Liebe Taminophile
Ist euch auch schon aufgefallen, dass das jeweilige akustische Umfeld die Rezeption eines darin erklingenden Werkes beenflussen kann.
Mir ist dieser Umstand wieder einmal bewusst geworden, als ich vor zwei Tagen meine Auseinandersetzung mit Joseph Suks „Asrael“- Sinfonie (siehe entspr. Thread) ausklingen lassen wollte mit der daran anschliessenden Erst-Anhörung der 3. Sinfonie von Kurt Atterberg: Noch in der Stimmung von Suk`s Abschiedlichkeit verweilend, empfand ich den Atterberg unerträglich schwülstig.
Heute nun, 2 Tage später, schien mir dieselbe Musik durchaus anhörlich, ja bisweilen mitreissend zu sein. Ich bin echt erschrocken über die Wankelmütigkeit meines musikalischen Urteils.
An sich weiss ich um dieses Phänomen, und es kann bei Konzertbesuchen auch schon vorkommen, dass ich deswegen in der Pause das Konzert verlasse, weil ich eine ungute Mischung von Stimmungen befürchte, oder die Sättigung mit einer bestimmten musikalischen Stimmung die Rezeption des anschliessenden Programmpunkts erschwert.
Ich erinnere mich zum Beispiel an einen Konzertabend mit Brahms erstem Klavierkonzert und einer nachpauslichen vierten Sinfonie von Beethoven, die mir in meinen nachbrahmslichen Ohren so was von belanglos erklang, dass ich die Welt nicht mehr verstand, weil ich das lebensfreudige Werk an sich sehr schätze.
Die Programmierung war doch eigentlich gar nicht so ungeschickt: etwas Leichtes nach dem schweren Brocken. Da ich es üblicherweise vermeide, mich in der Pause ins Getümmel zu werfen, verblieb ich in der hamburgischen Stimmung.
Möglicherweise (und das macht die Sache noch komplizierter) wäre es hilfreicher gewesen, mich doch aufs Pausenbuffet zu stürzen, und mich von den schön angezogenen Konzertbesucherinnen ablenken zu lassen... Vielleicht wäre mir nach solchem Divertissement der verehrte Ludwig Van gewogener gewesen....
Was haltet Ihr von diesem Phänomen?
Macht Ihr ähnliche Erfahrungen?
Was wären allfällige Folgerungen für eine rücksichtsvolle Programmierung (auch des eigenen Konservenkonsums)?
Mit leben Neujahrsgrüssen aus Bern
Walter