Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 7 C-Dur »Le Midi«

  • Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 7 C-Dur »Le Midi«


    Entstanden 1761 am Hof des Fürsten Esterházy.


    5 Sätze:
    Adagio – Allegro (C-Dur, 4/4-Takt [Adagio, 10 Takte], 3/4 Takt (Allegro, 139 Takte), 149 Takte)
    Recitativo (c-moll, 4/4-Takt, 29 Takte)
    Adagio (G-Dur, 4/4-Takt, 53 Takte)
    Menuetto (C-Dur, 3/4-Takt, 54 Takte)
    Allegro (C-Dur, 2/4-Takt, 131 Takte)



    Besetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, Fagott, 2 Hörner in C, Streicher (Vl. I+II, Vla., Cel.; Kb.).


    Bei Haydns 7. Sinfonie handelt es sich um mittlere der drei Tageszeiten-Sinfonien. Anders als im Falle der meisten anderen mit einem Namen versehen Sinfonien Haydns ist ihr Titel »Le Midi« authentisch. Auf dem im fürstlichen Esterhazyschen Archiv erhaltenen Autograph ist die Sinfonie wie folgt betitelt:


    Le Midi. In Nomine Domini
    Guiseppe Haydn 761.


    Am Ende der Partitur findet sich der Vermerk: »Laus Deo«.


    Zu den Tageszeiten-Sinfonien gibt es ja bereits einen Thread (Haydn, Joseph: Die Tageszeiten - Sinfonie Nr.6-8 "Le Matin" "Le Midi" "Le Soir") und außerdem haben Thomas Norderstedt und Andrew in ihren Eröffungspostings zur 6. Sinfonie (Haydn - Sinfonie Nr. 6 "Le Matin") und zur 8. Sinfonie (Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 8 G-Dur "Le Soir") schon ausführlich über die Entstehungsumstände der Tageszeiten-Sinfonien berichtet, so daß ich mir hier Wiederholungen spare und mich ausschließlich auf die Sätze der 7. Sinfonie konzentriere.


    Kurz etwas zur allgemeinen Charakteristik des Werks: wie in der 6. und der 8. Sinfonie führt Haydn auch in »Le Midi« einige Instrumente (2 Violinen, Cello, Flöte) ausgreifend solistisch, so daß ein wenig der Charakter einer Konzertanten Sinfonie entsteht.



    Zu den Sätzen
    Der Kopfsatz in C-dur (hier schweigen die Flöten) hebt mit einem festlichen Adagio an, das durch einen punktierten Rhythmus bestimmt wird und an den gravitätischen Charakter einer französischen Overtüre erinnert. Das Allegro ist zweiteilig, bestehend aus Exposition (bis T. 61) und einem zweiten Teil, indem Durchführung und Reprise verbunden sind. Die Exposition beginnt im forte mit einem energisch treibenden, von den Streichern – unterstützt vom Fagott – im unisono vorgetragenen Hauptthema das von einer Figur wiederholter Sechzehntel in den Violinen geprägt ist. Das Thema wird zunächst in figurativen Sechzehntelläufen fortgesponnen und dann in einem konzertanten Dialog von zwei Soloviolinen und einem Solocello aufgelöst. Diese Solistengruppe, zu der bisweilen auch die Oboen solistisch hinzutreten, wird den Charakter des Satzes bestimmen. Ab Takt 40 wird dem treibenden Hauptthema ein sangliches 2. Thema in der Dominanttonart G-Dur zur Seite gestellt, das von den Bläsern vorgetragen wird, wobei die Oboen (ab T. 41) in Terzparallenen geführt werden. Der Durchführungsteil (ab Takt 61) stellt konzertierende Episoden und ritornellartigen Orchestertutti gegeneinander. Nach einem ausgedehnten Solo der 1. Solovioline setzt in Takt 99 der Reprisenteil ein. Hier erscheinen beide Themen in der Grundtonart C-Dur. Es sind Wiederholungen für die Exposition und für den Durchführungs-/Reprisenteil vorgeschrieben.


    Der zweite, in c-moll stehende Satz hat die Form eines instrumentalen Accompagnato-Rezitativs (Besetzung: Solovioline, Streicher, Oboen). Die Solovioline erhält hier die Rolle der Gesangsstimme. Teils unbegleitet, teils über Streicherakkorden entspinnt sich ein klagender, im piano gehaltener Gesang der Violine. Dramatischen Charakter erhält der Satz durch einen Allego-Einwurf des Orchesters im forte (T. 13-15). Der Satz hat Überleitungscharakter und ist stark modulierend, insgesamt geht es vom c-moll des Satzanfangs nach G-Dur am Schluß – der Tonart des dritten Satzes.


    Im dritten Satz wartet Haydn mit einer Überraschung auf: In der Bläsersektion sind die Oboen nun durch Flöten ersetzt. Der Satz hat wiederum einen stark konzertierenden Charakter. Nach einer kurzen Eröffnung setzt bereits im 2. Takt die Solovioline mit einer ausgedehnten Gesangslinie improvisierend-rezitativischen Charakters ein. Im weiteren Verlauf des Satzes treten allmählich die beiden Flöten und das Cello mit solitischen Figuren hinzu. Den Höhepunkt bildet ein ausgedehnter kadenzartiger, in einer ganztaktiven Fermate schließender Dialog von Solovioline und Solocello (T. 36-51). Der Satz endet mit einer zweitakten Schlußformel des Orchesters.


    Der Charakter des in C-Dur stehenden Menuets (in dem die Flöten erneut schweigen) ist traditionell-gravitätisch. In Takt 9 allerdings löst Haydn den gravitätischen Charakter auf: eine plötzliche Wendung vom forte des Beginn zu einer im piano stehenden zweitaktigen Passage, die von Achteltupfern bestimmt ist. Das Trio (T. 31-54) ist bestimmt von einem solitisch geführten Violoncello zu dem sich als Bonmot ab Takt 43 der Kontrabaß als Soloinstrument gesellt.


    Das Finale (C-Dur) ist der einzige Satz der Sinfonie, in dem das Orchester in voller Besetzung präsent ist. Formal handelt es sich um einen Sonatensatz. Die Exposition (T. 1-52) wird eröffnet mit dem von zwei Soloviolinen vorgetragenen Hauptthema, in welches das Orchester mit Tuttischlägen eingreift. Nach einer Generalpause in Takt 10 (2. und 3. Schlag) setzt in Takt 11 im piano ein ausgedehntes Solo der Flöte ein, das von figurativen Sechzehntelläufen bestimmt ist, die ab Takt 15 vom Streichern und Fagott im forte aufgegriffen werden, bevor sich ab Takt 22 ein weiterer Sololauf der Flöte anschließt. Zur Soloflöte treten ab Takt 26 dann zwei in Terzen parallel geführte Soloviolinen hinzu: Diese Passage mündet in ein Orchestertutti, in dem ein zweites Thema eingeführt wird (T. 30-37). Auch diese Tuttipassage endet in einer überraschenden Generalpause. Eine figuratives Nachspiel des Orchesters beschließt die Exposition. In der Durchführung (ab Takt 53) werden beide Themen (das zweite Thema taucht – soweit ich es sehe – mehrfach auch in teilweise umgekehrter Gestalt auf) verarbeitet. Auch hier tritt die Flöte mit solistischen Sechzehntelläufen hervor (T. 71-74). Die Reprise ab Takt 85 wird von ausgedehnten Soli der Flöte und der beiden Soloviolinen bestimmt. Haydn schreibt Wiederholungen für die Exposition sowie für den Durchführungs/Reprisenteil vor.

    Viele Grüße,
    Medard

  • Hallo Medard!


    Zitat

    Original von Klawirr
    5 Sätze:


    Bei Harnoncourt und Fischer sind Recitativo und Adagio zu einem Satz zusammengelegt!? ?(


    Zitat


    Kurz etwas zur allgemeinen Charakteristik des Werks: wie in der 6. und der 8. Sinfonie führt Haydn auch in »Le Midi« einige Instrumente (2 Violinen, Cello, Flöte) ausgreifend solistisch, so daß ein wenig der Charakter einer Konzertanten Sinfonie entsteht.


    Den Eindruck des Konzerthaften hatte ich hier noch mehr als bei No. 6. Insgesamt mag ich die 7. weniger, sie ist mir zu "verspielt" (finde kein besseres Wort).


    Zitat


    Zu den Sätzen


    2.Satz, Harnoncourt-Booklet:


    Haydn (fast möchte man sagen: im kühnen Vorgriff auf Schumann und Liszt) intoniert ein „Recitativo“, in welchem die Solovioline eine Sprachfähigkeit entwickelt im freien Mass [sic!], sozusagen in „freier Rede“, wofür Schönberg später den Begriff der „musikalischen Prosa“ prägen sollte.


    Ich hab da nicht rauashören können, was da so schumannesk und revolutionär auf Schönberg verweisend ist. Kann mir jemand helfen?


    Zitat


    Im dritten Satz wartet Haydn mit einer Überraschung auf: In der Bläsersektion sind die Oboen nun durch Flöten ersetzt.


    D.h. Die Flötisten sitzen / stehen 18 Minuten lang dumm rum? Oder haben die Oboisten nur ihr Instrument gewechselt (das geht ja wohl nicht, da im Finale alle spielen)?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Klawirr
    Auf dem im fürstlichen Esterhazyschen Archiv erhaltenen Autograph ist die Sinfonie wie folgt betitelt:


    ... In Nomine Domini ...


    Am Ende der Partitur findet sich der Vermerk: »Laus Deo«.


    Neulich habe ich gelesen, daß Haydn diese beiden Floskeln auf jede oder zumindest fast jede Symphonie-Partitur notiert hat. Stimmt das?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Im Rahmen meines Planes innerhalber der nächsten 1218 Monate ALLE Haydn Sinfonien zu hören, bin ich nun bei Nr 7 angelangt, der mittleren der sogenannten "Tageszeitensinfonien" Prinzipiell ist vom Threaderöffner alles wichtige gesagt worden, sodaß ich mich lediglich auf subjektive Höreindrücke beschränke werde. Im Gegensatz zu meinen sonsitigen Hörgewohnheiten versuche ich hier VOr - oder während des Hörens Hintergrundinformatioen zu lesen, und zwar möglichst aus verschiedenen Quellen, was im konkreten Fall eher leicht ist, die Tagezeitensinfonien zählen - trotz ihres frühren Entstehungsdatums zu den bekanntesten.Ja. der Beginn das ersten Satzes als französische Ouvertüre, das passt ausgezeichnet. Der zweite als Rezitativ, als Parodie einer Opern - das wusste ich nicht - ist aber sofort nachvollziehbar, Ansonst wartet die Sinfonie mit zahlreichen Überraschungen und aparten Instrumentenkombinatioen auf. Wie schon weiter oben bemerkt wurde, gibt es Tonaufnahmen, wo das Werk fünfsätzig gesehen wird, Goy Goodman verschmilzt zwei Sätze miterinander, woduch die "Klassische" Viersätzigkeit gewahrt bleibt. Die Spieldauer in Goodmans Lesart, alle Wiederholungen werden gespielt liegt bei ca 24 Minuten....Goodmann dirigiert die Sinfonie vom Cembalo aus.....


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 2132

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !