Giuseppe di STEFANO +

  • Giuseppe di Stefano


    Geboren 24.7.1921 in der Nähe von Catania
    Motta Santa Anastasia
    Met, Scala di Milano, Arena di Verona, Covent Garden,
    Wiener Staatsoper.
    Rollen: Don Jose,Canio,Radames,Turiddu,Alvaro
    1966 Berlin Land des Lächelns
    1973 Konzerttournee mit Maria Callas, die er 1974
    abbrach.
    Galt als einer der bedeutendsten italienischen
    Tenöre.
    Schallplatten bei Decca, DGG, HMV .


    Quelle Kutsch & Riemers

    mucaxel

  • Sendung in memoriam von G. di Stefano

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Er hatte sicherlich eine der schönsten Tenorstimmen des 20. Jahrhunderts - voluminös und doch weich und warm, dazu eine starke Identifikation mit den Rollen und ein sehr gestisches Singen, das viele begeisterte.


    Auch wenn er nach den Worten eines Kollegen "das Herz eines dramatischen Tenors" hatte - mir bleibt er am besten mit seinen lyrischen Partien in Erinnerung: stellvertretend für vieles die Traumerzählung des Des Grieux, das "Salut demeure" des Faust und ganz besonders eine Phrase seines Edgardo: aus der Schluss-Szene das "bell´alma innamorata".


    R.I.P.


    Petra

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  • Giuseppe di Stefano war einer der Sänger, die mein Interesse an Opern auf Schallplatten begründet haben - sozusagen die erste Liebe. Obwohl längst nicht perfekt, hatte di Stefano, wenn er in Hochform war, eine besondere Fähigkeit, mich mit seinem Gesang zu fesseln, wie es nicht vielen anderen Sängern gelungen ist.


    Die frühen Aufnahmen Giuseppe di Stefanos aus den ersten 10 Jahren seiner Karriere, etwa von 1944 bis 1954, gehören bis heute zu dem Besten, was ich an Tenorgesang kenne. Von der Schönheit der Stimme wird Giuseppe di Stefano zu seiner Glanzzeit von kaum einem Tenor seines Jahrhunderts erreicht. Eine leichte, jugendliche Stimme, die di Stefano aber überaus männlich strahlen lassen konnte. Hier paaren sich noch Sicherheit bei den hohen Tönen, die er später einbüßte, und ein wahrlich betörendes Timbre, vor allem in der Mittellage, das er später auch verlor.


    Was mich an seinen Aufnahmen schon immer besonders fasziniert hat, ist die ungekünstelte Leidenschaft dieses Sängers, die ich gerade in den Liveaufnahmen als absolut echt und aufrichtig empfinde. Man hört, dass der Interpret keine Gnade kennt mit sich selbst, selbst wenn er am Anschlag auf Kosten der Substanz singt. Den Bühnenmensch di Stefano zeigen zum Beispiel Livemitschnitte als Calaf oder Alvaro, die unglaublich spannende Dokumente sind. Auch wenn man hört, dass di Stefano diesen Rollen stimmlich nicht ganz gewachsen ist, sind das elektrisierende Interpretationen. Gelegentlich gingen ihm bei seinen Aufnahmen die Pferde durch – was macht das schon. Auch nach seinem Tod sind Giuseppe di Stefanos Rollenportraits lebendiger als die vieler anderer Kollegen.


    Auch für mich einer der Größten.

  • Mit di Stefano geht eine der letzten lebenden Legenden unter den Opernsängern.


    R.I.P.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Für mich bleibt di Stafano vor allem einer der bevorzugten Partner der Callas. Allein das adelt ihn in meinen Augen über alle Massen.
    Auch wenn das vielleicht nciht korrekt erscheint: ohne sie hätte ich diesen grossen Tenor (der mir auch in den weniger dramatischen Rollen besser gefällt) kaum so intensiv kennengelernt. Requiescat in pacem.
    Ein Platz im Engelchor, hoffentlich an der Seite der Divina, die ihm auch menschlich nahe stand,, ist ihm wohl gewiss. :angel:



    Fairy Queen

  • Gottlob existieren genügend Aufnahmen, die diese Jahrhundertstimme bewahren. Schmelz und Attacke und Sinnlichkeit verbanden sich zu einem unverwechselbaren Timbre, das jeder Opernliebhaber im Ohr behält und noch künftige Generationen begeistern wird.
    Zu den tragischen Momenten seines Lebens zählt sicher der verweifelte Versuch, zusammen mit Maria Callas in einer letzten Tournee der 60er Jahre an beider Glanzzeitern anzuknüpfen. Weder die Callas noch di Stefano waren in der Lage, ihren selbstgesetzten Maßstaben noch gerecht zu werden.
    Ich erinnere mich, vor einiger Zeit gelesen zu haben, di Stefano sei vor Jahren in seinem Ferienhaus in Kenia überfallen, schwer verletzt worden und habe seitdem im Koma gelegen. Wenn das stimmt, dann hat seine Familie eine Heimsuchung ertragen müssen, die allen Ruhm der Bühnenwelt beiseite schiebt.


    Florian

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  • Auch ich wünsche meiner Trauer um Giuseppe di Stefano Ausdruck zu verleihen und ihm für die große Freude und das Glück danken, das er mit seinem ganz und gar rückhaltlosen und ekstatischen Singen bereiten konnte.


    Auch wenn Stimmexperten stets den Raubbau an seiner wunderschönen Stimme durch das „falsche“ Repertoire beklagt haben, schenkte er uns dafür – eine Kerze die heller strahlt, verzehrt sich auch schneller – unvergessliche begeisternde Sangeserlebnisse einer beispiellosen emotionalen Direktheit. Es war seine Entscheidung, sein Ausdruckbedürfnis und trotz des Kummers über diese stimmliche Verausgabung kann man über die glücklicherweise recht breit festgehaltenen Ergebnisse vollen Glücks staunend genießen.


    Seine Zusammenarbeit mit Maria Callas zu loben, hieße Eulen nach Athen tragen.


    Ich möchte vor allem auf seine frühen Aufnahmen aus den 40er Jahren hinweisen, die eine herrliche Leichtigkeit und Höhensicherheit offenbaren, stilvoll, mit wundervollen Differenzierungen an Farben und Dynamik, und doch schon so voller Emotion. Traumhaft.


    Als Beispiel seien genannt seine Aufnahmen unter Alberto Erede mit dem London Symphony Orchestra aus dem Juni und Juli 1947, auf einer Portrait-Platte der EMI (CDM 7 63105 2). Dort singt er italiano die Cavatine des Wilhelm Meister aus Thomas Mignon „Addio, Mignon“ (Akt I) und die Arie „Ah! non credevi tu“ (Akt III). Ist meine Lieblingsaufnahme dieser Stücke, gefällt mir von keinem anderen besser. Ebenfalls „Ah! dispar vision“ aus Massenets Manon. Auch das Lamento di Frederico aus Cilea's L’Arlesiana singt er dort m.E. unübertrefflich, sowie zwei wundervolle sizilianische Volkslieder „A la Barcillunisa“ und „Cantu a Timuni“.


    Wundervoll und schlicht unglaublich auch ein bei Myto erhältliches Recital eines Konzertes in Chicago aus dem Jahr 1950. Es dirigiert Gaetano Merola das (laut Booklet) Orchestra della Radio di Chicago. Pippo beginnt mit der Cavatine des Faust (Gounod) „Salut! demeure chaste et pure“ und singt ein exorbitantes hohes C, diminuiert dann ins pianissimo vom strahlendsten Glanz aus, um am Ende noch durch einen Wechsel in die Kopfstimme einen weiteren Akzent zu setzen. Das vermittelt so viel mehr, als ich je schreiben könnte.


    Dafür und für alle anderen einzigartigen Hinterlassenschaften meinen innigsten Dank.


    Grazie, carissimo Pippo, e arividerci


    LG, Ulmo

    SINE IRA ET STUDIO (Tacitus)

  • Lange wurde in diesem Thread nicht mehr geschrieben, aber da ich bei Tamino jetzt erst einsteige, konnte ich vorher eben nichts dazu beitragen.
    Kennengelernt habe ich den Namen Giuseppe di Stefano in den 70igern, als er mit Dagmar Koller im Operettenhaus auf der Reeperbahn in Hamburg im "Land des Lächelns" sang. Gehört habe ich ihn aber erst über den Umweg Callas, man kommt dann ja nicht an ihm vorbei. Geliebt habe ich ihn dann sofort. Auch heute noch bekomme ich Gänsehaut, wenn ich dieses Timbre vernehme, diese Direktheit, diese ungekünstelte Leidenschaft, dieses Brennen und diesen überrumpelnden Charme. Natürlich höre ich die Schwachpunkte seiner Technik - und die traten ja leider schon sehr früh auf - und mache um spätere Aufnahmen, obwohl ich sie besitze, doch eher einen Bogen, aber die Liebe zu dieser Stimme wird bleiben. Er ist für mich der Inbegriff italienischer Oper und Italiens: Sonne, Unbekümmertheit, auch das Sichdurchschummeln, Leidenschaft und eben ganz viel Charme. (Ich weiß, eine ordentliche Aneinanderreihung von Klischees.)
    Zweimal durfte ich ihn noch erleben. In den 80igern trat er erneut in Hamburg auf, bei zwei Galaabenden mit mehr und weniger bekannten Stimmen. Bei beiden Gelegenheit sang er auch noch einmal. Natürlich hatte man nichts mehr erwartet und diese Erwartung wurde auch voll erfüllt. Aber ab und an blitzte doch wieder dieses unglaubliche Timbre auf, auch wenn er nun eher ein Bariton war. Aber diese Momente und sein Erscheinen auf einer Bühne haben beide Abende lohnend gemacht.
    Meine Lieblingsaufnahme ist übrigens eine Tosca aus Mexiko mit der Callas. GdS singt hier ein "E lucevan le Stelle", dass ich so nie wieder gehört habe. Er beginnt die Arie mit einer unglaublichen vokalen Finesse, singt "O dolci baci" in einem wundervoll ausdrucksstarken Piano, baut in "disciogliea dai veli" ein Diminuendo ein, das wiederum in einem betörend sehnsüchtigen Piano endet und steigert dann die Arie mit allen veristischen Mitteln (Schluchzern etc) zu einem verzweifelt brennendem Schluss. Danach kommt das Haus 'runter und er muss wiederholen.
    Ich habe natürlich auch seinen Querschnitt der Poppea und seinen Rienzi, nun gut, immerhin kurios.
    Grüße Gusatv

  • Giuseppe in memoriam


    Auch für mich eine der schönsten Tenorstimmen
    überhaupt, besonders in jungen Jahren. Hermann
    Prey äußerte sich einmal über Fritz Wunderlich,
    dieser habe immer gesungen, als ob es das letzte Mal
    gewesen sei. Gleiches möchte ich über di Stefano
    sagen.


    Ob es nur der Raubbau mit seiner Stimme war,
    dass er etwa ab Mitte der 70er schwächer wurde,
    sei dahingestellt. In einer dacapo-Sendung mit
    Everding wurde auch darauf hingewiesen, dass
    er neben dem Gesang das Leben, Weib und Wein in vollen
    Zügen genoss. Häufig musste ihm Bing das Ticket vorher
    zusenden, damit er pünktlich an der Met erschien.


    Was soll's drum, ihm sei's von Herzen vergönnt.


    Grüße aus Burgdorf


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Zitat

    Original von gerlach
    In einer dacapo-Sendung mit
    Everding wurde auch darauf hingewiesen, dass
    er neben dem Gesang das Leben, Weib und Wein in vollen
    Zügen genoss.


    ... und Casino-Besuche!!
    Die ganz frühen Aufnahmen von 1944-46 gehören zu dem Schönsten was ich je gehört habe, auch wenn Stimme und Interpretation noch nicht ganz ausgereift. Das Timbre ist absolut betörend und rührt mich immer wieder zu Tränen, vor allem wenn man bedenkt, wie sorglos er zum Teil diese wirkliche Jahrhundertstimme (wohlgemerkkt das Material, nicht unbedingt das technische Rüstzeug) in doch recht kurzer Zeit verpraßt hat. Ein unglaublich charismatischer Mann und temperamentvoller Sänger; ein lyrischer Tenor mit dem Temperament eines Dramatischen habe ich einmal gelesen. Bin froh, daß ich ihn bei zwei Gelegenheiten noch kennenlernen durfte.
    "Posa in pace" und "Cor sì grande e generoso" - aus einer seiner Lieblingsopern.