Die großen Opernbesprechungen 1. Teil Norma

  • 1. Die Recitelaufnahmen:


    Als am 26. Dezember 1831 die Uraufführung in Mailand über die Bühne ging war Giuditta Pasta die Norma und Giuli Grisi ( später ebenfalls eine berühmte Norma) die Adalgisa. Danach wurde die Rolle von Maria Malibran und Jenny Lind (keine Aufnahmen vorhanden) gesungen.
    Aufnahmen aus Norma gibt es erst seit Lilli Lehmann, Adalina Patti, Frieda Hempel, Rosa Ponselle (Mira O‘Norma mit Luise Homer), Giannina Russ, Marcella Sembrich, Margarete Siems und Natalja Ermolenko-Juzhina. Das Hören dieser Aufnahmen setzt Erfahrung im Hören von historischen Aufnahmen voraus, denn anders als die Stimmen von Männer, war die Technik, was das Aufzeichnen von Sopranstimmen anbelangt , noch nicht weit genug. Zu dem war der Platz auf den Tonträgern sehr begrenzt viele Arien mußten gekürzt oder in einem teilweise aberwitzigen Tempo aufgenommen werden. Erst nach 1930 gelang dieses zum Beispiel mit Claudia Muzio, die leider nicht den technischen Finessen dieser Arie gerecht wurde.Gleiches gilt hier auch für Ilona Tokody, Renata Tebaldi und Leontyne Price ( Mira O Norma mit Marilyn Horn)
    Über die Neuseeländerin Mina Foley sagte Tito Schipa: Miss Foley must be New Zealands greatest operatic find. She has a pleasure coloratur voice and must go to Europe as soon as posible. In der Tat war sie in Arien wie A Fors‘ e lui, Caro nome und luce de quest‘ anima hinreißend, nicht aber als Norma, zu viele Mätzchen. Nie wieder hören möchte ich Aufnahmen mit Eliska Toperczerova, Felippa Giordani ( selbst Nana Mouskouri war hier besser ) und Lucia Aliberti ( in einem späten Recitel). Renee Fleming bietet uns zwar schöne geflutete Töne aber insgesamt ist das nicht genug. Besser schneiden Sängerinnen wie Teresa Stich-Randell, Edita Gruberova, Cheryl Studer, Angela Gheorgiu und Cecilia Gasdia ab. Befremdlich klingen für mich Aufnahmen dieser Arie mit Ebe Stignani, Marian Anderson und Cecilia Bartholy ( ich bin mir ganz sicher Frau Malibran klang nicht so langweilig ).


    2. Die Gesamtaufnahmen von 1936-1990:


    Die frühesten Gesamtaufnahmen stammen aus dem Jahren 1936 und 1937. In beiden erleben wir Gina Cigna, störend ist hier leider ihr stark ausgeprägtes Vibrato.
    Zwei mir vorliegende Aufnahmen mit Zinka Milanov ( wunderbar in Aida, Il Trovatore und La Forza del Destino) klingen da eher befremdlich mangels richtiger Technik bezogen auf die Koloraturen.
    Maria Pedrine (Normaauszüge) klingt mir von der Stimme zu kalt und schrill.
    Zwei Studioproduktionen und mehrere Mitschnitte erhärten das Bild, das Maria Callas die vollständigste Sängerin und Darstellerin der Norma war. Ihre Technik und ihre Art Phrasen Leben einzuhauchen, die verschattete Stimme zu Beginn der Casta Diva , die wunderbaren Tempi, das perfekte Timing und ihre dramatische Kraft für die Schlußszene alles Argumente die sie in den gesanglichen Olymp hebt.
    Ihre „ Erbin“ Leyla Gencer ( mit ihrer Lucia noch am dichten an der Callas Interpretation) konnte hier auf Grund ihres eklektischen Gesangsstil nicht mehr mithalten. Andere wie Anita Cerquetti und Elena Suoliotis ( Studioproduktion viel zu spät) wurden von der Presse ebenfalls als Erbinnen gefeiert, leider waren sie für diese Rolle Fehlbesetzungen. Vier andere dramatische Sängerinnen zwei aus Großbritannien, Dame Gwynneth Jones ( Wagner, Turandot) und Rita Hunter (Wagner) besaßen ebensowenig das technische Finish für die Norma wie Ghena Dimitrova (Turandot) und Elinor Ross ( Turandot).
    Mara Zampieri sang für viele schon immer im Grenzbereich überzeugte mich aber auch hier nicht. Besser sind hier Mitschnitte mit Cruz-Romo und sie werden es wahrscheinlich nicht glauben Anna Tomowa-Sintow. Bei Beverly Sills sieht die Sache schon etwas zwiespältig aus, während sie in zwei Livemitschnitten, der einen aus Hartford ( mit dem wohl männlichsten Chor), der anderen unter der Leitung von Sarah Caldwell ( hinreißend getragene Tempi ) bietet hier alles was von einer Norma vokal erwartet wird.
    Ihre Studioaufnahme hingegen ist enttäuschend. Enttäuschend ebenfalls Renata Scotto ( Muti, live; Levine, Studio; Recigno 1978, Live) bei allen dreien bietet sie keine befriedigende Interpretation.
    Katia Ricciarelli ( die bereits als Tosca, Turandot und Amelia über ihre stimmlichen Möglichkeiten hinausging bzw.die Rollen nicht ausfüllen konnte) ist auch hier , 1986, nicht Rollendeckend wo hingegen Cristine Deutekom uns in einem Mitschnitt eine überzeugende Leistung bot.
    Eine ebenfalls erstaunlich gute Leitunng als Norma bot 1989 Christine Weidinger.
    Wenn man sich Livemitschnitte und Studioaufnahmen die zwischen den Jahren 1970 und 1990 entstanden sind anschaut, dann fallen einem immer wieder zwei Namen ins Auge, Joan Sutherland ( superb was die Engführung der Stimmen mit Marilyn Horn anbelangt, später gefolgt von Huguette Tourangeau und Margaret Elkins als Adalgisa) und Montserrat Caballe, beide besaßen das technische Rüstzeug für die Rolle, was beiden fehlte war eine eloquente stimmliche dramatische Umsetzung die diese Rolle zu dem doch benötigt.
    Die zwei Mezzosopranistinnen die den Sprung zum Sopran und somit auch zur Norma wagten boten ein unterschiedliches Bild.
    Shirley Verret konnte 1978 noch überzeugen aber schon ein Jahr später 1979 klang ihre Norma schon um einiges bemühter.
    Grace Bumbry hingegen deren Casta Diva schon in einem Recitel einen tremolösen Eindruck hinterließ war in einem Mitschnitt ebenfalls enttäuschend.


    Die Gesamtaufnahmen nach 1990:


    Kommen wir jetzt zu den modernen Sängerinnen der Norma.
    Ein aus dem Jahr 1990 datierter DVD Mitschnitt offenbart uns eine Lucia Aliberti auf höchstem Niveau. Wenn eine Sängerin die Callas in der Rolle der Norma beerben durfte, an diesem Abend wäre sie es gewesen.
    Die Sängerin Hasmik Papian singt jetzt schon seit schätzungsweise 10 Jahren die Rolle der Norma auf der Bühne, jetzt wurde sie endlich auf 2 DVDs und auf einer CD in dieser Rolle dokumentiert.
    Andere dagegen wie Carol Vaness, Jane Eaglen ( wurde an der Met als Norma ausgebuht), Fiorenza Cedolin oder Lauren Flanigan ( 2007 überwältigender Erfolg als Vanessa in der New York City Opera) sind da nur enttäuschend. Gerade den beiden zuletzt genannten merkt man das Bemühtsein um eine gute Rolleninterpretation an.
    Überzeugender waren da schon Nelly Miriciou, Sally Wulf, Maria Dragoni, Iona Tamar, Sharon Sweet, Silvana Dussmann und Sylvia Valayre ( leider 2009 in Berlin als Turandot enttäuschend)
    Zu den besten Sängerinnen der Norma seit 1990 zähle ich Adalaide Negri ( neben Michael Sylvester), Monica Pick-Hironimie ( wundervoll bei der vermeintlichen Sterbeszene der Kinder und beim hauchen ihres Son io / auch zu hören als Abigaille und Donna Anna), Branda Harris ( auch in Händel und Pergolesi Opern zu hören, opulente Stimme mit technischem finish) und Christine Goerke ( gewann 2001 den Richard Tucker Award) wundervoll, neben ihr hören wir Ewa Podles.
    Obwohl die nachfolgenden Sängerinnen nicht über das technische Finish welches man für diese Rolle benötigt verfügen gelang ihnen dennoch die Zeichnung eines eindringlichen Porträts, die Rede ist von Daniela Dessi ( klingt in ihrem letztes Verdirecitel auch schon weniger frisch ) Maria Guleghina und Dimitra Theodossiou.
    Bereits 2004 schien Cathrine Naglestad den Tribut für ihre Grenzüberschreitungen bezahlen zu müssen. In einer Normaproduktion klingt ihre Stimme für meine Geschmack etwas zu säuerlich.
    Eine der ergreifensten Normainterpretation aber gelang einer Sängerin die diese Rolle so völlig anders singt. Noch bis vor wenigen Jahren hieß es von ihr, Norma, niemals.
    Die Art, wie sie ihre Kunst des Singens auf die Rolle der Norma anwendet ist phänomenal und wenn sie in der Schlußszene Son Io singt, ergreifender geht es nicht mehr, die Rede ist hier von Edita Gruberova.


    So ziemlich zum Ende noch zwei Sätze über die Sängerinnen der Adalgisa.
    Zu den führenden Sängerinnen der Adalgisa zählten damals Ebe Stignani, Giulietta Simionato, Miriam Parazzini, und Fiorenza Cossotto.
    Später waren es dann Shirley Verrett, Marilyn Horn, Huguette Tourangeau und Tatiana Troyanos und in den letzten Jahren sind es Eva Podles, Anna Catarina Antonacci und Elina Garanca.


    Fazit:


    Zu empfehlende Aufnahmen:


    1. Tullio Serafin: Callas, Ludwig, Corelli
    2. Tullio Serafin: Callas, Stignani, Filipeschi
    3. Friedrich Haider: Gruberova, Garanca, Machado
    4. Richard Bonyngne: Sutherland, Horn, Alexander


    Mit kleinen Einschränkungen zu empfehlen:


    5. Carlo Fellici Cillario: Caballe, Cossotto, Domingo
    6.Viottorio Gui: Cigna, Stignani, Breviario, Pasero


    Zu empfehlende Livemitschnitte


    7. Maria Callas mit folgenden Dirigenten:
    Guido Picco (1950), Vittorio Gui (1952),
    Anmtonio Votto (1955,1967), Tullio Serafin (1955)
    8. Joan Sutehrland mit folgenden Dirigenten:
    Richard Bonyngne ( 1967, 1969. 1970. 1972)
    9. Francesco Molinari Pradelli: Caballe, Cossotto, Prevedi


    Nicht zu empfehlen


    10. Levine: Sills, Verrett, die Giuseppe
    11. Halazs: Bumbry, Cuberli, Giacomini
    12. Levine: Scotto, Troyanos. Giacomini
    13. Varviso: Souiliotis, Cossotto, del Monaco
    14. Muti: Eaglen, Mei, la Scola

  • Zitat

    Andere wie Anita Cerquetti und Elena Suoliotis ( Studioproduktion viel zu spät) wurden von der Presse ebenfalls als Erbinnen gefeiert, leider waren sie für diese Rolle Fehlbesetzungen.

    Von der blutjungen Anita Cerquettti gibt es einen Ausschnitt einer Aufführung mit dem "Casta diva". Das geht derart unter die Haut, dass es sehr traurig ist, dass es nie zu einer sorgfältig vorbereiteten Aufnahme gekommen ist.




    Zitat

    Wenn man sich Livemitschnitte und Studioaufnahmen die zwischen den Jahren 1970 und 1990 entstanden sind anschaut, dann fallen einem immer wieder zwei Namen insAuge, Joan Sutherland ( superb was die Engführung der Stimmen mit Marilyn Horn anbelangt, später gefolgt von Huguette Tourangeau und Margaret Elkins als Adalgisa) und Montserrat Caballe. Beide besaßen das technische Rüstzeug für die Rolle, was beiden fehlte war eine eloquente stimmliche dramatische Umsetzung die diese Rolle zu dem doch benötigt.

    Man kann natürlich debattieren, inwieweit überlegene Technik einen relativen Mangel an "Eloquenz" ausgleichen kann, aber zumindest der Live-Mitschnitt aus Orange 1974 lässt bei Montserrat Caballé kaum Wünsche offen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!