LAURITZ MELCHIOR - Der unerreichte Wagner-Tenor



  • Lauritz Melchior (eigentlich: Lebrecht Hommel) wurde am 20. März 1890 in Kopenhagen geboren. Später erhielt er die US-Staatsbürgerschaft.


    Er studierte zunächst in Kopenhagen bei P. Bang. Ebendort debütierte er 1913 als Bariton. Seit 1916 gehörte er zum Ensemble der New Yorker MET (bis 1950!) 1917/18 studierte er erneut und sang ab 1918 Partien im Heldentenor-Fach.


    Gastspiele führten den international gefragten Sänger nach London, Berlin, Wien, München, Paris, Brüssel, Mailand und zu den Bayreuther Festspielen (1924-1931).


    Dazwischen, in den Jahren 1921-24 studierte er erneut.


    Seinen Bühnenabschied nahm er 1950, trat aber danach noch als Filmkomiker und in Operetten auf. Am 18. März 1973 (zwei Tage vor seinem 83. Geburtstag) starb der Sänger in Santa Monica / Kalifornien (USA).


    Melchior zählte zu den besten Wagner-Sängern aller Zeiten, von dem es noch zahlreiche Aufnahmen gibt.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Liebe Forianer,


    als Mono-Gegner gibt es für mich doch so einige Ausnahmen: die heißen z.B. Callas und Melchior.


    Daher seien jedem Wagner-Freund folgende Aufnahmen ans Herz gelegt:










    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Auch für mich ist Lauritz Melchior der überragende Heldentenor der Schallplattengeschichte, wobei auch seine (technisch meist mangelhaften) Mitschnitte einfach unerreicht sind.


    Auf ein besonderes "Schmankerl" möchte ich abseits der Wagner- oder Verdi-Diskographie doch hinweisen:


    5 Duette von Robert Schumann (in Orchesterfassung) mit der himmlischen Lotte Lehmann. Hier treten vor allem der große Humor und die ausserordentliche Gestaltungsfähigkeit Melchiors, der vom hohen C in wahrhaft unglaubliche Basstiefen changiert, besonders deutlich hervor. Diese einzigartige Aufnahme habe ich auf Platte. Ob sie auch auf CD erhältlich ist, weiss ich nicht.


    Auf jeden Fall ein absolutes Muss für jeden Musikfreund!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

    Einmal editiert, zuletzt von Milletre ()

  • Hallo zusammen,


    dank eines lieben Taminos besitze ich diese CD.



    Leider, oder auch nicht :untertauch: ließ auch dieses sehr lieb gemeinte Geschenk mich nicht zu einer Freundin der Wagneropern werden.


    Die Stimme Lauritz Melchiors hat für mich etwas von Schwärze die bei mir ein gewisses Unbehagen hervorruft, welches ich zu erklären nicht in der Lage bin. Nicht das mir die Stimme als solche nicht gefällt, sie ist mir nur unheimlich. So stelle ich mir die Stimme eines böses Unholdes vor. Ich weiß, dass ist sicher ungerecht, doch gegen meine Empfindungen kann ich mich nun einmal nicht wehren. ABER, manchmal möchte auch ich, dass mir beim Hören einer Stimme ein Schauer über den Rücken läuft. :D


    LG


    Maggie

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  • Wenn man Lauritz Melchior heute hört, merkt man, wie bescheiden man geworden ist. Wer singt heute so eine "Romerzählung" wie Melchior sie 1924 aufgenommen hat, mit allen Pianotönen und mit allen Fortissimo-Ausbrüchen, mit grandioser Gesangstechnik, und mit feinsten Ausdrucksnuancen, ohne Schluchzer und anderen außermusikalischen Effekten. Dasselbe gilt für seine Othello-Aufnahmen in deutscher Sprache aus dem Jahre 1930.
    Man könnte Lauritz Melchior als Belcanto-Heldentenor bezeichnen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Auch im Schellack-Thread wurde die folgende 4-CD-Box mit Aufnahmen von Lauritz Melchior nocht erwähnt, was ich hiermit nachholen will:



    Da singt er nicht nur Wagner, sondern auch Verdi, Meyerbeer, Leoncavallo...


    Die genaue Titelliste gibt es hier!


    Diese 4-CD-Box im Buchformat mit Begleitheft bietet einen preisgünstigen Einstieg für den Sammler!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Wenn man Lauritz Melchior heute hört, merkt man, wie bescheiden man geworden ist


    Genau das!


    Allerdings zerfrisst diese Bescheidenheit auch die Wiederveröffentlichungen von Documents, wo zwar enorm viele Aufnahmen für -billig- geboten werden.
    Allerdings muss man sich dann mit einem solch minimalen Sound abgeben,
    der selbst eine Direktüberspielung der LP mit all ihrem Rauschen als farbenfroheres Erlebnis erscheinen lässt.


    Aber es gibt ja noch die etwas "ehrlicheren", und von orignialen Tonbändern remasterte Fassungen von bsp. Naxos. Da macht es dann teilweise auch wieder Spass, weil sie eben nicht Opfer von digitalen Rauschunterdrückungsfiltern geworden sind...


    Um zum Thema zurückzufinden: Lauritz sang mit Herz und Kopf,
    kurzum: Charisma. Das fehlt dem großteil heutiger Wagnersänger zur
    Unbescheidenheit!!!


    Besonders deutlich wird dies in Lohengrin, und zwar u.A. in der Aufnahme von 1943:



    :hello:



  • Diese Aufnahme hat mich durch mein gesamtes bisheriges Opernleben begleitet - und sie ist für mich bis heute ein Maßstab für die ideale Interpretation von Wagners Opern geblieben und nie wieder übertroffen worden. Da kann für mich auch die legendäre Einspielung unter Furtwängler mit (in den gleichen Rollen) Rysanek, Suthaus und Frick nicht mit.


    Michael 2

  • Ich bin ja der Meinung (und halte mich selbst nicht daran :D), dass man sich die Superlative für die wirklich großen Ausnahmesänger aufheben sollte. Melchior ist unzweifelhaft einer davon. Er darf nie fehlen, wenn es um Wagnersänger, große Tenöre, ja um die größten Sänger aller Zeiten geht - Egal, ob man diese an zwei oder gar nur an einer Hand abzählt.


    In seinen besten Aufnahmen bietet der große Däne eine dem Ideal nahekommende Verschmelzung von künstlerischer Individualität und technischer Virtuosität - auf dem Fundament einer der größten stimmlichen Naturgaben des Jahrhunderts!. Ihre Vollendung findet diese Paarung durch eine offenbar aus naiver Empathie geborene, im besten Sinne unkünstlerisch daherkommende Interpretation. Und wenn sie denn doch wohlkalkuliert sein sollte, verbirgt sie dies doch meisterhaft.


    Wenn Melchior den Schwertmonolog der Walküre singt, werden die Wälserufe - so unvergleichlich er diese singt, wenn er sie nicht gerade, was live auch vorkam, zur Parodie entstellte - zur Nebensache. Weil er nämlich das Ende ab "Nächtiges Dunkel" so einmalig zu gestalten weiß, dass er alle Siegmunde danach klar deklassiert. Gleiches in den deutsch gesungenen Otello-Monologen, der Romerzählung, vielen Tristan- und Siegfriedszenen.
    Und auch, wenn er von der stimmlichen Signatur kein idealer Lohengrin ist, setzen seine Brautgemachszenen für mich die Maßstäbe.


    Neben allen Gaben schätze ich in der Tat seine Kunst, Kunst zu verbergen, am allermeisten. Das ist etwas, was soliden Wagnerrecken wie James King oder Jess Thomas nie wirklich gelang und selbst bei einem Ausnahmeinterpreten wie Jon Vickers schimmert immer noch gewissermaßen die intellektuelle Grundlage seiner diskographisch unersetzlichen Entäußerungen durch.
    Melchior hingegen wirkt auf mich immer wie jemand, der nie Singen gelernt hat. Sondern einfach mal draufklos singt, was halt die Figuren fühlen. Und dies - in seinen besten Aufnahmen - ohne die Maßstäbe des Kunstgesanges an den Affekt zu verraten.


    Die meisten großen Aufnahmen wurden ja schon genannt. Einfacher wäre es wohl freilich, die verzichtbaren Dokumente aufzulisten. Aber selbst das Esultate des 70jährigen und die 12-Sekunden-Wälserufe haben bei aller künstlerischen Wertlosigkeit sammlerisches Gewicht. :D


    Gruß
    Sascha

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  • Diese analytische Betrachtung, lieber Antracis, versetzt mich in Erstaunen, da m.W. noch nie jemand Melchior von dieser Seite beleuchtet hat. Ich kann Dir jedes Deiner Worte nachempfinden und muß noch eins draufsetzen: Diese natürlich-bescheidene Interpretationskunst des L.M. macht ihn abseits all seiner stimmlichen Qualitäten zum wahrhaftig unerreichten Künstler.


    Kleine Nebenbemerkung: Auch wenn Du hier (unzulässigerweise - Barcelona kann man auch nicht mit Hoffenheim vergleichen!) - einen Seitenhieb gegen Jimmy King führst, so macht mich dies traurig, denn Jimmy war für mich einer der ganz großen Tenöre seiner Zeit.


    Den von allen hochgelobten Vickers erlebte ich live als ausgesprochenen Phlegmatiker, auf hohem Niveau allerdings. Dazu war sein Kaugummitimbre auch nicht jedermanns Sache.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Lieber Brunello,


    Du vergleichst bei der Bruno Walter und der Furtwängler "Walküre" tatsächlich zwei überragende Wagner-Aufnahmen. Da ich mit den Superlativen "nie wieder erreicht" meine Schwierigkeiten habe, fällt es mir schwer, eine pauschale Wertung abzugeben oder einer zuzustimmen. Man sollte schon Einzelleistungen analysieren und kommentieren. Furtwängler bringt für mich das spannungsvollere, authentischere Wagnerdirigat. Lauritz Melchior, um den es ja eigentlich in diesem Thread geht, ist dem gewiss aufgezeichneten Ludwig Suthaus durch variableres Singen überlegen. Die Rysanek war und ist für mich durch ihren strahlenden Herzenston der Inbegriff der Sieglinde. Emanuel List ist ein finsterer, furchterregender, beeindruckender Hunding. Gottlob Frick ist das ebenso, verfügt jedoch über die bessere Höhe und das bei aller Schwärze schönere Timbre.
    Liebe Brunello, freue Dich an beiden Aufnahmen und einer Qualität der Darbietungen, die heute selten geworden ist.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Schön gesagt, lieber operus. Dennoch wage ich (für mich ganz allein!) die Feststellung, solch Solitäre wie Melchior, Windgassen, Wunderlich, Nilsson oder Frick seien unerreicht. Leider!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • heute vor 40 Jahren starb der große Tenor in Kalifornien:


    Lauritz Lebrecht Hommel Melchior (* 20. März 1890 in Kopenhagen; † 18. März 1973 in Santa Monica, Kalifornien) war ein dänischer Heldentenor. Er gilt neben Max Lorenz als der größte Wagner-Tenor der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.



    Auch von ihm gibt es eine der bekannten 10-CD-Wallett-Boxen von Membran/doruments.




    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lauritz Melchior, zu dessen Geburtstag ich diese Aufnahme mitgebracht habe:



    wurde am 18. März 1890 geboren.


    Heute ist sein 125. Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Dann sollten wir sie doch auch einmal gemeinsam zeigen auf einem sehr schönen Foto aus dem Archiv des Kirsten-Flagstad-Museums in Hamar:



    Das Foto stammt von 1936 aus London. Damals traten Melchior und die Flagstad gemeinsam in TRISTAN UND ISOLDE auf. Eine Gesamtaufnahme, aus zwei Vorstellungen zusammengefügt, hat sich erhalten. Sie klingt für damalige Verhältnisse erstaunlich gut.




    Keiner wie du - so hold zu werben weiß. Nun gibt es dieses "Keiner-wie-du" sogar in Schlagern. Die Flagstad dürfte sich wohl in den MEISTERSINGERN und dort bei Eva bedient haben.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es ist seltsam: So richtig berührt hat mich Lauritz Melchior eigentlich sehr selten. Ich weiß nicht mal, woran es genau liegt. Stimmlich über jeden Zweifel erhaben, aber doch fehlt mir etwas. Die Stimme ist m. E. nicht eben "schön". Vielleicht fehlt mir die empfundene Anteilnahme? Bei seinem Antagonisten Max Lorenz kann man bestimmt viel mehr kritisieren, aber er erreicht mich einfach viel eher. Vielleicht gerade auch wegen seiner Freiheiten. Wenn Lorenz etwa Siegfrieds Tod singt, dann bekomme ich wirklich eine Gänsehaut. Er klingt wirklich wie einer, der gerade am Sterben ist. Melchiors Wälse-Rufe mögen die beeindruckendsten aller Zeiten sein. Allein, mich erreichen andere Rolleninterpreten eher.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es ist seltsam: So richtig berührt hat mich Lauritz Melchior eigentlich sehr selten. Ich weiß nicht mal, woran es genau liegt. Stimmlich über jeden Zweifel erhaben, aber doch fehlt mir etwas. Die Stimme ist m. E. nicht eben "schön". Vielleicht fehlt mir die empfundene Anteilnahme?


    In dieser Unbestimmtheit finde ich das sehr gut ausgedrückt, lieber Joseph. Nach meiner Überzeugung hast Du damit einiges vom Wesen Melchiors auf den Punkt gebracht. Jürgen Kesting, der bekanntlich auch Fehlurteile fällte, befand sinngemäß, dass Melchior immer etwas zu gut gelaunt singe. Daraus würde sich auch erklären, was Du als mangelnde Anteilnahme bezeichnest. Ich sehe und höre das auch so. Mir ist er zu sportlich. Er singt eines wie das andere. Ein bedeutender Sänger bleibt er schon.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Stimmlich über jeden Zweifel erhaben, aber doch fehlt mir etwas.

    Mir nicht, für mich hat Melchior genau das gewisse Etwas, was einen echten Heldentenor ausmacht, diese "Sei mein"-Attitüde in der Stimme! :rolleyes:



    Bei seinem Antagonisten Max Lorenz kann man bestimmt viel mehr kritisieren, aber er erreicht mich einfach viel eher. Vielleicht gerade auch wegen seiner Freiheiten.

    Mich erreicht er gar nicht, vielleicht gerade auch wegen seiner "Freiheiten"...



    Jürgen Kesting, der bekanntlich auch Fehlurteile fällte, befand sinngemäß, dass Melchior immer etwas zu gut gelaunt singe.

    Aber gerade Jürgen Kesting hält Melchior doch für DEN unerreichten Wagner-Tenor! Was hat er für Hymnen auf die eingespielten Otello-Szenen gesprochen!!!


    Und gerade der Siegmund unter Bruno Walter ist überhaupt nicht "gut gelaunt" und viele weniger optimistisch als der unter Toscanini. Melchior konnte er wohl das Gebrochene von Charakteren herüberbringen und scheute sich auch nicht davor, dafür seine Stimme "brechen zu lassen - das habe ich von Max Lorenz so noch nie gehört!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Danke, lieber Stimmenliebhaber, für diese wunderbare und vor allem objektiv richtige Replik. Du sprichst mir aus der Seele!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Und gerade der Siegmund unter Bruno Walter ist überhaupt nicht "gut gelaunt" und viele weniger optimistisch als der unter Toscanini. Melchior konnte er wohl das Gebrochene von Charakteren herüberbringen und scheute sich auch nicht davor, dafür seine Stimme "brechen zu lassen - das habe ich von Max Lorenz so noch nie gehört!


    Dann hast Du vielleicht nicht das Richtige gehört von Lorenz. Ich würde ihn jederzeit Melchior vorziehen, weil er mich ins Mark trifft - trotz des ersten "Walküre"-Aktes unter Walter, der natürlich wunderbar und einzigartig ist. Diese Aufnahme ist aber auch sehr zelebriert, ein Studiosolitär. Das sollte immer berücksichtigt werden. Es sollte wohl vorgeführt werden, wie Wagner klingen kann. :( Niemand hat hier den Melchior madig machen wollen. Zumindest habe ich es so verstanden. Oder unterliege ich einem Irrtum? Ich finde es höchst spannend, wenn auch gewisse Zweifel an seiner, Melchiors Kunst, aufkommen. Die zeigen mir, dass er im Gespräch bleibt nach so langer Zeit, dass er Menschen beschäftigt, dass sie sich mit Sängern auseinandersetzen. Zweifel sind auch in Bezug auf Lorenz mehr als vorstellbar. Ich habe sie auch. Ob es allerdings "objektiv richtige" Maßstäbe für die Beurteilung von Stimmen gibt, das wage ich zu bezweifeln. ?( Und was denn nun, objektiv oder richtig? Beides scheint mir ein bisschen viel auf einmal.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich würde ihn jederzeit Melchior vorziehen, weil er mich ins Mark trifft - trotz des ersten "Walküre"-Aktes unter Walter, der natürlich wunderbar und einzigartig ist. Diese Aufnahme ist aber auch sehr zelebriert, ein Studiosolitär.

    Lieber Rheingold1876,


    ich weiß ja, dass Max Lorenz dein aboluter Lieblings-Wagner-Tenor ist. Bei mir ist es Lauritz Melchior, u.a. weil ich ihn auch für den bedeutenderen Gestalter halte. Gerade der Vergleich der Studio-Aufnahmen des 1. Aktes "Walküre" zwischen Bruno Walter (mit Melchior) und Elmendorff (mit Max Lorenz) macht das für mich sehr deutlich.



    Ob es allerdings "objektiv richtige" Maßstäbe für die Beurteilung von Stimmen gibt, das wage ich zu bezweifeln. ?( Und was denn nun, objektiv oder richtig? Beides scheint mir ein bisschen viel auf einmal.

    Da hast du sicherlich Recht und ich möchte ausdrücklich darauf verweisen, dass ich gerade solches nie behauptet habe, sondern dass du dich hier auf eine Aussage von "Milletre" beziehst und diese quasi zitierst. Ich interpretiere diese so, dass er sich beim Lesen meiner Replik einfach gefreut hat, dass ich das geschrieben habe, was er auch so empfindet und vielleicht hätte auch schreiben wollen. Daher empfand er meine Äußerung als "richtig", nur war dieses Empfinden eben doch eher subjektiv als objektiv, weil es objektiv hierbei kaum gibt. Ob jemand einen Spitzenton erreicht oder ihm dieser wegbricht, kann man relativ objektiv beurteilen, die Bewertung gerade von Gestaltung ist noch viel subjektiver als Stimmenbeurteilung ohnehin schon ist. Dass ausgerechnet die Lorenz-Fans (was aber von "Joseph II ausging und nicht von "Rheingold1876") jetzt hier Melchiors mangelnde Gestaltung kritisieren, hat meine Wiederspruch produziert, weil ich Melchior als den weit differenzierteren Gestalter wahrnehme (nicht nur bei Bruno Walter) und Lorenz viel eher als den reinen Aussteller seines Stimmbesitzes. Wenn dich, lieber "Rheingold1876" Max Lorenz "bis ins Mark trifft", freut mich das dennoch für dich.
    Polemisch zugespitzt könnte ich für mich hingegen sagen: Wenn Lorenz, dann Siegfried Lorenz! Andere Stimmlage, ich weiß, aber das ist ein Sänger, der mich "bis ins Mark trifft", weit mehr als (fast) alle seine Fachkollegen. So hat jeder seine Leute, die ihn "bis ins Mark" treffen - und das ist auch gut so! :yes:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Noch ein Wort zu Max Lorenz' Siegmund: Ich empfinde die Elmendorff-Aufnahme von 1944 als vergleichsweise schwächer als die drei Jahre zuvor entstandene unter Artur Rother. Interessanterweise mag ich auch die ziemlich spät entstandene Bayreuther Aufnahme von 1954 unter Keilberth, wo er beginnenden stimmlichen Verschleiß gekonnt durch noch größere Expressivität ausgleicht (wie auch 1952 unter demselben Dirigenten als Siegfried in der "Götterdämmerung"). Vermutlich das letzte komplett festgehaltene Tondokument von Lorenz in einer Wagner-Rolle.


    Rheingolds Anmerkung mit Verweis auf Kesting, dass Melchior alles etwas zu gut gelaunt singe, kann ich eigentlich unterstreichen. Das kommt alles wunderbar mühelos herüber, aber mir liegen eher gebrochene, nicht so "perfekte" Interpretationen. Da nehme ich dann sogar einige stimmliche Defizite in Kauf. Der Ausdruck, den Lorenz in seinen 50er-Jahre-Spätinterpretationen erzielt, ist mir da einfach näher, aber ich gebe zu, dass das streitbar und subjektiv ist. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • aber mir liegen eher gebrochene

    Ich bleibe dabei, dass ich Melchior als Tristan oder auch Siegfried viel "gebrochener" empfinde, als ich Max Lorenz je gehört habe.



    aber ich gebe zu, dass das streitbar und subjektiv ist.

    Ist es, und schon in deinem Eröffnungsbeitrag hattest du das sehr deutlich als subjektiv gekennzeichnet, also diesbezüglich kein Vorwurf von mir. Ich hätte mir nur gewünscht an diesem 125. Geburtstag Melchiors mal dieser Vergleich nicht gezogen wird und der Name Max Lorenz nicht fällt, so wie es mich immer ärgert, wenn kaum ein Würdigungsbeitrag zu Kurt Böhme ohne den Vergleich zu Frick und Greindl auskommt. Ich werde mich aber beim nächsten runden Geburtstag von Max Lorenz revanchieren und explizit darauf verweisen, dass mir Lauritz Melchior mehr gibt! :thumbup:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Ich stoße gerade auf diesen Thread und damit auch an Willis Erinnerung zu Melchiors 125. Geburtstag. An den wollte ich soeben erinnern - auch hier. Darf ich also (bitte ohne erhobenen Zeigefinger!) darauf hinweisen, dass dieser Geburtstag erst heute ist? Auf der Melchior-Homepage wird der 20. März 1890 - mit Gigli - genannt, aber der 18. März des Jahre 1973 als sein Todestag. Weil eben Irren sehr menschlich ist, sei Willis Irrtum hier korrigiert...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Auf der Melchior-Homepage wird der 20. März 1890 - mit Gigli - genannt

    Herzlichen Dank für die Korrektur dieses Irrtums, der mir auch nicht aufgefallen ist. :thumbup: :jubel: :hail:


    Ich werde heute viel Melchior hören! :) :yes: :rolleyes:


    aber der 18. März des Jahre 1973 als sein Todestag.

    Andere Quellen nennen den 19. März als Todestag, ist aber letztlich auch egal, ob 18. oder 19.März, er starb kurz vor seinem 83. Geburtstag.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Andere Quellen nennen den 19. März als Todestag, ist aber letztlich auch egal, ob 18. oder 19.März, er starb kurz vor seinem 83. Geburtstag.

    Ja, es ist heute letztlich egal - einem Verstorbenen zum Geburtstag zu gratulieren oder der Familie eines Lebenden eine Beileidskarte zu schicken, wären die größeren Fehltritte.


    Wegen des Sterbedatums, denke ich in meinem jugendlichen Leichtsinn, darf man der offiziellen (?) Website wohl blind vertrauen; die werden sicherlich dem Objekt ihrer Profession keine fehlerhaften Daten unterjubeln.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • darf man der offiziellen (?) Website wohl blind vertrauen


    Nur, wenn er sie noch selbst pflegt... 8-)


    Es wäre theoretisch auch denkbar, dass er nach kalifornischer Ortszeit noch am 18. März gestorben ist, dass aber an der Ostküste (oder auch nur in Europa) schon der 19. März war.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • @ musikwanderer @ Stimmenliebhaber:


    Wie ihr beiden vielleicht inzwischen schon bemerkt haben werdet, habe ich den Irrtum schon vorher bemerkt, genauer gesagt, gestern Mittag, als ich die Erinnerungen für heute vorbereitete, weil ich gestern Abend im Konzert war. Erst heute Nacht konnte ich das dann in der Erinnerung für Bejamino Gigli öffentlich machen (siehe dortige Erinnerung!).
    Wo wir schon dabei sind, lieber musikwanderer, möchte ich dich (ebenfalls ohne erhobenen Zeigefinger) davon informieren, dass ich Nikolai Rimski-Korsakoff nicht vergessen habe, sondern dass in seinem Thread der letzte Eintrag der von Harald zu Rimskis 170. Geburtstag war. Deshalb habe ich in diesem Falle darauf verzichtet. Aber es ist gut, dass du im LV-Thread an ihn erinnert hast :D .


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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