Hallig oder Trocken, das ist die Frage!

  • Hallo Taminos und Taminas!


    Angeregt von einem Radiobeitrag zum Thema "Hallig oder Trocken" habe ich über die Suchfunktion beide Begriffe abgefragt und festgestellt, dass beide bei der Bewertung eine Aufnahme eine Rolle spielen. Wobei ich festgestellt habe, dass die Wertung "trocken" und die dazugehörigen Abstufungen erheblich mehr in Auftritt als hallig. Wobei das "Trocken" meist als negativ erlebt wird, sowie auch zuviel Hall.
    Kann es sein, dass eine gemässigt hallige Aufnahme für die meisten Hörer als angenehmer erlebt wird als eine entsprechend trockene? Wie seht Ihr das?


    Welche Werke/Periode verträgt mehr oder weniger Hall?
    Wer schätzt z.B.: Gregorianische Gesänge mit wenig Hall und wer eher trocken und warum?


    Lg,
    Franz

    Sagt nicht:"Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern:"Ich habe eine Wahrheit gefunden." (Khalil Gibran; Der Prophet, dtv, 2002)

  • Lieber Franz,


    eigentlich lässt sich das Thema nicht auf hallig oder trocken reduzieren. In dem Umfeld ist zu betrachten: in welchem Raum ist die Aufnahme erstellt worden. Fängt die Aufnahme diesen Raum - die spezifische Raumakustik - ein? Oder sind die Instrumente so direkt abgenommen, dass eine Räumlichkeit überhaupt nicht entsteht? Sind die aufgenommenen Instrumente (Beispiel Trompete, Orgel)/Stimmen in ihrer Eigenschaft als Schallquellen raumfüllend/raumgreifend - oder eher kläglich (ein Beispiel verkneife ich mir sicherheitshalber)?


    In diesem Spannungsfeld spielt sich dann eine dermaßen unklare Positionierung subjektiver Befindlichkeiten dahingehend ab, wer denn nun gerade zufällig die Erreichung welchen Grades von Räumlichkeit, Hall, Direktheit für diese spezielle Aufnahme mit allen ihren Parametern einschließlich des Musikstücks und der Musiker für subjektiv "richtig" halten mag, dass das Aufstellen objektiver Kriterien nur eine grobe Richtung anzuzeigen geeignet erscheint. Wissen und beurteilen können solltens ja eigentlich Tontechniker und Produzenten. Aber dazu mal zwei Beispiele:


    MDG Dabringhaus und Griumm, die ja die sorgfältige klangorientierte Auswahl ihrer natürlichen Aufnahmeorte besonders betonen, haben Brahms Klavierquintett op. 34 mit Andreas Staier und dem Leipziger Streichquartett eingespielt - ich glaube in der Rennbahn Arolsen (habe die Aufnahme gerade nicht hier). Die Aufnahme betont sehr das Einfangen der natürlichen Raumakustik, die Instrumente sind weit entfernt von einer auch nur annähernd direkten Aufnahme. Ich habe mich bis heute nicht an dieses von mir als extrem hallig empfundene Klangbild gewöhnt, es stört mich dermaßen, dass ich mich auf die musikalischen Qualitäten der Einspielung weder einlassen noch konzentrieren kann.


    Philips hat in den 60er Jahren das Beaux Arts Trio mit Einspielungen aller möglichen Klaviertrios aufgenommen, die auch heute noch vielfach als Referenzaufnahmen gehandelt werden. Diese Aufnahmen sind dermaßen staubtrocken, null Raumeindruck, dass es mich physisch schüttelt und eine Abwehrreaktion bei mir auslöst: Ich kann und mag mir das nicht mehr anhören.


    Tontechniker/Produzenten haben ganz sicher gute Gründe für die jeweilige Wahl der Aufnahmekonstellation. Die beiden Hauptparameter dürften dabei die Größe des Ensembles und der Charakter des Aufnahmeraums sein. Aber wie das Ergebnis dann beim individuellen Hörer ankommt ... ?( ?( ?( Es scheint nur eine Allgemeingültigkeit zu geben, mit der man nicht allzuviel wird falsch machen können: Nicht zu hallig, aber auch nicht zu trocken.


    Dass dann mancher seinen Gregorianischen Choral gerne in Kathedralenhall verschwiemelt hört, ist wieder sehr subjektiv; der andere hört seinen Chorsatz aus dem zwanzigsten Jahrhundert vielleicht (wahrscheinlich) lieber in einer den Chor stützenden, aber trotzdem durchsichtigen Akustik. Ich sehe nicht, dass es hier allgemeingültige Zuschreibungen bestimmter Hallmaßstäbe zu bestimmten Perioden oder Musikarten geben wird.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Das ist ein wichtiges Thema, denn die Freude am Musikhören ist damit unmittelbar verbunden.
    Es fängt schon beim Konzert an: Concertgebouw und Wiener Musikvereinshaus sind sehr hallig, haben ein regelrechtes Echo, das man dann hört, wenn man nicht daran gewöhnt ist. Fand ich irritierend. Beethovenhalle in Bonn sehr trocken, wenn vollbesetzt, gefällt mir gar nicht (hoffe auf Festspielhaus), Gewandhaus in Leipzig _ letzte Reihe hervorragend gehört.


    CD: Beethoven-Quartette mit dem Gewandhausquartett - einfach tolle Akkustik. Die eher behebige Spielweise wird dadurch zu einem phantastischen Klangerlebnis.
    Korstick - Beethoven-Sonaten: ich habe den Höreindruck, ich würde in der 23. Reihe sitzen, weit weg vom Klavier
    Man könnte über viele Aufnahmen etwas sagen.
    Scherchen, Beethoven-Sinfonien Wiederauflage, sehr bearbeitet. Sehr gute Interpretation, durch die Bearbeitung aber kommt es mir sehr synthetisch vor.


    Also: wo stehen die Mikrophone, was hat der Raum für eine Akkustik, was haben Tonoingenieure daran gemacht - viele Aspekte, die den Horeindruck bei uns bestimmen.


    Ich hoffe, es kommen zu diesem Thema noch viele Beiträge


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Ich gehe davon aus, daß es sich hiebei um "hallig" oder "trocken" von TONAUFNAHMEN handelt - nicht um die Akustik von Konzertsälen
    (als Anmerkung am Rande: Die Akustik des wiener Musikvereinssaales gilt unter Kennern als die Beste der ganzen Welt - und jene des Concertgebouw wird in Wien als einige Konkurrenz akzeptiert- man sieht also was Hörgewohnheiten ausmacht)


    Aber wir reden ja von Aufnahmen.


    Es ist zum einen eine Frage der Klangphilosophie - zum andern eine der Abhöranlage bzw des Abhörraumes.


    Eines der Probleme bei Tonaufzeichnungen un der Wiedergabe über Lautsprecher ist die Tatsache, daß zum einen die Akustik des Aufnahmeraumes zum Tragen kommt, zum andern jene des Wiedergaberaumes und der Lautsprecheraufstellung, bzw der Anlage generell.


    So gibt es Lautsprecher, welche den Aufnahmeraum relativ gut wiedergeben. In solchen Fällen muß der Wiedergaberaum relativ reflexionsarm und der Hörabstand möglichst gering sein, ansonst hört man eine Vermischung beider Raumakustiken, was zu unvorhergesehen - meist aber unangenehm klingenden Resultaten führt.


    Trockene Aufnahmen hingegen klingen an solch einer Kette eher Steril und synthetisch.


    Bei trockenen Aufnahmen wird aber im allgemeinen der Wiedergabe in einem "Normalwohnraum" mit "Consumer-Anlage" besser Rechnung getragen, als jenen mit eingefangener Raumakustik, welche in diesem Fall zu verwischten verschwommenen, halligen und verfärbten Aufnahmen führt.


    Kopfhörer hingegen - wenn sie gut sind - wären in gewisser Weise das Ideal: Sie gestatten, auch in halligen Räumen gemachte Aufnahmen sehr gut analytisch durchzuhören.


    Problematisch sind IMO Kirchen und Schlösser, welche publikumsfrei für Aufnahmen eingesetzt wurden - Der Hall ist in solchen Fällen in der Regel inakzeptabel.


    mfg aus Wien


    Alfred


    Ein "goldene Regel" gibt es indes nicht.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo!


    Für mich darfs gerne eher hallig als trocken sein.
    Auch Kammermusikaufnahmen in Kirchen o.ä. stören mich im Normalfall nicht.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo,


    ich hatte zu dieser Thematik bereits in einem anderen Thread gemeint:


    Zitat


    Ich empfinde den obligatorischen Hall als ziemlich widerwärtig, er ruft in mir ungute Gefühle hervor - überschattet in diesem Falle die Musik aber nicht. Das Ganze erhält so einen "geistlichen Beigeschmack", den ich als absolut fehl am Platze empfinde. Wenn ich geistliche Musik hören mag, dann wähle ich Oratorien, Messen und dergleichen.


    Bei Kammermusik und Orchesterwerken bevorzuge ich staubtrockene und direkte Aufnahmen - am besten an jedem Instrument ein Microphon angeschlossen, damit man auch noch die Holz- oder Stahlwürmer hört.


    :D


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo zusammen,


    ich mag's im Zweifelsfall lieber trocken, weil es mir wichtig ist, die verschiedenen Stimmen gut zu hören. Da bin ich wohl von Glenn Goulds Studioaufnahmen geprägt oder vielleicht überhaupt vom Klangkonzept der CBS (heute Sony), die ja auch das Juilliard String Quartett in den 1960'er Jahren sehr trocken aufgenommen hat.


    Ich verfüge nur über einen portablen CD-Spieler und nicht besonders gute Kopfhörer. Die Vorzüge von weniger trockenen Aufnahmen kommen wohl erst bei besserer Wiedergabetechnik zum Vorschein. Wahrscheinlich ist es eine weitaus schwierigere Angelegenheit, sich dem Klang eines Konzerterlebnisses anzunähern als einfach die beteiligten Stimmen wiederzugeben.


    Viele Grüße


    :hello:

  • Ich möchte mich denen anschließen, die eher einen trockenen Klang bevorzugen. Bei Vokalaufnahmen ist es ja so, daß in einem Opernhaus, mit Publikum kaum Hall entsteht. Bei Kammermusik, z.B. Streichquartett,
    wird durch übermäßigen Hall, die Durchsichtigkeit zerstört. Bei Liederabenden wird durch Verhallung die Textverständlichkeit zerstört.
    Man sollte also mit dem Hall sehr vorsichtig umgehen. Das sage ich, als ehemaliger Tontechniker.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Schliesse mich ebenfalls an, sowohl von ausfuehrender als auch hoerender Seite.


    Wobei "trocken" auch wieder relativ ist - wer mal eine CD in der schalldichten Kabine eingesungen hat, weiss, wie schwer und ungewohnt "ganz trocken" ist - da kommt man sich wirklich vor, als haette man Watte in den Ohren ;)
    Andersrum ist soviel Hall, dass man geradezu auf das eigene Echo warten muss, bevor man weitersingen kann, auch sehr anstrengend ...


    Generell aber auf jeden Fall lieber "angetrocknet" ;)

  • Hallo!


    Wenn ich die Beiträge nach den trocken oder hallig durchsuche, so wird bei einer Aufnahme eher angemerkt, dass diese zu trocken sei, als umgekehrt (399/77 Beiträge). Das kann doch nicht ohne Bedeutung sein!


    Auf die Menschen bezogen ist es ja auch so, dass allzudirekte(trockene) Menschen auch nicht immer auf große Gegenliebe hoffen dürfen. Ist der Gedanke/Vergleich zulässig?


    lg,
    Franz

    Sagt nicht:"Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern:"Ich habe eine Wahrheit gefunden." (Khalil Gibran; Der Prophet, dtv, 2002)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Franz,


    ich denke, daß man es nicht vergleichen kann. Bei einem Menschen,


    den man als trocken bezeichnet, bezieht sich das ja gewöhnlich auf den


    Humor. In der Akustik ist es eben eine physikalische Sache, die nichts


    mit Humor zu tun hat. :D


    (Dem, was der Alfred weiter oben geschrieben hat, stimme ich vollkommen zu).


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • guten Abend allerseits,


    wie schon einige meiner Vorredner bevorzuge ich die eher (aber nicht ganz) trockene Aufnahme. Ein bisschen Hall gerne, aber bitte nicht zu viel. Und wenn ich schon den optimalen Klang nicht habe, dann lieber zu trocken als zu hallig.


    Ich habe mir vor einiger Zeit die beiden Boxen der kompletten Symphonien von Beethoven und Schubert mit der Hanover Band unter Roy Goodman zugelegt, die ja bisweilen als sehr hallig bezeichnet werden. Ich wollte nach dem ersten Anhören noch nicht meckern, aber inzwischen stört es mich schon arg - insbesondere die Flöten klingen so, als würden sie im tiefsten Keller geblasen, und das gefällt mir irgendwie gar nicht.


    @ Franz : bezüglich dieser Aussage, mehr Meinungen würden sich über 'zu trocken' als über 'zu hallig' beschweren - ist mit diesem 'zu trocken' wirklich der Klang gemeint, oder nicht vielleicht doch die Spielweise/Interpretation ?


    rolo :hello:

    Es wird immer weitergehn, Musik als Träger von Ideen.

    Kraftwerk

  • Hallo,


    Für mich kommt es darauf an welche Sparte (symphonisch, kammermusikalisch, geistlich,...) und wie groß das Ensemble ist bzw. die Anzahl der Aufführenden.
    Mit gutem Grund gibt es ja die verschiedensten Größen an Sälen bzw. Orten die an die jeweilige Musik angepasst sind. Ich persönlich finde es deswegen immer als unpassend wenn zB ein Klavierinterpret in einem großen Saal oder ein Orchester symphonische Werke in der Kirche aufnimmt, so wie einmittlerer bis größerer Chor oder eine Orgel in einem Kammermusiksaal an Wirkung verlieren würde.
    Man könnte das zwar mit der Tontechnik noch einigermasse kaschieren (beim ersteren Fall weniger aber mit einer relativ nahen Platzierung der Mikrofone möglichst viel direkten Schall aufnehmen um die
    diffusen Anteile zu vermindern, beim Zweiteren mit nachträglich technisch erzeugtem Hall oder besser Impulse Respones wobei ein natürlicher Raum immer besser wäre) aber wenn man ein Konzertbesucher ist kann sich das manchmal schon negativ auswirken wenn man zB den Klavierspieler aus dem
    letzten Drittel eines größeren Konzertsaals hört (also weitere Entfernung von der Schallquelle die von der Lautstärke in der Relation zur Größe des Raumes in dem Fall zu leise ist) kann die Zunahme an Menge an reflektiertem Schall doch sehr störend wirken (es ändert sich auch
    prinzpiell der Klangcharakter) das kann in den schlimmsten Fällen sogar bis zu einem minimalen Echo führen.


    Es gab einmal in einer Zeitschrift einen recht interessanten Artikel wo die bekanntesten Konzertsäle und ihre Charakteristiken miteinander verglichen wurden und wie sich Formen, Größen, Art und Anzahl der Absorber auf den Klang auswirken. Der schon erwähnte Musikverein wurde zwar als der wohl - für die meistenBesetzungen - Bestklingenste davon auserkürt aber wie schon einmal ein Dirigent anmerkte (mir fällt leider der Name nicht mehr ein) nur bis zu einem gewissen Level, zu große Aufführungen wie zB Mahlers 8. wären für diese Raumgröße auch nicht mehr passabel und Jansons meinte mal hier dürfe man nicht zu laut spielen (wobei böse Zungen ja meinen das würde ihm sowieso nicht schwerfallen :D) Einmal erlebte ich hier Tschaikowsky´s 4. unter dem LSO (bis zum letzten Winkelchen auf der Bühne in größtmöglicher Besetzung) die für die Größe des Saales in den Tuttis oft zu laut waren und der gleiche Effekt eintrat wenn man zB zu Hause Standlautsprecher in kleineren Räumen zu laut aufdreht und es aufgrund der Reflexionen zu unangenehmen Stehwellen kommen kann.


    Alles in Allem würde ich sagen weder trocken noch zu viel Hall, dezent und der jeweiligen Art der Musik angepasst wäre für mich ideal (obwohl das leider nicht immer bei CD-Aufnahmen der Fall ist)


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • für Orgel oder Chor darf es ruhig recht hallig sein, das ist ja wohl der typische Klang in einem Kirchenschiff - für Orchestermusik sollte es ein wenig trockener sein und für Soloinstrumente dann ziemlich trocken - aber wiederum nicht sooo trocken wie in einem schalltoten Raum, was dann zu steril wäre.

  • Wir alle haben uns von der Fragestellung dupieren lassen:
    Sie ist nämlich so formuliert, daß man unwillkürlich den Eindruck hat, man müße sich für eine der beiden Alternativen entscheiden.
    Dem ist aber nicht so. Die Antwort auf die Frage müsste korrekterweise lauten: WEDER-NOCH


    Eine Aufnahme sollte weder trocken noch hallig sein, sondern dem Progerammaterial entsprechend.
    Die Raumakustik sollte - passend zur Musikart - mit eingebunden sein. jedoch natürlich nicht in vollem Umfang, weil ja letztlich die Nachhallzeit des Abhörraumes in Erwägung gezogen werden muß.
    Anzunehmen, alle Klassikliebhaber würden über reflexionsarme Studios (ich mag sie ohnedies nicht) verfügen wäre töricht.


    Zu Recht wurde bemerkt, daß Kirchenmusik mehr Nachhall verträgt als andere Musikarten.
    Aufnahmelocations jedoch zu "vergewaltigen", soll heißen mit elektronischem Hall an seine Wünsche anzupassen, das ist das Schlimmste. Alte Monitore waren konstruktionsbedingt nicht sehr räumlich in der Wiedergabe, so bemerkten die Tontechniker der 60er Jahre nicht welch Unheil sie anrichteten...............


    Die Dosis macht das Gift


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Wir alle haben uns von der Fragestellung dupieren lassen:


    Wir alle? :no: - man beachte meinen letzten Absatz :baeh01::yes:


    Zitat

    soll heißen mit elektronischem Hall an seine Wünsche anzupassen, das ist das Schlimmste.


    Würde ich so generell nicht sagen - klar ein natürlicher gut klingender Raum ist immer besser. Aber auch hier gibt es Unterschiede wie man den Hall hinzufügt, ich würde mich zB wetten traun das ein - vorausgesetzt gut gemachter - hinzugefügter Convolution Reverb der ja im Grunde genommen aus Impulsantworten echter Räume besteht (die Technik existiert noch nicht allzu lange) von einem Laien zum. bei kleinen Besetzungen, kaum als solcher heraushörbar ist.
    Bei elektronischen Hallgeräten kann man unter Umständen schon eher einen künstlich klingenden Nachhall wahrnehmen, vor allem wenn man nicht eines der ziemlich teuren Geräte benutzt und mit viel Detailarbeit an die Sache geht.
    Aber ich denke meist greift man ja hoffentlich doch nur zu solchen Mitteln wenn es reine Studioproduktionen (also nicht im Konzertsaal, Kirchen,...aufgenommen) wären oder wenn man bei live-Mitschnitten beim wegschneiden des Klatschens noch gegen Ende die abgeschnittene natürliche Hallfahne mit einem "unnatürlichen" ;) ergänzt.


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Hallo!


    Es ist und war nicht mein Ziel zu dupieren. :angel:


    Alfred geht davon aus, dass es eine optimale Aufnahme geben kann. Wobei schon damit das Problem beginnt, wie sieht die optimale Aufnahme aus? Wenn ich den Gedanken aus dem Eröffnungsbeitrag weiterspinne, liegt die optimale Aufnahme für die Mehrzahl der Hörer eher nicht im "trockenen" Spektrum der Akustik, wobei ein Zuviel an Hall auch abgelehnt wird.


    rolo betman stellt zu Recht die Frage, was mit der Beschreibung "trocken" in vielen Beiträgen gemeint ist: Akustik oder Spielweise/Interpretation.
    Eine "trockene" Spielweise wird als intellektuell interpretiert andere Spielweisen gehen anscheinend eher aufs Gefühl. Aber korrespondiert das nicht mit der Wahrnehmung, dass akustisch trockene Aufnahmen der Wahrnehmung von mehr Details und Strukturen erleichtern/erst möglich machen?


    Ich stelle nochmals die Frage: Wie ist es zu erklären, dass "ein zu trocken/eher trocken" bei einer Aufnahme eher angemerkt wird (sei es nun auf Akustik oder Spielweise bezogen) als andersrum.


    Ich mit Alfred und ame einverstanden, wenn sie meinen, dass sich die Akustik nach dem Stück zu richten hat.


    lg,
    Franz

    Sagt nicht:"Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern:"Ich habe eine Wahrheit gefunden." (Khalil Gibran; Der Prophet, dtv, 2002)

  • Zitat

    Original von Franz Laier
    Ich stelle nochmals die Frage: Wie ist es zu erklären, dass "ein zu trocken/eher trocken" bei einer Aufnahme eher angemerkt wird (sei es nun auf Akustik oder Spielweise bezogen) als andersrum.


    Ich beziehe mich jetzt mal auf die Akustik: ZU trocken wird v.a. deswegen haeufig moniert, weil es unnatuerlicher SCHEINT - fast jeder angenehm zu bespielende Konzertsaal, und sei er noch so klein, hat einen natuerlichen Hall, mal mehr mal weniger, auch je nachdem, wie voll besetzt usw. Das hat, wuerde ich sagen, auch viel mit Hoergewohnheiten zu tun.
    Trockene Akustik erinnert manche Leute schnell an Wohnzimmerkonzerte auf Teppich, das ist einfach so ;)


    Dann kommt noch dazu, dass trockene Akustik nicht so schnell vergibt. Man hoert m.E. Unschoenheiten viel eher ...

  • Wenn es nicht gerade überhallig ist (da habe ich bei Konzerten in Kirchen schon schlimmeres als auf jeder Aufnahme erlebt) müssen nicht unbedingt Details untergehen. Dennoch kann der Hall stören. Ich bin selbst nicht zuverlässig in der Lage zwischen echtem und künstlichem Hall zu unterscheiden.


    Zwei "hallige" Beispiele:
    - Neulich machte Klawirr den Hall auf Berlioz' Faust unter Ozawa (Boston, Anfang/Mitte der 70er eingespielt, DGG) aufmerksam. Das fiel mir beim Anhören an einigen lauten Stellen auch unangenehm auf. Es wirkte außerdem künstlich.


    - Die Beethoven (u.a.) Einspielungen des Wiener Musikverein Quartetts (im Vertrieb von Denon Japan) wurden in einem Saal des Schottenstifts in Wien aufgenommen. Mir eigentlich zu hallig, aber es klingt nicht unnatürlich und ein Streichquartett kann, wenn zu direkt und trocken aufgenommen leicht etwas scharf und unangenehm klingen (z.B. CBS-Aufnahmen mit dem Juilliard-Q.)
    Ähnliches gilt für klein besetztes HIP-Ensemble, die daher oft in recht halligen Orten aufnehmen.
    Bei so kleiner Besetzung ist trotz Hall die Transparenz meistens kein Problem.
    Ich kann es aber nicht leiden, wenn ein Quartett oder Sextett fast wie ein Streichorchester klingt und habe hier im Zweifel lieber "trockenere" Aufnahmen.


    Dem Anschein nach heftigst gefilterte historische Aufnahmen wie die o.g. Scherchens bei Archipel würde ich hier nicht heranziehen. Da sind m.E. ganz andere Faktoren für das etwas künstliche Ergebnis verantwortlich als ursprünglicher Raum und Aufnahmetechnik.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Thread-Frage ist in meinem Fall nicht so verkehrt gestellt, da mir eine zu trockene Aufnahme noch nicht begegnet ist. Hall stört mich aber nicht, solange die Aufnahme durchhörbar bleibt.


    CBS-Aufnahmen der Juilliards aus den 60'ern finde ich herrlich trocken. Gerade in Beethovens op. 18 sind alle vier Streicher gleichermaßen präsent. Und da es sich ja um Kammermusik handelt, kann sie meinetwegen auch so klingen, als hätte die CBS die Musiker in eine Besenkammer eingesperrt.
    Nicht so trocken, aber ähnlich durchhörbar sind die Aufnahmen, die ich vom Talich-Quartett habe. Auch hier lassen sich die Streicher gut auseinander halten, selbst wenn sie einen Tutti-Akkord spielen.


    Bei so einigen Streichquartett-Aufnahmen haben dagegen 2. Violine und Bratsche selten was zu melden. Da ist für mich nicht klar, inwieweit dies auf's Ensemble oder aber auf die Aufnahmetechnik bzw. -leitung zurückgeht.


    Ein besonders frappantes Beispiel, wo die unangefochtene Vorherrschaft von Primgeige & Cello wohl eindeutig auf's Konto des Aufnahmekonzepts geht, sind Mozarts 'Haydn'-Quartette mit dem Kuijken-Quartett bei Denon.
    Da hört man immer von diesen HIP-Fans, dieses dauernde Non-Vibrato sei nunmal richtig und nötig, gerade damit nicht einige Instrumente die anderen zudecken. Und dann gehen die historisch informierten Ausführenden zum Aufnehmen in eine bestimmt schöne Kirche, um den beklagten Zudeck-Effekt nur umso schlimmer zu reproduzieren.
    Die Talichs und die Juilliards beweisen bei der Durchhörbarkeit das Gegenteil.


    Was ich von den Haydn-Quartetten mit den Buchbergers halten soll, weiß ich noch nicht so recht.
    Deren Spiel gefällt mir. Die spielen auch non-vibrato, woran ich mich immer noch etwas gewöhnen muss. Es klingt wohl daher zwar bisweilen kratzig, aber sie sind doch leidenschaftlich bei der Sache. Dafür klingen sie nicht so rund und nuanciert wie ein Non-HIP-Ensemble.
    Dafür, dass die Buchbergers in einer Kirche aufnehmen, sind 2. Geige und Viola wohl noch relativ gut zu hören. Zum Kennenlernen scheinen mir ihre Haydn-Quartette auf jeden Fall o. k. zu sein.


    Viele Grüße


    :hello:

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    .....aber ähnlich durchhörbar sind die Aufnahmen, die ich vom Talich-Quartett habe.


    Ich empfand die Aufnahmen mit dem Talich Quartett immer als Maß aller Dinge: Sie sind nicht nur gut durchhörbar, sondern auch die spezielle Klangfarbe der Instrumente ist gut eingefangen. Sie seine allen Kammermusik-Freunden - und auch nicht-Freunden aufs wärmste empfohlen - sie sind eine Wohltat im Vergleich zu all den halligen in Kirchen oder Palais mit ungeeigneter Akustik eingespielten Kammermusik-Aufnahmen.....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !