Die Lebensgeschichte der Triosonate ist untrennbar verknüpft mit dem Generalbasszeitalter, also mit dem, was wir landläufig unter Barockmusik verstehen. Ihre Entstehung wurde durch die Entwicklung des Basso continuo erst ermöglicht, und mit seinem Verschwinden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verlor auch die Triosonate an Bedeutung und wurde bald durch andere kammermusikalische Formen ersetzt.
Die Triosonate als kammermusikalische Gattung ist gekennzeichnet durch die eigenständige Führung zweier Melodiestimmen über dem harmonischen Gerüst des Basso continuo. In den als Sonata a due bezeichneten Werken ist die Funktion des Basso continuo weitgehend auf diese Stützfunktion reduziert; in den Sonate a tre ist er hingegen als dritte Stimme Teil der imitatorischen kontrapunktischen Struktur.
Die Terminologie war von den ersten Anfängen der Triosonate um 1600 bis ihrem Ende in der zweiten Hälfte des 18 Jh. niemals genau festgelegt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderst war neben der Bezeichnung Sonata auch Canzona gebräuchlich, später um 1700 findet man neben Sonata auch Sinfonia oder Concerto, um 1750 finden sich neben diesen auch Begriffe wie Ouverture, Partita, oder Divertimento.
Die Triosonate entstand im beginnenden 17. Jahrhundert in Norditalien. Dabei liegen ihre Ursprünge sowohl in der vokalen wie auch der instrumentalen Musik dieser Zeit. Für die Entwicklung der Triosonate aus diesen Formen, zu denen das Madrigal, der Canzon und die Canzonetta oder auch das Ricercar gehören, fanden Musikwissenschaftler verschiedene plausible Erklärungen:
Zum einen war es bereits um 1600 durchaus üblich, bei mehrstimmigen Canzonen oder Ricercaren die Mittelstimmen einfach auszulassen. Ihre harmonische Funktion wurde durch das Harmonieinstrument des Basso continuo ersetzt.
Alternativ könnte die Trio-Form aber auch durch das Hinzufügen einer zweiten Stimme zu einer zunächst einzeln über einem Basso continuo geführten Melodielinie entstanden sein. Die Triosonate kann jedenfalls durch die polyphone Gleichberechtigung aller Stimmen einerseits und die klare funktionale Trennung von Melodie- und Harmoniestimme auf der anderen Seite als Synthese zwischen Renaissance- und Barockmusik aufgefasst werden.
Die frühesten erhaltenen Triokompositionen, die den Titel Sonata tragen, stammen von dem Mailänder Komponisten Giovanni Paolo Cima (* um 1570; gest. um 1622) und entstanden um 1610. In ihren Anfängen war die Form der Triosonate noch unbestimmt und erlaubte den Komponisten eine große Freiheit in der Wahl ihrer Mittel. Zu denen, die sich mit dieser Form auseinandersetzten und dabei mitunter zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen kamen, gehörten Komponisten wie Biagio Marini, Giovanni Battista Fontana, Dario Castelli, Salomone Rossi, Tarquinio Merula und Marco Uccellini.
Ihre Funktion im Musikleben des 17. Jahrhunderts fand die Triosonate sowohl im weltlichen wie auch im kirchlichen Bereich, wo sie zur Mess- und Vesperliturgie zugelassen war. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts wurde aber weder stilistisch noch ausdrucksmäßig zwischen diesen Aufgabenbereichen unterschieden. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte sich der durch die Funktion bedingte Unterschied in der Stilistik durch. Der ernstere Charakter der Sonata da chiesa, der „Kirchensonate“, spiegelte sich in der Verwendung von Fugen und anderen abstrakten Sätzen, die lediglich durch Tempoangaben bezeichnet werden, wieder. Die Sonata da camera, die „Kammersonate“ wird hingegen durch ein Präludium eingeleitet, dem sich mehrere Tanzsätze anschließen.
Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts breitete sich die Triosonate sowohl durch italienische Komponisten, die in europäischen Musikzentren außerhalb Italiens tätig waren, als auch durch ausländische Komponisten, die Italien bereisten, über ganz Europa aus. Zu den Komponisten, die Triosonaten verfassten, zählten unter anderem Giovanni Legrenzi, Giuseppe Torelli, Heinrich Ignaz Franz Biber, Johann Jakob Walther, Johann Philipp Krieger, Philipp Heinrich Erlebach, Johann Rosenmüller, Dietrich Buxtehude, Henry Purcell, Francois Couperin und Johann Schenk.
Auch die instrumentale Besetzung der Triosonate unterlag einem Wandel. Als Melodieinstrumente standen sich zu Anfang des 17. Jahrhunderts noch der Zink (Cornetto) und die Violine gleichberechtigt gegenüber. Bald setzte sich die Violine jedoch als wichtigstes Instrument durch und behauptete diese Position bis ins 18. Jahrhundert, wo ihr dann aber Block- und Querflöten und Oboen diese Position streitig zu machen versuchten. Dabei waren sowohl gemischte wie auch gleichartige Besetzung der Melodieinstrumente gängig.
Es war auch üblich, Triosonaten in unterschiedlichen Tonarten zu veröffentlichen, um die Spielbarkeit sowohl für Streich- als auch Blasinstrumente zu gewährleisten.
In der 2. Hälfte des 17 Jh. erreichte auch die Kombination von Violine und Viola da gamba als Melodieinstrumente einige Bedeutung, und kann durch die stärkere Betonung des Monodischen durch die Dominanz der Violinstimme gegenüber der tieferliegenden Gambe als Schritt in Richtung der Solosonate aufgefasst werden.
Der Basso continuo wurde meist durch Viola da gamba, Violoncello und/oder Violone besetzt, aber gerade in der Anfangszeit waren durchaus auch Posaune und Fagott üblich. An Harmonieinstrumenten wurden zunächst noch oft Theorbe und Chitarrone herangezogen, an Tasteninstrumenten kam oft die Orgel zum Einsatz; schon bald jedoch setzte sich das Cembalo als gebräuchlistes Basso continuo-Instrument durch.
Als einen Höhepunkt in der Geschichte der Triosonate kann man wohl das Erscheinen der vier Triosonaten-Sammlungen von Arcangelo Corelli in den Jahren 1681 bis 1694 bezeichnen. Sie umfassten zweimal 12 sonate da chiesa sowie zweimal 12 sonate da camera, und Corelli führte in ihnen die Triosonate aus der vielfältigen Formensprache, die sich bis dahin entwickelt hatte, zu einem modellhaften Werktypus. In seinen Kompositionen erreichte er trotz einer bewussten Einschränkung der kompositorischen Mittel ein Maximum an Ausdruckskraft und schöpferischer Fülle. Corellis Sonaten verbreiteten sich über ganz Europa und übten einen enormen Einfluss aus.
Der Corelli’sche Grundtypus der Sonata da chiesa beinhaltet eine viersätzige Satzfolge mit der Tempofolge langsam-schnell-langsam-schnell. Auch die Sonata da camera richtet er, wenn auch weniger streng, an diesem viersätzigen Schema aus aufeinanderfolgenden langsamen und schnellen Sätzen aus. Diese Grundformen variiert Corelli durch die Überlagerung mit anderen Formen, wie die Einführung von Tanzelementen in der sonata da chiesa, oder durch andere Techniken, wie die Unterordnung von traditionell schnellen Tanzsätzen durch Verlangsamung des Tempos in die vorgegebene Satzfolge.
Durch ihre kompositorische Vielfalt bei sparsamsten Mitteln übten Corellis Sonatenkompositionen einen großen Einfluss auf viele Komponisten seiner und der nachfolgenden Generationen aus.
In Italien wurde der von Corelli definierte Typus durch Vitali, Caldara, Albinoni und Vivaldi aufgegriffen. In Frankreich verschmolz Couperin ihn mit französischen Stilelementen wie französischen Tänzen und Programmstücken. Henry Purcell wiederum erweiterte Corellis Typus in seinen Sonatas of Three Parts durch englische Stilelemente. Auch Händel und Geminiani komponierten in England Triosonaten der Corelli’schen Form.
In Deutschland setzte sich Corellis Modell erst nach 1700 und auch dann erst allmählich durch. Erst die nächste Generation an Komponisten wandte sich, zu dieser Zeit schon bewusst historisierend, diesem Typus zu. So veröffentlichte Georg Philipp Telemann 1734 seine Sonates Corellisantes. Auch Heinichen, Fasch, Quantz Hasse, Stölzel und Graupner verfassten Sonates nach dem Vorbild Corellis.
Mit dem Aufstieg der Solosonate seit dem Beginn des 18 Jahrhunderts nahm die Beliebtheit der Triosonate langsam ab. Im Spätbarock gibt es Bestrebungen, die Triosonate für den Zeitgeschmack durch eine Orientierung hin zur Solosonate und zum Konzert zu modernisieren. Komponisten wie Bach, Händel, Tartini, Leclas und C. Ph. E. Bach nutzten die Form der Triosonate als ganz individuelles Ausdrucksmittel und drückten ihr jeweils ihren persönlichen Stempel auf, aber auch sie konnten ihren allmählichen Niedergang nur verzögern.
Im Spätbarock löst sich die von Corelli vorgegebene viersätzige Form und Tempofolge wieder zugunsten freierer Formen auf. Der galante Stil hält auch in der Triosonate Einzug und ersetzt allmählich das kontrapunktische Gefüge durch eine weitgehend homophone Satztechnik, in dem die zweite Melodiestimme langsam auf die Funktion einer Füllstimme reduziert wird.
Mit dem Ende der Trennung von Melodik und Harmonik, wie sie die Barockmusik kennzeichnet, und dem damit einhergehenden Niedergang des Basso continuo ist auch das Ende der Triosonate vorgezeichnet. Entstehen zu Beginn der Mannheimer Schule noch Triokompositionen von Stamitz, Richter oder Cannabich, wird sie bald durch neuere kammermusikalische Formen wie dem Streichtrio oder dem Streichquartett verdrängt.
Nun warte ich gespannt auf die Vorstellungen Eurer liebsten Triosonaten-Einspielungen, denn noch kenne ich gar nicht besonders viel und möchte gern meine Sammlung um das ein oder andere Schätzchen bereichern. Später kann ich aber vielleicht auch noch das ein, zwei Dinge dazu beitragen.
Viele Grüße,
Eure Kerstin
[Quellen: Musik in Geschichte und Gegenwart, Bilder: Wikimedia Commons]