Ich möchte diesen Thread schlicht und einfach jenen Inszenierungen widmen, die zugänglich sind entweder dadurch, daß sie noch im Repertoire stehen oder dadurch, daß es eine Aufzeichnung gibt. Wenn es nach mir geht, sind Diskussionen über diese Inszenierungen durchaus erwünscht.
Für mich der Höhepunkt einer werkkonformen Regie war die Arbeit von Walter Felsenstein: Jede Figur, auch die kleinste Nebenfigur, wurde detailliert ausgeformt, für die Einstudierung mitunter sogar mit einer Biografie versehen, damit der Sänger die Möglichkeit hatte, sich in die Gestalt hineinzudenken. Felsenstein setzte nicht auf Gags, sondern auf feinste Menschenbeobachtung, sein Musiktheater war realistisch und poetisch zugleich. Felsenstein strebte Klarheit und Verständlichkeit an, weshalb er alle Opern in deutscher Sprache singen ließ - und mit den Sängern eine Wortdeutlichkeit und Artikulation trainierte, die selbst von Schauspielern keineswegs immer erreicht wird.
Bei Arthaus erschien eine extrem interessante DVD-Box - allerdings zum happigen Preis von 300 Euro:
Wem das begreiflicherweise zu kostspielig ist, der sollte nach Felsensteins Inszenierung von Leos Janaceks "Schlauem Füchslein" Ausschau halten, die auf dem Label Immortal unter der Nummer 960001 erschienen ist. Leider etwas dürftig in der Aufmachung: Keine Untertitel, kein zusätzliches Material. Das s/w-Bild ist gut und plastisch, der Mono-Ton akzeptabel und durchhörbar mit etwas Rauschen, aber kaum Verzerrungen. Der Preis liegt bei Da Caruso in Wien bei knapp 20 Euro.
Diese Inszenierung Felsensteins gilt als legendär, sie hat die Janacek-Renaissance im deutschsprachigen Raum in Gang gesetzt. Unfaßbar, wie Felsenstein die Poesie eines atmenden Waldes beschwört, in dem überall Leben ist. Herrlich, wie er die Menschenwelt entgegensetzt - oder vielmehr die Verbindungslinien aufzeigt. Janaceks Naturphilosophie wird zu dichten lebendigen Bildern von außerordentlicher Schönheit - aber es ist eine Schönheit ohne Selbstzweck. Vielmehr unterstreicht sie die Wahrhaftigkeit der Aussage durch die Mittel der Poesie. Ein Inszenierungswunder!