmachen kann.
    Zu Hindemith habe ich ein noch nicht so entschiedenes Verhältnis; allerdings kenne ich nur das erwähnte Marienleben und dann noch die 3 Klaviersonaten (auch mit Gould). Ich mag zwar den fugierten Stil, auch der karge Charakter dieser Musik hat ihren Reiz. Dennoch macht sie einen schwerfälligen Eindruck auf mich, mit einer Tendenz zur Eintönigkeit.


    So höre ich die ersten 3 Lieder des Marienlebens schon sehr gern.
    Das einleitende "Geburt Mariae" gefällt mir sehr. Hier ist die Kargheit auf jeden Fall Prägnanz, die gut zu dem mystischen Rilke-Text passt.
    Das 2. Lied "Die Darstellung Mariae im Tempel", die bei Gould gut 10 Minuten dauert, fängt ruhig an, bald tritt eine hinreißende kontrapunktische Stimme hinzu, und allmählich steigert sich die fugenartige Begleitung bombastisch. Leider ist dann noch Text übrig und der Musik scheint gegen Ende die Luft auszugehen.
    Darauf folgt "Mariae Verkündigung": wieder sehr prägnant, mit einer drolligen Verwendung des Weihnachtsliedes "Vom Himmel hoch da komm' ich her".
    Ehrlich gesagt fehlte mir für die weiteren Lieder die Geduld. Ob das an Hindemith oder an Gould und Roslak liegt, weiß ich nicht.


    Viele Grüße

  • Zitat

    Original von Kontrapunkt


    Zu Hindemith habe ich ein noch nicht so entschiedenes Verhältnis; allerdings kenne ich nur das erwähnte Marienleben und dann noch die 3 Klaviersonaten (auch mit Gould). Ich mag zwar den fugierten Stil, auch der karge Charakter dieser Musik hat ihren Reiz. Dennoch macht sie einen schwerfälligen Eindruck auf mich, mit einer Tendenz zur Eintönigkeit.


    Hallo Kontrpunkt,


    vielen Dank für Deine Hinweise. Mit meiner Äußerung zu HINDEMITH war ich vielleicht doch etwas zu euphorisch, richtiger wäre wohl zu sagen, dass mich viele seiner Werke begeistern.


    Zitat

    Original von pt_concours
    Ich selber kenne den Zyklus bisher kaum, ein Versuch der Annäherung mit einer CD aus der Bibliothek war gescheitert,...



    A. Kupper/ C. Seemann


    ...vor allem auch wegen der wenig überzeugenden Leistung der Sänderin. HINDEMITH möcht ich das (noch?) nicht anlasten, da mich seine Musik meistens beigeistert hat, und er meiner Meinung zu wenig bekannt ist.


    Ich habe mir diese CD jetzt erneut ausgeliehen, um mein Urteil zu überprüfen. Zuerst: auf der CD ist außen vermerkt: Aufnahme in der Besetzung der Uraufführung, vermutl. der späteren Fassung, die auch auf dieser CD eingespielt wurde? (wird nicht genau vermerkt) Die Aufnahme wurde im Jahr 1949 gemacht. Ich war in meinem Urteil wohl etwas zu hart. A. Kupper singt durchaus sehr schön, allerdings stören mich (auch heute noch) einige sängerische und sprachliiche Manirismen, die aber bei Sängern zu dieser Zeit durchaus üblich waren.
    Auf dem Cover dieser CD findet sich übrigends die Stuppacher Madonna von Grünewald, welche HINDEMITH zu dem Werk inspirierte.


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
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    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)


  • Das Marienleben: Der Liederzyklus von Paul Hindemith nach dem gleichnamigen großen Gedicht aus mehreren Teilen von Rainer Maria Rilke hat seit jeher auf Sängerinnen eine starke Anziehungskraft ausgeübt. Rilke allerdings setzt im Titel zwischen Marien und Leben einen Bindestrich also Marien-Leben. Dabei dürfte auch eine inhaltliche Absicht im Spiele gewesen sein. Für den von einer strenggläubigen katholischen Mutter geprägten Dichter ist das Leben Marias nicht ausschließlich himmlischer, sondern auch betont irdischer Natur – von der Geburt bis zum Tod, der im Gedicht die größte dreigliedrige Strophe beansprucht. Inspiration empfing der weitgereiste Rilke aus Gemälden der italienischen Renaissance. Die Gottesmutter in den verschiedenen Phasen ihres irdischen und weltlichen Daseins ist eine zentrale Gestalt in der Kunst. Naxos hat jetzt eine neue Einsielung herausgebracht. Während der Dichter sein Werk in diversen Briefen gern als "eine ganz kleine Sache" oder als "kleine Nebenarbeit" abtat, war Hindemith davon fasziniert. Paul Conway zitiert im Booklet-Text aus einem Brief des Komponisten an seinen Verleger, dass er bislang nicht besseres geschaffen habe als diese Lieder. Er arbeitete zwischen 1922 und 1923 daran. Das Gedicht Rilkes war zehn Jahre früher erschienen. "Die Zufriedenheit war indes nicht von langer Dauer", so Conway. "Hindemith beschloss, das Werk zu überarbeiten, um den Gesang enger an den Text und die Klavierstimmer anzupassen und überdies den Zyklus stilistisch einheitlicher zu gestalten." Diese Arbeit beanspruchte nicht weniger als fünfundzwanzig Jahre und wurde 1948 abgeschlossen.


    Für ihre Aufnahme wählt die Sopranistin Rachel Harnisch diese Version, die auch die größte Verbreitung fand. Begleitet wird sie von Jan Philip Schulze. Die Sängerin ist Schweizerin und steht am Beginn einer internationalen Karriere. Erfolge sicherte sie sich als sie als Pamina, Fiordiligi, Marzelline, Michaela und Rachel. Mit ihrem schwebenden Sopran bringt sie ideale Voraussetzungen für die Lieder mit. Wenn erforderlich, schwingt sie sich auch zu dramatischen Höhen auf. Sie klingt jung. Das ist auch ein Vorteil. Es hätte allerdings nicht geschadet, wäre noch mehr Wert auf die textliche Ausgestaltung und Verständlichkeit gelegt worden. Schließlich sind die Lieder so komponiert, dass die Stimme auch den Worten folgen kann. Hindemith hatte das immer im Auge. Die Lieder des Zyklus fliegen dem Zuhörer allerdings nicht mal eben so zu wie klar strukturierte Volkslieder oder Kirchengesänge für die Gemeinde. Zu empfehlen ist es, sich die Rilkesche Vorlage unterstützend heranzuziehen. Leider wird sie im Booklet nicht mitgeliefert. Sie ist aber – wenn in Buchform nicht zu Hand – im Internet zu finden.


    Die Neufassung des Zyklus unterscheidet sich deutlich von der ursprünglichen Komposition. Lediglich das zwölfte Lied, "Stillung Mariae mit dem Auferstandenen", blieb unverändert. Erstmals aufgeführt wurde sie von Annelies Kupper 1948 in Hannover. Davon hat sich auch eine Aufnahme beim Label Christophorus erhalten. Bei dieser Sängerin klingen die Lieder mütterlicher als bei der neuesten Einspielung. Die Produktion mit Erna Berger von 1953 wurde besonders berühmt, weil sie auch mehrfach als Schallplatte erschienen war. Aus ihrer Interpretation klingt ein überirdischer Ansatz. The Intense Media nahm einen CD-Umschnitt in seine Erna-Berger-Edition aus zehn CDs "Glockenklang der Seele" auf. Noch zu haben ist auch die Einspielung von Gerda Lammers bei Cantate, während die Aufnahme mit Gundula Janowitz bei Jecklin Disco seit langem vergriffen scheint. Gerda Hartmann hat den Zyklus für Discover, Veronica Lenz-Kuhn für Thorofon, Maya Boog für cpo, Judith Kellock für Koch, Soile Isokoski für Ondine und Elisabeth Meyer-Topsoe für Danacord eingespielt. Eine orchestrierte Variante gibt es bei Finlandia mit Karita Mattila. Auch die erste Fassung von Hindemiths Marienleben ist aufgenommen worden – und zwar von Roxolana Roslak gemeinsam mit Glenn Gould bei Sony. Diese Enspielung wurde weiter oben in diesem sehr überschaubaren Thread, der Auffrischung verdient, bereits vorgestellt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Da würde ich nicht lange überlegen. Das "Marienleben" ist nach meiner Beobachtung nicht sehr oft zu hören im Konzert.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Na, dann werfe ich doch mal mein Zögern und meine Bedenken hinsichtlich mangelnden Interesses über Bord und beginne heute im Thread "Paul Hindemith. Das liedkompositorische Werk" mit der Vorstellung der einzelnen Lieder dieses - zweifellos bedeutenden - zyklischen Werks.
    Dass die Bedenken gleichwohl berechtigt sind, ist hier sehr schön zu erkennen: Zwei Beiträge zum Start des Threads im Jahre 2008. Danach Funkstille, bis Rheingold dankenswerterweise neun Jahre später eine Neuaufnahme vorstellte.

  • Hallo!


    Habe eben meine Karte ausgedruckt. Hat vielleicht noch jemand Interesse?


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo