Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 16 B-Dur

  • Haydn: Sinfonie Nr. 16 B-Dur


    entstanden? vermutlich noch für den Grafen Morzin vor 1761; man ist sich aber offenbar nicht einig, vielleicht auch später (bis 1765) wie in der von Walter gegebenen Liste.


    Besetzung: je 2 Oboen & Hörner, Streicher.
    (Die online gestellte Kalmus-Partitur* zeigt zwar nur eine Oboenstimme, aber das ist nach meinem Werkverzeichnis und dem Ohrenschein falsch, es spielen ganz klar auch Hörner mit)


    Das Werk ist dreisätzig und insgesamt von recht bescheidenen Dimensionen.


    1. Allegro (3/4)


    Es beginnnt in gelehrter Manier: das Thema in Viola und Baß wird von einer kontrapunktischen Gegenstimme der 2. Violinen begleitet. Dann übernehmen diese das Thema, die 1. Vl. setzen mit dem obligaten Kontrapunkt ein, beim nächsten Tutti-Einsatz mit Bläsern hat dann der Baß die Gegenstimme. Eine aus der Achtel-Gegenstimme entwickelte Überleitung führt nach diesem etwas trockenen Anfang zum klanglich reizvolleren zweiten Thema (ab T. 34): eine wiegende Phrase in den Bläsern, umspielt von den ersten Geigen.
    Die Durchführung (ab T. 55) bringt wenig Überraschungen, zunächst wird das Thema + Begleitung mit einer einfachen weiteren Stimme der 1. Vl. ergänzt, es folgt etwas Belebung durch Synkopen, dann leitet eine Achtelpassage (eher Füllselchararakter) zur Reprise (T. 78 ), die deutlich verkürzt gegenüber der Exposition ist (der zweite Themeneinsatz fehlt und auch die Überleitungen später sind knapper).


    2. Andante (2/4 Es-Dur)


    nur für Streicher, durchgehend zweistimmig:
    1. u. 2. Geige spielen unisono und mit Dämpfer, es dominiert aber die Cellostimme, die parallel eine Oktave tiefer geführt ist. Die Viola verdoppelt (entsprechend höher) die Baßstimme. Das gibt einen recht eigenartigen, einprägsamen und durchaus attraktiven klanglichen Effekt.
    Die Begleitung der galant-schwärmerischen Melodie ist meist sehr einfach gehalten, an einigen Stellen kommt es aber zu kleine Imitationen oder Wechselspielen der beiden Stimmen. Im zweiten Teil gibt es einige beinahe leidenschaftliche Stellen.



    3. Finale. Presto 6/8


    Von der Motivik her ein typisches "Jagdfinale" (allerdings werden die Bläser nicht solistisch, sondern nur zur Tutti-Verstärkung eingesetzt). Ein knapper Sonatensatz mit eine thematisch zwar eng verwandten, aber erkennbaren zweites Thema (T. 20-25), kurzer Durchführung (ab T. 34) und Reprise (T. 50). Ein spritziges Stück, das mir ebenso wie der Mittelsatz besser gefällt als der Kopfsatz; schade nur, daß anscheinend auf die Bläser, für die es geschrieben wurde, so wenig Verlaß war, daß man sie ein bißchen hätte glänzen lassen können.
    (Das ist kein hartes Indiz, aber auch deswegen würde ich das Stück eher in die Vor-Eszterhazy-Periode einordnen; die Solisten, die die Aufgaben von 6-8 oder 13 bewältigten, hätten die "Jagd" farbiger machen können)



    *)
    http://www.dlib.indiana.edu/va…/ahb9900/large/index.html


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo, Johannes!


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Das Werk ist dreisätzig und insgesamt von recht bescheidenen Dimensionen.


    Ja, bei mir jedenfalls hat die Symphonie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aus den in Deinem Beitrag angeführten Gründen liegt es wirklich nahe, daß es eine der frühesten Haydn-Symphonien ist. Die Dreisätzigkeit (ich weiß, es gibt Ausnahmen) und die - na ja - geringe "Reife" :rolleyes: des Werks legen das zusätzlich nahe.


    Dennoch war ich zumindest vom Beginn des 1. Satzes überrascht. Ich dachte zuerst, es müßte ein Moll-Satz sein. B-dur gilt ja als recht herbe Tonart, und so ist es auch in diesem Fall. Im weiteren Verlauf des Satzes und im Finale ist davon aber immer weniger zu spüren.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius


    Ja, bei mir jedenfalls hat die Symphonie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aus den in Deinem Beitrag angeführten Gründen liegt es wirklich nahe, daß es eine der frühesten Haydn-Symphonien ist. Die Dreisätzigkeit (ich weiß, es gibt Ausnahmen) und die - na ja - geringe "Reife" :rolleyes: des Werks legen das zusätzlich nahe.


    Dennoch war ich zumindest vom Beginn des 1. Satzes überrascht. Ich dachte zuerst, es müßte ein Moll-Satz sein. B-dur gilt ja als recht herbe Tonart, und so ist es auch in diesem Fall. Im weiteren Verlauf des Satzes und im Finale ist davon aber immer weniger zu spüren.


    Ich vermute, Du hast wie ich selbst nur die Fischer-Aufnahme. Ich könnte mir vorstellen, daß Goodman oder Hogwood hier etwas mehr herausholen. Aber wie schon oben gesagt, den Klangeffekt des Mittelsatzes finde ich schon bemerkenswert, das Finale recht spritzig, nur eben leider ohne die etwas deutlicheren Bläser, die man bei alla caccia erwarten würde.


    Der "herbe" Eindruck kommt vielleicht vom Beginn in den tiefen Streichern und den fallenden kleinen Sekunden (Lessing spricht sogar von "Seufzermotiven") im Hauptthema b-a-as-g später (in der Vl. 2, T.- 10-12) f-e-e-s-d usw.


    Ich beneide niemanden um die philologische Fleißarbeit, um die Datierungen abzuschätzen. Man weiß wohl über diese Zeit in Haydns Leben insgesamt zu wenig. Die recht groß angelegten Sinfonien mit konzertanten Elemente wie 6-8 oder 13 (die einigermaßen gut datiert werden können) dürfen sicher nicht als für die frühe Eszterhazy-Zeit allein typisch gesehen werden, sondern als besonders brillante Stücke für besondere Gelegenheiten. Daher weiß man bei Stücken wie der vorliegenden anscheinend bis heute nicht, ob sie ein wirklich frühes oder eben ein vielleicht schnell und routinemäßig geliefertes der frühen 1760er Jahre ist.
    Das geht jetzt aber noch eine Zeitlang so weiter, 25, 37 und 40 sind viel frühere Stücke als ihre Nummer vermuten ließe, 26 gehörte dafür eigentlich eher in die 40er Nummern usw. Und häufig weiß man es eben nicht genau.


    Selbst die 87 ist ja vermutlich eine der beiden frühesten von 82-87 ;)


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Kurz, aber oho! Den 1. Satz finde ich schon bemerkenswert, ich kann auch die Seufzermotive hier sehr deutlich nachvollziehen und heraushören - dann wieder, nach diesem spröden Auftakt, die liebenswürdige, gemütvolle Melodienwelt des Andante, die jedoch auch wieder eigentümlich schwermütig klingt durch die markante Kombination der hohen und tiefen Streicher - das ist sehr eigen, das hat schon was. Auch das Finale mit seinen spritzigen, jubelnden Klängen empfinde ich als sehr hörenswert.

  • Mit der Sinfonie Nr 16 B-dur befinden wir uns zeitlich zwischen 1760 und 1765 also dort wo ich momentan auch bei den MICHAEL Haydn Sinfonien verweile. Wie schon Pius vor Jahren bemerkte, daß diese Sinfonie bei ihm keinen tieferen Eindruck hinterlassen habe, empfand ich bei zweimaligem Hören in etwa dasselbe. Und das, obwohl ich die Aufnahme unter Ray Goodman gehört habe. Mir will sich auch nicht erschliessen, warum die (frühen) Sinfonien Josephs hörenswerter sein sollen, als jene von Michael. Allenfalls im Schlußsatz "spritziger" oder "aufgeregter" - wie man es eben betrachtet.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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