Andreas Romberg (1767-1821)


  • Der Komponist Andreas Romberg zählt zu den bedeutendsten Vertretern der "Norddeutschen Klassik" - in Vechta geboren, vollendete er im Jahre 1790 seine Ausblidung in Bonn, bevor er sich in Hamburg niederließ - unterbrochen von mehreren Kunstreisen mit seinem Cousin Bernhard Romberg. Später sollte er als Kapellmeister nach Gotha gehen.


    Bekannt geblieben ist Romberg der Nachwelt vielleicht noch durch seine Vertonung von Schillers "Glocke" - zu Lebzeiten eine häufig gespieltes Werk, beliebt v.a. bei den zahlreichen bürgerlichen Chorvereinigungen.


    Meist von Haydn und Mozart beeinflusst, weniger von Beethoven, schuf Romberg eine Vielzahl an Werken unterschiedlichster Gattung: Opern, Symphonien, Ouverturen, Vokalwerke, Rondos; Cappricios, Streichqurtette. Letztere wurden durch das Leipziger Streichquartett bei dem Label MDG eingespielt und zeigen - wie Michel bereits im Forum schrieb - auf welch hohem Niveau das Quartettschaffen seiner Zeit war. Daß Romberg, insbesondere seine StrQ, heute vergessen sind, liegt nicht zuletzt an ihrer Übergangsstellung zwischen Mozart und Beethoven und natürlich an der übermächtigen Konkurrenz. Dennoch: sie zeigen Quartettschaffen auf sehr hohem Niveau, eine lohneswerte Alternative zu den bekannten Haydn -und Mozart-Quartetten.


    Ansonsten sind mir die Werke Rombergs nur durch Hörschnipsel des Dreibuchstabenversands bekannt - kennt jemand von euch Wekre Rombergs und wenn ja, wie gefallen sie euch, wie schätzt ihr sie ein? Was lohnt nich der Entdeckung?


    :hello:
    Wulf

  • Hallo,


    eben hörte ich auf HR2 Rombergs Quartett op. 1 Nr. 1, gespielt vom Leipziger Streichquartett, welches wie bereits oben erwähnt, offenbar eine [Gesamt-?] Einspielung vorlegte.



    Mir hat das Werk ziemlich gut gefallen, das Spiel des LStrQ allerdings war mir etwas zu sanft und oberflächlich, wobei das dargebotene Werk auch nicht unbedingt ruppig und tiefgehend war.


    Vielleicht lege ich mir die Doppel-CD dennoch zu. Bei dem offenbar fehlerhaften jpc-Preis [19,99 € für das Doppelalbum gegenüber jeweils 17,99 € für die beiden Einzel-CDs] sollte ich wohl nicht lange zögern?


    Oder kennt jemand [HIP-] Alternativen? Ich habe nichts dergleichen finden können...


    Und kennt jemand die Romberg'sche Messias-Vertonung?



    Markus Schäfer, Rheinische Kantorei, Das Kleine Konzert, Hermann Max klingen vielversprechend.


    Weiß jemand, von wem der Text stammt [Klopstock?] bzw. ob dieser mit jenem von Händel verwendeten kongruent ist?


    Und diese interessante CD



    beinhaltet seine Sinfonie Nr. 1 Es-Dur sowie ein Potpourri für Violine und Orchester A-Dur op. 47 nach Melodien aus Mozarts Don Giovanni - allerdings ist mir das leider viel zu günstig... bevor die CD nicht mindestens 478,29 € kostet, greife ich da nicht zu... :rolleyes:


    Offenbar wurde noch eine weitere Sinfonie in D eingespielt, die aber z. Zt. leider nicht erhältlich ist [op. 22 Nr. 1]. Beide Sinfonien wurden von Edward F. Rimbault [1816-1876] für die Besetzung Klavier, Flöte, Violine und Violoncello eingerichtet [auch einstmals auf CD erhältlich]. In diesem Kontext erhielt die D-Dur-Sinfonie [bei Klassika z.B. gar nicht gelistet] die Nr. 1 und die oben als Nr. 1 bezeichnete Es-Dur-Sinfonie die Nr. 2.


    Ansonsten scheint es noch Flötenquintette zu geben, die mich aber nicht interessieren. Der Romberg-Acker wurde offenbar noch nicht gut bestellt...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich kenne nur sein "Lied von der Glocke". Ich finde diese Vertonung blass. M. E. schöpft sie die geradezu extremen dramatischen Möglichkeiten der Textvorlage überhaupt nicht aus. Die apokalyptisch angelegten Revolutions-Szenarien werden dort in einem brav wirkenden forte abgehandelt, ich hatte den Eindruck, als habe sich Romberg gegen die Stimmung dieser Textstellen gesträubt.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Draugur
    Ich kenne nur sein "Lied von der Glocke". Ich finde diese Vertonung blass. M. E. schöpft sie die geradezu extremen dramatischen Möglichkeiten der Textvorlage überhaupt nicht aus. Die apokalyptisch angelegten Revolutions-Szenarien werden dort in einem brav wirkenden forte abgehandelt, ich hatte den Eindruck, als habe sich Romberg gegen die Stimmung dieser Textstellen gesträubt.



    Hier ist eine Einspielung davon, die ich allerdings noch nicht kenne.


    Andreas Romberg (1767-1821 )
    Das Lied von der Glocke op. 25


    Lika, Schlick, Mertens, Gronau, Mendrok, Nolte,
    Chorus Musicus Köln, Das Neue Orchester, Spering
    Label: Ops , DDD, 92



    Vielleicht lasse ich mich von der Besetzung (Spering!) doch noch verleiten, diese Komposition mit dem gleichnamigen Werk von Max Bruch zu vergleichen....


    LG, Elisabeth

  • Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass ich diese Einspielung gehört habe. Übermäßig viele wird es ja auch nicht geben. Übrigens ist es interessant, wie viele Vertonungen des Textes bzw. davon inspirierte Kompositionen es gibt: u. a. die genannte von Max Bruch, aber auch modernere von Vincent d'Indy (naja, die ist nur wenig später entstanden) und Hugo Distler (mit melodramatischen Elementen). Ich kenne aber leider keine davon.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Gerade dachte ich, Romberg, den kennst Du doch mit seinen Cellosonaten und seiner Celloschule. Aber: weit gefehlt. Die Rombergs waren eine musikalische Familie.


    Der den Cellisten bekannte Cello-Romberg ist Bernhard Heinrich Romberg, im gleichen Jahr wie Andreas geboren, aber ihn um 20 Jahre überlebend: Andreas war sein Cousin, mit dem er verschiedene Projekte, gemeinsame Konzertreisen, erfolgreiche Auftritte verwirklichte - eine permanente Arbeitspartnerschaft bis 1801.


    Und die beiden - Andreas an der Geige, Bernhard am Cello - gründeten ein Streichquartett: mit Franz Anton Ries (Geige) und Ludwig van Beethoven (Bratsche) :yes: .


    Liebe Grüße, Ulrich


    Quelle: "http://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Romberg" Abfragestand: 28.08.2008

  • Von Andreas Romberg erschien im Wolkenklang Verlag in den letzten Jahren eine ganze Serie mit CDs die sich ausschließlich seinem Werk widmet. Sieben CDs sind's bis jetzt insgesamt, darunter Vokalwerke, Ouvertüren und seine dritte Sinfonie.

    HERNEN

  • Brav, wie ich bin, habe ich gestern beim verkaufsoffenen Sonntag Musik Schlaile um zwei seiner besten CDs entledigt und mich damit strikt an meine Wunschliste gehalten:



    Andreas Romberg [1767-1821]
    String Quartets Vol. I


    Quartett F-Dur op. 1 Nr. 3
    Quartett g-moll op. 1 Nr. 2
    Quartett Es-Dur op. 1 Nr. 1


    Leipziger Streichquartett



    Andreas Romberg [1767-1821]
    String Quartets Vol. II


    Quartett h-moll op. 30 Nr. 1
    Quartett g-moll op. 16 Nr. 2
    Quartett a-moll op. 2 Nr. 2


    Leipziger Streichquartett


    Die beiden Einzelausgaben waren günstiger als die Doppelbox bei jpc... :lips: So ist's recht!


