Otto Wiener wurde am 13.2.1911 in Wien geboren, kam mit 6 Jahren zu den Wiener Sängerknaben, danach studierte er an der Wiener Akademie Kompositionstechnik, Gesang, Schauspiel.
Nach dem 2. Weltkrieg gab es im Heldenbaritonfach auch so etwas wie einen hoffnungsvollen Nachwuchs: Otto Wiener.
Diese Karriere war in ihrer Entwicklung völlig anders geartet als ansonsten üblich. Aus dem ehmaligen Sängerknaben sollte nämlich zunächst ein Dirigent werden, und anläßlich von ihm geleiteten Korrepetitionsstunden wurde man mehr per Zufall auf die damals schon charakteristische Stimme aufmerksam.
Nach der endgültiger Schulung wurde Otto Wiener jedoch vorerst zu einem Oratoriensänger, wobei er in der gängigen Literatur sämtliche Baßrollen kreierte.
Der 2. Weltkrieg unterbrach zwar diese "geistliche" Karriere,doch wurde diese nach Kriegsende mit gleicher Intensität fortgesetzt.
Dann war es das Opernhaus Graz, welches für sich in Anspruch nehmen darf, für den jungen Otto Wiener die Tore der Opernbühne aufgestossen zu haben.
Kurioserweise waren es zunächst italienische Partien wie Simone und Amonasro, mit denen er die ersten Erfolge erringen konnte.
Über die deutsche Provinz wurde auch die Wiener Oper auf ihn aufmerksam und engagierte ihn zunächst per Vorstellungsvertrag, wobei er am 22.1.1955 noch im Theater an der Wien als Don Giovanni debütierte.
Doch bereits ein Jahr davor hatte Otto Wiener in Graz die Partie gesungen, die für ihn das große Sprungbrett in eine internationale Karriere werden sollte: den Hans Sachs in Wagners "Meistersinger von Nürnberg". Diese Rolle führte ihn am Höhepunkt seiner Karriere um die ganze Welt und so auch nach dem 2. Weltkrieg anläßlich ihrer Eröffnung an die Bayrische Staatsoper München.
Was war nun das epochal Neue an dem frisch gebackenen Wiener Weltstar? Dies muss man vor allem unter zwei Aspekten sehen: beide waren gleich schwer, beide schienen zu Beginn völlig in der Ferne des Unerreichbaren - beide sollte Otto Wiener letztlich übertreffen:
da galt es einerseits nach Paul Schöffler (und auch Otto Edelmann) den Hans Sachs darzustellen und andererseits nach dem Jahrhundert-Wotan Hans Hotter auch in die Fußstapfen der Wagner-Helden zu treten.
Gewiß hatte Otto Wiener nicht die Souveränität eines Schöffler und auch nicht die überwältigende Erscheinung, verbunden mit bassal gefäbten Heldentönen eines Hotter, und doch akzeptierte man ihn als beider Nachfolger auf seine ureigenste Weise.
Sein Hans Sachs war vor allem ein biederer Nürnberger Bürger, einer aus der Meisterzunft, der es durch Fleiß, Redlichkeit, aber auch künstlerisches Talent eben zum Anführer der Meistergilde gebracht hatte.
War ein Schöffler eher ein Poet, ein Edelmann oder Greindl eher ein Schuster, so stellte Otto Wiener, für meine Begriffe, die Inkarnation des Bürgertums schlechthin dar. Vielleicht ist diese Interpretation aus politischen Gründen nicht immer sehr geschätzt, doch bin ich der festen Meinung, dass Wagner diese Figur sicherlich in diese Sinn so gedacht hat, wobei er gewiss auch kokettierte, sich selbst so zu sehen.
Bei den Wagner-Helden Des "Ring des Nibelungen" war es vor allem die vorbildliche Diktion, die Otto Wieners Darstellung auszeichnete! Noch nie zuvor und auch nicht danach hat man etwa im 2. Walküren-Akt so deutlich verstanden, worum es eigentlich ging, und der Abschied des Göttervaters von seiner Lieblingstochter Brünnhilde berührte Wiener stets durch warme, zu Herzen gehende Töne!
Von seinen anderen Wagner-Partien muss vor allem sein fast brüderlich treuer Kurwenal in "Tristan und Isolde", sein fahler Holländer und sein qualvoll leidender Amfortas im "Parsifal" genannt werden.
In seiner bis zum Jahre 1976 währenden Karriere, wobei er über 600 Vorstellungen sang, beherrschte er neben dem gängigen deutschen Fach (Don Pizzaro, Barak, La Roche, Faninal etc.) auch das französische (vier Baritonpartien in "Hoffmanns Erzählungen"), aber auch Dank seiner ungeheuren Musikalität das absolut Moderne, was vor allem sein Mathis, Cardillac und Herzog Blaubart bewiesen haben.
Otto Wiener war von 1957 - 1976 Mitglied der Wiener Staatsoper und auch von 1960 - 1976 Mitglied der Bayrischen Staatsoper München.
Am Ende seiner Karriere widmete er sich mit Hilde Güden (bis zu deren schweren Erkrankung) an der Spitze des Wiener Opernnachwuchsstudios.
Seine letzte Partie, an der Wiener Staatsoper war am 25.6.1976, als Sprecher in der "Zauberflöte".
Otto Wiener verstarb am 5.8.2000 in Wien und liegt in einem Ehrengrab der Stadt Wien am Wiener Zentralfriedhof.