[Texte] Elisabeth Grümmer Berlin & Munich

  • Elisabeth Grümmer: Berlin & Munich CD 1
    1 - Wolfgang Amadeus Mozart: Im Frühlingsanfang KV 597


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    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Erwacht zum neuen Leben
    Steht vor mir die Natur,
    Und sanfte Lüfte wehen
    Durch die verjüngte Flur.
    Empor aus seiner Hülle
    Drängt sich der junge Halm,
    Der Wälder öde Stille
    Belebt der Vögel Psalm.


    [O Vater, deine Milde
    Fühlt Berg und Tal und Au,
    Es grünen die Gefilde,
    Beperlt vom Morgentau;
    Der Blumenweid' entgegen
    Blöckt schon die Herd' im Tal,
    Und in dem Staube regen
    Sich Würmer ohne Zahl.


    Glänzt von der blauen Feste
    Die Sonn' auf unsre Flur,
    So weiht zum Schöpfungsfeste
    Sich jede Kreatur,
    Und alle Blätter dringen
    Aus ihrem Keim hervor,
    Und alle Vögel schwingen
    Sich aus dem Schlaf empor.]


    Die Flur im Blumenkleide
    Ist, Schöpfer, dein Altar,
    Und Opfer reiner Freude
    Weiht dir das junge Jahr;
    Es bringt die ersten Düfte
    Der blauen Veilchen dir,
    Und schwebend durch die Lüfte
    Lobsingt die Lerche dir.


    [ Ich schau' ihr nach und schwinge
    Voll Dank mich auf zu dir,
    Dem Schöpfer aller Dinge,
    Gesegnet seist du mir!
    Weit über sie erhoben,
    Kann ich der Fluren Pracht
    Empfinden, kann dich loben,
    Der du den Lenz gemacht.]


    Lobsing' ihm, meine Seele,
    Dem Gott, der Freuden schafft!
    Lobsing' ihm und erzähle
    Die Werke seiner Kraft!
    Hier von dem Blütenhügel
    Bis zu der Sterne Bahn
    Steig' auf der Andacht Flügel
    Dein Loblied himmelan!


    (Christoph Christian Sturm)


    (die eingeklammerten Strophen werden von Grümmer nicht gesungen)


    2 - Wolfgang Amadeus Mozart: Abendempfindung an Laura KV 523


    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Abend ist's, die Sonne ist verschwunden,
    Und der Mond strahlt Silberglanz;
    So entfliehn des Lebens schönste Stunden,
    Fliehn vorüber wie im Tanz.


    Bald entflieht des Lebens bunte Szene,
    Und der Vorhang rollt herab;
    Aus ist unser Spiel, des Freundes Träne
    Fließet schon auf unser Grab.


    Bald vielleicht (mir weht, wie Westwind leise,
    Eine stille Ahnung zu),
    Schließ ich dieses Lebens Pilgerreise,
    Fliege in das Land der Ruh.


    Werdet ihr dann an meinem Grabe weinen,
    Trauernd meine Asche sehn,
    Dann, o Freunde, will ich euch erscheinen
    Und will himmelauf euch wehn.


    Schenk auch du ein Tränchen mir
    Und pflücke mir ein Veilchen auf mein Grab,
    Und mit deinem seelenvollen Blicke
    Sieh dann sanft auf mich herab.


    Weih mir eine Träne, und ach! schäme
    dich nur nicht, sie mir zu weihn;
    Oh, sie wird in meinem Diademe
    Dann die schönste Perle sein!


    (Joachim Heinrich Campe)



    3 - Wolfgang Amadeus Mozart: Die Verschweigung KV 518


    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Sobald Damötas Chloën sieht,
    So sucht er mit beredten Blicken
    Ihr seine Klagen auszudrücken
    und ihre Wange glüht.


    Sie scheinet seine stillen Klagen
    Mehr als zur Hälfte zu versteh'n,
    Und er ist jung, und sie ist schön:
    Ich will nicht weiter sagen.


    Vermißt er Chloën auf der Flur,
    Betrübt wird er von dannen scheiden;
    Dann aber hüpft er voller Freuden,
    Entdeckt er Chloën nur.


    Er küßt ihr unter tausend Fragen
    Die Hand, und Chloë läßt's gescheh'n,
    Und er ist jung, und sie ist schön:
    Ich will nichts weiter sagen.


    [ Sie hat an Blumen ihre Lust,
    Er stillet täglich ihr Verlangen;
    Sie klopfet schmeichelnd ihm die Wangen,
    Und steckt sie an die Brust.


    Der Busen bläht sich sie zu tragen.
    Er triumphiert sie hier zu seh'n,
    Und er ist jung, und sie ist schön:
    Ich will nichts weiter sagen.]


    Wenn sie ein kühler, heitrer Bach,
    Beschützt von Büschen, eingeladen,
    In seinen Wellen sich zu baden,
    So schleicht er listig nach.


    In diesen schwülen Sommertagen
    Hat er ihr oftmals zu geseh'n,
    Und er ist jung, und sie ist schön:
    Ich will nichts weiter sagen.