    ~~~


    Für den Streichquartettkenner und -liebhaber ist es unüberhörbar, daß Romberg deutlichen Bezug auf die damals beliebten und bekannten Quartette von Joseph Haydn nimmt. Bei der Serie op. 1 [Vol. I] schimmert in den langsamen Sätzen auch später Romantik-Mozart hindurch. Das Publikum goutierte diese Bezüge offensichtlich, da ihm die Werke von Mozart und Haydn deutlich an der Zahl zu wenig waren und Neues, qualitativ Gleichwertiges [!] selbstredend, weil selten, höchst erwünscht war.


    Am deutlichsten ist der Bezug des Menuetts des a-moll-Quartetts op. 2 Nr. 2 zu Haydns sogenanntem Hexenmenuett aus dessen op. 76 Nr. 2 in d-moll. Da springt die Vorlage förmlich ins Ohr - und Rombergs "Nachbau" ist mehr als hörenswert und klingt überhaupt nicht nach Epigonentum. Das Publikum warf Romberg später jedoch mehr oder weniger vor, daß keine stilistische Entwicklung - wie etwa bei Beethoven, der seine opp. 18 etwa zeitgleich mit Rombergs opp. 1 und 2 komponierte - stattfand. Doch: Was soll's? Ich habe lieber etwas Handfestes in Ohren, als mißglückte Versuche [was Beethovens späte Quartette natürlich nicht sind].


    Dem Booklettext und den Tracklistings ist einfach zu entnehmen, daß entgegen obiger Annahmen keine Gesamteinspielung der Rombergschen Quartette vorliegt, sondern lediglich eine - dafür wunderbare - Auswahl. Von den Quartettserien op. 2, 16 und 30 wurde in Vol. II je ein Werk ausgewählt und eingespielt, die Dreierserie op. 1 ist hingegen in Vol. I vollständig vertreten. Da darf man nur hoffen, daß diese Reihe nochmals fortgesetzt werden wird, denn die 1819 komponierten Quartette op. 53 und 59 fehlen ganz, wie auch das allein stehende Quartett op. 11 aus 1802, sowie die frühen Serien opp. 5 und 7: da wird den Ohren noch einiges vorenthalten!


    Im Aufbau hält sich Romberg ebenfalls an die von Haydn bevorzugte Satzfolge in beiden Varianten: Menuett und langsamer Mittelsatz, jeweils mal als 2ter oder dritter Satz, werden von jeweils einem schnellen Satz eingerahmt. Das Finale des g-moll-Quartetts op. 1 Nr. 2 orientiert sich hingegen mehr an Mozarts Finale zum Quintett KV 516 [ebenfalls g-moll]: Erst nach einer eher archaischen langsamen Poco-Adagio-Einleitung folgt das Presto...


    Zu meinen Lieblingswerken zähle ich in der kürze der gehabten Zeit bisher das Quartett h-moll op. 30 Nr. 1 und das Quartett a-moll op. 2 Nr. 2.


    ~~~


    Preislich angenehm ist die Doppeledition, welche beide CDs vereint und bei jpc zum Preis von einer Vollpreis-CD zu haben ist [entgegen den etwa gleichteuren Einzelausgaben, bei denen der Preis allerdings pro CD gilt].


    Das Leipziger Streichquartett, bestehend aus Andreas Seidel, Tilman Bünuing, Ivo Bauer und Matthias Moosdorf dürfte einigen Quartettisten bereits als hervorragendes Interpreten-Ensemble der Streichquartette Franz Schuberts bekannt sein...


    ...und wer jetzt nicht kauft, ist selber schuld.


