Ernst Kozub - einer der letzten, großen Heldentenöre

  • Ernst Kozub ist am 24.1.1924 in Duisburg geboren. Er debütierte 1952 an der Komischen Operin Berlin als Chateuneuf in Lortzings Zar und Zimmermann. 1954-62 war er am Opernhaus in Frankfurt. a.M. engagiert. seit 1962 an der Staatsoper in Hamburg. Er galt bald als einer der führenden Heldentenöre seiner Generation. An Covent Garden sang er im Nibelungenring 1964. Eigentlich sang er an allen bedeutenden europäischen Opernhäusern. 1966 sang er an der Saddler's Wells Opera in London den Kaiser, in der englischen Erstaufführung der "Frau ohne Schatten" von R.Strauss. 1970 sang er in Bayreuth den Stolzing in den Meistersingern. Alle die Rollen, die er gesungen hat hier aufzuzählen, wäre eine Aufzählung aller Wagner, aller großen Verdi, aller Puccini
    u.v.a. Partien. Auch den Florestan in"Fidelio", oder den Max im "Freischütz" hat er immer wieder gesungen. Es soll aber erwähnt sein, daß Kozub eine Schwäche für die großen Partien im italienischen Fach hatte. Ich selber habe ihn in einigen Rollen gesehen und gehört. Er war für mich eines der größten Stimmwunder, die ich auf der Bühne erlebt habe, obschon ich viele großen Tenöre gesehen und gehört habe (H. Hopf, A. Dermota, F.Wunderlich. H.Beirer, P. Domingo u.v.a.) wird Ernst Kozub für mich immer einen besonderen Platz einnehmen. Ich möchte allerdings einräumen, daß sich seine Größe und Bedeutung eigentlich nur auf der Opernbühne voll gezeigt hat. Ernst Kozub hatte die größte, resonanzreichste Tenorstimme, die ich in meinem Leben gehört habe,
    er ist ist am 27.12. 1971 in Bad Sodem an einer unheilbaren, schweren Krankheit gestorben.


    :hello: Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Ich kopiere hierher einen Beitrag aus einem anderen Thread:



    Vielen Dank, lieber Herbert, es war wichtig, diesem Sänger endlich einen eigenen Thread zu widmen!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Herbert, lieber Harald!


    Jetzt seid Ihr mir zuvorgekommen.


    Aber dafür stelle ich CDs ein, habe diese aber noch auf LPs Gesamtaufnahmen.



    ein wunderbarer Tamino mit Elisabeth Grümmer als Pamina, Gottlob Frick als Sarastro, Chor und Orchester des Hessischen Rundfunks, Dir.: Sir Georg Solti -1955



    als Erik, Anja Silja als Senta, London 1968



    Ernst Kozub als Florestan und Maud Cunitz die ich sehr schätzte als Leonore, Erika Köth als Marzelline und als Jaquino Murray Dickie, 1957.


    Habe noch einen großen Querschnitt "Carmen" mit Gisela Litz als Carmen und Ernst Kozub als Don José,
    sowie Rosl Schwaiger als Micaela und Franz Crass als Escamillo.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:



    Muss ich mir noch zulegen.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello:

  • Zitat

    Aber dafür stelle ich CDs ein, habe diese aber noch auf LPs Gesamtaufnahmen.


    Tolle Bildchen, und was wollen die uns sagen?



    Ganz ohne Bildchen - hier möchte ich für ein Heft aus einer Serie werben, die ich schon an anderen Stellen erwähnt habe:


    Stimmen, die um die Welt gingen....
    (ein Magazin für Liebhaber historischer Schallaufzeichnungen)


    Ernst Kozub
    ist der Band Nr. 72 dieser Reihe gewidmet, erschienen im Dezember 2002,
    mit einer dazugehörigen Doppel-CD mit seinen wichtigsten Aufnahmen.


    Autor der Biographie ist Heiko Bockstiegel, ein bekannter Musik-Schriftsteller.
    Der Band beinhaltet auch seltene Fotos des Künstlers aus der Sammlung von U. Mittelstaedt
    sowie eine ausführliche Discographie (zu der meine Wenigkeit beigetragen hat)


    Verlag und Herausgeber: Günter Walter, Sertürner Str. 8c, 48149 Münster


    Leider ist die Discographie nicht ganz vollständig, viele Raritäten haben wir erst ausgegraben, nachdem das Heft fertiggestellt war. Einiges davon werden wir in diesem Thread noch näher vorstellen.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald Kral, kann man die Ausgabe unter der angegebenen Adresse noch beziehen? Gibt es einen kürzeren Weg (online, telefonisch)?

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  • Zitat

    Original von Gabi
    Lieber Harald Kral, kann man die Ausgabe unter der angegebenen Adresse noch beziehen? Gibt es einen kürzeren Weg (online, telefonisch)?


    Gebe Dir die Daten per PN.


    Grüße Harald :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ernst Kozub hatte wirklich eine außergewöhnlich voluminöse, edel klingende Tenorstimme, die ihn für heldische Partien prädestinierte. Hörenswert vor allem sein Max im "Freischütz" auf DVD erfreulicher Weise bei Arthaus wieder erschienen.Eine Pioniertat bei filmischen Realisationen von Opern, iiniitiiert von Rolf Liebermann. Musikalische Leitung Leopold Ludwig. Ich habe bewußt die stimmlichen Qualitäten von Kozub als Freischütz-Max hervorgehoben. Im Spiel wirkt er neben den singschauspielerischen Leistungen der reizenden Edith Mathis als Ännchen und dem voll präsenten Gottlob Frick als Kaspar doch recht steif. Damit dürfte eines der Probleme von Kozub dargestellt sein. Der Sänger war dem Schauspieler haushoch überlegen.
    Birgit Nilsson und Gottlob Frick berichteten, dass das Sängerteam in der berühmten Solti-Aufnahme des "Rings"( ab 1958) mit positiver Spannung auf die Siegfriede von Ernst Kozub wartete. Er hat jedoch die anspruchsvollen Partien gestalterisch und textlich offensichtlich nicht voll befriedigend in den Griff bekommen, so dass Solti dann doch wieder auf den altbewährten Wolfgang Windgassen zurück gegriffen hat.
    Kozub teilte wahrscheinlich das Schicksal von Heldentenören, wie Luwig Suthaus, August Seider und Günther Treptow, die alle Heldenstimmen hatten, von denen wir heute nur träumen können. Die Heldentenöre dieses Stimmkalibers schafften trotz aller stimmlichen Qualitäten die Umstellung zum modernen Singschauspieler, die stark von Neubayreuth in den Inszenierungen von Wieland und Wolfgang Wagner geprägt wurden, nicht mehr. Sehr schade, im Falle des so stimmschönen Ernst Kozub.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wie Herbert in seinem Eingangsbeitrag schrieb, war Ernst Kozub nicht nur im deutschen Fach aktiv, er sang gerne und viel auch in italienischen Opern (meist allerdings in deutscher Sprache). Von den vielen Opern-Querschnitten auf deutsch, die er uns hinterließ, hat sich speziell dieser bis heute erfolgreich in den Plattenläden gehalten:



    (Ich stelle mal das derzeit aktuelle Bildchen ein, es gibt noch viele andere)


    Verdi: RIGOLETTO
    Querschnitt in deutscher Sprache
    Aufnahme: 1962, Studio, Berlin
    Dirigent: Horst Stein
    Berliner Philharmoniker
    Chor der Deutschen Oper Berlin


    Conte di Ceprano: Hanns Pick
    Duca di Mantova: Ernst Kozub
    Gilda: Gisela Vivarelli
    Giovanna: Hildegard Rütgers
    Il Conte di Monterone: Robert Lauhöfer
    Maddalena: Hildegard Rütgers
    Marullo: Walter Stoll
    Matteo Borsa: Walter Rausch
    Rigoletto: Dietrich Fischer-Dieskau
    Un paggio: Marina Türke


    (Bei einem Preis von fünf Euro kann man da nichts falsch machen!)

    LG


    :hello:

    Harald


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  • Ich habe Ernst Kozub in etlichen Rollen in seiner Frankfurter Zeit auf der Bühne erlebt. Unvergeßlich sein Siegmund in der Walküre mit Georg Solti, dem damaligen GDM der Frankfurter Oper, am Pult. Eines meiner eindrücklichsten Wagner-Erlebnisse. Kozub zählte zu jenen Sängern mit einem unverwechselbaren Timbre. Als Heldentenor hätte der Mann Operngeschichte schreiben können, wenn nicht, ja wenn...


    Dazu Sir Georg in seinen Erinnerungen: "Kozub hatte eine erstklassige Stimme, war aber nicht in der Lage, sich gleichzeitig an die Musik und den Text zu erinnern. Er schaffte entweder die Noten oder die Worte, aber nie beides. Wir litten beide, wenn wir an einer Rolle arbeiteten, und doch sang er in vielen meiner Inszenierungen mit großem Erfolg. Seine Stimme war so schön - er war einer der besten Heldentenöre, die ich je gehört hatte. Leider starb er, bevor seine internationale richtig begonnen hatte."


    Das Lernen war eine Qual. Solti paukte ihm die Partien quasi Note für Note und Wort für Wort ein. Wenn dann auf der Bühne auch noch die Nerven versagten, dann erlebte man bestenfalls einen mittelmäßigen Abend, wenn überhaupt. Solti vergleicht Kozub mit Reiner Goldberg, der später ja auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, die ihm die ganz große Karriere verbauten.


    Kozub sollte in Soltis berühmter Ring-Einspielung die beiden Siegfriede singen. Alle Versuche, ihm die gewaltigen Partien einzupauken, reichten nicht für eine Plattenaufnahme, obwohl die Studiobedingungen eigentlich seine Schwäche hätte kompensieren müssen. Schade. So griff der Maestro auf den bewährten Wolfgang Windgassen zurück.


    Florian

  • Zu den frühen Aufnahmen im damaligen Ost-Berlin gehört diese Radioproduktion der Revolutions-Oper "Regina" von Albert Lortzing:



    Aufnahme: 14.–20.10.1951, Studio
    Dirigent: Walter Schartner
    Rundfunk-Symphonie-Orchester Berlin
    Chor des Berliner Rundfunks
    Dialogbearbeitung: Wilhelm Neef


    Barbara: Ilse Schartner
    Beate: Sonja Vera Korch
    Freischärler: Wilhelm Becker
    Kilian: Ernst Kozub
    Regina: Irmgard Klein
    Richard: Karl Heinz Stracke
    Simon: Gerhard Frei
    Stephan: Heinz Friedrich
    Wolfgang: Herbert Rungenhagen


    LG


    :hello:

    Harald


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  • Heute, am 24. Januar 2009 hätte Ernst Kozub seinen 85. Geburtstag feiern können - er wurde am 24.1.1924 in Duisburg-Hamborn geboren!



    Das ist ein Mitschnitt aus der Rheinoper, als ich ihn zum letzten Mal auf der Bühne sehen konnte:


    Fidelio - Ludwig van Beethoven
    Leonore - Ursula Schröder-Feinen,
    Florestan - Ernst Kozub,
    Rocco - Peter Meven
    Marzelline - Ingrit Lindeberg,
    Jacquine - Wolf Appel
    Pizarro - Peter Wimberger
    Fernando - Siegmund Nimsgern
    Düsseldorfer Sinfoniker
    Dirigent: Günther Wich
    Düsseldorf, 9. November 1971


    LG


    :hello: :hello:

    Harald


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  • Der legendäre "Tannhäuser" aus Venedig ist bei jpc jetzt wieder lieferbar - zum Sonderpreis von gerade mal € 8,99 für 3 CDs:



    Aufnahme: 13., 25.2. 1969, live, Venezia
    Dirigent: Heinz Wallberg
    Orchestra del Teatro La Fenice di Venezia
    Coro del Teatro La Fenice di Venezia


    Biterolf: Alfons Herwig
    Ein junger Hirt: Carol Malone
    Elisabeth: Hildegard Hillebrecht
    Heinrich der Schreiber: Heinz-Günther Zimmermann
    Landgraf Hermann: Arnold van Mill
    Reinmar von Zweter: Walter Hagner
    Tannhäuser: Ernst Kozub
    Venus: Sigrid Kehl
    Walther von der Vogelweide: René Kollo
    Wolfram von Eschenbach: Kari Nurmela


    Ein unentbehrlicher Bestandteil jeder Kozub-Discigraphie, trotz mangelhafter Tonqualität.


    LG


    :hello:

    Harald


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  • Die kleine amerikanische Plattenfirma "Opera Depot", die ihre CDs nicht nur zum Kauf, sondern auch zum direkten Download in Netz anbietet, hat jetzt ein echtes "Schmankerl" aus München ausgegraben:


    Wangenrs "Die Meistersinger von Nürnberg" in einer Aufnahme aus der Münchener Staatsoper aus dem Jahre 1968 unter Joseph Keilberth, in der Ernst Kozub den Stolzing singt, inmitten einer Schar von erlesenen Sängern der damaligen Zeit.



    Diesen Mitschnitt besitze ich schon länger als private Kopie, es ist ein echtes "Fest der Stimmen", wobei lediglich Leonore Kirschstein als Evchen etwas abfällt. Neulich wurde in ebay ein Programmzettel dieser Aufnahme mit Autogrammen der wichtigsten Sänger versteigert - leider wurde ich überboten.....


    Hier die Besetzung:



    LG


    :hello:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    danke für das Aufspüren dieser ausgesprochenen Rarität. Wir brauchen diese Aufnahme aus bekannten Gründen für die Gottlob-Frick-
    Gedächtnisstätte. Ich war in dieser Aufführung und habe für das damals noch existierende "Neckar-Echo" eine Rezension geschrieben. Die Aufführung war ein umjubelter Erfolg.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo Kozub-Fans!


    Mag sein, dass ich mich schwer in die Nesseln setze. Doch es erscheint mir nötig, der Frage nachzugehen, warum der Tenor Ernst Kozub - ungeachtet eines wirklich beeindruckenden, manchmal überwältigend effektvollen Stimm-Materials (stärker und mitunter glanzvoller als viel berühmtere, in der Gesangshistorie ganz vorn rangierende dramatische Tenöre) - keine wirkliche Weltkarriere gemacht hat, jedenfalls keine, die sich in "offiziellen" Tonträgern, gleich ob Einzelaufnahmen, Recitals, Gesamtaufnahmen oder gar Konzertsaalrepertoire, niedergeschlagen hätte.


    Die so erbärmliche Entwicklung, der selbstverschuldete Niedergang der großen = weltweit marktrelevanten Konzerne mit Klassik-Produktionen/Katalogen(wie früher EMI, Decca, DG/Unitel, CBS, RCA, Philips, später Sony etc.), die an unzählig vielen wichtigen Sängern, so auch an Kozub, fast ganz vorbeigegangen sind, immerzu nur mit einer Handvoll Vertrags-Stars für alles und jedes arbeiteten, hat ja eine positive Kehrseite: die lückenfüllende, archivalische oder sogar entdeckende Tätigkeit kleiner mutiger Labels - wenngleich unter diesen ein ständig Kommen und Verschwinden anscheinend nicht zu vermeiden ist, so dass man ständig mit Geld um sich werfen müsste, wenn man alle Chancen wahrnehmen wollte, woraus sich wiederum eine Art Underground-Tausch-Szene ergeben hat, die sich u.a. hier im Forum trifft und hoffentlich weiter wächst. Wie einige Teilnehmer wissen, bemühe ich mich, in Korrespondenz mit einem kleinen Freundes/Interessentenkreis, insbesondere vergessene oder ignorierte oder noch nie wertgemäß präsentierte Sänger/innen, (derzeit:) der Nachkriegsepoche, wieder oder erstmals zugänglich zu machen, anständig ediert, kommentiert und nach Möglichkeit angereichert mit vielen Fundsachen, namentlich solchen, die überhaupt noch nie oder zuletzt vor Jahrzehnten greifbar waren. In diesem Zusammenhang verfolge ich Hinweise in den Spazii dieses Ressorts im T-Forum mit besonderem Interesse. Und darum habe ich mich, motiviert durch die Lobpreisungen hier, jüngst mit tönenden Hinterlassenschaften des Tenors Kozub beschäftigt.


    Zuletzt konnte ich anhören: den Klemperer-Holländer, 2mal Tannhäuser (den in Venedig + einen anderen in Köln), La Bohème in Ffm. (mit Schlemm als Mimi), Don Carlos in Hamburg, Macht des Schicksals in Hamburg, einige Einzelarien (meist aus Querschnitten), sodann den 1. Aufzug Walküre unter Solti aus CoventGarden (mit Gw.Jones + M.Langdon).


    Vor allem der Siegmund ist von enormer stimmlicher Souveränität und überrumpelnder Wirkung, rein vokal vor nahezu allen Zeitgenossen nach dem unerreichten Suthaus - beginnend mit Treptow und Vinay, über Windgassen, Beirer, Lustig, Hopf, Uhl, Brenneis bis hin zu Kollo, Jerusalem & Cie., die angesichts der hier zugrunde zu legenden Kategorien ohnehin nur als Witz durchgehen (übrigens ja auch ohne den Kozub/u.a.-Vergleich). Nur der stimmlich ganz anders gebaute Jon Vickers (eigentlich eine Art "Hochdramatischer Charaktertenor") ist auf ähnlichem Q-Level, und allenfalls King und Thomas können sich im Vergleich behaupten. Zu Tannhäuser lässt sich - weitgehend - ähnliches sagen. Man würde gern Tristan hören. Bei den italienischen Heroen wie etwa Alvaro stimmt die Besetzung ebenfalls in vielem, man möchte Radames erleben, kann sich Otello vorstellen. Wenn's ins Fach des Lirico (Tamino, Faust, Rodolfo) und teilweise Spinto (Riccardo, Carlos) geht, ist der Einruck nicht mehr ganz so blendend, da ist das imponierende Dramatico-Material oftmals schon zu schwergängig, schwingt nicht immer perfekt ein, bleibt auf schönen+großen Ton reduziert; es fehlt an primär sängerischen Tugenden. Dennoch: Ein in Klangfülle, Schmettermetall, Expansivität und Höhensicherheit rein als Naturereignis beachtliches, in der Unmittelbar-Wirkung effektstarkes Material. Er hätte in Konkurrenz zu den genannten Wagnertenören mit italienisch-slawischen Randbezirken - ähnlich wie seinerzeit Max Lorenz - Weltbühnen- und Schallplattenkarriere machen müssen.


    Warum geschah das nicht? Lassen wir die hier allfälligen Hinweise auf Auftritte von London bis Milano mal beiseite - sie waren 1. punktuell und 2. ohne tiefere Nachwirkungen via Medien und in Referenzaufnahmen. Kozub ist in kaum einer bedeutenden Opern-Studio- und somit Weltmarkt-GA enthalten, kommt weder bei Steane und Scott, noch bei Kesting oder J.M.Fischer in zentraler Behandlung vor. Mir scheint, es lag/liegt an zwei Aspekten.


    Zum einen, siehe die Andeutung oben: Den bemerkenswerten, starken, mitunter auch schönen vokalen Ressourcen, die sich noch mit einem teils dunkelmetallenen, teils goldglänzenden Timbre verbanden, korrespondieren kaum herausragende sängerische Qualitäten. Gemeint sind die im engeren Sinne "Grammatik des Singens" wie auch die Künste des vokalen Interpretierens/Gestaltens mit musikalischen Mitteln - also: phrasierend, dynamisierend, färbend, nuancierend, modulierend, dramatisierend, expressiv wie integrativ, fesselnd und berührend. Zum anderen hat man allzu oft den Eindruck, kaum mehr als ein Wittern, aber eben doch: dass der Sänger neben dem Gesungenen steht, sich nicht wirklich vom geistigen oder emotionalen Gehalt des Komponierten durchdringen, durchpulsen, bewegen und leiten lässt. Man wird den Eindruck nicht los: Da präsentiert einer ein Gottesgeschenk von Stimm-Material. aber er weiß wenig von erfülltem Musizieren, von Face In The Voice, von rhapsodischem oder orphischem Singen.


    Ich hab mehrfach den Laientest gemacht, Menschen = Gernhörer ohne weitere Repertoire- und/oder Materiekenntnis befragt: Wie wirkt das auf Dich? Die Antworten gingen alle in Richtung: "Toller Sound; aber eine Persönlichkeit (Seele) ist der nicht, oder? Klingt irgendwie, als wisse der nicht so ganz, wovon er singt ...".


    Tja. Ich bin auf rhetorische Prügel gefasst. Andererseits hab ich eine Frage: Was meint Ihr, die Ihr - sofern Kozub-Fans - ja mit so vielen privaten Tondokumenten ausgestattet seid: Hätte ein Kozub-Portrait-Recital (oder gar eine kleine CD-Edition) ein Publikum? Soll man das mal planen? Der so lange und in Kozub ähnlichem Ausmaß ignorierte/vergessene Gruber scheint mit dem Tristan-Mitschnitt und der CD-Box ja ein Erfolg zu sein.


    Dankbar für Hinweise grüßt K U S

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

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  • Lieber KUS !


    Natürlich wäre eine Ernst Kozub Recital CD interessant.


    Erstens zum Kennenlernen, speziell die Jüngeren Taminos können dann Vergleiche ziehen.


    Zweitens kommt beim Essen der Appetit. Wer mit Hunger die Vorspeise isst, läßt auch das Dessert nicht stehen. :D


    Liebe Grüße -


    vom Operngernhörer :hello:

  • Hallo,


    wie ich in meinem Beitrag vom 28.11.2008 in diesem Thread weiter oben schon erwähnte, ist zusammen mit der (leider vergriffenen) Ernst-Kozub-Biographie auch eine Recital-Doppel-CD mit ihm erschienen. Darauf ist das gesamte Spektrum des Sängers in Ausschnitten zu hören, Oper, Operette, Volkstümliches, Filmmusik, Studentenlieder, religiöse Gesänge usw.


    Dann gibt es noch:



    "Eisenkombinat Ost" von Otmar Gerster.


    In den Archiven des Leipziger Rundfunks schlummern noch Gesamtaufnahmen der Operetten "Gräfin Mariza" und "Die lustige Witwe" aus den frühen 50er Jahren.


    LG


    :hello:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo, lieber Harald!


    Na wunderbar. Danke für den Hinweis. Kannst Du denn mehr darüber verraten? Etwa so:


    - Ist die 2CD Portrait/Recital-Box noch am Markt?


    - Wenn ja - wo denn? Wie bekommt man sie?


    - Falls nein - wäre eine neue, ggf. veränderte/erweiterte,
    Edition sinnvoll? Etwa mit Ausschnitten aus Gesamt-Mitschnitten?


    Danke für weitere Hinweise. Grüße, KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • Lieber Klaus,


    eigentlich wollte ich Dich schon beim letzten Telefonat auf Ernst Kozub als lohnendes Objekt für eine Recital-Serie nach dem Traxel-Vorbild aufmerksam machen. Material aus Gesamtaufnahmen u.a. ist ja genügend vorhanden! Daneben war Anfang der 60er Ernst Kozub für seine Plattenfirma Philips so etwas wie das Gegenstück zu Rudolf Schock bei Electrola für Aufnahmen von Opern-Querschnitten in deutscher Sprache sowie von einigen Solo-Platten.


    Der schon früher in diesem Thread erwähnte Band 72 der Serie „Stimmen, die um die Welt gingen...“ enthält ja eine ausführliche Discographie, hinzu kommen noch jede Menge Rundfunkaufnahmen aller Art bis hin zum Schlager. Die Doppel-CD zum Heft erhielten die Abonnenten automatisch mit ihrer Lieferung des Heftes. Soviel ich weiß ist die Ausgabe inzwischen vergriffen. Da die Recitale (wie bei HAfG) einzeln gebrannt werden, dürfte es kein Problem sein, die beim Verlag nachzubestellen. Es handelt sich hierbei um Sampler, bei denen versucht wurde, alle Facetten des Sängers mit hineinzupacken, deshalb wirkt das ganze ziemlich zusammengestoppelt.


    Zum 80. Geburtstag von Ernst Kozub gab es bei Ö1 eine schöne Gedenksendung von Prof. Gottfried Cervenka in der Reihe „Apropos Oper“, in der rare Titel aus den Rundfunkarchiven vorgestellt wurden, die äußerst interessant sind.


    LG

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

  • Bei der New Yorker Firma "Opera Depot" gibt es jetzt (auch zum download) eine Recital-CD von Ernst Kozub mit Arien aus Fidelio, Tabarro, Ariadne auf Naxos, Meistersinger, Walküre...



    LG


    :hello:

    Harald


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  • Puccinis 1-Akter, Teil des Triptichons mit Schwester Angelica und Gianni Schicchi wurde 1963 vom WDR Köln verfilmt. Dabei wurde die Handlung kurzerhand von der Seine an der Rhein verlegt. Das Video gibt es in USA auf Bestellung, der "Soundtrack" ist in diesen Tagen bei "Opera Depot" auf CD erschienen:



    Die Macher dieser Firma scheinen einen Narren an Ernst Kozub gefressen zu haben, denn nach und nach sind schon fast ein halbes Dutzend seltener Opernaufnahmen sowie die weiter oben gezeigte Recital-Platte erschienen.


    Die Kozub-Fans werden sich freuen (und das sind nicht wenige)!



    LG


    :hello:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)


  • Moin Harald,
    ich denke, die DVD des Freischuetz von 1968 hast Du auch, oder? Inzwischen ist auch noch eine Schubert Messe von 1954 mit Kozub aufgetaucht, die haette ich. Es gibt auch noch einen Meistersinger von 1971 von der RAI, die letzte Aufnahme vor seinem viel zu fruehen Tod durch Leukaemie.


    cheers

  • Lieber Rainer,
    ich erinnere mich noch gut an die Recherchen und Vorbereitungen für die Ernst-Kozub-Biographie von Heiko Bockstiegel. Wir wußten damals schon, dass es einen Freischütz-Film gibt, er war jedoch nicht aufzutreiben. Nach monatelanger Suche wurden wir fündig:
    Das Goethe-Institut in Caracas (Venezuela) hatte den Film auf einer (mittlerweile ausgeleierten) VHS-Kassette in ihrer Bibliothek; von dort erhielten wir eine Kopie (verwischte Farben, unscharfes Bild, miserabler Ton), immerhin: Der Freischütz-Film.
    Jahre später dann bekam ich (von Dir oder RW) eine Kopie der in Japan bei "dreamife" erschienen DVD (mit nicht abschaltbaren, störenden japanischen Untertiteln).
    Dass die DVD jetzt offiziell im Handel ist und seit kurzen zum halbem Preis angeboten wird, das konnten wir damals nicht mal zu hoffen wagen:



    Carl Maria von Weber (1786-1826)
    Der Freischütz

    (Studioproduktion aus der Hamburger Staatsoper;
    Regie: Joachim Hess)
    Französisch, Italienisch, Spanisch
    Laufzeit: 123 Min.


    Künstler: Ernst Kozub, Gottlob Frick, Franz Grundheber, Toni Blankenheim, Arlene Saunders,
    Hamburg PO,
    Leopold Ludwig
    Label: Arthaus , FSKoAB, 1968
    * Erscheinungstermin: 4.12.2006


    Eine Besprechung der DVD gibt es schon irgendwo im Forum.


    LG


    :hello:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)


  • Lieber Harald,
    nun dämmert es bei mir, ich hatte Dir eine Kopie gemacht, sorry, war mir total entfallen.
    herzliche Grüße
    Rainer

  • Wie man hört, plant das Hamburger Archiv für Gesangskunst (HAfG) nach dem Erfolg der Traxel- und Cordes-Editionen jetzt eine Ernst-Kozub-Edition.


    Vielleicht kann uns unser Mit-Tamino KUS, der ja die voraufgegangenen Editionen betreut hat, hier schon nähere Einzelheiten berichten.


    Material muß ja genug vorhanden sein, schließlich ist die verschworene Kozub-Gemeinde sehr aktiv!


    In gespannter Erwartung


    Harald :hello:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

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  • Diesem Unternehmen wünsche ich guten Erfolg, denn ich habe zwar Schallplatten von Kozub, aber nur wenig auf CD und kenne ihn als Wagner-Sänger überhaupt nicht. Live hatte ich ihn als Gast am Nationaltheater Mannheim als Des Grieux und Kalaf gesehen und gehört; in der Tat eine Stimme die beeindruckte (natürlich wurde damals noch "keiner schlafe" gesungen...)
    In Manon Lescaut hatte er einige kleine Unsicherheiten drin, aber das Ganze war trotzdem ein Riesenereignis, von dem ich heute noch zehre.
    Also macht mal, damit die nachrückende Generation auch noch was von Ernst Kozub hören kann.

  • Es gibt viele wunderschöne Aufnahmen bei Philips mit Ernst Kozub, z.Bsp. im Duett mit Melitta Muszely aus "Othello". Es sind auch Wagner-Partien dort vorhanden. Als Ritter Lohengrin mit "Im fernen Land" ist er für mich sehr beeindruckend. Es gibt auch zwei schöne Sängerportraits mit Arien von Verdi und Puccini. Nicht zu vergessen seine Opern-Querschnitte aus "Aida", "La Traviata" mit Rita Streich, "Hoffmanns Erzählungen", "Carmen" und "Margarethe". Gruß Wolfgang

    W.S.

    Einmal editiert, zuletzt von 9079wolfgang ()

  • Zitat

    Original von Mitridate


    Lieber Harald,
    nun dämmert es bei mir, ich hatte Dir eine Kopie gemacht, sorry, war mir total entfallen.
    herzliche Grüße
    Rainer


    JA, IHR lieben Taminoeaner/innen !!!


    DAS WAR MEINE ALLERSTE OPERNPRODUKTION DIE ICH GESEHEN HABE.
    In meiner zweiten Opernaufführung DIMITRI von Anton Dvorak, die ich zweimal gesehen habe, sang einmal Arturo Sergi und das andere Mal Ernst Kozub.
    Die dritte war die VERKAUFTE BRAUT mit Heinz Kruse
    und die vierte FIDELIO mit Leonore Kirchstein und Ernst Kozub.


    Gruß..........."Titan"

  • Lieber Herbert!
    Liebe Kozub-Freunde!


    Aus dem Projekt einer Recital-CD, zu dem ich im Verlauf dieses Spazio mal eine allgemeine Anfrage an die Teilnehmer gerichtet hatte (s.o.), ist nun eine ganze CD-Edition ERNST KOZUB mit neun CDs - je 3 in 3 Boxen - geworden.


    Nächste Woche kommt sie beim Hamburger Archiv für Gesangskunst heraus: http://www.vocal-classics.com. Mit Booklet von mir - und einer Reihe ganz fabelhafter Live-Erstveröffentlichungen/Entdeckungen, vor allem im deutschen Heldenfach, dazu den verschollenen (m.E. nicht so überzeugenden) alten Philips-Studio-Recitals im italienisch-französischen Fach, Verdi- und Wagner-Liveauftritten, bravourösen Operetten-Soli, Radio-Ausgrabungen aus den frühen 1950ern im anderen deutschen Staat (darunter tws. unveröffentlicht gebliebenen Kompositions-Hervorbringungen des "Sozialistischen Realismus" - gar nicht mal schlechte Musik), Fundsachen von Berlioz bis R.Strauss, den Synagoge-Gesängen, als Draufgaben noch Volkslied- und U-Stücken.


    Der Sänger ist rein stimmlich durchwegs in phantastischer Verfassung (gestalterisch nicht immer), und einiges haut den Hörer regelrecht vom Hocker. Ich habe eine Menge über ihn dazugelernt. Seine beiden Kinder, auch schon "hochreife" Semester, haben eine Reihe menschlich-privater Informationen und schöne Fotos beigesteuert.


    Mehr als diese Sammlung wird man am weltweiten Tonträger-Markt auf Dauer wohl kaum finden. Eines ist sicher, ungeachtet beckmesserischer Teil-Einwände: Verglichen mit der Folgegeneration all der Heldentenor-Kompromisslösungen bis -Irrtümer à la René-Peter-Sigi & Cie. war dieser ein letzter Zeuge des versunkenen Standards eines "Golden Age Of Heroic Tenors". Sein Erbe soll nicht vergessen ein.


    Meint Euer KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • Lieber Kus,


    es ist bewundernswert, welche Perlen Du immer wieder endeckst und veröffentlichst.
    Mit diesen Aktivitäten deckst Du Dich mit der Gottlob-Frick-Gesellschaft. Eines unserer primären Ziele ist es ja, das Andenken an große Sängerlegenden zu erhalten. Besondere Verdienste auf diesem Gebiet werden von uns mit der Gottlob-Frick-Medaille ausgezeichnet.
    Vielleicht sollten wir einmal darüber diskutieren, ob es interessante Berührungspunkte und sinnvolle Synergien geben könnte. Meine Recherche über den gesuchten Dirigenten ist dir sicherlich von Thomas mitgeteilt worden.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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