Leider ist es mir nicht gelungen, einen pointierten Titel für diesen Fred zu finden und ich muss wohl auch ein bisschen ausholen um zu erklären, worauf ich eigentlich hinauswill.
Neulich jedenfalls begab es sich bei den Taminos, als es um Beethoven-Symphonien für Einsteiger ging:
ZitatOriginal von Marc
Ähnliche Eingängigkeit [wie die "Pastorale"] kann wohl nur noch die Fünfte für sich beanspruchen, aber dieses ganze TA-TA-TA-TAAAA!!! kann man ja mittlerweile eigentlich nur noch ironisch verwenden - genauso wie den berühmten "Trauermarsch" Chopins.
Beides sicher großartige Werke, aber ...
ZitatOriginal von Alfred_Schmidt
Ich bin übrigens NICHT der Meinung, das Eingangsthema der Fünften könne man nur noch "parodistisch" geniessen.
Man darf nicht aus den Augen verlieren, daß es eben Leute gibt, die noch nie eine Beethoven Sinfonie gehört haben - für sie ist das Neuland - ein ganz beeindruckendes Erlebnis…
Mit seinem Einwand hatte Alfred sicher nicht Unrecht und ich gebe auch zu, dass ich wenigstens das "man" in meiner Aussage durch ein "ich" hätte ersetzen sollen, wobei auch dann noch ein gewisser Anteil an Polemik bleiben würde und wie groß der ist - darüber könnte man streiten.
Vorallem weil ich selbst ja gerne dafür eintrete, dass man "große Gefühle" nicht immer ironisieren sollte und dass es Momente im Leben gibt, in der man in einer so ironie-freien Stimmung ist, dass ein Trauermarsch oder eine musikalische Kriegserklärung gerade Recht kommen.
Trotzdem: (Wie und in wie vielen Wörtern schreibt man eigentlich "nichts desto trotz"? Ich habe keine Lust, jetzt meinen Duden zu suchen, bin aber für Erklärungen dankbar.)
Manchmal habe ich eben den Eindruck, dass es Musik gibt, die zwar "gut" ist -was immer das heißen mag- aber die man eigentlich nicht mehr ernst nehmen kann.
Beispiele dafür KÖNNTEN sein:
Der erste Satz aus Beethovens Fünfter.
Der "Trauermarsch" aus Chopins b-moll Sonate.
Die Einleitung von "Also sprach Zarathustra".
Der "Walkürenritt". (Vorallem entkoppelt!)
BWV 565.
Das "Halleluja" aus Händels "Messias".
Die "Appassionata".
Et cetera…
Die Gründe dafür könnten unterschiedlich sein. Vielleicht kann jemand mit der Intensität eines bestimmten Gefühles grundsätzlich nicht viel anfangen und deshalb bleibt ihm die emotionale Radikalität eines Rückert-Liedes einfach fremd.
Aber: es kann auch sein, dass ein bestimmtes Werk schon so oft gespielt wurde, auch so oft "mißbraucht" wurde (für Filme, Klingeltöne, als Sample für einen Pop-Song usw.), dass man einfach immer ein bisschen schmunzeln muss und es einfach … naja: wie eine Karikatur wirkt. Beide Gründe verschmelzen wohl oft miteinander, gerade wie im Fall Beethovens, weil diese Thema ja tatsächlich oft mißbraucht wird und gleichzeitig mit erhobenem Zeigefinger einen Zustand überzeichnet, was ähnlich befremdet, als würde man vor der Ausstrahlung eines Kriegsfilms mit dem Megaphon durch das Kino brüllen, dass jetzt gleich eine schröckliche Tragödie mit ganz viel Blutgemetzger beginnt.
(Wobei ich wie gesagt die 5.te unterm Strich für eine großartige Symphonie halte, aber das will ich jetzt mal nicht weiter begründen.)
Interessieren würde mich jetzt, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt, inwiefern ihr das überhaupt nachvollziehen, im Sinne von teilen könnt und … naja, bei welchen Werken ihr entweder denkt:
<>Das kann ich nicht Ernst nehmen. Das bleibt eine Karikatur für mich. (Wobei man Karikatur hier auch als "Kitsch" übersetzen könnte, aber das Faß will ich jetzt nicht auch noch aufmachen. Wer allerdings darauf eingehen will: You're welcome!)
<>Oder ob es Musik gibt, die ihr "eigentlich" zwar mögt, aber die ihr m i t t l e r w e i l e nur noch "ironisch verstehen" könnt. Vielleicht weil ihr euch persönlich in eine andere Richtung entwickelt habt, oder die Musik schon zu oft mißbraucht wurde, weil ihr euch überhört habt oderoderoder.
[Mir geht das vorallem beim ersten Satz von Beethovens Fünfter so, bei manchen Stellen von "Wellingtons Sieg" - auch das ein trotzallem tolles Stück, vorallem der Schluß. Bei der Chorfantasie! Bei dem Hauptthema von Chopins Trauermarsch - wobei der Mittelteil ganz wundervoll ist, manchmal bei Tschaikowsky usw usf…]