    :P


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Die Familie Romberg ist fast ebenso verzweigt, wie jene der Bendas, wo ich neulich begonnen habe einige Famlienmitglieder vorzustellen. Auch hier wird zuminderst ein weiterer Thread folgen, nämlich jener über den Cousin von Andreas Romberg (Bernhard Romberg) um den es hier in diesem Thread geht.
    Eigentlich hätte ich gerne die einzelnen musikalischen Bereiche einzeln abgehandelt, aber das wäre im Falle von Andreas Romberg IMO zu unübersichtlich und wegen des nur spärlich vorhanden Materials kontraproduktiv. Dabei hat A.R. jede Menge Werke geschrieben, von Opern über sonstiger Vokalmusik, Orchesterwerken, Konzertn und Kammermusik.
    Indes - vieles ist unvollendet oder verloren. Einiges beruht auf Zuschreibungen.
    Das schreckt die Produzenten ab, weil man kein "einheitliches Bild" eines Komponisten präsentiern kann.
    Heute habe ich mit die Freude gemacht Andreas Rombergs Sinfonie Nr 4 op 51 "alla turka" anzuhören. Geschrieben wurde sie 1790, veröffentlicht 1811. Sie ist keineswegs die 4. Sinfonie Rombergs, aber etliche der ursprünglich 10 Sinfonien sind verloren gegangen.
    Der Untertitel "alla turca " sagt schon fast alles. Diese Moderichtung der Entstehungszeit prägt mehr oder weniger das gesamte Werk, und das durchaus exzessiv und plakativ. Das Orchester wächst hier in jeder Hinsicht über sich hinaus, hier wird mit Verve und Attacke musiziert, wobei - und das ist das besondere - der schöne Klang nicht mal ansatzweise auf der Strecke bleibt. Und weil wir beim schönen Klang sind: Der dritte Satz, andante, quasi allegretto klingt einfach betörend. Ich verwende dieses altmodische Wort immer wieder gern in meinen Beschreibungen, einfach weil es keinen modernen Ausdruck gibt, der es ersetzt.


    Ob die (auf mich) phänomenale Wirkung dieser Sinfonie dem Werk an sich, dem Orchesterklang des Collegium Musicum Basel oder dem vorzüglichen temperamentvollen Dirigat von Kevin Griffiths geschuldet ist, das kann ich im Moment nicht wirklich klären.
    Fast hätte ich die Aufnahmetechnik vergessen: Sie ist IMO perfekt und bildet das Schlagwerk geradezu gespenstisch realitätsnah ab.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Heute habe ich das Quartett Op 2 Nr 2 gehört (Nr 1 und 3 sind mir verwehrt, daich nur Vol. 2 Der mdg Romberg Streichquartett-Edition besitze und Vol 1 bereit gestrichen ist.
    Die 3 Streichquartette op 2 schrieb Romberg als Antwort auf den Erfolg von op1 Nr 1-3. Er widmete op 2 seinem Vorbild Joseph Haydn, versuchte aber ihn in Details zu übertreffen, was ihm - so ein zeitgenössischer Kritker - angeblich durchaus gelungen sein soll.
    Persönlich empfand ich Op 2 Nr 2 ein wenig melancholisch bis weinerlich, sehr dezent, aber stellenweise recht lieblich. Eher gelehrt als mitreissend.
    Der Harenberg Kammermusikführer wird dem Eindruck, den ich inzwischen von ihm gewonnen habe, durchaus gerecht. Er kennt diesen Komponisten - laut Einführungsbeitrag dieses Threads - einen der bedeutendsten Vertreter der "Norddeutschen Klassik" nicht mal.
    Die 2 Folgen auf 3 CDs umfassende Serie mit Streichquartetten (2 Doppel.CD und eine CD) von Andreas Romberg. brachte nur eine Auswahl, so steht zu hoffen, daß irgendwann ein komplette Ausgabe erscheinen wird. 2917 (250 Geburtstag) hat man bereits verpasst - oder verpassen wollen. Der nächste Terming wäre 2021 (200. Todestag). Aber eigentlich glaube ich nicht an Wunder.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Hänssler Classic hat Andreas Rombergs "Das Lied von der Glocke" neu aufgelegt. Damit gibt es nun zwei Aufnahmen dieses Werkes. In erster Auflage war die Schiller-Vertonung 1995 bei Calig Selecta erschienen. Die Besetzung lässt nach meinem Eindruck keine Wünsche offen. Sehr eindrucksvoll Karl Ridderbusch als erzählender Glockengießer.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent