Aufführungsstatistiken: And the winner is...

  • Liebe Leute,


    ich habe vor einiger Zeit aus einem anderen Grund mal die Werkstatistiken des Deutschen Bühnenvereins für die letzten Jahre zusammengegoogelt. Vielleicht ist das auch für euch interessant.


    Der Deutsche Bühnenverein gibt spielzeitweise ein Ranking der Musiktheaterwerke mit den höchsten Aufführungszahlen für Deutschland heraus, außerdem die Angaben der Inszenierungs- und Besucherzahlen für Deutschland.


    (Wundert es uns, dass uns zumindest an den jeweils ersten fünf Plätzen gar nichts wundert? Bei mir kam leichtes Erstaunen lediglich über die Rheingold-Häufungen in den letzten beiden Spielzeiten auf. Da müsste es demnächst ja Walküren und Siegfriede hageln. Die Wagnereien an deutschen Bühnen verfolge ich nicht wirklich, deshalb weiß ich's nicht...)


    Grüße,
    Micha



    Und hier die Zahlen:


    Werk (Komponist): Inszenierungen / Aufführungen / Besucher


    2002/2003
    1. Die Zauberflöte (Mozart): 38 / 381 / 262614
    2. Hänsel und Gretel (Humperdinck): 23 / 214 / 137456
    3. Carmen (Bizet): 21 / 240 / 206529
    4. La Bohème (Puccini): 20 / 161 / 116725
    5. Der Barbier von Sevilla (Rossini): 19 / 190 / 115545
    6. Così fan tutte (Mozart): 19 / 174 / 87574
    7. Die Entführung aus dem Serail (Mozart): 18 / 202 / 142131
    8. Die Hochzeit des Figaro (Mozart): 17 / 147 / 98390
    9. Madame Butterfly (Puccini): 16 / 172 / 115671
    10. Don Giovanni (Mozart): 16 / 140 / 131415



    2003/04
    1 Die Zauberflöte (Mozart): 34/485/278.964
    2 Carmen (Bizet): 24/209/177.240
    3 La Traviata (Verdi): 21/146/129.940
    4 Così fan tutte (Mozart): 20/169/83.349
    5 Entführung a. d. Serail (Mozart): 20/168/128.886
    6 Hänsel u. Gretel (Humperdinck): 19/169/112.111
    7 Don Giovanni (Mozart): 17/190/121.451
    8 Der Freischütz (Weber): 15/165/94.960
    9 Tosca (Puccini): 15/160/109.141
    10 Rigoletto (Verdi): 15/146/94.241
    11 Der Barbier v. Sevilla (Rossini):15/112/96.048
    12 Der Troubadour (Verdi): 14/140/79.820
    13 Die Hochzeit d. Figaro (Mozart): 14/104/69.645
    14 Hoffmanns Erz. (Offenbach): 13/125/69.350
    15 Madame Butterfly (Puccini): 13/113/82.297
    16 Zar und Zimmermann (Lortzing):13/100/64.244
    17 La Bohème (Puccini): 13/92/62.461
    18 Der fliegende Holländer (Wagner):11/85/65.728
    19 Der Rosenkavalier (Strauss): 11/77/51.690
    20 Norma (Bellini): 10/90/80.435


    2004/05
    1. Die Zauberflöte (Mozart)/45/541/324.564
    2. Hänsel und Gretel (Humperdinck)/25/262/152.859
    3. Die Hochzeit des Figaro (Mozart)/22/210/100.457
    4. Carmen (Bizet)/22/184/149.491
    5. Die Entführung aus dem Serail (Mozart)/19/182/128.442
    6. La Bohème (Puccini)/18/117/84.729
    7. La Traviata (Verdi)/17/182/125.578
    8. Fidelio (Beethoven)/16/125/83.266
    9. Der Freischütz (Weber)/16/121/79.254
    10. Cosi fan tutte (Mozart)/15/118/70.346
    11. Der fliegende Holländer (Wagner)/15/115/84.670
    12. Tosca (Puccini)/13/77/61.907
    13. La Cenerentola (Rossini)/12/124/70.404
    14. Der Barbier von Sevilla (Rossini)/12/109/63.107
    15. Hoffmanns Erzählungen (Offenbach)/11/133/55.616
    16. Rigoletto (Verdi)/11/111/112.388
    17. Don Carlos (Verdi)/11/99/66.896
    18. Tannhäuser (Wagner)/11/74/57.496
    19. Madame Butterfly (Puccini)/10/124/78.092
    20. Der Bajazzo (Leoncavallo)/10/108/89.544


    2005/06
    1. Die Zauberflöte (Mozart)/56/756/320474
    2. Hänsel und Gretel (Humperdinck)/35/321/213705
    3. Don Giovanni (Mozart)/28/267/181115
    4. Die Hochzeit des Figaro (Mozart)/27/227/144554
    5. Die Entführung aus dem Serail (Mozart)/26/287/142288
    6. La Traviata (Verdi)/23/243/202952
    7. Carmen (Bizet)/21/169/134165
    8. Tosca (Puccini)/20/171/126236
    9. La Bohème (Puccini)/20/166/127875
    10. Così fan tutte (Mozart)/19/227/108935
    11. Der fliegende Holländer (Wagner)/19/188/130592
    12. Madame Butterfly (Puccini)/15/111/94585
    13. Das Rheingold (Wagner)/13/54/37636
    14. Rigoletto (Verdi)/12/116/60429
    15. Der Freischütz (Weber)/12/114/70698
    16. Idomeneo (Mozart)/12/73/45044
    17. Hoffmanns Erzählungen (Offenbach)/11/90/44959
    18. Parsifal (Wagner)/11/49/56190
    19. Die Walküre (Wagner)/11/35/42056
    20. Der Barbier von Sevilla (Rossini)/10/118/65591



    2006/07
    1. Die Zauberflöte (Mozart)/55/694/348.998
    2. Hänsel und Gretel (Humperdinck)/30/249/155.882
    3. Die Hochzeit des Figaro (Mozart)/23/186/134.829
    4. Carmen (Bizet)/21/199/151.072
    5. La Bohème (Puccini)/21/167/122.423
    6. Don Giovanni (Mozart)/19/175/128.963
    7. Der Freischütz (Weber)/19/175/109.045
    8. Tosca (Puccini)/19/151/113.282
    9. Così fan tutte (Mozart)/18/136/96.522
    10. La Traviata (Verdi)/17/120/117.303
    11. Otello (Verdi)/16/128/90.236
    12. Die Entführung aus dem Serail (Mozart)/16/112/68.866
    13. Der Rosenkavalier (Strauss)/15/82/67.968
    14. Das Rheingold (Wagner)/14/65/51.878
    15. Der Barbier von Sevilla (Rossini)/13/104/78.122

  • Vielen Dank für diese hochinteressante Statistik. Wundern tut mich da in der Tat wenig, denn die interessanten Verschiebungen finden wohl eher weiter hinten statt.


    Interessant ist aber das konstante Abfallen des BARBIER VON SEVILLA. Ob dessen Erfolg wohl unter einer größere Verteilung auf mehrere Rossini-Opern leidet, wie das einmalige Auftauchen von LA CENERENTOLA andeutet?


    Da wäre es sicher interessant, nicht nur die weiteren Plätze zu sehen, sondern auch eine Statistik der meistgespielten Komponisten - natürlich nur mit einer Aufschlüsselung der Aufführungen ihrer Werke, denn die Namen selbst kann sich wohl fast jeder denken. Sie kommen ja fast in jedem Jahr vor.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Dass Wagner und Strauss so weit hinten liegen, liegt aber bestimmt auch daran, dass etliche kleinere Theater die Werke gar nicht aufführen können. in Trier wäre eine Straussoper undenkbar, allein schon für das Orchester. Wagner gibts ganz selten, weil zu teuer (Profisänger von außerhalb, Orchesteraufstockung, etc.).
    Was bleibt? Mozart, Rossini & co. (nicht dass ich sagen möchte, deren Werke seien schlechter!)

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Man muss dabei aufpassen, dass die Reihung nach der Anzahl der Inszenierungen erfolgt, und nicht nach der Anzahl der Vorstellungen! Da dies teilweise eine deutlich andere Reihenfolge ergäbe, wäre jene zweite Auflistung auch interessant. Insbesondere erstaunt mich ein wenig die Anzahl von Verdi-Inszenierungen. Man könnte auf die Idee kommen, den Deutschen ist der Puccini lieber....

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von rappy
    Dass Wagner und Strauss so weit hinten liegen, liegt aber bestimmt auch daran, dass etliche kleinere Theater die Werke gar nicht aufführen können. in Trier wäre eine Straussoper undenkbar, allein schon für das Orchester. Wagner gibts ganz selten, weil zu teuer (Profisänger von außerhalb, Orchesteraufstockung, etc.).


    Das ist sicher ein Grund. Es bliebe aber schon noch einiges mehr, zB Verdi jenseits der 3-5 Reißer, andere Belcanto-Opern, Barockopern (deren Siegeszug in den letzten zwei Jahrzehnten drückt sich in der Statistik noch gar nicht aus, vermutlich weil es sich auf zu viele Werke verteilt, oder die noch immer nicht in solchem Maße gegeben werden, wenn auch viel häufiger als früher).
    (Man müßte mal eine Unterstatistik machen, die nur Häuser ab einer gewissen Größe berücksichtigt)


    Verschiebungen über 5 oder 10 Jahre liegen im Rauschen (ebenso, daß Cosi mal kurzzeitig häufiger auftaucht als Figaro). Man kann so kurzfristig keine Tendenzen zur Veränderung erkennen (ging vielleicht bei den Top 30 oder 50), dafür bräuchte man 20-40 Jahre.
    Es reicht jedenfalls, um zu zeigen, daß selbst angesichts der Weltuntergangsszenarien der "Staubis" der Opernbetrieb der (vermutlich mit einigem Abstand) trägeste Teil der Kulturszene ist, deren Sorgen daher unbegründet sein dürften. Ich würde mich sehr wundern, wenn beim Sprechtheater 10 Jahre lang 7 oder 8 der Top Ten gleichblieben.


    Aber vielleicht erklärt das ja teilweise sowohl die Aufregung als auch die Existenz der "provokanten" Inszenierungen. Wenn das Repertoire aus 20 Stücken oder weniger besteht, die >90% aller Aufführungen bzw. Inszenierungen ausmachen, ist klar, daß ein Teil zu der Ansicht gelangt, es dürfe sich niemals irgendwas ändern, während ein anderer Teil eben das ändert, was man, wenn man immer das Gleiche spielt, ändern kann, nämlich die Inszenierung.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das Bild ist in der Tat wenig überraschend. Vor allem werden sich die interessanten Veränderungen - wie schon Rideamus vermutet - eher in den "unteren" Rängen abspielen. So eine Statistik nur mit den ersten 20 Plätzen nivelliert die tatsächliche Vielfalt der Opernspielpläne sehr stark.


    Den Faktor Zufall kann man nicht hoch genug einschätzen - dass z.B. La Bohème einmal auf Platz 4, einmal auf Platz 17 steht, ist wohl darauf zurückzuführen (ebenso die Schwankungen bei La traviata und vielen anderen Stücken).


    Dass solche Statistiken auch sehr stark von den Möglichkeiten der kleinen Häuser beeinflusst sind, hat Rappy schon gesagt. Insofern steht Wagner ganz gut da - und dass der Ring inzwischen fast ein Garant für ein volles Haus ist, während er noch vor 20-30 Jahren für mittlere Häuser ein finanzielles Risiko bedeutete, ist auch schon öfter bemerkt worden. Wenn Lortzing mit Zar und Zimmermann immerhin in einer Saison auf den oberen Plätzen erscheint, hat er das ausschließlich den kleinen Häusern zu danken - ich kenne kein großes oder mittelgroßes Opernhaus in Deutschland, das dieses Stück im Repertoire hätte.


    Strauss taucht trotzdem in der Tat bemerkenswert selten auf - das widerspricht meinem subjektiven Eindruck, der sich aber wahrscheinlich stark an den größeren Häusern festmacht. In der aktuellen Spielzeit konnte ich immerhin zwölf verschiedene Salome-Inszenierungen ausmachen.


    Ich habe übrigens mal internationale Statistiken gesehen, in denen Salome zwar nicht vorne stand, aber doch zu den meistgespielten deutschsprachigen Opern zählte. Ansonsten sind international Verdi und vor allem Puccini die unangefochtenen Spitzenreiter, deutschsprachige Opern - selbst die Zauberflöte - besetzen nur die Plätze und kommen erst hinter den Da-Ponte-Opern.


    Dass nach der Statistik der gespielten Stücke sowohl in Deutschland wie auch international Puccini beliebter scheint als Verdi, dürfte auch daran liegen, das sich bei Puccini alles auf 3-4 Opern konzentriert, während bei Verdi das Spektrum der häufiger gespielten Stücke größer ist (gleiches Phänomen auf erheblich reduziertem quantitativen Niveau z.B. bei Händel). Eine Statistik nach Komponisten dürfte ein anderes Bild zeigen. Eigentlich kann man sich an deutschen Bühnen über einen Mangel an Aufführungen der ca. 10 bekanntesten Verdi-Opern weißgott nicht beklagen, ganz im Gegenteil.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Ich würde mich sehr wundern, wenn beim Sprechtheater 10 Jahre lang 7 oder 8 der Top Ten gleichblieben.


    Das ist nur bedingt so; ich habe grade mal reingeschaut. Vier Klassiker bleiben im gleichen Zeitraum stabil unter den ersten zehn : Faust, Sommernachtstraum, Romeo und Julia, Kabale und Liebe. Ebenfalls stabil: Hensels Lehrer-Monolog "Klamms Krieg". Dafür gilt ähnliches wie für Mozart&Rossini im Musiktheater: ist auch von kleinsten Theatern zu machen und gleichzeitig gut für die Quote. In vier von den fünf Spielzeiten in den Top Ten: "Ladies Night" von Sinclair (gab's auch mal als Film) - da hält ein Modestück eben doch mal über einige Jahre. Der Klassikerspielplan ist im übrigen allgemein stärker von den aktuellen Zentralabitur-Deutschlehrplänen der Bundesländer bestimmt als man als Außenstehender denken würde. Deswegen hat aktuell "Don Carlos" und "Dantons Tod" Konjunktur.


    Zitat

    Original von Johannes RoehlWenn das Repertoire aus 20 Stücken oder weniger besteht, die >90% aller Aufführungen bzw. Inszenierungen ausmachen, ist klar, daß ein Teil zu der Ansicht gelangt, es dürfe sich niemals irgendwas ändern, während ein anderer Teil eben das ändert, was man, wenn man immer das Gleiche spielt, ändern kann, nämlich die Inszenierung.


    Ja, das kommt mir auch so vor!


    Grüße,
    Micha

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    ...
    Dass nach der Statistik der gespielten Stücke sowohl in Deutschland wie auch international Puccini beliebter scheint als Verdi, dürfte auch daran liegen, das sich bei Puccini alles auf 3-4 Opern konzentriert, während bei Verdi das Spektrum der häufiger gespielten Stücke größer ist (gleiches Phänomen auf erheblich reduziertem quantitativen Niveau z.B. bei Händel). Eine Statistik nach Komponisten dürfte ein anderes Bild zeigen. Eigentlich kann man sich an deutschen Bühnen über einen Mangel an Aufführungen der ca. 10 bekanntesten Verdi-Opern weißgott nicht beklagen, ganz im Gegenteil.


    Da könnte was dran sein. So gesehen wäre es wünschenswert, die Statistik auf dreißig Werke zu erweitern. Denn dann hätte man wohl das Kernrepertoire abgedeckt.


    Wie kommt man eigentlich an diese Zahlen heran? Und auch an die Aufführungszahlen der Schauspielhäuser?


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Wie kommt man eigentlich an diese Zahlen heran? Und auch an die Aufführungszahlen der Schauspielhäuser?


    Über die Website des Deutschen Bühnenvereins (buehnenverein.de). Muss man sich dort aber mühsam aus dem Pressemitteilungs-Archiv zusammensuchen. Die umfassende Werkstatistik, mit wahrscheinlich allen Zahlen, die man sich wünschen kann, erscheint jedes Jahr als Buch für ca. 25 Euro.


    Eins hab ich noch gefunden, zum Thema "Zeitgenössisches":


    Die meistgespielten Sprechtheaterautoren 06/07:
    (Lfd Nr./Autor/Aufführung/Werke/Inszenierungen)
    1. Shakespeare/2.042/27/159
    2. Goethe/1.154/17/91
    3. Schiller/1.059/18/86
    4. Brecht/1.042/36/89
    5. n. Grimm/999/24/48
    6. Kleist/784/9/62
    7. Schmitt/737/10/35
    8. Ibsen/671/11/50
    9. Molière/623/6/35
    10. n. Andersen/612/9/24


    Ein (1!) Zeitgenosse: Eric-Emmanuel Schmitt auf Platz 7. So viel moderner sind die Schauspielleute also auch nicht, was die Werke angeht.


    Grüße,
    Micha

  • Zitat

    Original von Michael M.


    Ja, das kommt mir auch so vor!


    Grüße,
    Micha


    "20 Stücke", die ">90% aller Aufführungen ausmachen", halte ich für eine mehr als gewagte Aussage.


    Tatsächlich hat diese Statistik einiges mit dem in Deutschland - trotz Rückzugserscheinungen - immer noch weitverbreitetem Repertoiresystem zu tun. Kein Opernhaus, egal welcher Größe, kann es sich im Regelfall leisten, die ganz großen Schlager aus dem Repertoire zu verbannen. Ohne die alladventliche und -weihnachtliche Zauberflöte oder Bohème - von Hänsel und Gretel ganz zu schweigen - steigt das Publikum auf die Barrikaden bzw. bleibt es zu Hause.


    Ich mache mal für die laufende Spielzeit die Gegenrechnung mit dem Teil des Spielplans auf, der das Profil eines Opernhauses ausmacht: den Premieren.


    Die acht größten deutschen Opernhäuser (München, Berlin SO, Berlin DO, Hamburg, Dresden, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf/Duisburg) bieten in der Saison 2008/09 insgesamt 58 Premieren an. Dabei gibt es insgesamt nur 6 Doppelungen - es handelt sich also um 52 verschiedene Opern. Nur fünf (!) dieser 52 Stücke gehören zu den oben aufgeführten Top 20+. Manche - wie Aida oder Lohengrin - zählen auch zum anerkannten Kernrepertoire (obwohl sie nicht unter den Top Twenty sind), Etwa die Hälfte der 52 Opern sind aber selten bis extrem selten gespielte Stücke bzw. Uraufführungen.


    Das ist die Liste (nicht geordnet):


    Puccini: Turandot
    Mascagni: L’amico Fritz
    Wagner: Tannhäuser
    Strauss: Die ägyptische Helena
    Strauss: Ariadne auf Naxos
    Bizet: Carmen
    Respighi: Marie Victoire
    Rossini: La Cenerentola
    Tschaikowsky: Eugen Onegin (2x)
    Ruzicka: Hölderlin (UA)
    Gounod: Faust
    Wagner: Lohengrin (3x)
    Haydn: Orlando Paladino
    Verdi: Il trovatore
    Mussorgsky: Boris Godunow
    Puccini: Tosca
    Hindemith: Cardillac
    Henze: L’Upupa
    Wilderer: Giocasta
    Charpentier: Louise
    Strauss: Die Frau ohne Schatten
    Beethoven: Fidelio
    Dvorak: Rusalka
    Schönberg: Moses und Aron
    Janacek: Aus einem Totenhaus
    Wagner: Die Walküre
    Lehar: Die lustige Witwe
    Britten: Death in Venice
    Gluck: Iphigénie en Tauride
    Verdi: Attila
    Jost: Death knocks / Tavener: A Gentle Spirit / Holst: Savitri
    Verdi: Macbeth
    Berg: Wozzeck
    Pfitzner: Palestrina (2x)
    Donizetti: Lucrezia Borgia
    Janacek: Jenufa
    Verdi: Aida (2x)
    Rheinberger: Der arme Heinrich
    Bartok: Herzog Blaubarts Burg / Müller: Quartett / Schönberg: Erwartung
    Klein: Der unsichtbare Vater (UA)
    Händel: Teseo
    Ott: Paulinenbrücke (UA)
    Reimann: Lear
    Joneleit: Piero - Ende der Nacht
    Donizetti: Lucia di Lammermoor
    Bellini: Norma
    Verdi: I masnadieri
    Strauss: Arabella
    Ravel: L'heure espagnole / de Falla: La vida breve
    Bizet: Les pêcheurs des perles
    Eötvös: Angels in America
    Mozart: La finta giardiniera


    (Anmerkung: es wurden auch konzertante Premieren und Kammeropern, aber keine Kinderopern gezählt. Doppelabende etc. - also z.B. Ravel/de Falla - wurden als eine Premiere gerechnet.)


    - Aus Bequemlichkeitsgründen habe ich nur acht Opernhäuser ausgewertet. Auf die "Originalität" der Premieren sollte das aber keinen Einfluss haben, eher im Gegenteil, da an den "mittleren" Bühnen oftmals noch mehr gewagt wird.


    - Natürlich ist eine einzige Saison nicht repräsentativ. Ich verfolge (auf dem Papier) die Premieren der größeren Opernhäuser aber seit über einem Jahrzehnt konstant und halte diese Spielzeit keineswegs für einen Ausreißer.


    - Mir ist klar, dass Ruzickas Hölderlin, Schönbergs Moses und Aron und viele andere Stücke allenfalls eine einzige Wiederaufnahme erleben werden. Wohingegen die Aida oder in anderen Spielzeiten die Zauberflöte möglicherweise 5-10 Jahre lang zigmal auf dem Spielplan stehen werden. Nur so kommen ja auch die obigen Statistiken zustande. Das mag man bedauern, ist aber natürlich auch dadurch bedingt, dass Zauberflöte und Aida den Ruzicka und Schönbergs Moses zumindest bis zu einem gewissen Grad querfinanzieren und die Auslastung nicht unter 90 (70, 50) Prozent sinken lassen: lebenswichtig für jeden Intendanten und letztlich auch für das Opernhaus selbst.


    Fazit: die Vielfalt der Spielpläne könnte noch größer sein, aber sie existiert. Wer nicht immer die gleichen Opern sehen möchte, sollte sich die besuchte Vorstellung nicht mit dem Würfel oder nach Maßgabe eines bestimmten Termins, sondern bewusst aussuchen. Es wird gar nicht schwer fallen, öfter mal was anderes zu sehen und zu hören.



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Jetzt bräuchte man nur noch ganz viel Geld und Zeit (in Tamino schreiben kann man dann wohl vergessen oder muss es im Fluge oder in einem Zuge tun) um das alles abzudecken und noch ein paar mal wenigstens ins deutschsprachige Ausland zu kommen.


    Vielen Dank für diese eindrucksvolle Zusammenstellung. Solche Überblicke sollte man hier institutionalisieren! :angel:


    Wäre das nicht mal eine (natürlich selbstgestellte) Aufgabe für Leute, die sich nicht zu schreiben trauen oder nicht wissen, was, aber ein Faible für Statistiken haben? :pfeif:


    Ich bin sicher, dass viele von uns es ihnen danken werden.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Ich habe mich für die Premieren der laufenden Saison weitgehend an der Saisonvorschau der Opernwelt orientiert, die einen schnellen Überblick liefert (allerdings nicht ganz vollständig ist):


    "http://www.opernwelt.de/de/info/saisonvorschau/index.html"



    Einen Überblick über die monatlich aktuellen Premieren erhält man hier:


    "http://www.opernwelt.de/de/info/premieren/index.html"



    Ansonsten kann ich trotz einiger Unzuverlässigkeiten sehr die Website


    "www.operabase.com"


    empfehlen: Hier sind alle aktuellen Aufführungen erfasst - und man kann nach den verschiedensten Kriterien suchen (Opernhäuser, Komponisten, Werke, Sänger, Regisseure, Aufführungsdaten etc.).



    Viele Grüße


    Bernd