Zunächst habe ich unter "Gestern in der Oper" geschrieben, aber da ich auch den Rest des Ringes in beiden Häusern sehen werde, habe ich meinen Text noch einmal kopiert und setze ihn hier wieder ein.
Die Hamburger Staatsoper und das Theater Lübeck haben für die laufende und die beiden folgenden Spielzeiten die gleiche Idee: den "Häppchenring", also in dieser Spielzeit Das Rheingold, in der nächsten die Walküre usw.
Während ich mich immer noch wundere, warum es keine Absprachen zwischen den Häusern gibt, freu ich mich über die Möglichkeit eines Inszenierungsvergleiches eines kleinen (aber feinen) und eines großen Hauses.
Dabei kommt Lübeck bei der Inszenierung gut weg. Ein pfiffiges Bühnenbild, der Grund des Rheines hat Rutschen auf denen die Töchter des Rheines hinabgleiten. Man sieht auch das Ufer in Form einer Kaimauer. Auch die Wiese vor Walhall fand ich überzeugend. Auch hier mehrere Ebenen die teilweise nur schwierig überwunden werden konnten. Die Riesen als Bauarbeiter mit Baucontainern. Ich fand auch Nibelheim überzeugend.
Dagegen war das Bühnenbild in Hamburg die Rheinszene schon fast ärgerlich. Das Konzept war, dass die Götterfamilie ein großes Haus bewohnt. Die Wiese ist dabei der Dachboden des Hauses, wo eine gigantische Modelllandschaft stand (was ich gut fand), im Hintergrund das Fenster wodurch am Schluss die Familie zur Burg abtritt. Nibelheim lag im Heizungskeller, was ich sehr stark fand. Ärgerlich, weil mit Gewalt ins Konzept gepresst, die Anfangsszene. Die Töchter des Rheines im rosa Babydoll im Fluß-BETT. Das fand ich blöd. Auch das immerhin Titelgebende Rheingold, war erst ein goldener Schal, dann 20 Koffer und dann eine Ansammlung von Zetteln. Na ja, was soll’s. Da muss man als Hamburger eben durch.
Die Inszenierung war in beiden Fällen aber gut. Die Figuren wurden gut geführt, keiner stand einfach nur rum und alle Details wurden sinnvoll eingebaut. Lübeck war etwas simpler und näher an der Ursprungsstory. Wotan schleppt seinen Speer mit sich herum und hat seine Augenklappe. Alberich verwandelt sich durch Umdrehen und Jacke ausziehen in den Drachen. Marilyn Freia wird in den Baucontainer eingesperrt und am Schluss fahren die Götter mit einer Baubühne hoch zur Burg. Das war gut rund und überzeugend. Hamburg war etwas gewollt, hatte aber mit der Nibelheim-Heizungskeller Szene die stärkste Idee: Die Verwandlung mit "Dampf" und Heizungsrohr. Das war Klasse und sehr stark. Auch auf die Nibelungen wurde verzichtet.
Überragend und beeindruckend ist für mich jedoch der Hamburger Anfang: Das Theater ist stockfinster. Auch im Orchestergraben ist kein Licht. Aus dem Nichts beginnt das Vorspiel und man sieht nur den kleinen roten Punkt auf dem Taktstock. Nur Musik und der kleine rote Punkt. Das hat mich so beeindruckt, dass ich manchmal davon träume.
Der Lübecker Orchestergraben ist für das Ringorchester zu klein und, ich bedauere es sagen zu müssen, das Werk für das Orchester zu groß. Der erste Aufzug war leider misslungen, weil wohl nicht genug geprobt. Es wurde mit Laufe des Stückes zwar besser, aber die Klarheit Hamburgs erreicht Lübeck leider nicht. Vielleicht habe ich auch besser hingehört und war besser auf Hamburg eingestellt: Ich konnte die Motive in Hamburg klarer erkennen und es gab auch keinen Wettkampf zwischen Sängern und Orchester.
Als bekennender Simone Young Fan - und da bin ich in Hamburg nicht der einzige: Am Schluss gab es SIMONE, SIMONE-Rufe - glaube ich natürlich fest daran, dass es ihr Verdienst ist. Gut war allerdings das Hamburger Staatsopernorchester schon immer.
Bei den Sängern fand ich in Lübeck Antonio Yang als Alberich und Veronika Waldner als Erda herausragend. Ausfälle gab es zwar nicht, aber in den Vordergrund haben sich Donner, Froh und Freia nicht gesungen.
In Hamburg waren alle Partien ausgezeichnet besetzt und gesungen. Super war Falk Struckmann als Wotan, Jürgen Sacher als Loge, Alexander Tsymbalyuk als Fafner und die Töchter des Rheins (Woglinde: Ha Young Lee, Wellgunde: Vida Mikneviciute und Floßhilde: Ann-Beth Solvang). Wolfgang Koch hatte als Alberich nicht die gleiche Präsenz wie Antonio Yang in Lübeck, auch Patrick Busert hat mir als Mime in Lübeck besser gefallen als Jürgen Sacher in Hamburg, wobei beide wirklich ausgezeichnet gespielt und gesungen haben.
Zusammengefasst: Lübeck war kurzweilig, stimmig und hatte tolle Darsteller (Antonio Yang, Patrick Busert und Veronika Waldner). Hamburg hatte die größeren Höhen (der rote Punkt und Heizungskeller, Orchester) und blöderen Ideen (rosa Babydoll und Fluß-BETT). Die Inszenierung ist ein (knapper) Punktsieg für Lübeck und die Musik geht eindeutig nach Hamburg. Ich bin froh beides gesehen zu haben.
Ich freue mich schon auf die nächste Spielzeit. Natürlich gehe ich noch einmal in Rheingold und freue mich schon darauf, dass Veronika Waldner die Fricka singt und natürlich besonders auf den roten Punkt.
Für die Walküre in Hamburg habe ich eine der letzte 4 Premierenkarten und für die Walküre in Lübeck noch nicht.
Ich kann es kaum erwarten....