    (Christian Felix Weisse)



    Grümmer lässt die in Klammern gesetzten Strophen aus


    4 - Wolfgang Amadeus Mozart: Das Veilchen KV 476



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Ein Veilchen auf der Wiese stand,
    Gebückt in sich und unbekannt;
    Es war ein herzigs Veilchen.
    Da kam ein' junge Schäferin
    Mit leichtem Schritt und muntrem Sinn
    Daher, daher,
    Die Wiese her, und sang.


    Ach! denkt das Veilchen, wär ich nur
    Die schönste Blume der Natur,
    Ach, nur ein kleines Weilchen,
    Bis mich das Liebchen abgepflückt
    Und an dem Busen matt gedrückt!
    Ach nur, ach nur
    Ein Viertelstündchen lang!


    Ach! aber ach! das Mädchen kam
    Und nicht in Acht das Veilchen nahm,
    Ertrat das arme Veilchen.
    Es sank und starb und freut' sich noch:
    Und sterb ich denn, so sterb' ich doch
    Durch sie, durch sie,
    Zu ihren Füßen doch.


    Das arme Veilchen!
    Es war ein herzigs Veilchen.


    (Johann Wolfgang Goethe)



    5 - Franz Schubert: Suleika II D717



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Ach, um deine feuchten Schwingen,
    West, wie sehr ich dich beneide:
    Denn du kannst ihm Kunde bringen
    Was ich in der Trennung leide!


    Die Bewegung deiner Flügel
    Weckt im Busen stilles Sehnen;
    Blumen, Auen, Wald und Hügel
    Stehn bei deinem Hauch in Tränen.


    Doch dein mildes sanftes Wehen
    Kühlt die wunden Augenlider;
    Ach, für Leid müßt' ich vergehen,
    Hofft' ich nicht zu sehn ihn wieder.


    Eile denn zu meinem Lieben,
    Spreche sanft zu seinem Herzen;
    Doch vermeid' ihn zu betrüben
    Und verbirg ihm meine Schmerzen.


    Sag ihm, aber sag's bescheiden:
    Seine Liebe sei mein Leben,
    Freudiges Gefühl von beiden
    Wird mir seine Nähe geben.



    (Marianne von Willemer)



    Der Text wurde Goethe zugeschrieben, ist aber von Marianne von Willemer.


    6 - Franz Schubert: Dass sie hier gewesen D755



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Daß der Ostwind Düfte
    Hauchet in die Lüfte,
    Dadurch tut er kund,
    Daß du hier gewesen.


    Daß hier Tränen rinnen,
    Dadurch wirst du innen,
    Wär's dir sonst nicht kund,
    Daß ich hier gewesen.


    Schönheit oder Liebe,
    Ob versteckt sie bliebe,
    Düfte tun es und Tränen kund,
    Daß sie hier gewesen.


    (Friedrich Rückert)



    7 - Franz Schubert: Rastlose Liebe D138



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Dem Schnee, dem Regen,
    Dem Wind entgegen,
    Im Dampf der Klüfte
    Durch Nebeldüfte,
    Immer zu! Immer zu!
    Ohne Rast und Ruh!


    Lieber durch Leiden
    Wollt ich mich schlagen,
    Als so viel Freuden
    Des Lebens ertragen.


    Alle das Neigen
    Von Herzen zu Herzen,
    Ach, wie so eigen
    Schaffet es Schmerzen!


    Wie soll ich flieh'n?
    Wälderwärts zieh'n?
    Alles vergebens!
    Krone des Lebens,
    Glück ohne Ruh,
    Liebe, bist du!




    (Johann Wolfgang von Goethe)




    8 - Franz Schubert: Wiegenlied D867



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Wie sich der Äuglein kindlicher Himmel,
    Schlummerbelastet, lässig verschließt!
    Schließe sie einst so, lockt dich die Erde:
    Drinnen ist Himmel, außen ist Lust!


    Wie dir so schlafrot glühet die Wange!
    Rosen aus Eden hauchten sie an:
    Rosen die Wangen, Himmel die Augen,
    Heiterer Morgen, himmlischer Tag!


    Wie des Gelockes goldige Wallung
    Kühlet der Schläfe glühenden Saum.
    Schön ist das Goldhaar, schöner der Kranz drauf:
    Träum du vom Lorbeer, bis er dir blüht.

    Liebliches Mündchen, Engel umweh'n dich,
    Drinnen die Unschuld, drinnen die Lieb!
    Wahre sie, Kindchen, wahre sie treulich!
    Lippen sind Rosen, Lippen sind Glut.


    Wie dir ein Engel faltet die Händchen,
    Falte sie einst so, gehst du zur Ruh'!
    Schön sind die Träume, wenn man gebetet:
    Und das Erwachen lohnt mit dem Traum.




    (Johann Gabriel Seidl)



    9 - Franz Schubert: Frühlingsglaube D686



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Die linden Lüfte sind erwacht,
    Sie säuseln und wehen Tag und Nacht,
    Sie schaffen an allen Enden.
    O frischer Duft, o neuer Klang!
    Nun, armes Herze, sei nicht bang!
    Nun muß sich alles, alles wenden.


    Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
    Man weiß nicht, was noch werden mag,
    Das Blühen will nicht enden;
    Es blüht das fernste, tiefste Tal:
    Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
    Nun muß sich alles, alles wenden.




    (Ludwig Uhland)




    10 - Johannes Brahms: An eine Äolsharfe op. 19,5


    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Angelehnt an die Efeuwand
    Dieser alten Terrasse,
    Du, einer luftgebor'nen Muse
    Geheimnisvolles Saitenspiel,
    Fang' an,
    Fange wieder an
    Deine melodische Klage!
    Ihr kommet, Winde, fern herüber,
    Ach! von des Knaben,
    Der mir so lieb war,
    Frischgrünendem Hügel.
    Und Frühlingsblüten unterwegs streifend,
    Übersättigt mit Wohlgerüchen,
    Wie süß, wie süß bedrängt ihr dies Herz!
    Und säuselt her in die Saiten,
    Angezogen von wohllautender Wehmut,
    Wachsend im Zug meiner Sehnsucht,
    Und hinsterbend wieder.
    Aber auf einmal,
    Wieder Wind heftiger herstößt,
    Ein holder Schrei der Harfe
    Wiederholt mir zu süßem Erschrecken
    Meiner Seele plötzliche Regung,
    Und hier, die volle Rose streut geschüttelt
    All' ihre Blätter vor meine Füße!


    (Eduard Mörike)




    Liebe Grüße Peter

  • Elisabeth Grümmer: Berlin & Munich CD 1
    11 - Johannes Brahms: Von waldbekränzter Höhe op. 57,1


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    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Von waldbekränzter Höhe
    Werf' ich den heißen Blick
    Der liebefeuchten Sehe
    Zur Flur, die dich umgrünt, zurück.


    Ich senk' ihn auf die Quelle,
    Vermöcht' ich, ach, mit ihr
    Zu fließen eine Welle,
    Zurück, o Freund, zu dir, zu dir!


    Ich richt' ihn auf die Züge
    Der Wolken über mir,
    Ach, flög' ich ihre Flüge,
    Zurück, o Freund, zu dir, zu dir!


    Wie wollt' ich dich umstricken,
    Mein Heil und meine Pein,
    Mit Lippen und mit Blicken,
    Mit Busen, Herz und Seele dein!




    (Georg Friedrich Daumer)



    12 - Johannes Brahms: Geheimnis op. 71,3



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    O Frühlingsabenddämmerung!
    O laues, lindes Weh'n,
    Ihr Blütenbäume, sprech, was tut
    ihr so zusammensteh'n?
    Vertraut ihr das Geheimnis euch
    Von uns'rer Liebe süß?
    Was flüstert ihr ein ander zu
    Von uns'rer Liebe süß?


    (Carl August Candidus)



    13 - Johannes Brahms: Das Mädchen op. 95,1



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Stand das Mädchen, stand am Bergesabhang,
    Widerschien der Berg von ihrem Antlitz,
    Und das Mädchen sprach zu ihrem Antlitz:
    "Wahrlich, Antlitz, o du meine Sorge,
    Wenn ich wüßte, du mein weißes Antlitz,
    Daß dereinst ein Alter dich wird küssen,
    Ging hinaus ich zu den grünen Bergen,
    Pflückte allen Wermut in den Bergen,
    Preßte bitt'res Wasser aus dem Wermut,
    Wüsche dich, o Antlitz, mit dem Wasser,
    Daß du bitter, wenn dich küßt der Alte!
    Wüßt' ich aber, du mein weißes Antlitz,
    Daß dereinst ein Junger dich wird küssen,
    Ging hinaus ich in den grünen Garten,
    Pflückte alle Rosen in dem Garten,
    Preßte duftend Wasser aus den Rosen,
    Wüsche dich, o Antlitz, mit dem Wasser,
    Daß du duftest, wenn dich küßt der Junge!"


    (Siegfried Kapper)



    14 - Hugo Wolf: Sie blasen zum Abmarsch
    ( Spanisches Liederbuch, Weltliche Lieder Nr.28 )



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Sie blasen zum Abmarsch,
    Lieb Mütterlein.
    Mein Liebster muß scheiden
    Und läßt mich allein!


    Am Himmel die Sterne
    Sind kaum noch geflohn,
    Da feuert von ferne
    Das Fußvolk schon.
    Kaum hört er den Ton,
    Sein Ränzelein schnürt er,
    Von hinnen marschiert er,
    Mein Herz hinterdrein.
    Mein Liebster muß scheiden
    Und läßt mich allein!


    Mir ist wie dem Tag,
    Dem die Sonne geschwunden.
    Mein Trauern nicht mag
    So balde gesunden.
    Nach nichts ich frag,
    Keine Lust mehr heg ich,
    Nur Zwiesprach pfleg ich
    Mit meiner Pein--
    Mein Liebster muß scheiden
    Und läßt mich allein!



    (Paul Heyse)



    15 - Hugo Wolf: Liebe mir im Busen zündet
    ( Spanisches Liederbuch, Weltliche Lieder Nr. 17 )



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Liebe mir im Busen zündet einen Brand.
    Wasser, liebe Mutter, eh das Herz verbrannt!


    Nicht das blinde Kind straft für meine Fehle;
    hat zuerst die Seele mir gekühlt so lind.
    Dann entflammt's geschwind ach, mein Unverstand;
    Wasser, liebe Mutter, eh das Herz verbrannt!


    Ach! wo ist die Flut, die dem Feuer wehre?
    für so große Glut sind zu arm die Meere.
    Weil es wohl mir tut wein' ich unverwandt;
    Wasser, liebe Mutter, eh das Herz verbrannt!



    (Paul Heyse)




    16 - Hugo Wolf: Mögen alle bösen Zungen
    ( Spanisches Liederbuch, Weltliche Lieder Nr. 13 )



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Mögen alle bösen Zungen
    immer sprechen, was beliebt:
    wer mich liebt, den lieb' ich wieder,
    und ich lieb' und bin geliebt.


    Schlimme, schlimme Reden flüstern
    eure Zungen schonungslos,
    doch ich weiß es, sie sind lüstern
    nach unschuld'gem Blute bloß.


    Nimmer soll es mich bekümmern,
    schwatzt so viel es euch beliebt;
    wer mich liebt, den lieb' ich wieder,
    und ich lieb' und bin geliebt.


    Zur Verleumdung sich verstehet nur,
    wem Lieb' und Gunst gebrach,
    weil's ihm selber elend gehet
    und ihn niemand minnt und mag.


    Darum denk' ich, daß die Liebe,
    drum sie schmähn, mir Ehre giebt;
    wer mich liebt, den lieb' ich wieder,
    und ich lieb' und bin geliebt.


    Wenn ich wär' aus Stein und Eisen,
    möchtet ihr darauf bestehn,
    daß ich sollte von mir weisen
    Liebesgruß und Liebesflehn.


    Doch mein Herzlein ist nun leider weich,
    wie's Gott uns Mädchen giebt,
    wer mich liebt, den lieb' ich wieder,
    und ich lieb' und bin geliebt.



    (Emanuel Geibel)




    17 - Hugo Wolf: Bedeckt mich mit Blumen
    ( Spanisches Liederbuch, Weltliche Lieder Nr. 26 )



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Bedeckt mich mit Blumen, ich sterbe vor Liebe.
    Daß die Luft mit leisem Wehen
    nicht den süßen Duft mir entführe, bedeckt mich!
    Ist ja alles doch dasselbe,
    Liebesodem oder Düfte von Blumen.
    Von Jasmin und weißen Lilien
    sollt ihr hier mein Grab bereiten, ich sterbe.
    Und befragt ihr mich: Woran?
    sag' ich: Unter süßen Qualen vor Liebe.


    (Emanuel Geibel)



    18 - Hugo Wolf: In dem Schatten meiner Locken
    ( Spanisches Liederbuch, Weltliche Lieder Nr. 2 )



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    In dem Schatten meiner Locken
    Schlief mir mein Geliebter ein.
    Weck ich ihn nun auf? - Ach nein!


    Sorglich strählt ich meine krausen
    Locken täglich in der Frühe,
    Doch umsonst ist meine Mühe,
    weil die Winde sie zerzausen.
    Lockenschatten, Windessausen
    Schläferten den Liebsten ein.
    Weck ich ihn nun auf? - Ach nein!


    Hören muß ich, wie ihn gräme,
    Daß er schmachtet schon so lange,
    Daß ihm Leben geb' und nehme
    Diese meine braune Wange,
    Und er nennt mich eine Schlange,
    Und doch schlief er bei mir ein.
    Weck ich ihn nun auf? - Ach nein!


    (Emanuel Geibel)



    19 - Richard Strauss: Hymne an die Liebe op. 71,1



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Froh der süßen Augenweide
    Wallen wir auf grüner Flur,
    Unser Priestertum ist Freude,
    Unser Tempel die Natur;


    Heute soll kein Auge trübe,
    Sorge nicht hienieden sein!
    Jedes Wesen soll der Liebe
    Frei und froh wie wir sich freun.


    Höhnt im Stolze, Schwestern, Brüder!
    Höhnt der scheuen Knechte Tand.
    Jubelt kühn das Lied der Lieder
    Festgeschlungen Hand und Hand.


    Steigt hinauf zum Rebenhügel,
    Blickt hinab ins weite Tal.
    Überall der Liebe Flügel
    Hold und herrlich überall.


    Liebe bringt zu jungen Rosen
    Morgentau aus hoher Luft,
    Lehrt die warmen Lüfte kosen
    In der Maienblumen Duft.


    Um die Orione leitet
    Sie die treuen Erden her;
    Folgsam ihrem Winke gleitet
    Jeder Strom ins weite Meer.


    An die wilden Berge reihet
    Sie die sanften Täler an,
    Die entbrannte Sonn' erfreuet
    Sie im stillen Ozean.


    Siehe! mit der Erde gattet
    Sich des Himmels höchste Lust.
    Von den Wettern überschattet
    Bebt entzückt der Mutter Brust.


    Liebe wallt durch Ozeane,
    Höhnt der dürren Wüste Sand;
    Blutet an der Siegesfahne
    Jauchzend für das Vaterland.


