Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 25 C-Dur

  • Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 25 C-Dur


    Dies ist eine der wenigen Sinfonien, bei denen die Quellenlage so lückenhaft ist, daß mitunter in Zweifel gezogen wurde, daß es sich überhaupt um ein Werk Haydns handelt. Sie ist weder im sog. "Entwurfkatalog" noch im Werkverzeichnis von 1805 enthalten, die Echtheit scheint momentan aber nicht ernsthaft in Frage zu stehen.
    Auch die Datierung ist ungewiß, die Einreihung mit exakt auf 1764 datierbaren Sinfonien gibt zwar die Obergrenze an, wahrscheinlicher sind einige Jahre früher. Walter ordnet sie der Gruppe derer zu, die um 1760 noch vor Haydns Anstellung bei Eszterhazy enstanden sind.
    Weiterhin ungewöhnlich ist die Form (ausgedehnte langsame Einleitung - Hauptsatz - Menuett - Finale), die vermuten läßt, daß es sich, jedenfalls bei Teilen des Werks um eine Ouverture o.ä. gehandelt haben könnte (so Robbins Landon laut Lessing). Der Charakter der Einleitung, aber auch des allegro molto widerspricht dem jedenfalls nicht. (Walter weist auf Gemeinsamkeiten von Hauptsatz und Finale hin und sieht das als Versuch, die Werkeinheit besonders deutlich zu machen.)
    Es ist jedenfalls auf lange Sicht das einzige Werk mit einer langsamen Einleitung und überhaupt das einzige dreisätzige mit Einleitung.



    Besetzung je 2 Oboen, Hörner, Streicher (b.c.)
    [Interessanterweise fehlen Trompeten und Pauken, die bei den anderen frühen C-Dur-Werken vorhanden sind; das könnte ein Hinweis darauf sein, daß sie doch schon für Eszterhazy, wo diese Instrumente zunächst nicht zur Verfügung standen geschrieben wurde.]


    1. Adagio
    Beginnt zunächst mit imitatorischen Einsätzen, zeigt dann aber einen abwechslungsreichen, fast opernhaften Charakter; gegen Ende kehrt die ruhigere Musik des Anfangs zurück, was einen wirkungsvollen Kontrast zum folgenden bietet


    Allegro molto ist ein sehr knapper Sonatensatz (mit Wiederholungen von Exposition sowie Durchführung/Reprise dauert er etwas über 4 min gegenüber 3 min Einleitung) Dem dreiklangsbasierten Hauptthema in längeren Noten schließlich sich bewegtere Figuren und ein kleines (auftaktiges) Seitenthema in den Geigen an.
    Die Durchführung ist recht kurz und besteht im wesentlichen aus der Verarbeitung des Hauptsatzes in anderen Tonarten, kurz vor Repriseneinsatz, wie eine Art Übergang taucht das Seitenthema auf.



    2. Menuett
    Ein pompöses, beinahe zeremonielles Menuett, besonders bemerkenswert das glänzend instrumentierte Trio, in dem Hörner und Oboen sich abwechseln, begleitet von pizzicato der Streicher.



    3. Presto
    Noch deutlicher als im Allegro molto wird hier ein Thema in halben Noten einer Achtelbewegung gegenüber gestellt (was Walter wie gesagt als ein Zusammenhang stiftendes Element sieht). Ein zusätzlicher Kontrast ist hier der piano-Beginn mit der forte-Antwort. Wieder gibt es ein kleines eigenständiges Seiten/Schlußgruppenthema.
    Die winzige (<20 sec.) Durchführung konzentriert sich auf den Themenbeginn mit dem erwähnten Gegensatz und ein Echo-Motiv in den Oboen. Der Satz ist dennoch, wenn die Datierung um 1760 richtig ist, ein vergleichsweise gewichtiges Finale, nämlich ein regulärer Sonatensatz.



    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes!


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Auch die Datierung ist ungewiß, die Einreihung mit exakt auf 1764 datierbaren Sinfonien gibt zwar die Obergrenze an, wahrscheinlicher sind einige Jahre früher. Walter ordnet sie der Gruppe derer zu, die um 1760 noch vor Haydns Anstellung bei Eszterhazy enstanden sind.


    Laut Hodgson ist 1761 untere Schranke der Entstehung, so daß davon auszugehen ist, daß die Symphonie in der Esterhazy-Zeit entstanden ist.
    Dafür spricht ja auch:


    Zitat

    [Interessanterweise fehlen Trompeten und Pauken, die bei den anderen frühen C-Dur-Werken vorhanden sind; das könnte ein Hinweis darauf sein, daß sie doch schon für Eszterhazy, wo diese Instrumente zunächst nicht zur Verfügung standen geschrieben wurde.]


    --


    Zitat

    Weiterhin ungewöhnlich ist die Form (ausgedehnte langsame Einleitung - Hauptsatz - Menuett - Finale)


    Da ist ja wieder die böse "da chiesa"-Form... :pfeif:


    Zitat

    die vermuten läßt, daß es sich, jedenfalls bei Teilen des Werks um eine Ouverture o.ä. gehandelt haben könnte (so Robbins Landon laut Lessing).


    Bei einer anderen Symphonie Haydns (ich weiß gerade nicht auswendig, welche) ist es ja erwiesen, daß es sich um eine erweiterte Ouvertüre handelt. Das scheint mir auch hier schlüssig.


    Zitat


    3. Presto
    Der Satz ist dennoch, wenn die Datierung um 1760 richtig ist, ein vergleichsweise gewichtiges Finale, nämlich ein regulärer Sonatensatz.


    Der dritte Satz gefällt mir am besten - ein schmissiger Kehraus mit einer Prise Haydn-Humor, ohne aber zu oberflächlich zu sein.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Es mutet schon ungewöhnlich an, wie getragen, ernst und langsam der Beginn ist - dabei nimmt Haydn nur Anlauf, um sich umso elastischer, federnder und lebhafter in immer jubilierendere Höhen zu schwingen. Das Menuett entführt in die Welt zeremonieller Tänze, es klingt ein wenig steif und ist von vielen Wiederholungen geprägt. Dennoch entwickelt Haydn in diesem Satz immer wieder charmante Ideen, so werden die alternierenden Hörner und Flöten, die sich in ihren melodiösen Einwürfen abwechseln, werden zeitweilig graziös von den pizzicati der Streicher untermalt. Der letzte, sehr kurze Satz weist wieder ein munteres, drängenderes Temperament auf und beschließt diese kurze, aber sehr eingängige, frische, bewegungsreich-dynamische Symphonie. Kurz und kurzweilig, sozusagen. Das Austro-Hungarian Haydn Orchestra unter Adam Fischer spielt pointiert, agil und makellos.

  • Ich habe mich von Don Gaiferos' Beitrag anregen lassen diese von mir schon seit langer Zeit nicht mehr gehörte Sinfonie in den Player zu legen (und natürlich zu hören). Die Wahl fiel heute dabei auf eine Aufnahme des Stuttgarter Kammerorchesters unter Dennis Russell Davies, die meinem Dafürhalten nach unterschätzt ist. (Soweit ich weiß derzeit nur als Gesamtaufnahme erhältlich.)
    Die Sinfonie geniesst bei Autoren von Konzertführern keinen guten Ruf. Bei Csampai/Holland wird sie nicht mal erwähnt - zumindest habe ich sie als einzige Sinfonie nicht gefunden. Mag sein, daß der Grund hierfür zu suchen ist, daß die Autorschaft als nicht hundertprozentig gesichert gilt. Mir fiele allerdings auf die Schnelle kein Komponist ein (inklusive Haydns Bruder) der diesen Stil so ausgeprägt vertritt. Egal.
    Auch wenn von Musikhistorikern* auf die mindere Qualität der Nr 25 gegenüber ihren "Nachbarn" hingewiesen wird, so empfinde ich sie dennoch als äusserst hörenswertes Werk, Speziell der "höfische" 2 Satz, das Menuett mit seinen wunderbaren Bläserstellen hat es mir angetan. Darin könnte ich versinken.


    *Über Urteile von "Experten" nur ein kurzer abweichender Exkurs: In einem Kunstbuch der vierziger Jahre über die Werke Tizians, schreibt der Autor, "Tizianpapst" seiner Zeit, dass er ein gewisses bekanntes Bild (damals "Bildnis des Ariost", heute "Bildnis eines Herrn" - hängt in der National Galley London) nicht in seinem Buch anführe, weil es eben NICHT von Tizian sei. Zahlreiche Argumente führt die "Kapazität" ins Treffen. Die Darstellung der Textur des Stoffes des Gewandes sei stümperhaft, und etliche andere Details ebenfalls dilletantisch. Eine Signatur gäbe es nicht, selbst eine Röntgenaufnahme brachte keine (tiefer liegende) zum Vorschein. Um 1985 wurde das Bild restauriert. Und siehe da,: Was die Röntgenaufnahme nicht zeigte, kam unter diversen Firnisschichten und Ausbesserungen klar zum Vorschein: "Tiziano Vecellio" - war da deutlich zu lesen. Soviel über meine Meinung zu Experten, Zuschreibungen und Gutachten......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eigentlich war in meinem persönlichen Hörprojekt diese Sinfonie bereits dran (wie ich sehe bastle ich nunmehr seit 6 Jahren dran !!), aber genau durch diesen Vorsatz, alle Haydn Sinfonien in der Reihenfolge ihrer Nummerierung zu hören wurde ich zu Zukäufen angeregt, vor allem in den mittleren Sinfonien, wo doch ziemliche Defizite (nicht nur in meiner Sammlung - sondern überhaupt) herrschen. Um zwei im Entstehen befindliche Aufnahmeprojekte zu fördern habe ich also nachgekauft. Darunter war auch die gezeigte CD aus der Serie mit den Heidelberger Sinfonikern unter Thomas Fey. Obwohl noch nicht fertiggestellt (das wird der neue Chefdirigent Johannes Klumpp erledigen) deren Vollendung stand ja einige Zeit inFrage - ist es nun durch den schweren Unfall Feys, der dessen Karriere abrupt beendete - schon wieder eine "historische" Aufnahme.

    Eigentlich empfand ich in früheren Jahren die Interpretation etwas zu forsch (das Wort aggressiv wäre eine Übertreibung) aber scheinbar hat sich mein Hörempfinden ein wenig an den Zeitgeist angepasst, ich empfand die Aufnahme als frisch, farbenfroh und musikalisch stimmig - und sehe den Neukauf einiger CDs dieser Serie als gute, sinnvolle Investition.


    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 3.100

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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