Erwin Schrott - Eine neue Stimme

  • Liebe Taminoianer


    Seit kurzem ist die Debüt-SoloCD des 35jährigen uruguayschen Baßbaritons Erwin Schrott, sie wurde bereits an anderer Stelle kurz gestreift, am Markt.



    Natürlich kann ein Forum, welches so opernorientiert ist, wie das Tamino-Klassikforum dieseTatsache nicht ignorieren.
    Es ist natürlich beim vorhandenen Angebot ein wenig schwierig ein einigermaßen zuverlässiges Urteil abzugeben - aber für einen ersten Eindruck sollte es reichen.


    Momentan habe ich nur die 60 sek Tonsamples von jpc gehört - aber das reichte mir, um miich in diese Stimme sofort zu verlieben - wobei ich natürlich nicht weiß, was Natur und was Tontechnik ist - aber als Tonkonserven-Sammler ist mir das auch einigermaßen egal.
    Natürlich kann sich innerhalb der nächsten Monae/Jahre mein Urteil ändern - aber momentan bin ich recht angetan.


    Daß der Sänger über den Zufall seiner Zuneigung zu A.N in den Blickpunkt gelangt ist, ist Plus und minus zugleich:
    Einerseits bedeutet das einen Karrieresprung - andrerseits wird er unter Umständen lange Zeit mit dem Makel "Mr Netrebkow" behaftet sein, ähnlich wie "Mr Sutherland" Richard Bonynge, der in Wahrheit ein erstklassiger Operndirigent und Musikwissenschaftler war, bzw ist.


    Für mich stellt sich die Frage eigentlich nicht, ob seine Karriere mit jener von A.N. untrennbar verbunden ist (vom Privaten mal abgesehen).
    Ich glaube, daß seine Stimme Eigencharakter genug hat um auch ohne das Umfeld A.N. die Plattenstudios zu erobern.


    Ich hätte an seiner Stelle einen Künstlernamen angenommen, denn es ist geradezu eine Herausforderung für bösartige Kritiker seine Einspielungen als "Schrottaufnahmen" zu bezeichnen.....


    Ich hätte - ohne Vorwissen - am ehesten auf eine "russische" Stimme getippt - allerdings ein wenig geschmeidiiger als eine solche.
    Interessant auch das bisher recht vielseitige Repertoire:
    Mozart, Verdi, Meyerbeer, Berlioz, Puccini und (ich hab recherchiert) sogar Rossini...


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,
    ich kenne zwar diese CD nicht, habe Erwin Schrott aber zweimal live erlebt (als Don Giovanni und Mozart-Figaro), ohne dass er mich vom Stuhl gerissen hätte. Nicht, dass ich ihn schlecht gefunden hätte, aber zumindest in diesen beiden Partien wäre er nie meine erste Wahl, und sein Timbre ist sowieso Gechmackssache. Was mich aber gestört hat - davon bleibst du natürlich unbehelligt ;) - dass er sich seiner vorteilhaften Optik zu sehr bewusst ist und wie ein eitler Pfau ständig Rad geschlagen hat.
    Als er dann mit AN ins Gerede kam, war mein erster Gedanke: "Bin neugierig, ob man ihm jetzt das gleiche vorwirft wie ihr, nämlich dass er durch sein blendendes Aussehen Karriere macht und nicht mit seiner Stimme." Aber bei einem Mann ist wohl alles anders, obwohl die Bilder, die von Erwin Schrott kursieren, die ach so verpönten Strapse-Fotos von Anjuschka wirklich züchtig erscheinen lassen.
    Ich weiß schon, das ist nicht das Thema, aber mich würde ehrlich interessieren, ob er dieses Recital auch ohne sein Latin-Lover-Image und ohne seine Nähe zu AN bekommen hätte.........
    lg Severina :hello:

  • Die Frage, ob er denn diese Platte auch ohne AN's Popularität hätte machen können, habe ich schon vor 5 Wochen im Netrebko-Thread gestellt....


    Dabei ist er schon seit über 10 Jahren im Geschäft; ich habe schon damals seinen Aufstieg verfolgt: Vom Masetto über den Leporello zum Don Giovanni


    - oder auch von der ersten DVD von 1997 (Timur in "Turandot" in seiner Heimatstadt Montevideo) bis zu seinen Auftritten als Banco in Macbeth in Wien 1999 und als gefeierter Figaro vor 2 Jahren in Covent Garden - dazwischen noch Florenz, Macerata (JRII hat gestern noch seine Leistung im "Liebestrank" hervorgehoben) usw.


    Fast bin ich der Meinung, er hätte seinen Weg auch so gemacht, manchmal kann die Festlegung auf eine Rolle als "Prinzgemahl" auch hinderlich sein.....


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,
    und wie schätzt du persönlich seine Stimme ein? Für mich ist sie wie gesagt völlig neutral, das heißt, ich denke weder "Oh Gott, der Schrott singt!" noch "Hurra, der Schrott singt!", ich halte ihn für eine gute Besetzung, aber für nicht mehr, und als er heuer an der WSO seinen Don Giovanni absagte und statt ihm Ildebrando D'Arcangelo zum Zug kam, war ich sogar sehr froh, weil ich den Italiener wesentlich höher einschätze.
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina,


    meine Einschätzung bezog sich hauptsächlich auf seine Stimme - ich wußte bis vor kurzem nicht, wie er in Natura aussieht, die ganzen Fotos von ihm wurden ja wohl erst nach dem Bekanntwerden seiner Liaison mit der schönen Russin veröffentlicht.


    Bei Baritonstimmen ist es für mich nicht ganz leicht, die Sänger auf Anhieb zu erkennen (seiht man mal von Sängern wie Hermann Prey ab), aber vielleicht gibt uns jetzt diese Recital-CD die Chance, das unverwechselbare Timbre von Erwin Schrott zu entdecken! :pfeif:


    Wenn er sich - wie Du schreibst - auf der Bühne wie ein Pfau gibt, hat er bei mir allerdings schon verloren....


    :hello: LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Lieber Harald,
    Pfau ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber er ist sich seines guten Aussehens sehr bewusst und setzt das auch gekonnt ein, und was mich einfach stört, ist der Umstand, dass gleiches bei einer Sängerin immer so interpretiert wird, als wolle sie damit stimmliche Mängel kaschieren, bei einem Sänger wird dieser Vorwurf nie erhoben. Auch die Kritiker versäumen es selten, die "blendende Bühnenerscheinung" Erwin Schrotts zu rühmen, aber ich kann mich an keinen Aufschrei der Opernfans erinnern, dass man ihn als "Erotikstar" positionieren wolle, sehr im Unterschied zu AN. Dabei träfe das auf ihn viel eher zu, denn einige der Bilder, die ich gesehen habe, sind nicht weit von Pinupboys entfernt (Bildunterschrift: So schön kann Oper sein! :wacky: :wacky: :wacky: :wacky: :wacky:), und angesichts dieses "Luxuskörpers" denkt man/frau wohl eher an die Bühne der Chippendales als an die der WSO......
    Natürlich habe ich nichts gegen gut aussehende Sänger, im Gegenteil, aber es bleibt für mich in dieser causa eben der schale Beigeschmack: "Wenn zwei das gleiche tun, ist es nicht dasselbe!"
    lg Severina :hello:

  • In meinen Ohren klingt die Stimme nichtssagend, das Timbre gewöhnlich - wenig Farbe, wenig Individualität. Aber es steht außer Frage, dass die Bühnenerscheinung eines Sängers eminent wichtig ist - für viele sicher wichtiger als die Stimme.

  • Ich habe Erwin Schrott noch nicht live auf der Bühne gesehen, kann mich also nur auf Gehörtes und ein paar youtube-Schnipsel beziehen, aber ich sehe es ähnlich wie Severina: eine schöne Stimme, aber für mich kein Grund, sich in sie zu verlieben. Auch durchaus gutes Singen und ein Darsteller, der sich seines guten Aussehens sehr deutlich bewusst ist (das CD-Cover sieht meiner Meinung nach grauslich aus :pfeif:, auf der Bühne wirkt er dann doch etwas natürlicher).


    Abgesehen davon, dass mich die zweierlei Maß, mit denen offensichtlich gemessen wird, auch ärgern, bewirkte - sowohl was ihn als auch was AN betrifft - die Pin-Up-Attitüde, mit der sie sich oft darstellen, bei mir zuerst auch eher das Vorurteil, dass damit stimmliche Mängel kaschiert werden sollen.


    Nachdem ich AN als "Gesamtpaket" gehört und auf DVD gesehen habe (L´Elisier und Traviata), beurteile ich sie weitaus positiver. Vielleicht geht es mir mit Erwin Schrott genauso, wir werden sehen ...


    :hello: Petra

  • Zitat

    Die Frage, ob er denn diese Platte auch ohne AN's Popularität hätte machen können, habe ich schon vor 5 Wochen im Netrebko-Thread gestellt....


    Wahrscheinlich nicht - es gibt sicher viele unentdeckte gute Stimmen.
    Ich bin prinzipiell ein Gegner aller WILLKÜRLICH hochgepushten Künstler - jedoch bin ich nicht dagegen, wenn -durch welchen Zufall auch immer - ein bemerkenswerter nach oben kommt.


    Stimmenbeurteilung ist eine sehr subjektive Sache - und selbst sogenannte Experten können sich oft nicht einigen.


    Ich selbst liebe Stimmen, welche gut erkennbar sind - und zudem auch betörend schöne Stimmen. (z.B. Florez, oder einst Carreras)


    In der Regel muß ich mich an eine Stimme erst gewöhnen, bei Florez und Schrott war das nicht der Fall


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von severina
    Für mich ist sie wie gesagt völlig neutral, das heißt, ich denke weder "Oh Gott, der Schrott singt!" noch "Hurra, der Schrott singt!", ich halte ihn für eine gute Besetzung, aber für nicht mehr


    Dem kann ich mich weitgehend anschließen. Ich beurteile ihn derzeit allerdings ausschließlich von meiner Kenntnis der DVD von L'ELISIR D'AMORE von 2002. Meinen Eindruck von seiner Leistung dort findet Ihr hier: TMOO - Elisir d'Amore, L'


    Ein Cappuccili oder Hampson wird er kaum mehr werden. Eher ein Protti. Aber schon vor sechs Jahren strotzte er vor Selbstbewusstsein.


    Aber natürlich bin auch ich schon nicht mehr frei von Vorurteilen, wie im Thread zu den Künstlervorurteilen ausgeführt.


    :hello: Jacques Rideamus

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  • ich fand die hörschnipsel bei jpc nicht übel. nicht überwältigend, aber zu einem neugierkauf des recitals hat es gereicht :D

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    Original von klingsor
    ich fand die hörschnipsel bei jpc nicht übel.


    Auch ich denke da zwiespaltig. Sein Timbre gefällt mir. Seine "Piano"-Beherrschung finde ich beeindruckend. Dagegen hat er, finde ich, schon zuviel Vibrato. Diese Meinung auf Grund der JPC-Schnipsel! Kann also noch geändert werden.
    Jedenfalls gehört er zu den besseren Stimmen.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von musicophil
    Sein Timbre gefällt mir. Sein "Piano"-Beherrschung finde ich beeindruckend. Dagegen hat er, finde ich, schon zuviel Vibrato. (...)
    Jedenfalls gehört er zu den besseren Stimmen.



    Lieber Paul,


    ich höre gerade einen wirklich gelungenen Radiomitschnitt des Don Giovanni aus Los Angeles.


    Erwin Schrott liefert da eine wunderbare Rollengestaltung der Titelrolle mit hoher Bühnenpräsenz und hörbar erotischer Ausstrahlung in der Stimme. Eine technisch sehr gut geführte Stimme mir durchaus ansprechendem Timbre, die für mich aber eher nach Bassbariton klingt.


    Ein Vibrato habe ich in der jpc-Schnipsel nicht überall gehört. ME taucht es da auf, wo die Arien aus dem schwereren Baßfach stammen, zB beim Banquo.


    Dass er nicht auf der sprichwörtlichen Brennsupp´n daher geschwommen sein kann, zeigt die Tatsache, dass er im Jahr 1998 die Operalia gewann (zum Vergleich: Villazon wurde im Folgejahr "nur" ;) zweiter).


    Ein beachtenswerter Sänger, der sicher viel mehr ist, als nur der Prinzgemahl, andererseits auch nicht mit einer Hype überzogen werden muss.


    LG, Elisabeth

  • Nach dem, was ich bisher hörte, könnte ich mir vorstellen, dass die Rolle des FIGARO Erwin Schrott ganz besonders gut liegen müsste.


    Zu sehen ist er in dieser Rolle in einer Aufzeichnung aus dem ROH Covent Garden, die seit März auf DVD erhältlich ist:



    Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
    Die Hochzeit des Figaro


    Erwin Schrott, Miah Persson, Gerald Finley,
    Dorothea Röschmann, Rinat Shaham,
    Covent Garden Orchestra, Antonio Pappano
    Label: OpusArte , FSKoAB, 2006





    Ich bin gespannt....



    LG, Elisabeth

  • Zitat

    Original von musicophil
    Sein Timbre gefällt mir. Sein "Piano"-Beherrschung finde ich beeindruckend. Dagegen hat er, finde ich, schon zuviel Vibrato.
    Jedenfalls gehört er zu den besseren Stimmen.


    vollkommen d'accord, lieber paul. bin gespannt, was mir jpc dann nach hause liefern wird :yes:



    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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  • Liebe Elisabeth,
    wie gesagt, ich habe ihn in beiden Partien live gesehen, aber Referenz ist er für mich keine. Zweifellos verfügt er über eine gehörige Portion Erotik, und das weiß er auch ganz genau.........
    lg Severina :hello:


    PS: Was die Gewinner diverser Wettbewerbe betrifft, so wundere ich mich manchmal, wer das aller ist.... Damit meine ich jetzt nicht Schrott, denn ein schlechter Sänger ist er wirklich nicht. Ich will damit nur sagen, dass mich diese Auszeichnungen nicht sonderlich beeindrucken. (Mein Bedürfnis, dem ungarischen Tenor auf der Bühne zu begegnen, der heuer den berühmten Wettbewerb in Brüssel gewonnen hat, hält sich z.B. sehr in Grenzen....)
    Aber vielleicht stört mich an Schrott einfach seine penetrante "Hach-was-bin-ich-toll"-Pose, und ich sollte besser in den Vorurteilethread verschwinden ;)

  • Zitat

    Original von severina


    ... Referenz ist er für mich keine.
    (...)
    PS: Was die Gewinner diverser Wettbewerbe betrifft, so wundere ich mich manchmal, wer das aller ist....



    Liebe severina,


    ist denn eine ordentliche bis gute und beim Hören durchaus überzeugende Rollengestaltung nicht auch viel wert?
    Dass Schrott kein Siepi ist, merke ich auch - aber: immer nur Referenz fände ich auch irgendwann langweilig ;)


    Und ganz absichtlich habe ich ja in meinem ersten posting geschrieben, dass eine Hype nicht angemessen ist.


    Was die Wettbewerbe betrifft, habe ich ganz bewußt auf die Operalia abgestellt, denn das scheint mir einer mit durchwegs hohem Niveau zu sein.
    Mir ist aber durchaus klar, dass es auch bei Juroren solche und solche geben kann...


    LG, Elisabeth

  • Hallo zusammen,


    nur mit der Hörerfahrung der jpc Schnipsel im Ohr, würde ich sagen sein Timbre ist nicht uninteressant. Zu mehr Ab- oder Aufwertung sehe ich mich noch nicht in der Lage. Nun ja eine blendende Erscheinung ist auf der Bühne ein Plus das ein Sänger auf keine Fall verschenken sollte und sich dessen bewußt zu sein ist auch kein Fehler. Bei Herrn Schrott wird die Zukunft sicher zeigen, ob er das richtige Mass zwischen einer provessionellen Bühnenpräsens und bloßem nu kuckt auch hier bin ich findet.


    LG


    Maggie


  • Liebe Elisabeth,
    natürlich ist das viel wert, davon leben wir ja schließlich im ganz normalen Opernalltag, denn die berühmte "Referenz" macht sich ja ziemlich rar ;) Und genau das, nämlich ein guter Sänger zu sein, attestiere ich Erwin Schrott ja auch gerne, und ich rolle keineswegs mit den Augen, wenn ich ihn am Besetzungszettel entdecke. :D Aber ich ziehe halt eine subtilere Rollengestaltung vor als diese Holzhammererotik...... So ist mir z.B. ein Simon Keenlyside, der auf den ersten Bick gar nicht wie ein typischer Don Giovanni wirkt, viel lieber als Senor Schrott, bei dem man unwillkürlich "Wow!" sagen möchte. Und genau dieses Wow provoziert er, und genau das stört mich. Aber da sind wir auf der Ebene meiner ganz persönlichen Befindlichkeit, daher noch einmal: Ich halte Erwin Schrott für keinen schlechten Sänger, aber ich glaube nicht, dass er je besondere Euphorie in mir auslösen wird. (aber sag niemals nie ;) :D )
    lg Severina :hello:

  • Zunächst der Verweis auf einen relativ kritischen Artikel von Manuel Brug, der kürzlich in der "Welt" erschien.


    Folgender Auszug stellt analog zur Netrebko-Diskussion einen Bezug zwischen erotischer Ausstrahlung und Erfolg her:


    Ein temperamentvoller Theatersänger, der mit seiner gutturalen, etwas schwerfällig ungefügten Stimme ebenso anspricht wie durch seinen Latin-Lover-Look: Feuchte Locken, blitzende Kohleaugen, sinnlich aufgeworfene Lippen und gerne auch Auftritte oben ohne - "Barihunks" (eine Verballhornung aus "Bariton" und "Kerl") wird in der zunehmend stärker auf visuelle Werte achtenden Opernszene dieses auf Aussehen wie Stimme setzende Fach inzwischen genannt. Wer behauptet, hier gehe es nur um Noten, der sagt die Unwahrheit.


    Schon die Existenz des Begriffs "Barihunk" (:D) weist doch darauf hin, dass dieses Phänomen inzwischen auch bei Männern kritisch gesehen wird.


    Bezüglich Severinas Bericht vom pfauenhaften Gebaren Schrotts: Es gibt eigentlich keinen besseren Weg, einem Sänger so etwas abzugewöhnen, als einen guten Regisseur. Mich würde mal interessieren, wie sich Schrott demnächst in der Salzburger "Don Giovanni"-Inszenierung von Claus Guth als Leporello schlägt. Die Titelrolle übernimmt Christopher Maltman, der ja auch ein veritabler "Barihunk" ist, wovon ich mich mal in einer Billy-Budd-Aufführung überzeugen durfte. Premiere ist übrigens in einer Woche. Ich konnte aber noch nicht mal im ORF-Programm eine Radio- oder gar eine Fernsehübertragung entdecken. Vielleicht habe ich nicht richtig gesucht?


    Die Hörschnipsel habe ich mir inzwischen auch zu Gemüte geführt :D, und ich kann nicht sagen, dass ich die Stimme besonders charakteristisch fände. (Was mir allerdings extrem auf die Nerven fällt, seitdem ich in letzter Zeit wieder öfter in die Oper gehe: das Nach-Vorne-Ziehen des Gesangs bei den Aufnahmen, wodurch die Stimme völlig unnatürlich wie unter einem akustischen Vergrößerungsglas erscheint. Es lebe die Live-Aufführung!).



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Lieber Bernd,
    danke für diesen Link auf den Artikel, der sich weitgehend mit meiner Meinung deckt. "Spätestens wenn das Hemd fällt" - köstlich, denn genau so ist es!
    Ich bin jetzt wirklich gespannt auf eure CD-Kritiken, die hoffentlich kommen. Die jpc-Schnipsel habe ich mir nicht angehört, was nichts mit Schrott zu tun hat, ich höre mir das nie an, auch nicht von meinen Lieblingen, weil mir diese Mini-Auschnitte einfach zu wenig sind, um mir ein Bild zu machen. Liegt wahrscheinlich auch an meinem PC.
    Ach ja: Für deinen letzten Satz (es lebe die Live-Aufführung!) :lips: :lips: :lips:
    lg Severina :hello:

  • Mir geht es ähnlich wie Severina. Auch ich habe ihn schon live gesehen, er gefiel mir, aber zu Begeisterungsstürmen hat er mich nicht hingerissen. Als ich ihn als Figaro sah störte mich die Art wie er die Rezitative vorgetragen hat. Das war für mich ein bißchen schlampig, so schnell ist er über die drübergefahren. Es kam mir vor als würde er ganze Silben verschlucken.


    Auf dem CD-Cover sieht er ja sehr gestylt aus. Was soll denn da für ein Markt angesprochen werden? Die MTV-Generation? ;)Aber es gibt ja auch Operinteressierte, die fahren auf Hochglanz-Cover ab. Ist heute ja auch schon im Klassikbereich ein Muß.
    Der Begriff Barihunk ist ja auch nicht neu. Den hat vor Jahren schon Keenlyside abgestaubt und in der Zwischenzeit dürfen sich ja auch schon andere mit diesem Titel schmücken.
    Die Beziehung zu Netrebko dürfte sich sicher auch karrieremäßig für den Sänger auszahlen. Vor kurzem las ich gar, er und die Netrebko seien Brad Pitt und Angelina Jolie der Oper. Mehr Starappeal geht also nicht mehr. Opernstars müssen heute schon wie Filmstars verkaufbar sein.


    Übrigens, Severina, als Chippendale, glaube ich, geht er nicht durch. Da fehlt ihm der Waschbrettbauch ;)


    Gregor

  • Wenn mein Monitor das richtig anzeigt, heißt der Thread "Erwin Schrott - eine neue Stimme" und nicht etwa " - ein neuer Vater, Liebhaber, Barihunk" oder was auch immer, und über Rolando Villazon gibt es ohnehin schon einen eigenen Thread, nämlich hier: http://www.tamino-klassikforum.at/thread.php?threadid=1469. Von Anna Netrebko ganz zu schweigen.


    Ich habe ja auch nichts gegen gut aussehende Sängerinnen und Sänger, aber die überwiegende Fixierung auf das "wer mit wem warum oder auch nicht" einschließlich der Lebensabschnittsgefährt(inn)en der jeweilig Betroffenen gerade in diesem Thread fing an, mich an eine Klassik-Bravo oder Musik-Gala zu gemahnen.


    Ich habe daher die entsprechenden Beiträge vorerst in den unsichtbaren Bereich verschoben, wo sie später gelöscht werden. Auch diese Nachricht wird demnächst verschwinden. Aber auch für die Zeit danach ersuche ich um Besinnung auf den Threadtitel. Ich habe nämlich wenig Lust, ein Klatschmagazin (mit) zu moderieren, in dem auch noch manche meinen, ohne Anzeichen von wenigstens Rudimenten menschlichen Anstands ihren höchst persönlichen Unmut mit unqualifizierten Verbalinjurien ausdrücken zu dürfen. Wer sich dadurch um einen wesentlichen Beitrag zum Thema gebracht fühlt, gebe mir Bescheid oder stelle diesen Teil bitte noch einmal ein.


    J.R.II

  • Schön, dass jetzt Gelegenheit besteht, zum eigentlichen Thema etwas beizutragen.


    Vor wenigen Wochen erstand ich für 5,00 Euro hier auf dem Flohmarkt die DVD des Londoner McVicar Figaros und kurz danach sendete Classica den Liebestrank aus Macerata. Ich habe nun zwei Vergleiche auf Konserve. Seine attraktive Erscheinung sollte man ihm nicht zum Vorwurf machen (im Gegensatz zum Cover der CD, wo er doch sicherlich ein Vetorecht hatte). Meines Erachtens ist Erwin Schrott ein guter Bass-Bariton. Nicht mehr und nicht weniger. Er ist für mich kein Bryn Terfel oder Furlanetto in jungen Jahren. Man muss den Leporello im Salzburger Don Giovanni abwarten, wobei mich da eigentlich die Regie von Guth mehr interessieren würde. Beim Don Giovanni in Salzburg hat allerdings D'Arcangelo stimmlich für mich als Leporello 2006 Maßstäbe gesetzt, ganz zu schweigen von Bryn Terfel 1995.


    :hello:


    Emotione

  • Wenn schon Schrott, dann Raoul - dieser Dichter hat wirklich einen eigenen Tonfall.
    Mich stimmt es ein wenig traurig, wie hier einerseits über Paul Potts losgezogen wird - und natürlich auch über sein Aussehen - und andererseits ein Bariton einen Thread bekommt, dessen größte bisherige Leistung es war, eine gewisse Sängerin als Partnerin zu erobern. Von allen gesanglichen Qualitäten (die auch bei Schrott nicht gar so arg überwältigend sind) abgesehen, ist mir Potts, der sich aus dem Nichts hochzukämpfen versucht, um Klassen sympathischer als die Illustrierten-Karriere eines Feschaks mit ein bisserl Stimme.
    :hello:

    ...

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  • hm, sollte den schrott wirklich nur gutaussehender schrott sein :D :stumm: hat ja fast den eindruck, wenn man die bewertungen liest. also, ich lasse mich von der cd überraschen, die bald bei mir eintreffen müsste.


    und noch eine generelle bemerkung: ich finde es erfrischend, wenn es auch mal gutaussehende sänger und sängerinnen mit ansprechender figur gibt!! :yes: und vom aussehen hängt bei mir die bewertung der stimme nicht ab - weder im positiven, noch im negativen.


    also, ich bin gespannt.


    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    wenn es auch mal gutaussehende sänger und sängerinnen mit ansprechender figur gibt!!


    Zweifellos. Aber das Aussehen sollte nicht überbewertet werden. Mittlerweile ist es aber so, daß auch in der Klassik die Karriere fast nur noch über das Aussehen stattfindet. Insofern fände ich es eigentlich noch erfrischender, wenn endlich wieder einmal ein/e weniger vorteilhaft aussehende/r Musiker/in in eine der Top-Positionen käme.
    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin, davon gibt es m.E. doch immer noch mehr als genug-aber vieleleciht haben wir eine andere Vorstellung von "gutem Aussehen" ? ?(


    Ich finde Hernn Schrott auf diesem Cove rz.B. schrecklich und den PR-Ratgeber diesbezüglcih sträflich unfähig.


    Ausserdem wûrde ich hier entscheidende Unterscheide zwischen Theater(also Oper/Operette/Musical) und nicht-theatralischer Musik also alles Instrumentale und auch Liedgesang machen.
    Im Theater muss ein Sänger nciht nur Musik machen sondern einen Typen verkörpern und das sind in der Oper nunmal sehr oft schöne,verfuhrerische Männer und Frauen.
    Man kann keine Don Giovannis, Ducas ,Traviatas , Carmens, Ebolis oder Lulus oder oder oder durch Quasimodo und dessen Zwillingsschwester glaubhaft rüberbringen, da kann die Stimme noch so genial sein.


    im Konzert ist das m.E. nciht wichtig, da zählen äusserliche Qualitäten für mich nciht, solange Ausdruck und persönliches Engagement vermittelt werden. Das beste persönlich erlebte Beispiel war ein Konzert im Concertgebouw mit Quasthoff.


    Ich sehe sehr gerne schöne Menschen vor mir, und betrachte auch Schönheit-wie Oscar Wilde als eine Art von Genie- -aber Schönheit hat bei mir wenig mit glattgeleckten Werbe-Bildern à la mode zu tun .


    Hingegen sehr viel mit besonderer Ausstrahlung und Persönlichkeit.

    Pauline Viardot ( Bilder im entsprechenden Thread) ist hier ein serh gutes Beispiel. Diese nach vielerlei Urteil angeblich hâssliche Frau hat durch ihre künstlerische und menschliche Ausstrahlung viele Herzen für sich gewonnen und sehr viel Freundschaft und Liebe geweckt.


    Man muss also sehr genau unterscheiden, was "gutes Aussehen" und was "Schönheit" ist. Das sind verschiedene Paar Schuhe, die zwar auch mal zusammenpassen, aber eben nciht immer.
    Herr Schrott sieht sicher überdurchschnittlich gut aus......auf anderen Bildern jedenfalls......



    F.Q.

  • Hallo,


    durch Zufall habe ich vor einiger Zeit bei YouTube ein Video mit Erwin Schrott als Figaro gesehen.
    Ich bin nicht der Experte wie viele hier, aber ich fand ihn sowohl gestalterisch als auch von der Stimme her wirklich gut. Schlecht aussehen tut er außerdem nicht, na und.
    Ich könnte mir vorstellen, daß er, unabhängig von AN, sehr wohl eine wirkliche Zukunft vor sich hat.
    Mich stört oder betört das gestylte Bild auf dem CD-Cover nicht, Hauptsache er singt gut. Werde mal versuchen, mir in einiger Zeit die CD in unserer Stadtbibliothek auszulehen.
    Auf jeden Fall gefällt mir das Timbre seiner Stimme sehr.
    Was das gute Aussehen bei Opernsängern generell betrifft, ist es, so sehe ich es jedenfalls, in Zeiten der Opern-DVD's schon auch wichtig, irgendwie rollengemäß auszusehen. Die Stimme und die Gestaltung, sagen wir mal die Ausstrahlung, ist natürlich das Allerwichtigste. Und Ausstrahlung hat ja bekanntermaßen nicht unbedingt mit klassischer Schönheit was zu tun, bei Frauen nicht und natürlich auch nicht bei Männern.


    Schöne Grüße aus dem verregneten München


    Kristin

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Ich finde Hernn Schrott auf diesem Cove rz.B. schrecklich und den PR-Ratgeber diesbezüglcih sträflich unfähig.


    Ob man ihn auf dem Foto nun mag oder nicht, ist persoenliche Geschmackssache - der PR-Mensch ist aber m.E. nicht straeflich unfaehig, weil gerade DIE ja doch sehr oft mit der Mode gehen MUESSEN. Ich wuerde eher sagen, wer auch immer ihn nach Marketingaspekten beraten hat, ist sogar sehr faehig.


    Die Art und Weise, wie Herr Schrott auf dem Cover gestylt und abgelichtet ist, entspricht durchaus dem, was in Photographie und Grafik derzeit gefragt ist (ich sitze da ja an der Quelle ;) ). Das muss man nicht moegen, es enstpricht aber hunderprozentg dem, was sich z.Zt. verkauft. Die Frisur ist z.B. auch sehr "hip". Mein Freund hatte die schon vor 3 Jahren und traegt jetzt wieder kinnlang, weil er eben nicht mit der Mode gehen will :D


    Von daher war Herr Schrott nach Mainstream-Massstaeben mit diesem Cover sogar sehr gut beraten ;)
    Muss man nicht gut finden, ist aber, um Geld zu verdienen, ganz sicher die richtige Vorgehensweise. Dass man das nicht mag, aendert nichts daran, dass der Markt nun mal so funktioniert und Viele ihn auch und gerade auf diesem Cover recht attraktiv finden werden.


    Ich finde uebrigens bescheuert, dass schoene Menschen sich scheinbar oft mehr beweisen muessen als durchnittlich gut aussehende oder sogar eher unattraktivere. Ist aber auch nicht neu ("Ach, der/die ist ja nur da oben, weil er/sie gut aussieht!"). Genauso bescheuert wie anzunehmen, dass jemand, der vielleicht nicht so attraktiv ist, auch nichts kann. Weder das Eine noch das Andere sollte ein Problem sein. Gerade diese Diskussion, die immer wieder auf das Aussehen zurueckkommt, zeigt das aber sehr eindruecklich, daher zurueck zum eigentlichen Thema:


    Mir ergeht es mit ihm stimmlich aehnlich wie mit A.N., ganz unabhaengig davon, dass die beiden ein Paar sind (mir wuerden da auch noch andere Beispiele einfallen):
    Ich denke, dass er durchaus stimmlich gutes Material hat, es haut mich aber (noch) nicht aus den Socken. Ich koennte mir allerdings vorstellen, dass, wenn man ihm ein bisschen Zeit zu reifen und sich zu entwickeln gibt, das durchaus vielversprechend sein koennte. Was sich da in den naechsten Jahren tut, bleibt abzuwarten. Dass er jetzt gehypt, verheizt und uebervermarktet wird, finde ich eigentlich eher schade, aber so ist es nun mal. Er wird dadurch jetzt gut verdienen, wird es aber wahrscheinlich auch schwerer haben, sich in Ruhe zu entwickeln und unter dem Druck stehen, sich permanent beweisen zu muessen.


    Vielleicht gefaellt ihm das ja aber sogar ;)

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