Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 12 E-Dur

  • Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 12 E-Dur


    Entstanden im Jahr 1763 am Hof des Fürsten Esterházy.



    3 Sätze:
    Allegro (E-Dur, 157 Takte, 4/4-Takt)
    Adagio (e-moll, 69 Takte, 6/8-Takt)
    Finale: Presto (E-Dur, 133 Takte, 2/4-Takt)


    Besetzung: 2 Oboen, Fagott, 2 Hörner, 2 Violinen, Viola, Cello, Kontrabass.


    Haydns dreisätzige Sinfonie Nr. 12, ein relativ kurzes, kaum 20minütiges Werk, steht der im Kontext der Haydenschen Sinfonik seltenen Tonart E-Dur. Diese Tonart teilt sie sich mit nur einem weiteren Werk: der 1765 entstandenen 29. Sinfonie. Eine Besonderheit der 12. Sinfonie ist, daß zwei knappe Sonatensätze ein ausgedehntes Adagio umrahmen: In den beiden mir vorliegenden Aufnahmen (Fischer und Goodman) ist das Adagio in etwa so lang (Fischer) wie oder gar länger (Goodman) als die beiden Ecksätze zusammen (Fischer: 5:07 / 9:28 / 3:54. Goodman: 4:34 / 10:44 / 3:32).
    Da mir zu dieser Sinfonie leider keine Partitur vorliegt, muß ich mich im folgenden - neben den wenigen Infos, die ich in Booklets und Literatur gefunden habe - auf das beschränken, was ich zu hören in der Lage war (die Minutenangaben, die ich hin und wieder zur Orientierung beigebe, beziehen sich auf die Fischer-Aufnahme [Brilliant-Box], die ich zugrunde gelegt habe, da sie im Forum vermutlich stärker vertreten ist als die Goodman-Einspielung).



    Zu den Sätzen:


    Der in E-Dur stehende Kopfsatz (Allegro) hebt mit dem von den Streichern unisono vorgetragenen Hauptthema an: einer achttaktigen, deutlich in Vordersatz und Nachsatz gegliederten anmutigen Melodielinie. Nach dieser Vorstellung des Themas wird es vom gesamten Orchester aufgegriffen und im forte wiederholt (0:09). Nach einer Überleitung (ab 0:17), in der Motive aus dem Thema fortgesponnen werden wird ein zweites Thema vorgestellt (ab 0:37) das von einer gleichmäßigen fallenden Bewegung bestimmt ist, auf die (ab 0:45) eine von einem prägnanten punktierten Rhythmus geprägte aufsteigende Bewegung antwortet. Eine Schlußgruppe mit kräftigen Akkordschlägen beendet die Exposition, für die eine Wiederholung vorgeschrieben ist (ab 1:02). Die Durchführung (ab 2:03 bis 2:35) ist sehr knapp gehalten und hat eher Überleitungscharakter. Der Vordersatzes des Hauptthemas wird hier (soweit ich das richtig höre) nach Moll eingetrübt und sequenziert, bevor ihm die fallende Figur des 2. Themas Antwort. Die Reprise setzt mit der Wiederaufnahme des Hauptthemas ein (2:35). Allerdings reicht die Durchführung in den Reprise hinein, wird doch das hier wiederum von den Streichern vorgetragene Thema zunächst von auch von den Streichern allein fortgesponnen bevor das Orchester einsetzt und erneut zum 2. Thema überleitet (es setzt ab 3:07 ein). Die Schlußgruppe der Reprise ist ziemlich identisch mit der Schlußgruppe der Exposition. Auch der Durchführungs/Reprisenteil wird wiederholt (ab 3:32).


    Der 2. Satz, ein nur mit Streichern besetztes, in der Moll-Tonika stehendes Adagio, hat den Charakter eines getragenen Sicilianos. Das überaus rührende Thema wird von den Violinen vorgetragen (die auch über den gesamten Satz mehr oder minder allein melodieführend bleiben). Das Thema beginnt mit einer im typischen Siciliano-Rhythmus gehaltenen, wehmütigen Melodielinie im piano, deren abschließender Schlußlauf im forte wiederholt wird und von einer prägnanten, im Unisono vorgetragenen absteigenden Bewegung in gewichtigen Achtelschlägen beschlossen wird. Der Satz ist monothematisch, wobei das Thema vielfältig verarbeitet, teils wohl auch variiert wird. Die Linie der absteigenden Achtelschläge gewinnt im Verlaufe des Satzes immer mehr Eigengewicht und avanciert zu einem Moment motivischer Durchführungsarbeit – wobei der ernste und fatalistische Ausdruck dieses absteigenden Achtelschlagmotivs deutlich mit dem eher zart-wehmütigen Charakter des Siciliano-Themas kontrastieren.
    Insgesamt lassen sich drei Teile erkennen (wohl eine A-B-A'-Form): Nach der Vorstellung des Themas wird es einer ersten Verarbeitungsphrase nach Dur (ab 3:15) geführt, um dann plötzlich in einer dramatisch wirkenden Figur im forte (ab 3:27), die von markanten Oktavsprüngen geprägt ist nach Moll zurückzufallen. Der zweite Teil (ab 3:39) beginnt wieder im piano, hier allerdings ist das Thema nach Dur aufgehellt. Dieser zweite Teil wird von kontrastreichen Bewegungen (zum Teil als Unisonoläufe) geprägt. Er endet ebenfalls mit der markanten von Oktavsprüngen bestimmten Figur (ab 6:06) hier allerdings dramatisch zugespitzt: Drei Oktavsprünge (ab 6:10) münden in einer Generalpause (6:15 - 6:18 ), die diesen Teil beschließt. Der dritte Teil (ab 6:18 ) beginnt wieder mit dem Thema im piano, zwar wieder nach Moll gewendet aber – wie mir scheint – nicht in seiner Grundgestalt. Es folgt eine Passage, die – wenn ich richtig höre – etwas chromatisch eingefärbt ist. Auch der dritte Teil endet in der von Oktavsprüngen geprägten Formel (ab 8:53) wobei der letzten Oktavsprung in eine kurze Coda mündet: diese wird bestimmt von der Kadenz einer Solovioline (ab 9:05) und einer kurzen Antwort des Orchesters (ab 9:18 ).


    Das Presto-Finale steht wieder in der Grundtonart E-Dur. Der Satz hat keineswegs nur Kehrauscharakter, sondern stellt in Faktur und Ausdruck durchaus ein Gegengewicht zum Kopfsatz dar. Auch dieser Satz ist in Sonatenform gehalten und besteht, wie der Kopfsatz, aus einem Expositions- und einem Durchführungs/Reprisenteil.
    Das ausgelassene, im forte vorgetragene 1. Thema ist – wie das erste Thema des Kopfsatzes – deutlich in Vordersatz (0:01-0:07) und Nachsatz (0:08-0:14) gegliedert wobei beide Teile gleich lang und in sich wiederum in zwei Perioden untergliedert sind. Prägnanz gewinnt das Thema durch einen aufsteigenden E-Dur-Dreiklang mit Tonwiederholungen der die Perioden 1 und 2 des Vordersatzes und die Periode 1 des Nachsatzes bildet. An die Vorstellung des Themas schließt sich eine Überleitungsperiode an (ab 0:15), in der Motive des Hauptthemas fortgesponnen werden. Dem 1. Thema wird dann ein sanfteres 2. Thema in Moll zur Seite gestellt (ab 0:29), das von einer Solovioline vorgetragen wird. In der Schlußgruppe der Exposition (ab 0:35) werden wieder Motive aus dem Hauptthema aufgenommen und von einer Unisono-Formel abgerundet. Für die Exposition ist eine Wiederholung vorgeschrieben (ab 0:51). Die Durchführung (ab 1:41) ist wieder sehr knapp gehalten und hat ebenfalls eher Überleitungscharakter. Sie beginnt mit dem nach Moll gewendeten Hauptthema, verarbeitet werden vor allem das Eingangsmotiv des Hauptthemas. Die Reprise (ab 2:04) bringt das Hauptthema wieder in der Grundgestalt. Das 2. Thema, das nach einer gegenüber der Exposition verkürzen Überleitung erklingt (ab 2:25) wird nicht nach Dur gewendet sondern erklingt ebenfalls in seiner ursprünglichen Gestalt in Moll, vorgetragen von Solovioline im piano – auffallend ist übrigens, daß für den gesamte Satz mit Ausnahme des 2. Themas forte vorgeschrieben zu sein scheint. Die Schlußgruppe (ab 2:31) wird von Tremolofiguren bestimmt. Auch der Durchführungs/Reprisenteil wird wiederholt (ab 2:47).


    Insgesamt handelt es sich um ein sehr ausgewogenes Werk, daß durch seine symmetrische Bauart (zwei ausgelassene, schnelle, zudem gleichgewichtige Sätze umschließen ein wehmütig-gewichtiges Adagio; die beiden schnellen Ecksätze sind zusammen in etwa genauso lang wie der umschlossene Mittelsatz. Die Themen der Sonatensätze sind symmetrisch gebaut und in Vordersatz und Nachsatz aufgeteilt usw.) besticht.


    Viele Grüße,
    Medard

  • Das Formale dieser Sinfonie hat unser damaliges Mitglied Klawirr ja sehr eingehend und kompetent geschildert. Ich begnüge mich damit, nachdem ich dieses Werk soeben im Rahmen meines Vorsatzes alle Haydn-Sinfonien gemäß ihrer Numerierung in Reihe zu hören, angehört habe, in aller Kürze meinen persönlichen Eindruck zu beschreiben. Ein kurzes Werk mit zwei fröhlichen Ecksätzen, der dritte rhytmischer als der erste. Das Besondere an dieser Sinfonie ist aber IMO der Mittelsatz, das Adagio, welches übrigens von der Spieldauer her mehr als die Hälfte der gesamten Sinfonie ausmacht, beinahe 11 von knapp 19 Minuten (in der Einspielung der Hanover Band unter Roy Goodman für Hayperion) Es kontrastiert gerdezu exzessiv zu den beiden anderen Sätzen. Das ist an sich nicht ungewöhnlich. im speziellen Fall indes schon. Solche Sätzt sind oft klsgend, melancholisch, oder aber verträumt und verspielt. Dieser neigt zwar der Melancholie zu, sein Erkennungsmerkmal gewissermaßen ist aber eine gewisse Starre, die moich oberflächlich an Teile aus Vivaldis Jahreszeiten (Winter) erinnert. Wem das zu weit hergeholt schein, für den formuliere ich das anders: Es besteht hier eine gewisse Unbehaglichkeit (Ich glaube, das trifft es ganz gut) Der dritte Satz wirkt daher umso erfrischender und lebensfroher - und die Welt ist wieder in Ordnung........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !