Ol' Man River - PAUL ROBESON, Bassist und Bürgerrechtler

  • Der berühmte amerikanische Sänger PAUL ROBESON wäre in diesen Tagen 110 Jahre alt geworden.


    In den wilden Zwanzigern war er Profi-Footballer, studierte Jura und wurde von dem Dramatiker Eugene O'Neill für die Bühne entdeckt.
    Neben seiner Karriere als Schauspieler und Sänger trat er auch für die Menschenrechte ein, sympathierte mit kommunistischen Ideen und geriet dadurch in die Schusslinie von McCarthy - was ein Ausreise- und Auftrittsverbot zur Folge hatte.


    Seine berühmtesten Rollen sind der Porgy in "Porgy and Bess" von Gershwin und der Joe im Musical "Showboat". Besonders gern sang er die Volkslieder, Gospels und Spirituals der schwarzen Sklaven.


    1976 ist er in Philadelphia gestorben.


    Seine mächtige Baßstimme ist auf vielen Tonträgern erhalten, einige davon werde ich an dieser Stelle präsentieren!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • In diesen Tagen ist bei EMI eine Box mit 7 CDs herausgekommen, die sämtliche Aufnahmen enthalten, die Paul Robeson für diese Plattenfirma von 1928 bis 1939 gemacht hat:



    PAUL ROBESON - THE COMPLETE EMI SESSIONS 1928 - 1939


    Zum Spottpreis von knapp 20 EURO gibt es hier insgeamt 168 Lieder und Songs im neuen Re-Mastering der Abbey Road Studios auf 7 CDs!


    LG


    :hello:



    PS: Warum die bei jpc zum 100. Geburtstag avisiert wird, weiß ich nicht, dann müßte er 1908 geboren sein, alle Lexika nennen jedoch 1898 als Geburtsjahr. Weiß hier im Forum jemand Genaueres?

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    man lernt nicht aus, egal, in welchem Alter. Obwohl ich meine, mich gerade bei Bassisten gut auszukennen, habe ich von Paul Robesson noch nie etwas gehört. Das soll nun kein Herausreden sein, ich bin halt mehr in der klassichen Richtung. Also danke für den Tipp.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Harald,


    von Paul Robeson habe ich ein paar CD's daheim. Ich habe ihn erst vor ein paar Jahren wiederentdeckt, was für eine wundervolle Baßstimme. Als junger Mensch habe ich im Radio öfter etwas von ihm gehört.


    Besonders die uralten Gospelsongs sang er so schön wie selten einer.


    Liebe Grüße aus München


    Kristin

  • Paul Robeson war ja nicht nur ein im wahrsten Sinne des Wortes "schwarzer" Baß, er war auch ein begnadeter Schauspieler!


    In der Zeit, als er in seiner Heimat, den Vereinigten Staaten von Amerika, wegen seiner "kommunistischen Umtriebe" unerwünscht war, hat er in England, vornehmlich in London, sehr erfolgreich Theater gespielt.


    Seine Paraderolle war Shakespeares "Othello", den er "ungeschmimkt" verkörpern konnte! Seine mächtige Stimme sorgte dafür, daß er auch in größten Theatern noch bis in die letzte Reihe zu hören war, auich wenn er Desdemona flüsternd fragte, ob sie denn zur Nacht gebetet hätte:



    Als Tondokument ist uns das erhalten geblieben.


    Für alle Opernfans:


    Dies ist ein Theaterstück! Er singt den Othello nicht!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Unvergessen bleibt für mich natürlich sein "Ol' man river".
    Ob man "Arbeitsvitaminen", ein Programm über Musicals, oder einfach leichte Musik bei uns im Radio hörte, unzählbare Male wurde diese Song von ihm gesendet.
    Seine Interpretation hat mich geprägt, denn jedes Mal daß ich es höre, vergleiche ich es unwillkürlich mit Robesons Ausführung.


    LG, Paul

  • Der wegen "kommunistischer Umtriebe" in Verdacht geratene Sänger hatte jahrelang in seiner Heimat Auftrittsverbot. Es wundert mich deshalb nicht, daß er in Westdeutschland nie diesen Bekantheitsgrad erreichte wie eta in den Staaten des Ostblocks.Die Angebote aus der Sowjetunion und anderen kommunistischen Staaten, so auch der DDR, dort aufzutreten, nahm er dankbar an, OHNE zu merken, daß er instrumentalisiert wurde.


    Dmitri Schostakowitsch schildert ein Beispiel, wo sich Robeson mit einem im Gulag inhaftierten Freund zum Essen trifft, den man nur für diesen Zweck eigens aus dem Kerker geholt hatte. Robeson merkte nichts, obwohl der "Schuss" unmittelbar neben seinem Ohr abgefeuert wurde...


    Das ist allerdings bestimmt nicht seiner etwaigen ideologischen Verblendung
    geschuldet, sondern der Sänger war von einer kindlichen Naivität und durchschaute Stalins bösartiges Spiel nicht.


    Seine volle und warme Stimme hat mich immer sehr beeindruckt und ich bin froh darüber, daß in der Zeit einer grossen "Umbenennungs-Wut" nach der Wene 1989 im heutigen Berliner "Szene"-Bezirk Prenzlauer Berg die "Paul-Robeson-Strasse" erhalten blieb.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Vielen Dank für diesen Thread! Seit langer Zeit hatte ich im Hinterkopf, daß man zu diesem Sänger mal hier was schreiben sollte...


    Robeson war meines Wissens kein klassisch ausgebildeter Sänger, sondern zunächst Schauspieler, aber die Stimme ist von großer Kraft, Wärme und Natürlichkeit.


    Sicher wurde ihm die Sympathie bzw. Blauäugigkeit bzgl. des Stalinismus vorgeworfen. Ich glaube allerdings nicht, daß hier nur Naivität die Ursache war. Man muß bedenken, daß Robeson in einer Zeit übelster Rassensegregation in den USA aufgewachsen ist (sein Vater war ein entlaufener Sklave, der dann Pastor geworden war). Er war angeblich erst der dritte Schwarze an seiner Universität (und während seiner Zeit dort der einzige)
    Natürlich war ihm klar, daß Millionen anderer Schwarzer, die nicht mit seinen vielfältigen Begabung als Sportler, Anwalt, Schauspieler und Sänger aufwarten konnten, weiterhin in der amerikanischen Gesellschaft ein Schattendasein führen würden. Die Tatsache, daß in der Sowjetunion die Rasse keine Rolle zu spielen schien, muß ihn so begeistert haben, daß die erwähnte Blindheit gegenüber der Schreckensherrschaft die Folge war.


    Ich habe bisher nur diese CD:



    Sie enthält nicht nur die gegen den Faschismus gerichteten Lieder einer ca. 1942 erschienen Platte, deren Cover reproduziert ist, sondern auch einiges Klassische (Gretschaninoffs Wiegenlied, Mussorgsky) und eine Reihe Musical-Schlager (natürlich auch Ol' man river). Aufgenommen ca. 1940-48, der Klang ist fürs Alter m.E. außergewöhnlich gut, die Ausstattung sehr schön.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Dies ist auch meine Lieblingsplatte von Paul Robeson:



    Neben den bekannten Songs wie "Ol' Man River" aus "Showboat" und "It Ain't Necessarily So" aus "Porgy and Bess" sind auch so bekannte Arbeiterlieder wie "Waterboy" und "Joe Hill", sowie Spirituals wie "Sometimes I feel Like a Motherless Child" auf der Platte enthalten.


    Ein ganz bestimmtes Lied auf der CD habe ich in mein Herz geschlossen: "Die Moorsoldaten" - "The Peat-Bog Soldiers"(das KZ-Lied in der Instrumentierung von Hans Eisler).


    Diese CD gehört in jede Plattensammlung!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    "Die Moorsoldaten" - "The Peat-Bog Soldiers"(das KZ-Lied in der Vertonung von Hans Eisler).


    Hanns Eisler hat das Lied lediglich für den Sänger Ernst Busch bearbeitet und eingerichtet; Original-Melodie (und Komposition) sind von Rudi Goguel (1908-1976), der ebenso wie der Textdichter Johann Esser Gefangener im Konzentrationslager Bürgermoor (Emsland) war.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Ich bin auch begeistert darüber, dass über diesen Sänger ein Thread eröffnet wurde.


    In der TV - Doku "Aidas schwarze Schwestern" - es ging auch um männliche Sänger - handelte ein Teilbeitrag von ihm mit Hörbeispielen mit diesem wunderschönen Bass.


    In dieser Sendung wurde er m. E. in einer adäquaten Weise gewürdigt, ähnlich wie die anderen Persönlichkeiten und vor allem auch die skandalösen Bedingungen, denen in den ach so demokratischen USA selbst die Begabtesten noch im 20. Jht. ausgesetzt waren, nur weil sie eine schwarze Haut haben.


    Obwohl das Erlernen des Operngesangs ja viel Zeit und Stringenz ganz allein für sich schon in Anspruch nimmt, war fast jede/r dieser schwarzen KünstlerInnen irgendwie politisch involviert, denn alle stießen irgendwann einmal auf die Rassendiskriminierung auf ihrem Werdegang.


    Wahrscheinlich ist es vielen in Europa nicht so recht bewust, aber die McCarthy - Ära hatte deutliche Züge einer Gesinnungsdiktatur. Das öffentliche Leben war teilweise gründlich vergiftet und es herrschte berechtigt Angst und Schrecken. Angst um die Berufstätigkeit; aber auch davor, in den Knast zu kommen, ohne Verbrecher zu sein, ja sogar Verbrechen untergeschoben zu bekommen und dafür hingerichtet zu werden (Sacco und Vanzetti). Eines der berühmtseten Beispiele hierfür dürfte sein, dass auch Charlie Chaplin, der sicher eher ein Sinnbild für Amerika ist, Opfer dieser Zustände wurde.


    Paul Robeson ging sehr weit mit seinem Engagement, wurde sehr deutlich, aber friedlich und viel mit Hilfe seiner Kunst. Trotzdem geriet er in Amerika und im Westen absolut in eine Zwangslage und es braucht niemanden zu wundern, dass er selbigen nicht als Hort der Freiheit sehen konnte. Abgesehen von der Rassendiskriminierung, die den Schwarzen bei jeder noch so banalen Alltagsverrichtung vor Augen führte, dass sie als Bürger zweiter Klasse betrachtet wurden, war er ja noch dazu ohne einen einer Demokratie würdigen politischen Grund in seiner Existenz bedroht.


    Er hat sicher gesehen, was im Osten los, jedoch meine ich, dass er die Tatsache, dass dort seine ethnische Herkunft nicht hinderlich war, als befreiend erlebt hat. Es wäre lohnenswert, falls es etwas gibt, im schriftlichen Nachlass oder Zeitdokumenten von und über diesen hochinteressanten Sänger zu recherchieren. Als politischer Mensch hat er sich sicher Gedanken über viele Dinge gemacht.


    Danke für die Aufnahmentipps. Ich wusste nicht, dass er das Moorsoldaten - Lied gesungen hat. Ich kann mir vorstellen, dass diese Aufnahme sicher etwas ganz Besonderes ist.


    LG


    Ulrica

  • Zitat

    Er hat sicher gesehen, was im Osten los, jedoch meine ich, dass er die Tatsache, dass dort seine ethnische Herkunft nicht hinderlich war, als befreiend erlebt hat


    Liebe Ulrica,


    richtiger wäre es wohl, zu sagen, daß in SEINEM Falle die ethnische Herkunft nicht hinderlich war, in vielen anderen war sie es durchaus und es sollte jetzt nicht der Eindruck entstehen, daß das Arbeiter- und Bauern-Paradies Walter Ulbrichts ein Bollwerk der Toleranz und der allseits geachteten Menschenwürde war...


    Robeson, der bei seinen Konzerten im Osten weitgehend "zu seinem Schutz"
    isoliert wurde, lernte nur die Schokoladenseite des Systems kennen und möglicherweise auch schätzen, was man ihm im Angsicht der McCarthy-Ära auch garnicht verübeln kann, aber ich kann auch Dmitri Schostakowitschs bitteren Kommentar über die "Humanisten", zu denen er Robeson (neben G.B. Shaw und Feuchtwanger) zählte, schon verstehen, denen er Blindheit und Selbstbetrug und Schlimmeres vorwarf.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zum heutigen 111. Geburtstag des Künstlers möchte ich der Vollständigkeit halber noch ein paar biographische Daten aus seiner Frühzeit nachtragen, die bisher in diesem Thread zu kurz kamen:


    Robeson, Paul, Baß, * 9.4.1898 Princeton (New Jersey), † 23.1.1976 Philadelphia; sein Vater, der in seiner Jugend noch Sklave gewesen war, bekleidete ein hohes Amt bei den amerikanischen Quäkern; in Westfield und in Summerville (New Jersey).
    Seine Mutter kam 1904 bei einem Brand ums Leben.
    Während seines Jurastudiums an der Rutgers University und an der Columbia University wurde Paul Robeson als Sportler bekannt. Er erwarb sein Staatsdiplom und eröffnete eine Anwaltspraxis. Diesen Beruf gab er jedoch auf und wurde Schauspieler.
    1921 debütierte er als solcher und hatte Erfolg in O'Neills Schauspiel »All God's chillun got wings«, dann in »The Emperor Jones«.
    1921 heiratete er die Chemikerin Eslanda Cardozo Goode († 1965). 1925 gab er sein erstes Konzert im Greenwich Village Theatre, in dem er ausschließlich Negro Spirituals zum Vortrag brachte. Damit begann seine große Sängerkarriere.
    Noch heute erfreut sich der symphatische Sänger einer großen Popularität!



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)