Liebe Forianer und Forianerinnen,
es gibt bereits einen Thread über die Klavierkonzerte von Prokofjew, aber halt noch keinen Spezialthread über einzelne Konzerte.
Und da mir das durchaus angebracht erscheint, fange ich mal mit dem wohl populärsten der von Prokofjew geschriebenen fünf Klavierkonzerte an.
Entstehungsgeschichte
Das Werk an sich entstand über mehrere Jahre im Zeitraum von 1917 bis 1921. Wenn man es ganz genau nimmt, waren die ersten Teile sogar noch früher da, denn die parallelen Dreiklänge aus der Reprise des ersten Satzes schrieb Prokofjew schon 1911 auf Vorrat, als er an einem großen Konzert für Klavier schrieb.
Andere Themen plünderte er aus einem geplanten zweisätzigen Streichquartett, das er aber nicht vollendete. Das Konzert entstand in der Nähe des Balletts "Der Narr" und der Oper "Die Liebe zu den drei Orangen". Im Jahr 1921 reiste Prokofjew in die Bretagne und vollendete sein Drittes Klavierkonzert, indem er die restlichen Themen komponierte und alles in eine richtige Form brachte.
Uraufgeführt wurde das Konzert am 16.12.1921 in Chicago. Prokofjew spielte selbst unter der Leitung von Frederick Stock. Es folgten Aufführungen in New York, Paris und London. Überall hatte er großen Erfolg mit dem Konzert, auch als es 1923 in seinem Heimatland in Moskau erstmals gespielt wurde.
Prokofjew hat nie am Werk nachträglich herumgewerkelt, wie er das bei einigen anderen gemacht hat. Er schien damit also so zufrieden zu sein, wie es war.
Werkbetrachtung
Eine hervorstechende Eigenart ist das merkbar russische Kolorit. Obwohl es ohne Volksweisen o.ä. auskommt, wirkt es doch ziemlich russisch.
Ich persönlich meine auch an manchen Stellen einen französischen Stil herauszuhören. Vielleicht ließ er sich in seiner Zeit in der Bretagne auch von dort noch etwas beeinflussen.
Das Konzert ist sehr rhythmisch geprägt, genauso kommt aber auch die melodiöse Seite zum Tragen. Technisch ist es für den Pianisten höchst anspruchsvoll, obwohl es in der Klaviertonart C-Dur steht. Der Solist hat toccatenartige Elemente und komplizierte Akkordgirlanden zu bewältigen.
Prokofjew im Jahr 1921
Der 1. Satz ist ein Sonatensatz, in der die Durchführung sehr spärlich daherkommt. Eingeleitet wird er durch eine sehr kantable Klarinettenmelodie, die als Introduktionsthema dient. Doch schon bald fangen die Streicher einen regen Lauf an, der in das Hauptthema des Klaviers mündet. Durch reichlich Passagenwerk kommt der Pianist in eine kleine Solo-Übergangsstelle, die zum 2. Thema führt. Dieses 2. Thema ist besonders charakteristisch für seine Kastagnetten-Begleitung. Es folgt dann noch ein drittes Thema, das vom Orchester nahezu unisono kommt und im Klavier triolisch umspielt wird.
Die Durchführung kommt ziemlich abrupt und bringt das Einleitungsthema wieder, das sich jetzt etwas mehr ausbreiten darf und auch vom Klavier verarbeitet wird.
Es folgt die Reprise, die wieder durch den Passagenwettlauf, dieses Mal vom Klavier, eingeleitet wird. Die Streicher lassen sich mitreißen und das erste Thema kommt erneut, dieses Mal noch virtuoser und kühner. Daran erschließt sich dann zuerst das dritte Thema wieder, bevor das zweite Thema harmonisch und klanglich verfremdet wieder auftaucht.
Wieder leitet das Klavier durch diesen Wettlauf den nächsten Abschnitt ein. Die Coda ist aber plötzlich mit einem lauten Knall vorbei, als sich alle Instrumente von diesem Sog haben mitreißen lassen.
Der 2. Satz ist ein Variationssatz, der ein Originalthema variiert. Dieses Thema ist sehr sanglich und wahrscheinlich das am Besten zu merkende Thema des ganzen Konzerts. Es folgen fünf Variationen, die zum Teil sehr frei bearbeitet sind. Mal als Stimmungsbild, mal motorisch extrem verzerrt. Auffällig ist die Plagalkadenz am Ende einer jeden Variation.
Das Finale ist eine Rondo-Form mit einem Haupt- und zwei Seitenthemen. Das diatonische Hauptthema ist mit dem Hauptthema des ersten Satzes verwandt, bekommt aber durch den Rhythmus eine ganz entschiedene eigene Akzentuierung. Eines der Seitenthemen ist äußerst lyrisch und eine ruhige Insel im sonst so wilden Finalsatz. Zum Schluss steigert sich wieder alles und in rhythmischen und frivolen Schlägen findet das Konzert sein Ende.
Das diatonische Element habe ich schon erwähnt. In der Tat ist es so, dass es einige Passagen in der Partitur gibt, in denen taktelang über das ganze Orchester verteilt kein Vorzeichen vorkommt. Und das will ja für Prokofjew schon was heißen. Diese Idee dieser Diatonik ist aus seinem ursprünglichen geplanten Streichquartett entnommen. Er hat es nämlich deshalb nicht vollendet, da er meinte, die Diationik wäre auf die Dauer zu eintönig. Es sollte ein komplett "Weißes Quartett" werden.
Insgesamt gesehen lebt das Konzert von den unerwarteten Kontrasten. Man kann sich gerade in einer ruhigen Stimmung wähnen, schon kommt der Paukenschlag zum nächsten Teil mit motorisch-rhythmischen Passagen.
Momentan ist das Dritte Klavierkonzert mein Lieblings-Klavierkonzert, da es mich von der Tonsprache ungemein anspricht und manche Stellen (wie z.B. das Thema im 2. Satz ) einfach zum Niederknieen schön sind.
Meine Aufnahmen werde ich demnächst noch gezielt vergleichen und dann hier vorstellen.
LG, Peter.