    Liebe trümmert Felsen nieder,
    Zaubert Paradiese hin;
    Lächelnd kehrt die Unschuld wieder,
    Göttlichere Lenze blühn.


    Mächtig durch die Liebe winden
    Von der Fessel wir uns los
    Und die trunknen Geister schwinden
    Zu den Sternen frei und groß!


    Unter Schwur und Kuß vergessen
    Wir die träge Flut der Zeit,
    Und die Seele naht vermessen
    Deiner Lust Unendlichkeit!



    (Friedrich Hölderlin)



    20 - Richard Strauss: Rückkehr in die Heimat op. 71,2


    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    Ihr linden Lüfte, Boten Italiens
    Und du mit deinen Pappeln, geliebter Strom!
    Ihr wogenden Gebirge;
    O all ihr sonnigen Gipfel, so seid ihrs wieder?
    Du stiller Ort, in Träumen erscheinst du fern
    Nach Hoffnungslosen Tage dem Sehnenden.
    Und du mein Haus und ihr Gespielen,
    Bäume des Hügels, ihr wohlbekannten!
    Wie lange ists,o wie lange!
    Des Kindes Ruh ist hin
    Und hin ist Jugend und Glück und Lust.
    Doch du mein Vaterland du heilig duldendes siehe,
    Du bist geblieben.
    Und darum daß sie dulden mit dir,
    Mit dir sich freun, erziehst du teures die Deinen auch
    Und mahnst in Träumen,
    Wenn sie ferne schweifen und irren, die Ungetreuen.
    Und wenn im heißen Busen dem Jünglinge
    Die eigenmächtigen Wünsche besänftiget
    Und stille vor dem Schicksal sind,
    Dann gibt der Geläuterte dir sich selber!
    Lebt wohl denn, Jugendtage, du Rosenpfad der Lieb
    Und all ihr Pfade des Wanderers lebt wohl
    Und nimm und segne du mein Leben,
    O Himmel der Heimat wieder!


    (Friedrich Hölderlin)




    Liebe Grüße Peter

  • Elisabeth Grümmer: Berlin & Munich CD 2


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    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hertha Klust am Klavier.



    1 - Franz Schubert: Lachen und Weinen D777




    Lachen und Weinen zu jeglicher Stunde
    Ruht bei der Lieb auf so mancherlei Grunde.
    Morgens lacht ich vor Lust,
    Und warum ich nun weine
    Bei des Abends Scheine,
    Ist mir selb' nicht bewußt.


    Weinen und Lachen zu jeglicher Stunde
    Ruht bei der Lieb auf so mancherlei Grunde.
    Abends weint ich vor Schmerz;
    Und warum du erwachen
    Kannst am Morgen mit Lachen,
    Muß ich dich fragen, o Herz.



    (Friedrich Rückert)



    2 - Robert Schumann: Die Soldatenbraut op. 64,1



    Ach, wenn's nur der König auch wüßt',
    Wie wacker mein Schätzelein ist!
    Für den König, da ließ' er sein Blut,
    Für mich aber eben so gut.


    Mein Schatz hat kein Band und kein' Stern,
    Kein Kreuz wie die vornehmen Herrn,
    Mein Schatz wird auch kein General;
    Hätt' er nur seinen Abschied einmal!


    Es scheinen drei Sterne so hell
    Dort über Marien-Kapell;
    Da knüpft uns ein rosenrot' Band,
    Und ein Hauskreuz ist auch bei der Hand.




    (Eduard Mörike)



    3 - Robert Schumann: Der Page op. 30,2




    Da ich nun entsagen müssen
    Allen, was mein Herz erbeten,
    Laß mich diese Stelle küssen,
    Die dein schöner Fuß betreten.


    Darf ich auch als Ritter nimmer
    Dir beglückt zur Seite schreiten,
    Laß mich doch als Pagen immer
    In die Messe dich begleiten.


    Will ja treu sein und verschwiegen,
    Tags dem kleinsten Winke lauschen,
    Nachts auf deiner Schwelle liegen,
    Mag auch Sturm und Hagel rauschen.


    Will dir stets mit sitt'gem Grüßen
    Morgens frische Rosen bringen,
    Will des Abends, dir zu Füßen,
    Lieder zur Giarre singen.


    Will den weißen Renner zäumen,
    Wenn's dich lüstet, frisch zu jagen,
    Will dir in des Waldes Räumen
    Dienend Speer und Falken ragen;


    Will auf deinen Liebeswegen
    Selbst den Fackelträger machen,
    Und am Tor mit blankem Degen,
    Wenn du andre küsset, wachen.


    Und das alles ohne Klage,
    Ohne Flehn, nicht laut noch leise,
    Wenn mir nach vollbrachtem Tage
    Nur ein Lächeln wird zum Preise,


    Wenn gleich einem Segensterne,
    Der mein ganzes Wesen lenket,
    Nur dein Aug aus weiter Ferne
    Einen einz'gen Strahl mir schenket.


    (Emanuel Geibel)




    4 - Robert Schumann: Die Stille op. 39,4




    Es weiß und rät es doch keiner,
    Wie mir so wohl ist, so wohl!
    Ach, wüßt es nur einer, nur einer,
    Kein Mensch es sonst wissen sollt.


    So still ist's nicht draußen im Schnee,
    So stumm und verschwiegen sind
    Die Sterne nicht in der Höh,
    Als meine Gedanken sind.


    Ich wünscht', ich wäre ein Vöglein
    Und zöge über das Meer,
    Wohl über das Meer und weiter,
    Bis daß ich im Himmel wär!



    (Joseph von Eichendorff)



    5 - Robert Schumann: Frühlings Ankunft op. 79,19




    Nach diesen trüben Tagen,
    Wie ist so hell das Feld!
    Zerrißne Wolken tragen
    Die Trauer aus der Welt.


    Und Keim und Knospe mühet
    Sich an das Licht hervor,
    Und manche Blume blühet
    zum Himmel still empor.


    Ja, auch so gar die Eichen
    Und Reben werden grün!
    O Herz, das sei dein Zeichen,
    werde froh und kühn!



    (Hoffmann von Fallersleben)



    6 - Robert Schumann: Widmung op. 25,1




    Du meine Seele, du mein Herz,
    Du meine Wonn', o du mein Schmerz,
    Du meine Welt, in der ich lebe,
    Mein Himmel du, darein ich schwebe,
    O du mein Grab, in das hinab
    Ich ewig meinen Kummer gab.


    Du bist die Ruh, du bist der Frieden,
    Du bist vom Himmel mir beschieden.
    Daß du mich liebst, macht mich mir wert,
    Dein Blick hat mich vor mir verklärt,
    Du hebst mich liebend über mich,
    Mein guter Geist, mein beßres Ich!



    (Friedrich Rückert)




    7 - Robert Schumann: Der Nussbaum op. 25,3




    Es grünet ein Nußbaum vor dem Haus,
    Duftig,
    Luftig
    Breitet er blättrig die Äste aus.


    Viel liebliche Blüten stehen dran;
    Linde
    Winde
    Kommen, sie herzlich zu umfahn.


    Es flüstern je zwei zu zwei gepaart,
    Neigend,
    Beugend
    Zierlich zum Kusse die Häuptchen zart.


    Sie flüstern von einem Mägdlein,
    Das dächte
    die Nächte
    und Tagelang, wüsste, ach! selber nicht was.


    Sie flüstern - wer mag verstehn so gar
    Leise
    Weise? -
    Flüstern von Bräut'gam und nächstem Jahr.


    Das Mägdlein horchet, es rauscht im Baum;
    Sehnend,
    Wähnend
    Sinkt es lächelnd in Schlaf und Traum.



    (Julius Mosen)



    8 - Franz Schubert: An eine Quelle D530




    Du kleine grünumwachsne Quelle,
    An der ich Daphne jüngst gesehn!
    Dein Wasser war so still! und helle!
    Und Daphnes Bild darin so schön!
    O wenn sie nicht noch mal am Ufer sehen läßt,
    So halte du ihr schönes Bild doch fest;
    Ich schleiche heimlich dann mit nassen Augen hin,
    Dem Bild meine Not zu klagen;
    Denn, wenn ich bei ihr selber bin,
    Dann, ach dann kann ich ihr nichts sagen.



    (Matthias Claudius)




    9 - Franz Schubert: An die Nachtigall




    Er liegt und schläft an meinem Herzen,
    Mein guter Schutzgeist sang ihn ein;
    Und ich kann fröhlich sein und scherzen,
    Kann jeder Blum' und jedes Blatts mich freun.
    Nachtigall, ach! Nachtigall, ach!
    Sing mir den Amor nicht wach!




    (Matthias Claudius)




    10 - Franz Schubert: Wie anders, Gretchen D126



    Elisabeth Grümmer wird hier begleitet von Hertha Klust am Klavier. Der "Böse Geist" wird von Dietrich Friedrich-Dieskau gesungen, dazu kommt der RIAS Kammerchor.



    Böser Geist:
    Wie anders, Gretchen, was dir's,
    Als du noch voll Unschuld
    Hier zum Altar trat'st,
    Aus dem vergriff'nen Büchelchen
    Gebete lalltest,
    Halb Kinderspiele,
    Halb Gott im Herzen!
    Gretchen! Wo steht dein Kopf?
    In deinem Herzen, welche Missethat?
    Bet'st du für deiner Mutter Seele,
    die durch dich zur langen,
    langen Pein hinüberschlief?
    Auf deiner Schwelle wessen Blut?
    Und unter deinem Herzen
    Regt sich's nicht quillend schon,
    Und ängstigt dich und sich
    Mit ahnungsvoller Gegenwart?


    Gretchen:
    Weh! Weh!
    Wär' ich der Gedanken los,
    Die mir herüber und hinüber gehen
    Wider mich!


    Chor:
    Dies irae, dies illa,
    Solvet saeclum in favilla,


    Böser Geist:
    Grimm faßt dich!
    Die Posaune tönt!
    Die Gräber beben!
    Und dein Herz, aus Aschenruh
    Zu Flammenqualen wieder aufgeschaffen,
    Bebt auf!


    Gretchen:
    Wär' ich hier weg!
    Mir ist als ob die Orgel mir
    Den Athem versetzte,
    Gesang mein Herz
    Im Tiefsten lös'te.


    Chor:
    Judex ergo cum sedebit,
    Quidquid latet adparebit,
    Nilinultum remanebit.


    Gretchen:
    Mir wird so eng!
    Die Mauernpfeiler befangen mich!
    Das Gewölbe drängt mich! - Luft!


    Böser Geist:
    Verbirg dich! Sünd' und Schande
    Bleibt nicht verborgen,
    Luft? Licht? Wehe dir!


    Chor:
    Quid sum miser tunc dicturus?
    Quem patronum rogaturus?
    Cum vix justus sit securus.


    Böser Geist:
    Ihr Antlitz wenden
    Verklärte von dir ab.
    Die Hände dir zu reichen,
    Schauert's den Reinen.
    Weh!


    Chor:
    Quid sum miser tunc dicturus?
    Quem patronum rogaturus?


    (Johann Wolfgang von Goethe)




    Liebe Grüße Peter

  • Elisabeth Grümmer: Berlin & Munich CD 2
    11 - Wolfgang Amadeus Mozart: Das Veilchen KV 476


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    Elisabeth Grümmer wird begleitet von Hans Altmann am Klavier. Es handelt sich um eine Aufnahme des Bayerischen Rundfunks von 1956



    Ein Veilchen auf der Wiese stand,
    Gebückt in sich und unbekannt;
    Es war ein herzigs Veilchen.
    Da kam ein' junge Schäferin
    Mit leichtem Schritt und muntrem Sinn
    Daher, daher,
    Die Wiese her, und sang.


    Ach! denkt das Veilchen, wär ich nur
    Die schönste Blume der Natur,
    Ach, nur ein kleines Weilchen,
    Bis mich das Liebchen abgepflückt
    Und an dem Busen matt gedrückt!
    Ach nur, ach nur
    Ein Viertelstündchen lang!


    Ach! aber ach! das Mädchen kam
    Und nicht in Acht das Veilchen nahm,
    Ertrat das arme Veilchen.
    Es sank und starb und freut' sich noch:
    Und sterb ich denn, so sterb' ich doch
    Durch sie, durch sie,
    Zu ihren Füßen doch.


    Das arme Veilchen!
    Es war ein herzigs Veilchen.


    (Johann Wolfgang Goethe)



    12 - Ludwig van Beethoven: Ich liebe dich. WoO 123





    Ich liebe dich, so wie du mich,
    Am Abend und am Morgen,
    Noch war kein Tag, wo du und ich
    Nicht teilten unsre Sorgen.


    Auch waren sie für dich und mich
    Geteilt leicht zu ertragen;
    Du tröstetest im Kummer mich,
    Ich weint in deine Klagen.


    Drum Gottes Segen über dir,
    Du, meines Lebens Freude.
    Gott schütze dich, erhalt dich mir,
    Schütz und erhalt uns beide.




    (Karl Friedrich Herrosee)



    13 - Wolfgang Amadeus Mozart: Der Sylphe des Friedens (Ridente la calma) KV 152



    Elisabeth Grümmer singt die deutsche Übersetzung (Daniel Jäger, 1799) der Kanzonette.


    Ridente la calma nell'alma si desti;
    Né resti più segno di sdegno e timor.


    Tu vieni, frattanto, a stringer mio bene,
    Le dolce catene sí grate al mio cor.


    Ridente la calma nell'alma si desti;
    Né resti un segno di sdegno e timor



    (Textdichter unbekannt)



    Der Sylphe des Friedens begleitet mein Leben,
    Kein Wölkchen des Kummers trübt meinen hellen Blick.
    Und diesen Begleiter hast du mir gegeben,
    Du zärtliche Freundin, dir danke ich mein Glück.
    Der Sylphe des Friedens begleitet mein Leben,
    Kein Wölkchen des Kummers trübt meinen hellen Blick.


    (übertragen von Daniel Jäger, 1799)




    14 - Wolfgang Amadeus Mozart: Der Zauberer KV 472





    Ihr Mädchen, flieht Damöten ja!
    Als ich zum erstenmal ihn sah,
    Da fühlt' ich, so was fühlt' ich nie,
    Mir ward, mir ward, ich weiß nicht wie,
    Ich seufze, zitterte, und schien mich doch zu freu'n;
    Glaubt mir, er muß ein Zaub'rer sein.


    Sah ich ihn an, so ward mir heiß,
    Bald ward ich rot, bald ward ich weiß,
    Zuletzt nahm er mich bei der Hand;
    Wer sagt mir, was ich da empfand?
    Ich sah, ich hörte nichts,
    Sprach nichts als ja und nein;
    Glaubt mir, er muß ein Zaub'rer sein.


    Er führte mich in dies Gesträuch,
    Ich wollt' ihm flieh'n und folgt' ihm gleich;
    Er setzte sich, ich setzte mich;
    Er sprach, nur Sylben stammelt' ich;
    Die Augen starrten ihm, die meinen wurden klein;
    Glaubt mir, er muß ein Zaub'rer sein.


    Entbrannt drückt' er mich an sein Herz,
    Was fühlt' ich Welch ein süßer Schmerz!
    Ich schluchzt', ich atmete sehr schwer,
    Da kam zum Glück die Mutter her;
    Was würd', o Götter, sonst nach so viel Zauberei'n,
    Aus mir zuletzt geworden sein!


    (Christian Felix Weisse)



    15 - Wolfgang Amadeus Mozart: Warnung KV 433




    Männer suchen stets zu naschen,
    Läßt man sie allein,
    Leicht sind Mädchen zu erhaschen,
    Weiß man sie zu überraschen;
    Soll das zu verwundern sein?
    Mädchen haben frisches Blut,
    Und das Naschen schmeckt so gut.


    Doch das Naschen vor dem Essen
    Nimmt den Appetit.
    Manche kam, die das vergessen,
    Um den Schatz, den sie besessen,
    Und um ihren Liebsten mit.
    Väter, läßt's euch Warnung sein:
    Sperrt die Zuckerplätzchen ein!
    Sperrt die jungen Mädchen ein!



    (anonym)




    16 - Max Reger: Waldeinsamkeit





    Gestern abend in der stillen Ruh',
    Sah ich im Wald einer Amsel zu;
    Als ich da so saß,
    Meiner ganz vergaß:
    Kommt mein Schatz und schleichet sich um mich
    Und küsset mich.


    So viel Laub als an der Linden ist
    Und so viel tausendmal hat mich mein Schatz geküßt;
    Denn ich muß gesteh'n,
    Es hat's niemand geseh'n,
    Und die Amsel soll mein Zeuge sein:
    Wir war'n allein.


    (anonym)




    17 - Max Reger: Zum Schlafen op. 76 Nr. 59



    Oben in dem Birnenbaum
    sitzt ein Vöglein, ganz aus Gold;
    singt so leis, man hört es kaum,
    singt so fein und singt so hold.


    Will die Grete artig sein,
    hört sie's auch im Birnenbaum,
    will die Grete artig sein,
    hat mein liebes Töchterlein
    einen goldnen Traum.


    (Ernst Ludwig Schellenberg)




    18 - Max Reger: Mariawiegenlied op. 76 Nr. 52




    Maria sitzt im Rosenhag
    Und wiegt ihr Jesuskind,
    Durch die Blätter leise
    Weht der warme Sommerwind.


    Zu ihren Füßen singt
    Ein buntes Vögelein:
    Schlaf, Kindlein, süße,
    Schlaf nun ein!


    Hold ist dein Lächeln,
    Holder deines Schlummers Lust,
    Leg dein müdes Köpfchen
    Fest an deiner Mutter Brust!
    Schlaf, Kindlein, süße,
    Schlaf nun ein!



    (Martin Boelitz)





    19 - Richard Strauss: Vier letzte Lieder: Frühling



    Elisabeth Grümmer wird begleitet von dem Berliner Sinfonie Orchester unter Richard Kraus. Die Aufnahme entstand 1970




    In dämmrigen Grüften
    träumte ich lang
    von deinen Bäumen und blauen Lüften,
    von deinem Duft und Vogelsang.


    Nun liegst du erschlossen
    in Gleiß und Zier,
    von Licht übergossen
    wie ein Wunder vor mir.


    Du kennest mich wieder,
    du lockest mich zart,
    es zittert durch all meine Glieder
    deine selige Gegenwart!



    (Hermann Hesse)



    20 - Richard Strauss: Vier letzte Lieder: September




    Der Garten trauert,
    kühl sinkt in die Blumen der Regen.
    Der Sommer schauert
    still seinem Ende entgegen.


    Golden tropft Blatt um Blatt
    nieder vom hohen Akazienbaum.
    Sommer lächelt erstaunt und matt
    in den sterbenden Gartentraum.


    Lange noch bei den Rosen
    bleibt er stehen, sehnt sich nach Ruh.
    Langsam tut er die großen
    müdgewordnen Augen zu.




    (Hermann Hesse)




    21 - Richard Strauss: Vier letzte Lieder: Beim Schlafengehen




    Nun der Tag mich müd gemacht,
    soll mein sehnliches Verlangen
    freundlich die gestirnte Nacht
    wie ein müdes Kind empfangen.


    Hände, laßt von allem Tun,
    Stirn, vergiß du alles Denken,
    alle meine Sinne nun
    wollen sich in Schlummer senken.


    Und die Seele unbewacht
    will in freien Flügen schweben,
    um im Zauberkreis der Nacht
    tief und tausendfach zu leben.




    (Hermann Hesse)



    22 - Richard Strauss: Vier letzte Lieder: Im Abendrot




    Wir sind durch Not und Freude
    Gegangen Hand in Hand:
    Vom Wandern ruhen wir beide
    Nun überm stillen Land.


    Rings sich die Täler neigen,
    Es dunkelt schon die Luft,
    Zwei Lerchen nur noch steigen
    Nachträumend in den Duft.


    Tritt her und laß sie schwirren,
    Bald ist es Schlafenszeit,
    Daß wir uns nicht verirren
    In dieser Einsamkeit.


    O weiter, stiller Friede!
    So tief im Abendrot,
    Wie sind wir wandermüde -
    Ist dies etwa der Tod?



    (Joseph von Eichendorff)



    Liebe Grüße Peter