LANGGAARD Rued - Die Symphonien

  • Rued Langgaard (1893 - 1952)


    Der konservative Avantgardist


    Seit kurzer Zeit beschäftige ich mich intensiv mit der Musik (vor allem den 16 Symphonien) des dänischen Komponisten Rued Langgaard. Hierzulande werden seine Werke selten oder gar nicht in Konzerten gespielt. Nur auf Tonträgern hat man die Möglichkeit eine Auswahl seiner über 400 Kompositionen kennen zulernen.


    In der dänischen Musikgeschichte bildet der Einzelgänger und Visionär Rued Langgaard ein Kapitel für sich. Als kompromissloser Idealist geriet er ins Spannungsfeld zwischen Romantik und Modernismus. So schuf er als junger Musiker Werke, die ihrer Zeit fünfzig Jahre voraus waren, in reifen Alter dagegen Musik, die fünfzig Jahre zu spät zu kommen schien. Langgaards Frühwerke waren im spätromanischen Geist komponiert worden und verrieten den Einfluss von Schumann, Wagner und Richard Strauss. Ab 1925 änderte sich Langgaards Musik radikal. Man findet bei anderen Komponisten wohl kaum einen vergleichbar deutlichen Stilwechsel. Sein Ideal war jetzt klassische Reinheit, eine einfache Musik, die wie eine griechische Marmorstatue über das private Ausdrucksbedürfnis und die Lebensanschauung des Künstlers erhaben war. Mitte der 40er Jahre zeigte die Außenseiterposition, in der Langgaard als Komponist gelandet war, unerwartete künstlerische Folgen. Bizarre, absurde und widersprüchliche Züge verleihen seiner Musik neue Dimensionen, Improvisation und Exzentrizität verstärken sich. Dieser Stil nimmt die Avantgarde der 70er Jahre vorweg und birgt im Übrigen ein Element von absurdem Musiktheater. Man hört hier den Überlebenskampf der romantischen Schönheit in der sinnlosen, zerrissenen Wirklichkeit des 20. Jahrhunderts.


    Nach Langgaards Tod geriet seine Musik in Vergessenheit. 1968 gab der Musikwissenschaftler Bo Wallner eine nordische Musikgeschichte heraus in der er den Komponisten als „ekstatischen Aussenseiter“ charakterisierte. Die im selben Jahr uraufgeführte Sphärenmusik veranlasste György Ligeti sich als „Langgaard-Epigonen“ zu bezeichnen; greift Langgaard in seinem Werk doch die revolutionäre Musik Ligetis aus der Zeit um 1960 voraus.



    Die Symphonien 1 - 16



    Symphonie Nr. 1 für Orchester „Klippepastoraler““
    Entstehung: 1908 - 1911
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 60 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    8 Hörner, 3 Trompeten, 4 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    2 Harfen
    Streicher
    Fernorchester: 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba




    Symphonie Nr. 2 für Sopran und Orchester „Vaarbrud“
    Entstehung: 1912 - 1914, rev. 1926 - 1933
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 28 Minuten


    2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 2 Posaunen
    Pauken, Schlagzeug
    Streicher




    Symphonie Nr. 3 für Klavier, Chor und Orchester „Ungdomsbrus“
    Entstehung: 1915 - 1916 / 1925 - 1933
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 27 Minuten


    2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte
    4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Streicher




    Symphonie Nr. 4 für Orchester „Løvfald“
    Entstehung: 1916 - 1920
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 24 Minuten


    2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten
    Pauken
    Klavier, Harfe
    Streicher




    Symphonie Nr. 5 für Orchester (Version I)
    Entstehung: 1917 - 1918 / 1926
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 25 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Harfe
    Streicher




    Symphonie Nr. 5 für Orchester „Steppenatur“ („Sommersagnsdrama“) (Version II)
    Entstehung: 1917 - 1918 / 1931
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 28 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Klavier, Celesta
    Streicher




    Symphonie Nr. 6 für Orchester „Det Himmelrivende“
    Entstehung: 1910 - 1920 / 1928 - 1930
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 23 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 8 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug (Glocken)
    2 Harfen, Celesta, Orgel ad lib.
    Streicher




    Symphonie Nr. 7 für Orchester (Version I)
    Entstehung: 1925 - 1926
    Edition: Wilhelm Hansen, Kopenhagen
    Dauer: ca. 15 Minuten


    Piccoloflöte, 2 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Harfe
    Streicher




    Symphonie Nr. 7 für Orchester „Ved Tordenskjold i Holmens Kirke“ (Version II)
    Entstehung: 1925 - 1926 / 1930 - 1932
    Edition: Wilhelm Hansen, Kopenhagen
    Dauer: ca. 15 Minuten


    Piccoloflöte, 2 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Harfe
    Streicher




    Symphonie Nr. 8 für Tenor, Chor und Orchester „Minder ved Amalienborg“
    Entstehung: 1926 - 1934
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 19 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    6 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, 2 Tuben
    Pauken, Schlagzeug
    Klavier
    Streicher




    Symphonie Nr. 9 für Orchester „Frau Dronning Dagmars By“
    Entstehung: 1942
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 23 Minuten


    3 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte
    2 Hörner, 2 Trompeten, 2 Posaunen, 2 Tuben
    Pauken, Schlagzeug
    Orgel ad lib.
    Streicher




    Symphonie Nr. 10 für Orchester „Hin Torden-Bolig“
    Entstehung: 1944 - 1945
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 30 Minuten


    5 Flöten, 2 Oboen, 5 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Klavier
    Streicher




    Symphonie Nr. 11 für Orchester „Ixion“
    Entstehung: 1944 - 1945
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 6 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, 5 Tuben
    Pauken, Schlagzeug
    Klavier
    Streicher




    Symphonie Nr. 12 für Orchester „Hélsingeborg“
    Entstehung: 1946
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 7 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Streicher




    Symphonie Nr. 13 für Orchester „Undertro“
    Entstehung: 1946 - 1947
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 25 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, 1 Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Klavier, Celesta, Orgel ad lib.
    Streicher




    Suite (Symphonie Nr. 14) für Chor und Orchester „Morgenen“
    Entstehung: 1947 - 1948, 1951
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 29 Minuten


    3 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Orgel
    Streicher




    Symphonie Nr. 15 für Bass, Männerchor und Orchester „Søstormen“
    Entstehung: 1949 (1938 )
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 16 Minuten


    3 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte
    2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Streicher




    Symphonie Nr. 16 für Orchester „Syndflod af Sol“
    Entstehung: 1950 - 1951
    Edition: Samfundet, Kopenhagen
    Dauer: ca. 20 Minuten


    3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 2 Fagotte
    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba
    Pauken, Schlagzeug
    Orgel
    Streicher




    Welche Erfahrungen habt Ihr mit diesen Werken gemacht und welche Symphonie gefällt Euch am besten?


    Gibt es eine Enspielung, die Ihr empfehlen würdet?



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Hallo Davidoff,


    Danke für den Thread! Ich besitze alle Symphonien bis auf die 11. auf CD.
    Es fing an mit der 1., welche ich bis heute auch am meisten schätze -was für ein genialer Brocken!
    Die anderen Symphonien überraschen (wie bei Langgaard so oft) durch allerlei Kuriositäten und Unerwartetes. Sehr lieb gewonnen habe ich auch die witzigen symphonischen Miniaturen (z.B. die 12.Symphonie ~ 7min.).


    Langgaard ist auf jeden Fall einer des interessantesten, originellsten und viellecht auch verrücktesten Komponisten des vergangenen Jahrhunderts und man darf gespannt sien, welche Entdeckung sich noch in dem großen Oevre machen lässt!


    LG
    Raphael


    PS: Ich vernahm, du hast heute Geburtstag?! Wenn ja: "Herzlichen Glückwunsch!" :D

  • Lieber Davidoff,


    ganz herzlichen Dank für die überfällige Eröffnung dieses Threads. :]


    Das so überaus Bemerkenswerte an dem dänischen Eigenbrödler Langgaard scheint mir in der starken stilistischen Wandlungsfähigkeit innerhalb seines umfangreichen Oeuvres, (welches mehr als 400 Werke umfaßt), zu liegen.


    Die die enorme stilistische Spannweite von Langgaards Schaffen absteckenden Eckpunkte scheinen mir zwischen der von Raphael bereits erwähnten Symphonie Nr. 1 "Klippenpastorale" (1908/09) - dem spätromantischen Monumentalwerk des damals 15jährigen (!!!) Komponisten - und der weit in die Moderne des 20. Jahrhunderts vorausweisenden 'Sphärenmusik' ( 1916-18 ) zu liegen.
    Bezüglich der so überaus ausdrucksstarken I. Symphonie (meinem persönlichen Favoriten :D) möchte ich für die inzwischen neu hinzugekommenen Taminos zunächst auf meinen Langgaard-Beitrag in dem Thread über nordische Komponisten verweisen:


    mehr als kälte, eis und schnee ... die musik des nordens


    und außerdem noch ergänzen:


    Rued Langgaard (1893-1952):
    Symphonie Nr. 1 h-moll "Klippenpastorale", BVN 32 1908-09 (rev. 1909-11) - 1:07:00

    1. Brandung und Sonnenschimmer. Maestoso 23:00
    2. Gebirgsblumen. Lento 12:00
    3. Legende. Lento misterioso 6:00
    4. Bergbesteigung. Marcato - Andante e con espressione - Tempo I - 6:00
    5. Lebensmut. Maestoso allargando 20:00


    Die Symphonie steht in der romantischen Tradition der Programmmusik aus fünf Sätzen, die in der 'Pastoralen Symphonie' von Beethoven und in der 'Symphonie Fantastique' von Berlioz begründet liegt. Das Programm beschreibt die spirituelle Reise der menschlichen Seele, die durch den Aufstieg von der Meeresbrandung am Fuße des Kliffs bis zum Gipfel der Berge symbolenhaft angedeutet wird, wo die frische Luft und der weitreichende Blick das Herz mit neuem Lebensmut erfüllt. (Bendt Viinholt Nielsen)


    Bezüglich der von mir nachdrücklich empfohlenen, grandiosen Einspielung unter Leitung von Leif Segerstam (bei Chandos) möchte ich kurz aus der Kritik von FonoForum zitieren, die der Aufnahme im August 1994 den 'Stern des Monats' verlieh:


    Fast 70 Minuten dauert dieser fünfsätzige Koloß, bei dem von jugendlicher Stilunsicherheit absolut nichts zu merken ist. Diese Sinfonie erscheint als die Großankündigung eines Originalgenies. Als solche begreift es auch Leif Segerstam am Pult des Dänischen Rundfunksinfonieorchesters ... (A. K. W. Meyer in FonoForum 08/1994)


    Danish National Radio Symphony Orchestra, Leif Segerstam
    Chandos, 1993, 1 CD


    :jubel::jubel:



    Ein eindrucksvolles Beispiel, wie wandlungsfähig sein Stil war, zeigt allein ein Vergleich der oben erwähnten und zeitlich nicht weit auseinanderliegenden Werke, der 'Symphonie Nr. 1' [1908/09] (die noch ganz in spätromantischen Klängen schwelgt) und der 'Sphärenmusik' [1916-18] (die man aufgrund ihrer modernen Kompositionsverfahren ca. fünfzig Jahre später einordnen würde).


    Daß man den Komponisten keinesfalls als zweitklassigen Spätromantiker abtun kann, sondern daß er durchaus imstande war, visionäre Werke zu schaffen, die weit in die Zukunft vorauswiesen, zeigt eine Begebenheit aus den 60-er Jahren, die ich ebenfalls gerne zitieren möchte:


    'Sphärenmusik' ist eine der originellsten dänischen Kompositionen aus der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Es sollten jedoch fünfzig Jahre vergehen, ehe dieser Umstand erkannt wurde. Das Stück wurde zwischen 1916 und 1918 komponiert und ein Jahr später veröffentlicht ... 1921 und 1922 wurde es in Deutschland aufgeführt, doch dann fiel es der Vergessenheit beziehungsweise Mißachtung heim.
    1968 gehörten der ungarische Komponist György Ligeti und der dänische Komponist Per Nørgård einer Jury an, deren Aufgabe die Beurteilung neuer Musikstücke war. In die Auswahl hatte Nørgård heimlich 'Sphärenmusik' eingeschmuggelt. Nachdem er Langgaards Partitur einige Minuten lang studiert hatte, verkündete Ligeti (mit einem humorvollen Augenzwinkern): "Soeben ist mir klar geworden, daß ich Langgaard-Epigone bin!"
    Ligeti hatte gleich erkannt, daß die Kompositionsverfahren von 'Sphärenmusik' in seinen eigenen Werken der sechziger Jahre anklingen, und zwar insbesondere in 'Atmosphères' (1961).
    Im selben Jahr wurde 'Sphärenmusik' in Stockholm aufgeführt, ein Ereignis, das Ausgangspunkt einer so nachhaltigen Langgaard-Renaissance war, daß zu seinem hundertsten Geburtstag 1993 ein vollständiger Werkskatalog, eine Biographie und Aufnahmen der bedeutendsten Werke Langgaards vorlagen ...
    (Bendt Viinholt Nielsen)


    Bezüglich dieses 'Langgaards für Fortgeschrittene' sei die hervorragende Chandos-Aufnahme unter Leitung von Gennady Rozhdestvensky empfohlen:


    Rued Langgaard (1893-1952):
    Sfaerernes Musik (Sphärenmusik)
    für Sopran, gemischten Chor, Orgel, Fernorchester und Orchester, BVN 128 1916-18
    Gitta-Maia Sjöberg, Sopran; Danish National Radio Choir,
    Dansih National Radio Symphony Orchestra, Gennady Rozhdestvensky
    Chandos, 1996, 1 CD



    :hello:
    Johannes

  • Zitat

    Original von raphaell


    PS: Ich vernahm, du hast heute Geburtstag?! Wenn ja: "Herzlichen Glückwunsch!" :D


    Sehr richitg! Ich habe am gleichen Tag Geburtstag wie Herbert von Karajan :yes::D :pfeif:


    Vielen Dank für die liebe Gratulation.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Hallo Davidoff und Johannes,


    der Komponist Rued Langgaard beschäftigt mich schon seit Jahren.


    Durch eine Empfehlung eines Kollegen bin ich zu den CD´s der Sinfonien Nr.1, 4-6 gekommen, die mich sehr fastzinierten.
    Auch durch Johannes nachdrückliche Empfehlung der Klippenpastorale=Sinf.Nr.1 machten mir auch dieses Werk schmackhafter als bei meinem Ersthören in den 90er-Jahren.


    Selber einen Thread mit diesem Kenntnisstand zu eröffnen war mir immer zu wenig und daher habe ich Langgard auch nur im gleichen Thread "Nordische Komponisten" wie Johannes erwähnt.


    :yes: Besonders die wesentlich knappere Form bei den Sinfonien nr. 4-6 und die dort nicht gerade sparsame Verwendung von Schlaginstrumenten ist ganz meine Klangwelt:

    Chandos, DDD


    So wollte ich mir immer schon alle restlichen Sinfonien und weitere Werke zulegen, was bisher am hohen Anschaffungspreis scheiterte.
    :pfeif: Wer kauft schon gerne "ins Blaue" und berappt dafür pro CD <18,-Euro ?


    :hello: Ein Blick in die Internet-CD-Welt zeigt mir das ich jetzt doch mal käuflich tätig werden sollte und weitere Langgaard-CD´s zum Kauf anstehen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von raphaell


    Langgaard ist auf jeden Fall einer des interessantesten, originellsten und viellecht auch verrücktesten Komponisten des vergangenen Jahrhunderts und man darf gespannt sien, welche Entdeckung sich noch in dem großen Oevre machen lässt!


    Lieber Raphael,


    da muss ich Dir recht geben. Auch wenn seine Musik nichts umstürzlerisches Beinhaltet ist sie doch äußerst originell und sehr unterhaltend. Und wenn ich mir das Werkverzeichnis ansehe, werden wir noch (sofern die Musikindustrie sich gnädig zeigt) einiges zu entdecken haben. :yes:



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Liebe Langgaard-Kenner,


    ich habe die Sinfonien Nr.1 (mit Segerstam) und 4-6 (mit Järvi).
    Eine GA gibt es ja bekanntlich nicht.


    Wenn man die Bestellung geschickt durchführt (bei amazon und marketplace), kann man die Sinfonien Nr. 2-14 recht preiswert und zum Teil ohne Porto (über amazon) mit Thomas Dausgaard / Dänisches RSO (DaCapo)bekommen. Einige Einzel-CD´s (Nr.2+3, 12-14) dabei sind sogar als SACD (für >7,-Euro/Stk.) ausgeführt.


    Laut Beschreibungen sollen die Dausgaard-Aufnahmen noch radikaler sein, als die vorhandenen Järvi-Aufnahmen; sowie klangteschnisch auf höchstem Niveau.
    :D Obwohl iich meine Bestellung schon raußgesendet habe :jubel: meine Frage:
    :hello: Wie seht ihr den Dirigenten Dausgaard für Langgaard ???

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton


    Eine GA gibt es ja bekanntlich nicht.


    Es gibt eine GA mit Ilja Stupel und dem Arthur Rubinstein Philharmonic Orchestra Lodz (Danacord).



    Zitat

    Original von teleton


    Wie seht ihr den Dirigenten Dausgaard für Langgaard ???


    Dank Napster habe ich die Möglichkeit die unterschiedlichen Einspielungen der Langgaard-Symphonien zu vergleichen. Eine hessische Fee hat mir außerdem die Einspielung der ersten Symphonie unter Järvi (Chandos) zu Verfügung gestellt. Dausgaard ist ein excellenter Dirigent und das nicht nur für die Werke Langgaards. Ich bin mit seiner Interpretation sehr zufrieden. Vor allem der wunderbare Klang des Dacapo-Labels überzeugt hier.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Zitat

    Original von Davidoff
    Dausgaard ist ein exzellenter Dirigent und das nicht nur für die Werke Langgaards. Ich bin mit seiner Interpretation sehr zufrieden. Vor allem der wunderbare Klang des Dacapo-Labels überzeugt hier.


    Dem möchte ich mich vorbehaltlos anschließen.


    Zitat

    Original von Davidoff
    Es gibt eine GA mit Ilja Stupel und dem Arthur Rubinstein Philharmonic Orchestra Lodz (Danacord).


    Vor der genannten Gesamtaufnahme unter Ilja Stupels Leitung beim Label Danacord möchte ich jedoch aufgrund negativer Hörerfahrungen dringend warnen, da die Interpretationen nicht sonderlich inspiriert wirken und die Aufnahmequalität zum Teil grauenhaft schlecht ist.


    Dausgaard (DaCapo) und Segerstam / Järvi / Rozhdestvensky (Chandos) sind also auf jeden Fall vorzuziehen.


    :hello:
    Johannes

  • Hallo Wolfgang,



    hier meine Antwort zu Deiner Frage aus der Rubrik 'Wer kennt diese Aufnahme? - Beratungshilfe bei Neuanschaffungen':


    Zitat

    Original von teleton
    Ist die Sopranistin nur in einigen Sätzen mal vereinzelt zu hören,
    :D oder "nervt" sie ständig?
    Sind die vier Tondichtungen auf der CD auch lohnend und wieviel Zeit nehmen sie auf der CD ein?


    Wieder mal eine typische teletonsche Anfrage, ?( :rolleyes:
    bei welcher man sich fragt: Worum geht es hier eigentlich? Geht es darum, einen Komponisten und sein außergewöhnliches, visionäres Werk und dessen musikalischen wie symbolischen Gehalt vorurteilsfrei entdecken zu wollen oder zielt die Frage nur darauf ab, festzustellen, ob die Musik bestimmte äußerliche Merkmale erfüllt (wie z. B. 'Wie groß ist der Dezibel-Pegel im Durchschnitt?', 'Wieviele Minuten und Sekunden singt der Solo-Sopran?', 'Wieviele Schlaginstrumente gibt es im Orchester und wie häufig werden diese eingesetzt?' .....)? ?(


    Mein Versuch, den teletonschen Anforderungen einigermaßen gerecht zu werden, lautet:


    'Sphärenmusik' hat in der Rozhdestvensky-Aufnahme eine Dauer von 35:29 und ist in 15 mehr oder weniger kurze Abschnitte (zwischen 0:36 und 5:17) unterteilt. Den von Edwin eingebrachten Hinweis auf Richard Strauss halte ich - selbst bei oberflächlicher Betrachtung - für irreführend. Den für Strauss typischen voluminösen Orchesterklang der symphonischen Dichtungen wird man in der 'Sphärenmusik' Langgaards vergeblich suchen. Darüber hinaus gibt es in 'Sphärenmusik' keine musikalischen Entwicklungsprozesse:
    Langgaards Werk handelt von Räumlichkeit, Höhe und Tiefe, Licht und Schatten, Vordergrund und Hintergrund. Es ist nicht als fortlaufender musikalischer Prozeß, sondern als Folge räumlicher Episoden mit meist zur Wiederholung neigendem, statischem Charakter angelegt. Oder mit den Worten des Komponisten: "In der 'Sphärenmusik' habe ich allem entsagt, was man unter Thematik, Konsistenz, Form und Kontinuität versteht. ..." (Bendt Viinholt Nielsen)


    Der überwiegende Anteil des Werkes besitzt einen ausgesprochen meditativen Charakter, der ohne größere Kontraste auskommt - die Musik spielt sich in den ersten ca. 30 Minuten im piano- bzw. pianissimo-Bereich ab. Erst in den letzten Abschnitten des dramatischen Finales (eine apokalyptische Vision der Gegenüberstellung zwischen Antichrist und Christus) kommt es zu einem großen und langen Orchestercrescendo (samt dem auf einem einzigen, lang ausgehaltenen Ton singenden [Engels-]Chor). D. h. die Musik ist überwiegend geprägt von atmosphärischen Klängen mit einer Dominanz heller Farben (bedingt vor allem durch den Einsatz der hohen Lagen der Streicher und Bläser).
    Der Solo-Sopran ist nur an einer einzigen Stelle (in Nr. 13) für 2:20 und zwar entfernt und aus lichter Höhe zu vernehmen. :angel:


    Zitat

    Original von teleton
    Sind die vier Tondichtungen auf der CD auch lohnend und wieviel Zeit nehmen sie auf der CD ein?


    Bei den 'Vier Tongemälden' handelt es sich eigentlich um vier Orchesterlieder für Sopran und Orchester (von ca. 18:00 Länge), die 1917 - also zeitglich zur 'Sphärenmusik' - entstanden sind und somit eine passende Ergänzung zum vorangehenden Werk darstellen.


    :hello:
    Johannes

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Neugierig geworden über die Hinweise auf den mir noch unbekannten Dänen habe ich in meiner Sammlung die schon oben angesprochene CD gefunden:



    Vor Jahren gekauft auf den Rat eines dänischen Freundes, der Langgaard als Alternative zu dem bekannteren Carl Nielsen empfahl, schlummerte die CD lange unbeachtet in meinem Regal.


    Nun habe ich die 3 Symphonien gehört und bin zunächst ganz angetan von der trotz üppiger Farben recht klaren und durchhörbaren Orchestersprache (ohne anderes zum Thema zu kennen: Sehr beeindruckend, wie beherzt und konzentriert Neeme Järvi das Dänische Radio-Symphonie-Orchester führt, auch eine wunderbare räumliche Aufnahme). Alle drei Werke sind einsätzig (das erinnert mich an den von mir hochgeschätzten Schweden Allan Pettersson, auch so ein Sonderling in der Musikgeschichte...), in viele Abschnitte unterteilt. Eine schneller Szenenwechsel, vor allem in der 4. und 5., bei erstem Anhören teilweise faszinierend, aber auch etwas zerfahren, zerfasert wirkend: Der große Bogen erschließt sich mir noch nicht - was nicht gegen die Musik spricht: Was mir auf Anhieb gefällt, kann sich auch schnell wieder verflüchtigen.


    Eine "schöne Stelle": die leise Passage "Traet" (müde) in der 4. Einen schlüssigeren Verlauf empfinde ich in der 6. Symphonie. Die 5. (Fassung von 1931) dauert übrigens hier nur 16:15, nicht 25 bzw. 28 Minuten, wie Davidoff angibt: eine weitere Version?


    Eine recht eigene Orchestersprache, deren Emotionalität ich noch nicht recht orten kann. Neuland eben.


    Dies, zugegeben etwas ungeordnet, ein paar Eindrücke. Gespannt bin ich nun auf Klippepastoraler und Sfaerernes Music...

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Gespannt bin ich nun auf Klippepastoraler und Sfaerernes Music...


    Lieber Gurnemanz,


    für Klippenpastoraler lohnt es sich vielleicht, noch bis Mai zu warten. Denn Dacapo hat für den 29.05.2008 die Veröffentlichung der 1. Sinfonie mit Thomas Dausgaard und dem Dänischen Nationalen Rundfunksinfonieorchester angekündigt:
    [amx=B0016IV1VW]300[/amx]


    Nach den bisherigen Erfahrungen mit Dirigent und Orchester kann man hier auf Feines in bester Tonqualität hoffen.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Hallo Johannes,


    Danke für Deine ausführliche Antwort, die mir zeigt, dass die CD mit der Sphärenmusik für mich ebenfalls interessant zu sein scheint.


    Denn ich möchte genau wie Du schreibst "sein außergewöhnliches, visionäres Werk und dessen musikalischen wie symbolischen Gehalt vorurteilsfrei entdecken".


    Nicht schön finde ich das Du mich mit übertrieben Worten typisierst.
    :motz: Du weist genau wie sehr mich "schrille" Solostimmen (Sopran und Tenor) nerven, ich kann so etwas einfach nicht hören.
    Nur diese Gegebenheiten auf der CD wollte ich feststellen. Und das bei einer Sphärenmusik kein Dezibelpegel vorherscht war mir vorher schon klar - danach hatte ich auch nicht gefragt und das ist auch überhaupt kein Kriterium für mich.


    Da die Sopranstimme in der Sphärenmusik nur quasi als Zwischeneffekt für 2-3Min eingesetzt ist, wäre das für mein Klangempfinden voll in Ordnung und der CD-Kauf sicher nicht in den Sand gesetzt (hätte ja sein können).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Langgaard-Freunde,


    die von Gurnemanz gezeigte Chandos-CD mit den Sinfonien Nr. 4-6 hat auch mein Interesse für Langgaard schon vor vielen Jahren geweckt.
    :D Es wurde Zeit, dass Du Dich mit dieser fantastischen Musik endlich beschäftigt hast.
    Deine Aufnahme mit Järvi ist auch sehr gut - zum Kennenlernen ideal.
    Das zeigen mir auch Deine geschriebenen Eindrücke zu den Werken.


    Meine CD-Bestellung der Langgaard-Sinfonien Nr. 2- 14 mit Thomas Dausgaard (DaCapo) ist teilweise schon eingetroffen und ich habe bereits erste Hörsitzungen hinter mir.
    Zuerst habe ich mich mitfür mich bekanntem Langgaard-Material auseinandergesetzt und die Sinfonien Nr. 4-6 gehört um festzustellen, wie Thomas Dausgaard diese im Vergleich zu Järvi meistert.


    Dazu meine Eindrücke:
    Dausgaard scheint mir der Perfektere von beiden Dirigenten zu sein. Während Järvi alle Effekte auskostet und kurz und prägnant interpretiert, leuchtet Dausgaard ohne Vernachlässigung der Effekte die Orchesterfarben aus und malt noch präzisere Passagen. Die Werke bekommen so noch mehr Ausdrucksgehalt und erscheinen für den Hörer noch imposanter, als sie ohnehin schon sind.
    Ich bin sehr froh mich für Dausgaard entschieden zu haben, der sich offenbar sehr intensiv mit seinem Landsmann auseinandergesetzt hat.
    Das die DaCapo-Klangtechnik der Aufnahmen von 2001-2003 alles mitbringt, was man sich nur wünschen kann, macht die Sache umso erfreulicher.


    Bei Dausgaard ist die Sinfonie Nr.5 in beiden Fassungen auf der DaCapo-CD eingespielt. Die Fassung I (14:22) in klare vier Teile/Sätze eingeteilt, die inneinander übergehen und einen großen Satz ergeben, finde ich noch passender als die 5Track-Fassung II (19:13). Offenbar wollte Dausgaard daher die erste Fassung, die hier als "Premiere Recording" vorliegt, nicht vernachlässigen und brachte Beide.
    Davidoff ist hier warscheinlich mit den Zeiten ein Schreibfehler im Eingangsbeitrag unterlaufen.


    Die Sinfonie Nr.6 (1923) "Das Himmelreissende" ist das zusammen mit der Sinfonie Nr.4 (1916) das avantgardistischste Werk Langgaards. Es ist die polemische Antwort auf Nielsens Sinfonie Nr.4 "Das Unauslöschliche". Er wollte im Gegensatz zu Nielsen mit dem Werk den christlichen Aspekt mit dem Kampf zwischen Gut und Böse ausdrücken.
    Beides ebenfalls packende Orchesterwerke, mit hohem Ausdrucksgehalt - Kurzform in ein Wort gefasst: spannend.

    Die Sinfonie Nr.7 (1925-26) stellt einen Bruch dar und ist wesentlich "klassisch/romantischer" als die früheren sehr spätromantischen Sinfonien gehalten. Er wollte damit eine Antwort auf den neoklassischen Trend seiner Zeit setzen und schuf ein viersätziges Werk im Ausmaß der prokofieffschen Sinfonie Classique gepaart mit seiner Tonsprache.
    Aber es entstand ein flottes programmfreies Werk (diesesmal ohne Titel) in 4 abgeschlossene Sätze mit Hörspaßfaktor.


    :hello: Zu weiteren Werken werde ich mich zu gegebener Zeit äußern.



    Wie man an an Ulrichs Beitrag erkennt fehlt noch die Dausgaard-Einspielung der Sinfonie Nr.1 (DaCapo-SACD). Dies erklärt, warum es die Sinfonien nur als Einzel-CD´s gibt (keine DaCapo-GA).
    ;) Ob ich da meine Segerstam-Aufnahme (Chandos) auch durch Dausgaard erweitern muß wird ein vorheriger Hörtest zeigen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Danke für den Hinweis, ich kann warten - nachdem, wie erwähnt, meine Langgaard-CD ihrerseits Jahre auf mich hat warten müssen. Und von Dausgaard habe ich schon Gutes gelesen.


    [zitat]Original von teleton
    Es wurde Zeit, dass Du Dich mit dieser fantastischen Musik endlich beschäftigt hast.[/zitat]
    Ist ja wohl wahr, nur: Es gibt soo viel fantastische Musik, gerade im Segment des Übergangs von der Spätromantik zur Moderne.


    Doch ich werde die Langgaard-Diskussion weiter aufmerksam verfolgen, das sei versprochen... Neugierig auf mehr macht mich auch, was Johannes oben über den statischen Charakter der "Sphärenmusik" schreibt. Ohne das Werk zu kennen: Es läßt mich ein wenig an Messiaen denken.

  • Liebe Langgaard-Freunde,


    ich habe jetzt alle Sinfonien von Nr.1 -14 (das sind die die auf CD verfügbar sind) kennengelernt und gehört (Die Sinfonien, die ich für Wert hielt, auch gerne mehrmals gehört.).


    Langgaard bezeichnet quasi fast alle größeren Orchesterwerke als Sinfonie ( ;) :D damit kommt man natürlich schnell auf die 16 !), obwohl es sich im Falle der
    Sinfonie Nr.3 um ein Klavierkonzert handelt,
    Sinfonien Nr.4,6,10 wären eigendlich Sinfonische Dichtungen,
    Sinfonie Nr.11 ist ein formloses 6minütiges Kurzorchesterstück,
    Sinfonie Nr.12 ein 7minütiges Orchesterstück mit Rückblick auf Themen der Sinfonie Nr.1,
    Sinfonie Nr.13 ein Orgelkonzert in Suitenform,
    Sinfonie Nr.14 eine Suite für Chor und Orchester.


    Damit treibt er den Sinfoniebegriff oftmals ins absurde.



    Das er in seinen Sinfonien die Sonatensatzform wenig wahrt stört mich überhaupt nicht, finde ich sogar eher angemessen für das 20.Jhd.
    :O Eher unangemessen finde ich seine romantische Tonsprache, die für seine Zeit bei einigen Sinfonien über 50-60Jahre zurückliegt. Es ist bekannt, dass Langgaard sich gegen den Avantgardissmus seiner Zeit auflehnte und einen Gegenpool schaffen wollte - aber dann gleich so "altmodisch" ?


    Daher macht sich bei mir eine leichte aber unerhebliche Enttäuschung breit (Worte sagen wieder mehr als nötig, denn ich mag den Komponisten Langgard sehr).
    8) Ich hätte mit nach den Sinfonien Nr.4-6, die ich nach wie vor am höchsten einschätze (natürlich auch Nr.1), doch mehr erwartet.


    Stellenweise muß man sich schon sehr durchringen um das "Romatikgetüddel" durchzuhalten und ja, --- :D ich war bei der Sinfonie Nr.14 eingenickt.
    Damit nichts gegen das Werk, es hat schöne Momente. Aber will ich von Langgaard mendelsohnsche Romantiksounds im 20.Jahrhundert hören ? Nein !
    Für ihn war die romantische Tonsprache es "die Wahrheit", wie er sich ausdrückte.


    Sicher hat auch das konservative dänische Publikum dazu beigetragen, das sich Langgaard nicht sehr avantgardistisch entwickelt hat. Seine Werke wurden zu seinen Lebzeiten ja kaum aufgeführt.
    Er hatte aber auch Pech mit seiner Hörerschaft. Ausgerechnet die Sinfonie Nr.6 (die ich als eine der Besten empfinde) wurde bei der von ihm geleiteten Uraufführung 1923 in Berlin ausgezischt.


    Nachdem ich bisher über Jahre hinweg nur Nr.1, 4-6 kannte, bin ich doch einigermaßen überrascht gerade in den letzten Sinfonien noch mehr Rückgewandtheiten zu hören als angemessene Weiterentwicklung in Richtung seiner Zeit..........


    :yes: Nach den Sinfonien Nr.4-6 lassen einen die Sinfonien Nr.3, 7, 10 und 13 wirklich aufhorchen. Dennoch bleibt der fade Beigeschmack, das es Spätromantilk sein sollte/müßte, aber nicht ist.


    :hello: Hat sein Kollege und Zeitgenosse Carl Nielsen da nicht einen angemesseneren Weg gefunden ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton


    8) Ich hätte mit nach den Sinfonien Nr.4-6, die ich nach wie vor am höchsten einschätze (natürlich auch Nr.1), doch mehr erwartet.


    Warum die Nr.1, wenn Du gerade den Spätromantischen Zugriff an Langgaard kritisierst? Nachdem ich die "Sphärenmusik" nun so schätzen gelernt habe, halte ich die 1. Symphonie mit ihrem jugendlich-übnerladenen Spätromantik-"Schwülst" kaum in Gänze aus (sorry Johannes :untertauch: ). Man dard natürlich nicht vergessen, in welchem Alter Langgaard so ein Werk komponiert hat!


    Zitat


    :hello: Hat sein Kollege und Zeitgenosse Carl Nielsen da nicht einen angemesseneren Weg gefunden ?


    Da ich die restlichen Symphonien noch nicht kenne, kann ich mir kein Urteil erlauben - aber allein wegen der "Sphärenmusik" wäre es sehr wünschenswert, wenn der Name Langaard hierzulande bekannter würde - ich würde fast soweit gehen zu behaupten: "Sphärenmusik" ist Pflicht für jeden Haushalt, in dem klassische Musik ertönt.


    Von dem, was Du beschreibst, Wolfgang, scheint mir dann auch Nielsen mit seinem Gesamtwerk eine der Zeit angemesserene Lösung gefunden zu haben - was Langaard keineswegs abwerten soll.


    :hello:
    Wulf

  • Hallo Wolfgang,


    Zitat

    Original von teleton
    Eher unangemessen finde ich seine romantische Tonsprache, die für seine Zeit bei einigen Sinfonien über 50-60 Jahre zurückliegt. ...
    Nachdem ich bisher über Jahre hinweg nur Nr.1, 4-6 kannte, bin ich doch einigermaßen überrascht gerade in den letzten Sinfonien noch mehr Rückgewandtheiten zu hören als angemessene Weiterentwicklung in Richtung seiner Zeit..........


    also, damit habe ich überhaupt keine Probleme. Weshalb sollte ein Komponist des 20. Jahrhunderts sich nicht die Freiheit herausnehmen dürfen, sich beispielsweise in den 50-er Jahren (zu Zeiten von Stockhausen, Boulez & Co.) erneut der spätromantischen Tonsprache zuzuwenden?
    Was ich aber in diesem Zusammenhang immer wieder als ungerecht empfinde, daß eine solche Rückwendung zur Spätromantik den unbekannteren Komponisten wie Langgaard, Atterberg usw. als Manko angekreidet und demgegenüber bei ihren berühmteren Kollegen im allgemeinen kaum kritisiert wird, wie z. B. im Falle von Richard Strauss, der sich nach seinem avanciertesten Werk, der Oper 'Elektra', zum Spätromantiker zurückentwickelt hat und beispielsweise seine 'Vier letzten Lieder' von 1947 (vom Stilistischen her betrachtet) ohne weiteres bereits in der Zeit um 1900, also gut 50 Jahre früher, hätte schreiben können.



    Hallo Langgaard-Interessierte,


    ein Aspekt, der mir bei verschiedenen Musikliebhabern bezüglich Repertoire-Erweiterung gelegentlich aufgefallen ist, ist die Praxis, das Kennenlernen eines Komponisten bereits nach Bekanntschaft der Symphonien nebst vielleicht ein paar wenigen weiteren Orchesterstücken abzuhaken.
    Eine Beurteilung eines Komponisten-Oeuvres (im Falle Langgaards mehr als 400 Werke) nur aufgrund der Kenntnis von gerade mal 16 Werken (nämlich der Symphonien) halte ich insofern für recht problematisch.
    Zwar muß auch ich gestehen, bisher nur einen Bruchteil seines Gesamtschaffens zu kennen, allerdings ist mir - nachdem ich mir vor einiger Zeit eine CD mit Klavier- bzw. Kammermusik Langgaards zugelegt habe, erst so richtig bewußt geworden, daß der dänische Eigenbrötler gattungsmäßig wie stilistisch noch sehr viel mehr Facetten zu bieten hat, als sich dies nur aufgrund der Kenntnis der Symphonien darstellt.


    Da sich Langgaard neben dem Komponieren immerhin Jahrzehnte lang auch als Organist betätigt hat, werde ich mich in nicht allzu ferner Zukunft mit seinem umfangreichsten Hauptwerk für Orgel beschäftigen und im Forum darüber berichten:


    Messis "Høstens Tid" ("Herbst") - Orgel-Drama an 3 Abenden, BVN 228 1935-37



    Hallo Wulf,


    Zitat

    Original von Wulf
    Nachdem ich die "Sphärenmusik" nun so schätzen gelernt habe, halte ich die 1. Symphonie mit ihrem jugendlich-überladenen Spätromantik-"Schwülst" kaum in Gänze aus


    Insofern tut es mir leid, Dich mit der 'Sphärenmusik' überhaupt bekannt gemacht zu haben; denn das war nun wirklich nicht meine Absicht. :no: :D :D :D



    :hello:
    Johannes

  • Lieber Jörg,


    Zitat

    Original von klingsor
    lieber johannes, ich stimme dir in allen punkten zu!


    herzlichen Dank für die umfängliche Zustimmung! :]
    Darauf genehmige ich mir jetzt Langgaards herrlich ironischen musikalischen Spaß :D
    Carl Nielsen, Vor Store Komponist (Carl Nielsen, unser großer Komponist) für gem. Chor und Orchester, BVN 355 b 1948


    :hello:
    Johannes

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Johannes,


    Zitat


    Zitat von Johannes:
    also, damit habe ich überhaupt keine Probleme. Weshalb sollte ein Komponist des 20. Jahrhunderts sich nicht die Freiheit herausnehmen dürfen, sich beispielsweise in den 50-er Jahren (zu Zeiten von Stockhausen, Boulez & Co.) erneut der spätromantischen Tonsprache zuzuwenden?


    Da gebe ich Dir Recht, das ist voll legitim und ich bemängel es ja auch nicht, sondern schätze Langgaard nach wie vor sehr. Auch andere Komponisten desd späten 20.Jhd. schätze ich imm er sehr, wenn sie nicht ganz und gar "ungenießbar" schreiben und auch gerne auf dem tonalen teppich bleiben.


    Nur hatte ich mir nach den mir lange bekannten und hochgeschätzten Sinfonien Nr.4-6 einfach eine zeitgemäßere Weiterentwicklung vorgestellt und einfach anderes erwartet.
    Es wird immer von Langgaard hier immer von Spätromatik geschrieben - wenn es Spätromantik wäre, dann fände ich es ja angemessen, aber ich höre Stellenweise reine Romantik, die mehr an Mendelssohn erinnert als an Spätromantik des 20.Jahrhundert.


    Zitat

    ein Aspekt, der mir bei verschiedenen Musikliebhabern bezüglich Repertoire-Erweiterung gelegentlich aufgefallen ist, ist die Praxis, das Kennenlernen eines Komponisten bereits nach Bekanntschaft der Symphonien nebst vielleicht ein paar wenigen weiteren Orchesterstücken abzuhaken.


    Auch hier muß ich Dir Recht geben. Das ist leider ein Aspekt der unter Umständen einiges an diesen Hörern vorbeigehen läßt, dass sie niemals in Erfahrung bringen werden.
    **Bei Langgaard sehe ich die Sache aber anders. In seinen Sinfonien wird aber schon so viel abgedeckt, (zumal es ja gar keine echren Sinfonien, sondern KK, Orgelkonzerte und Suiten sind), sodass man Langgaard schon sehr gut abschätzen kann.
    :hello: Nenne mir ein weiteres Werk von Langgaard, dass mich oder andere Klassikhörer mehr "vom Hocker hauen" und damit wirklich lohnender sein könnte, als die Sinfonien Nr.4-6 !??! Ich glaube das wird Dir kaum möglich sein !
    Und wenn doch, dann wäre diese Möglichkeit bereits auf CD eingespielt und mir sicherlich bereits bekannt.
    Jetzt ist mit klar, warum gerade Neme Järvi diese 3Sinfonien auf seiner Chandos - Aufnahme wählte. Allerdings hätte ich begrüßt, wenn Järvi auch noch weitere Langgard-Werke und Sinfonien präsentiert hätte.
    Hielt er sie für nicht lohnend ? Wäre keine Zuhörerschft voirhanden, sodass eine Produktioin nicht lohnte ?


    Bei meiner Neuanschaffung der Langgaard-Sinfonien mit Dausgaard sind einige Ersteinspielungen vorhanden. Daran sieht man schon, dass Langgaard sehr unterrepräsentiert ist. Von dem was "lohnend" ist, gibt es auch nur wenige Einspielungen.
    Nicht alles von Langgaard sind Meisterwerke, da wirst Du mir sicher Recht geben - da findet man so einiges, was man als weniger lohnend bezeichen könnte - :D:D bei mir führte es zum einnicken.
    Auch in sein Kammermusikwerk konnte ich bei der Verwandtschaft schon Einblicke nehmen. Ich fand jedoch nichts was mir eine CD-R wert gewesen wäre.



    Das umfangreiche Werk Langgaards lässt sich in einem groben Überblick darstellen, er schrieb:
    die Oper "Antikrist", 16 Sinfonien, 7 Streichquartette, Kammermusik, sehr viele Orgel- und Klavierwerke sowie Vokalmusik mit Orchester und Klavier, wichtigstes Werk hierbei die Sphärenmusik für Sopran, Chor, Orchester und Fernorchester (1916-1918).



    Hallo wulf,


    ich hatte zuerst auch die gleichen Eindrücke von der Sinfonie Nr.1, wie Du und habe sie schon wegen ihrer Länge auch nur manchmal ganz durchhalten können.
    Nach mehrmaligem Hörer lernt man aber ihre Qualitäten schätzen, besonders wenn man berücksichtigt wie jung Langgaard beim Komponieren noch war.
    Aber sehr oft muß ich die Erste auch nicht haben.


    Ich denke auch, dass Carl Nielsen den geschickteren Weg gewählt hat.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton


    :hello: Nenne mir ein weiteres Werk von Langgaard, dass mich oder andere Klassikhörer mehr "vom Hocker hauen" und damit wirklich lohnender sein könnte, als die Sinfonien Nr.4-6 !??!


    Hmm, ob lohnender, weiß ich nicht. Aber wie wäre es mit der "Sphärenmusik"?? ;)



    Zitat


    Hallo wulf,


    nach mehrmaligem Hörer lernt man aber ihre Qualitäten schätzen, besonders wenn man berücksichtigt wie jung Langgaard beim Komponieren noch war.
    Aber sehr oft muß ich die Erste auch nicht haben.


    Das mag jetzt ein wenig schroff klingen, aber das Alter interssiert mich beim Hören nicht. Für sein Alter sind auch die ersten Gehversuche Mozarts (ich glaube Violinie & Klavier!?) in Richtung Komposition erstaunlich und man kann in beiden Fällen staunen, sich in Ehrfurcht üben, dennoch verzichte ich auf die ersten Gehversuche Mozarts dankend. :stumm:
    Vielleicht überzeugt ja die Dausgaard-Aufnahme und Johannes muss es nicht mehr bereuen mich mit der wahrlich inspirierten, visionären "Sphärenmusik" infiziert zu haben :beatnik:


    Liebe Grüße
    Wulf

  • Zitat

    Original von Guercoeur
    Was ich aber in diesem Zusammenhang immer wieder als ungerecht empfinde, daß eine solche Rückwendung zur Spätromantik den unbekannteren Komponisten wie Langgaard, Atterberg usw. als Manko angekreidet und demgegenüber bei ihren berühmteren Kollegen im allgemeinen kaum kritisiert wird, wie z. B. im Falle von Richard Strauss, der sich nach seinem avanciertesten Werk, der Oper 'Elektra', zum Spätromantiker zurückentwickelt hat und beispielsweise seine 'Vier letzten Lieder' von 1947 (vom Stilistischen her betrachtet) ohne weiteres bereits in der Zeit um 1900, also gut 50 Jahre früher, hätte schreiben können.


    Das liegt ganz einfach daran, dass Langgaard 1893 geboren wurde und Strauss 1864. Gewöhnlich ist man in der Jugend ein wenig dynamischer als im Alter und daher gestattet man greisen Meistern, ihren Stil nicht dauernd den neueren Strömungen anzupassen, während man von jüngeren Komponisten erwartet, mehr Interesse dem Stand der Entwicklung entgegenzubringen.


    Ich empfinde das als durchaus gerecht, aber zu Langgaard und Atterberg kann ich mangels Kenntnis nichts sagen.

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Gewöhnlich ist man in der Jugend ein wenig dynamischer als im Alter und daher gestattet man greisen Meistern, ihren Stil nicht dauernd den neueren Strömungen anzupassen, während man von jüngeren Komponisten erwartet, mehr Interesse dem Stand der Entwicklung entgegenzubringen.


    Verständlich, aber auch problematisch, wie ich finde: Oder muß ich, um zu einer angemessenen, wertschätzenden bzw. "gerechten" Aufnahme eines mir noch unbekannten Werkes zu gelangen, wissen und ins Hören mitheineinnehmen, ob der Komponist da noch ein unerfahrener Jüngling oder bereits ein reifer Greis war? Oder ob das Werk um 1900 oder um 1950 entstanden ist?


    Was Langgaard angeht, so habe auch ich von der Lektüre der Kommentare hier schon einige Vorurteile gewonnen (habe bisher lediglich die Symphonien 4 - 6 gehört) und es wird mir sicher schwerfallen, mich von ihnen wieder zu befreien, wenn ich weitere Werke dieses merkwürdigen Dänen kennenlernen sollte.

  • Zitat

    Original von Davidoff
    So schuf er als junger Musiker Werke, die ihrer Zeit fünfzig Jahre voraus waren, in reifen Alter dagegen Musik, die fünfzig Jahre zu spät zu kommen schien. Langgaards Frühwerke waren im spätromanischen Geist komponiert worden und verrieten den Einfluss von Schumann, Wagner und Richard Strauss. Ab 1925 änderte sich Langgaards Musik radikal. Man findet bei anderen Komponisten wohl kaum einen vergleichbar deutlichen Stilwechsel. Sein Ideal war jetzt klassische Reinheit, eine einfache Musik, die wie eine griechische Marmorstatue über das private Ausdrucksbedürfnis und die Lebensanschauung des Künstlers erhaben war.


    ?(
    Werden da jetzt irgendwelche gut klingende Sätze aneinandermontiert, oder gibt es auch einen Sinnzusammenhang?


    "Er schuf als junger Musiker Werke, die ihrer Zeit fünfzig Jahre voraus waren", wow, inwiefern? Sie verraten vor 1925 "den Einfluss von Schumann, Wagner und R Strauss" - ähm, das dürften noch nicht die Werke sein, die ihrer Zeit um 50 Jahre voraus waren ... Ab 1925 "klassische Reinheit, griechische Marmorstatue". Das muss es also sein. Aber wer komponierte bitte ab 1975 Werke von klassischer Reinheit wie griechische Marmorstatuen?
    ?(


    ... ach, ich sehe schon, Guercoeur führt das Werk an, das offenbar "50 Jahre zu früh kam": Sphärenmusik von 1916. Das passt jetzt überhaupt nicht in Davidoffs Charakteristik der Frühwerke vor 1925 ...


    Dann scheint mir aber auch das ziemlich daneben zu sein:

    Zitat

    Original von Davidoff
    Ab 1925 änderte sich Langgaards Musik radikal. Man findet bei anderen Komponisten wohl kaum einen vergleichbar deutlichen Stilwechsel.


    Ein Stilwechsel Richtung Klassizismus findet bei vielen Komponisten statt, die zunächst (z.B. Mitte der 1910er Jahre) ultramodern waren, gerade in Langgaards Generation: z.B. in Amerika bei Cowell, in Russland bei Lourié, ...
    :wacky:

  • Dacapo hat seine Aufnahme der 1. Sinfonie Langgaards mit dem DR Radiosymfoniorkestret unter Thomas Dausgaard

    nun doch schon eher herausgebracht. Dies ist eine Hybrid-SACD, gehört habe ich ausschließlich den CD-Layer. Dies ist ein für mich völlig unbekanntes Musikstück. Selten fand ich das Kennenlernen so aufregend, wie bei dieser Musik. Da mir der erste Satz zunächst verwirrend erschien, versuchte ich mich an dem der Sinfonie von Langgaard mitgegebenen Programm zu orientieren, soweit es Bendt Viinholt Nielsen im CD-Beiheft mitgeteilt wird. Dabei hörte ich folgendes:


    Erster Satz – Maestoso
    „Braendinger og Solglimt – Meeresbrandung und Sonneblicke“
    Gewaltige Klangmassen fallen hier ins Ohr, dicht verwobene Stimmenschichtungen. Im Bild des Programms ist dies die brüllend gegen die Klippen schäumende Meeresbrandung am Fuße des Berges. Die schäumende Gischt wird hier tatsächlich hörbar gemacht, ihr Brüllen erreicht gelegentlich die Schwelle zum – für mich – Ertragbaren, kratzt für mich an der Grenze zum Lärm. Und doch scheint es einen Maßstab der Schönheit zu geben, oder: was ich so empfinde, der nie verlassen wird. Allein, bei aller Schönheit: es scheint nie eine wirklich leise, ruhige Stelle zu geben. Was diesen Satz so aufregend macht, ist sein unaufhörliches Vorwärtsdrängen – es gibt keinen Stillstand.


    Zweiter Satz – Lento
    „Fjeldblomster – Blumen der Berge“
    Langsam ist dieser Satz genauso wenig wie der nachfolgende Satz gleicher Vorschrift. IN erster Linie ist er träumerisch. Der Blick löst sich von den am Wege stehenden Bergblumen und öffnet sich über die blühenden Wiesen in die Ferne auf die Weite des Bergpanoramas. Dies ist ein weites Naturidyll, in dessen akustischem Hintergrund indesen die Meereswogen unaufhörlich mit zu schwingen scheinen, gemalt mit breitem weit ausschwingendem Farbpinsel.


    Dritter Satz – Lento
    „Sagn - Sagenraunen“
    Die Stimmung des rauschenden Meeres wird hier wieder aufgegriffen, wird aber auf eine andere Ebene geführt und vereint sich mit einer von der Bergidylle ds zweiten Satzes ausgelösten sagenhaften Atmosphäre – eine Reminiszenz wird wach an die Verbundenheit des in die Natur gestellten Helden mit der nordischen Sagenwelt.


    Vierter Satz – Marcato
    „Opad Fjeldet – bergan“
    Die Gewalt des Bergmassivs holt die abgedrifteten Gedanken des Helden wieder zurück, er konzentriert sich wieder auf den ansteigenden Berg, der noch zu bewältigen ist. Mit kräftigem Marcato-Schritt geht es unaufhaltsam gen Gipfel – triumphierend!


    Fünfter Satz – Maestoso Allargando – Entusiastico maestoso
    „Livsmod – Lebensmut“
    Das Vorwärtsdrängen des ersten Satzes wird ganz massiv wieder aufgegriffen: unaufhaltsam, unauslöschlich. Eine erstaunliche Wirkung erzielen die drei Generalpausen vor der Durchführung, von dort an geschieht ein stetiger Spannungsaufbau bis ins jubelhafte Finale hinein: Mit dieser positiven Lebeneinstellung kann den Helden nichts mehr stoppen. Er scheint nach dem vorangegangen Erleben der letzten Stunde seine ganze individuelle Kraft aus der Gewalt der Natur geschöpft zu haben.


    Das Finale scheint die noch offenen Fragen des ersten Satzes zu beantworten. Im Eingangssatz erscheint die Tonsprache streckenweise unklar, verschwommen, als gäbe es noch etwas hinter einem Schleier zu entdecken. Das Finale dann wirft hellstes Licht auf das Geheimnis, bringt in den musikalischen Strukturen, im Klangerleben Eindeutigkeit und Klarheit.


    Wenig interessant finde ich es, detektivisch auszuspüren, welche Partien hier nach Richard Strauss, da nach Tchaikovsky, dort nach Wagner, oder doch nach Bruckner klingen. Solche Parallelen finde ich letztlich wenig ergiebig. Die Wirkung dieser individuellen Musik in der Gestalt, in der sie sich unserem Ohr darbietet, ist ausschlaggebend - und die ist gewaltig, aber nie erschlagend.


    Interessanter, wenn auch nicht ausschlaggebend, wären einige mögliche wechselseitige Inspirationen: „Zarathustra“ war 1896, „Heldenleben“ 1899 vollendet. Kannte Langgaard die Werke Strauss' bereits? Denkbar wäre es, da die Familie lebhafte Kontakte nach Berlin hatte, wo Langgaard regelmäßig zu Besuch war. „Alpensymphonie“ vollendete Strauss 1915. Kannte er Langgaards erste Sinfonie zu dieser Zeit? Denkbar wäre es, denn Strauss blieb auch nach seiner bis 1910 währenden Zeit als Berliner Erster Hofkapellmeister und Generalmusikdirektor der Berliner Oper bis 1918 durch einen Gastvertrag verbunden. Hat er womöglich der Aufführung der 1. Sinfonie am 10.4.1913 durch die Berliner Philharmoniker beigewohnt und sich inspirieren lassen?


    Dausgaard benötigt 60 ½ Minuten, nämlich 21:26 – 10:38 – 5:40 – 5:18 – 17:28 für die Sätze. Die beiden anderen Aufnahmen des Werks kenne ich nicht, ein Vergleich ist mir also nicht möglich. Ich kann mich nur nach dem hier gehörten richten, und das ist überzeugend. Ich könnte keine Stelle benennen, an der ich den Eindruck gehabt hätte, es hätte wesentliches anders gestaltet werden sollen. Im ersten Satz spielen Dirigent und Orchester mit der sprühenden Leidenschaft, die diese Musik vom Interpreten einfordert. Sie zaubern ein aufregendes Farbenspektrum. Das „Brüllen“ wird stellenweise körperlich wahrnehmbar. Trotzdem gestalten sie die Strukturen bei aller Massivität durchhörbar – transparent zu sagen, würde dem Klangeindruck widersprechen. Dausgaard versteht es, eine nie abreißende Hochspannung aufzubauen und durchzuhalten: Mir war es unmöglich, das Hören des ersten Satzes zu unterbrechen. Diese Leidenschaft, diese Farbenfreude verlässt Dirigent und Orchester nie bis hin zum letzten Takt des Finales. Ein Werk und seine Einspielung, die eindeutig Lust auf mehr Langgaard mit Dausgaard machen.


    Die offene Frage, die zurückbleibt, ist diejenige nach dem zugrunde zu legenden Dynamikumfang: Ist es tatsächlich so, dass Langgaard kaum einmal eine leise Stelle vorgesehen hat, oder ist dies eine Eigenart dieser Einspielung?


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Lieber Ulrich,


    ganz herzlichen Dank für Deine so wunderbar anschaulich und ausführlich geschriebenen Eindrücke zu Langgaards symphonischem Erstling sowie zur Einspielung von Thomas Dausgaard. Da ich diese augenblicklich noch nicht besitze, kann ich noch keinen Vergleich zur Segerstam-Aufnahme anstellen, werde dies aber demnächst nachholen.


    Was aber durch die von Dir genannten Spieldauern der einzelnen Sätze bereits ins Auge fällt, ist, daß Dausgaard ein etwas schnelleres Tempo gewählt hat als Segerstam. Insgesamt benötigt Segerstam 1:07:13 für das ganze Werk, braucht also etwa sieben Minuten länger als Dausgaard. Die einzelnen Sätze dauern bei Segerstam: 23:06 - 11:49 - 5:44 - 6:13 - 20:15.
    Vielleicht entstand - zumindest teilweise - durch das straffere Tempo Dausgaards bei Dir der Eindruck, daß es z. B. im 1. Satz keine leise bzw. ruhige Stelle oder gar einen Stillstand zu geben scheint. Diesen gibt es in der Segerstam-Einspielung aber sehr wohl, und zwar nach ziemlich genau vier Minuten, nachdem der dramatische Beginn (Brandung) verklungen ist und nach drei leisen Paukenschlägen (hier tritt ein Stillstand ein) ein lyrisches Thema in den Streichern anhebt (Sonnenschimmer), das im Stil stark an Tschaikowsky erinnert. Auch die Sätze 2 und 3 tragen meiner Meinung nach absolut zurecht die Bezeichnung 'Lento'.


    Interessant finde ich auch Deine Überlegungen zu gegenseitigen Inspirationen zwischen Langgaard und Strauss. Möglich wäre es schon, daß Strauss sich - zumindest teilweise - durch die 'Klippenpastorale' zur 'Alpensymphonie' hat anregen lassen. Ob Strauss aber tatsächlich bei der Berliner Uraufführung anwesend war, kann ich leider nicht sagen.


    Off-Topic: In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Werk eines britischen Komponisten hinweisen, das meiner Meinung nach sehr viel mehr Ähnlichkeiten zur 'Alpensymphonie' erkennen läßt, obwohl die beiden Komponisten das Werk des jeweils anderen eigentlich nicht gekannt haben können, nämlich Sir Granville Bantocks 'Hebridean Symphony', die 1913 komponiert wurde, also zwei Jahre vor Vollendung der 'Alpensymphonie'. Weil das hier aber vielleicht zu sehr off-topic wird, verweise ich kurzerhand auf einen Beitrag von mir über Bantocks Programmsymphonie:


    "BEHOLD! THE SEA ITSELF!!" - Das Meer in der Musik



    Zitat

    Original von Ulrich Kudoweh
    Die offene Frage, die zurückbleibt, ist diejenige nach dem zugrunde zu legenden Dynamikumfang: Ist es tatsächlich so, dass Langgaard kaum einmal eine leise Stelle vorgesehen hat, oder ist dies eine Eigenart dieser Einspielung?


    Dieses Phänomen würde ich - aufgrund meiner genauen Kenntnis der Segerstam-Aufnahme - auf die Lesart Dausgaards zurückführen; denn leise Stellen gibt es bei Segerstam durchaus - außer der oben bereits geschilderten Passage des Übergangs vom ersten zum zweiten Hauptthema beispielsweise zu Beginn und am Ende des so geheimnisvoll dahingleitenden 3. Satzes.
    Aber, Du hast schon recht: Die ungeheure Energie, die enormen Steigerungen und Höhepunkte bilden zunächst die bleibenden Haupteindrücke nach dem ersten Hören. :D
    Wie großartig muß aber erst das Erlebnis einer Konzertaufführung des Werkes sein? Und ich habe mich schon oft gefragt, weshalb dieses gewaltige Opus hierzulande nicht wenigstens gelegentlich in Konzertprogrammen auftaucht. Denn ich bin mir absolut sicher, daß ein Publikum, das sich von gleichermaßen klanggewaltigen Werken Straussens, Mahlers oder Tschaikowskys gerne mitreißen läßt, von Langgaards I. ebenfalls restlos zu begeistern wäre. Jedenfalls habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, sie eines schönen, wenn auch evtl. sehr fernen Tages einmal live erleben zu können. (Ähnliches gilt für die gleichermaßen klanggewaltige monumentale 'Herbstsymphonie' von Joseph Marx.)


    Herzliche Grüße
    Johannes

  • Zitat

    Original von Guercoeur
    Wie großartig muß aber erst das Erlebnis einer Konzertaufführung des Werkes sein? Und ich habe mich schon oft gefragt, weshalb dieses gewaltige Opus hierzulande nicht wenigstens gelegentlich in Konzertprogrammen auftaucht. Denn ich bin mir absolut sicher, daß ein Publikum, das sich von gleichermaßen klanggewaltigen Werken Straussens, Mahlers oder Tschaikowskys gerne mitreißen läßt, von Langgaards I. ebenfalls restlos zu begeistern wäre.


    Lieber Johannes,


    nicht den mindesten Zweifel habe ich, dass dieses Werk im Konzert heute ein Riesenerfolg würde, wenn es gelänge, genügend Publikum in ein Konzert mit dieser Ankündigung hineinzulocken. :D Die starke Orchesterbesetzung sollte für heutige Orchester ja auch kein Problem mehr sein; die Berliner haben 1913 mit 102 Musikern gespielt.


    Bei dieser Gelegenheit: kannst Du etwas zur Rezeptionsgeschichte sagen? Nielsen im CD-Heft zur Dausgaard-Aufnahme ist da nicht völlig eindeutig. Aber man könnte es so verstehen - das kann aber auch ein Übersetzungsproblem sein -, dass die Symphonie 1913 in Berlin uraufgeführt, 1928 in Dänemark in Langgaards Musikverein ("als Gegengewicht zu den Gräueln der modernen Musik") erstaufgeführt und 1984 in verkürzter Form vom Sinfonieorchester des Dänischen Rundfunks aufgeführt wurde, das auch zum bis dahin vierten und bis heute letzten Mal die Sinfonie 1993 unter Segerstam im Konzert gespielt habe. Kann das sein: insgesamt nur vier Konzertaufführungen dieses Werks??? ?( Aber immerhin drei CD-Aufnahmen - ist ja auch nicht schlecht. :yes:


    Zitat

    Original von Guercoeur
    Dieses Phänomen würde ich - aufgrund meiner genauen Kenntnis der Segerstam-Aufnahme - auf die Lesart Dausgaards zurückführen; denn leise Stellen gibt es bei Segerstam durchaus - außer der oben bereits geschilderten Passage des Übergangs vom ersten zum zweiten Hauptthema beispielsweise zu Beginn und am Ende des so geheimnisvoll dahingleitenden 3. Satzes.?


    Ja natürlich, völlig einverstanden. die Stelle mit den drei leisen Paukenschläge wird bei Dausgaard ungefähr bei 3:15 eingeleitet, und diese Hinführung zu den drei Paukenschlägen und das, was dann entsteht, ist schon ein beeindruckender Ruhepunkt. Völlig zu Recht weist Du auch auf das Geschehen im dritten Satz hin. Und die beiden Lento-Sätze sind natürlich im Verhältnis zu den Ecksätzen schon lento - langsam; aber regelmäßig verstehe ich auch Andante nicht als eigentlich langsames Tempo. An dem - sagen wir mal - getragenen, zurückgenommenen Gundcharakter der beiden Lentos ändert das aber natürlich nichts.


    Da habe ich mit meinen Aussagen einfach zu schnell geschossen in meiner ersten Begeisterung. Du führst das völlig zu Recht auf die Gewaltigkeit des Gesamteindrucks beim ersten Kennenlernen zurück. Es geschieht so viel in dieser Sinfonie, ich werde noch einige Zeit brauchen, um sie angemessen zu erfassen.


    Die Unterschiede zwischen Dausgaard und Segerstam in den Spielzeiten sind ja wirklich verblüffend, vor allem in den Ecksätzen dürfte dies einiges für den Höreindruck bedeuten. Da bin ich wirklich sehr gespannt auf Deine Eindrücke von Dausgaards Einspielung und Deinen Vergleich beider Aufnahmen.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Lieber Ulrich,


    Zitat

    Original von Ulrich Kudoweh
    Bei dieser Gelegenheit: kannst Du etwas zur Rezeptionsgeschichte sagen? Nielsen im CD-Heft zur Dausgaard-Aufnahme ist da nicht völlig eindeutig. ...
    Kann das sein: insgesamt nur vier Konzertaufführungen dieses Werks???


    Im Booklet-Text der Segerstam-Aufnahme sind lediglich die ersten drei Aufführungen des Werkes genannt. Ich halte es aber für absolut möglich, daß die 4. tatsächlich die von Segerstam geleitete Wiedergabe war und seither keine weitere stattgefunden hat:


    Uraufführung: Berlin, 10.04.1913, Max Fiedler
    2. Aufführung: Kopenhagen, 11.04.1928
    3. Aufführung: Kopenhagen, 1984, Frank Shipway
    4. Aufführung: Kopenhagen, 1993, Leif Segerstam


    Zitat

    Original von Ulrich Kudoweh
    nicht den mindesten Zweifel habe ich, dass dieses Werk im Konzert heute ein Riesenerfolg würde, wenn es gelänge, genügend Publikum in ein Konzert mit dieser Ankündigung hineinzulocken. :D


    Bei Konzerten nur mit freiem Kartenverkauf wäre es sicher schwierig, die Hütte einigermaßen zu füllen. Aber bei Veranstaltern mit gut ausgelasteten Abonnements wäre es doch sicher leichter möglich, mal eine solche Rarität unterzubringen.
    Was skandinavische Symphonik betrifft, habe ich - außer Sibelius' acht Beiträgen zur Gattung - immerhin die Symphonien Nr. 3-6 von Carl Nielsen und die gleichfalls das Meer thematisierende III., mit dem Beinamen 'Bilder der Westküste', von Kurt Atterberg live erleben können. :] Langgaard war bislang noch nicht im Angebot. Aber ich kann warten. :boese2:


    LG
    Johannes

  • Zitat

    Original von Guercoeur
    Was aber durch die von Dir genannten Spieldauern der einzelnen Sätze bereits ins Auge fällt, ist, daß Dausgaard ein etwas schnelleres Tempo gewählt hat als Segerstam. Insgesamt benötigt Segerstam 1:07:13 für das ganze Werk, braucht also etwa sieben Minuten länger als Dausgaard. Die einzelnen Sätze dauern bei Segerstam: 23:06 - 11:49 - 5:44 - 6:13 - 20:15.


    Ahhhhh!!!!!!! Hier könnte wie schon desöfteren der Schuh begraben liegen, oder wie man dazu sagt. Allein die Hörschnipsel bei jpc haben mich schon viel eher angesprochen als die Segerstam-Aufnahme. Da ich im Generellen ja eher zu den zügigeren Aufnahmen tendiere (wie Du ja weißt Johannes :P ), könnte die Crux in der Kaugummi-Version von Segerstam liegen. Entschuldige, ich weiß Du stehst auf die gemächtlichen Tempi - nein im Ernst: ich mag langsame Tempi sehr gerne, finde aber, daß die Dausgaard-Interpretation dem Werk vermutlich sehr gut tut - etwas rauher, schroffer, wie Ulrich schreibt ordentlich felsig und nicht zu schleppend - verdammt, ich werd doch noch zu so einem Spätromantik-Nerd :baeh01:


    :hello:
    Wulf

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose