Schumann, Robert: Manfred - Ouvertüre

  • Heute möchte ich einmal die Aufnahmen von Robert Schumanns Opus 115, der Manfred - Ouvertüre verglichen haben. Schumann schrieb zwar noch weitere Stücke als Bühnenmusik für Lord Byrons "Manfred" - aber diese sind gewissermaßen in Vergessenheit geraten. Nur noch die Ouvertüre ist regelmäßig zu hören, wollen wir sie desshalb ruhig als Konzertouvertüre bezeichnen.
    Ich halte Schumanns Manfred-Ouvertüre für die interessanteste und gleungendste Ouvertüre ihrer Zeit. Schon dieser Anfang! drei unvermittelt über einen hereinbrechende, drängende Akkorde - und dann dieser Stimmungswechsel ins unsicher tastende. Dann steigert sich das Werk drängend und sich verzehrend um am ende zerstört im nichts zu vergehen. Der Schluß läßt an Beethovens Coriolan-Ouvertüre denken.


    Ich würde mich freuen, wenn Ihr Euere Lieblingsaufnahmen vorstellt, auch und gerade wenn ich sie selbst schon erwähnt haben sollte. Aufnahmen die Euch missfallen sollt Ihr natürlich auch vorstellen.


    Meine Lieblingsaufnahme verbirgt sich hinter einem ungewöhnlichen Cover:



    Es ist der "Soundtrack" zu einem Bernstein-Dokumentarfilm.
    Die Aufnahme entstand (vermutlich 1986) mit den Wiener Philharminikern unter Bernstein. Die Rechte dieser Aufnahme hat Unitel, aber die DGG durfte diese Aufnahme in dieser Soundtrack-CD veröffentlichen. (Dauer ca. 13:15)
    Die Manfred Ouvertüre lag Bernstein wohl besonders am Herzen, da sie seine "Feuertaufe" war, asl er in New York erstmals ein großes Konzert dirigieren durfte - kurzfristig eingesprungen für den erkrankten Bruno Walter.
    Ich finde Bernstein gelingt es am besten diese drängende aber auch zerbrechliche Stimmung wiederzugeben. Sein Beginn gefällt mir auch mit Abstand am besten.


    Giulinis Aufnahme ist der Bernsteins recht ähnlich, vielleicht ist es den Tontechnikern bei Giulini sogar noch besser geglückt, den vortrefflichen Klang des Los Angeles Philharmonic Orchestras einzufangen. Giulini hat einen herrlichen Klang erzeugt - besonders dieser Mischklang aus Blech und Pauke ist ein Genuss! (ca. 13:37)


    Im Allgemeinen mag ich George Szells Schumann sehr, aber durch die manfredouvertüre ist er mir zu glatt und zu schnell durchgepflügt! Gerade den Anfang finde ich bei Szell nicht überzeugend: die drei Akkorde stehen wie ein Fremdkörper vor dem Stück und es gibt keine Verbindung zum Folgenden.
    (Ich erwarte insgeheim, daß die Szell-Freunde hier Einspruch erheben)
    (George Szell - Cleveland Orchestra - 1959 - ca. 11:07 min.)


    Mit Furtwängler, Thielemann und Levine werde ich mich später beschäftigen. Ich hoffe ja, daß wir noch weitere große Aufnahmen finden werden.
    Gruß, Markus

  • Hallo Thomas Bernhard,


    Deine Vorliebe für Bernstein, die Manfred-Ouvertüre kann ich gut verstehen. Ich dachte gleich, als ich im Forum die Überschrift las an Bernstein.
    Allerdings bezieht sich meine Empfehlung auf die alte Bernstein-Interpretation mit Bernstein/New Yorker Philharmoniker auf CBS-LP.


    Diese Aufnahme habe ich selbst nie auf LP bessen, sie stammt von meinem Stiefvater. Da ich die Manfred Ouvertüre nie in einer Besseren Aufnahme gehört habe (und ich habe wirklich gesucht), hatte ich die Aufnahme früher auf Cassette archiviert und heute digital auf MD (Minidisc).
    Wie Bernstein schon von den ersten Takten an fesselt, habe ich bei keiner anderen Aufnahme kennengelernt - er ist für mich der "Spiritus Rector" der Manfred-Ouvertüre (wie man es bei Szell von den Brahms-Klavierkonzerten sagt :D).
    Die Schumann-Sinfonien sind ganz nebenbei für mich mit Bernstein auch das non plus ultra (Sony 60er und DG 80er).


    8o Ein weiterer Versuch die Schumann-Ouvertüren auf CD zu haben scheiterte kläglich mit dieser
    NAXOS-CD, von der ich allen abraten möchte:

    Ein Beispiel für eine NAXOS-CD, die man getrost im CD-Regal stehen lassen sollte.
    Nicht nur die Manfred-Ouvertüre wird langweilig und mit einem schlechten Orchester präsentiert.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Nicht nur die Manfred-Ouvertüre wird langweilig und mit einem schlechten Orchester präsentiert.


    Das Symphonieorchester des Polnischen Rundfunks ist mit Sicherheit kein schlechtes Orchester. Erinnert sei nur an diverse Lutoslawski und Penderecki-Aufnahmen. Es steht halt manchmal jemand vor dem Orchester, der mehr an Langeweile, denn an guter Musik interessiert ist.

    Gruß,
    Gerrit

  • OK Gerrit, dann ist es halt umgekehrt,
    der Dirigent ist in diesem Falle der Naxos-Aufnahme nicht "das gelbe vom Ei" !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Furtwängler, Wiener Philharmoniker, "Studio" ca. 12:37, Walter Leggge, 1951



    Tja, obwohl ich ja ein großer Furtwänglerianer bin, behagt mir diese Aufnahme nicht so recht. Es gibt wohl noch einen Live-Mitschnitt bei der DG, ich könnte mir vorstellen, daß er wesentlich besser ist.
    Furtwängler hasste ja bekanntlich die Studio-Aufnahme Situation, ihm fehlte da das gewisse etwas, das er nur im Konzert zu bringen vermochte, diese Furtwänglerextase halt.
    In manchen Detail ist die Aufnahme sehr schön, aber es fehlt IMO der große Bogen. Die Stellen, an denen Furtwängler das Tempo anzieht/abbremst scheinen mir fast ein bisschen willkürlich gewählt.
    Insgesamt klingt es auch zahmer als beispielsweise Giulini.
    So, dann will ich mal nicht weiter das Denkmal Furtwängler beschmutzen und mich der Aufnahme Levines zuwenden.

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  • Hi TB,


    Zitat

    Furtwängler hasste ja bekanntlich die Studio-Aufnahme Situation, ihm fehlte da das gewisse etwas, das er nur im Konzert zu bringen vermochte, diese Furtwänglerextase halt.


    Es war weniger, dass ihm etwas fehlte, sondern im Gegenteil, dass etwas da war, das ihn fürchterlich störte, und zwar der Tonmeister, der ihn permanent dazu anhielt, mit wesentlich weniger Dynamik zu spielen, als es ihm vorschwebte. Der Vollblutmusiker Furtwängler konnte sich nie mit der Tatsache anfreunden, dass im Studio andere Gesetze herrschen, und man sich zumindest damals sehr stark an die Aufnahmetechnik anpassen musste.


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallio Thomas,


    die von Dir angesprochene und nicht ganz so hoch eingeschätzte CBS-Aufnahme mit Szell habe ich seit ca.Mitte 2005 in meiner Schumann-Sinfonien Doppel-CD mit Szell.


    :]Ich bin nach wie vor mit Dir der Meinung, das es keine bessere Aufnahme der Manfred-Ouvertüre als mit Leonard Bernstein / NewYorker PH auf CBS/SONY gibt - das ist auch meine Lieblingsaufnahme.
    :)Aber die Szell-Aufnahme der Manfred-Ouvertüre hat mich vom ersten hören an auch begeistert, auch wenn diese schnell gespielt ist, oder gerade deshalb, packt diese mich fast genauso, wie das "Bernstein Wunder".


    Ich kenne die Schumann-Sinfonien und die Manfred - Ouvertüre ziemlich genau - wenn man Szell hört muß man andere Aufnahmen kennen um ihm zu folgen - dann ist es OK und man kann bei Szell voll mitgehen und es wird zu einem Konzert-Erlebnis.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • *wachküss!*


    Zitat

    Original von teleton
    8o Ein weiterer Versuch die Schumann-Ouvertüren auf CD zu haben scheiterte kläglich mit dieser
    NAXOS-CD, von der ich allen abraten möchte:

    Ein Beispiel für eine NAXOS-CD, die man getrost im CD-Regal stehen lassen sollte.
    Nicht nur die Manfred-Ouvertüre wird langweilig und mit einem schlechten Orchester präsentiert.


    bei mir "dreht" diese CD gerade.


    Vielleicht keine Spitzenaufnahme aber nach meinem gegenwärtigen Eindruck doch solide und gut. Und so konnte ich die mir bisher unbekannten Ouvertüren "die Braut von Messina op. 100", "Julius Cäsar, op. 128" und vor allem "Hermann und Dorothea, op. 136" kennenlernen. Langweilig finde ich das Dirigat von Johannes Wildner nicht.


    Die Manfred-Ouvertüre dirigiert er in nur 10:48 Minuten. Von den bisher vorgestellten Aufnahmen dürfte das der Temporekord sein.



    p.s.: das "Projekt Gutenberg" stellt übrigens das zu Grunde liegende Manfred-Drama von Lord Byron zur Verfügung (ganz legal versteht sich)


    http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=276&kapitel=1#gb_found

  • Hallo ThomasBernhard,


    stimmt, zum Kennenlernen einiger Ouvertüren ist díe Naxos-CD der Schumann-Ouvertüren brauchbar und deshalb habe ich diese auch behalten.


    Aber die Manfred-Ouvertüre, die mir wirklich am Herzen liegt, trotz des schnellen Tempos, das bei Wildner (gar nicht wild) gar nicht schnell wirkt, finde ich hier grausam.


    Nein, da bin ich von Anfang an von Bernstein (CBS/SONY) geprägt.
    **** Eine wunderbare Aufnahme, die bei den SONY-CD´s der Sinfonien mit den New Yorker PH nun auch auf CD bei mir vorliegt.
    :jubel: Besser habe ich Manfred vorher und nachher nie wieder gehört.


    Später gesellte sich bei mir noch die Szell-Aufnahme (SONY) hinzu (bei der Sinfonien _ GA-Dopple-CD), die auch sehr gut ist und dramatisch aufgeladen rüberkommt.


    Davon ist bei Wildner nichts zu spüren. Die Aufnahme macht einen genau so laschen Eindruck wie die rekonstruierte Fassung der Bruckner 9 mit ihm.



    Frage:
    Hat Herbert von Karajan eigendlich die Manfred-Ouvertüre nie aufgenommen ?
    Die wäre doch bei ihm auch in besten Händen gewesen - genau so fabelhaft wie die Schumann-Sinfonien :stumm:.
    :D Jetzt gibts aber wieder heisse Widerspüche - oder ?
    :D Karajan-Gegner vor :untertauch:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Frage:
    Hat Herbert von Karajan eigendlich die Manfred-Ouvertüre nie aufgenommen ?
    Die wäre doch bei ihm auch in besten Händen gewesen - genau so fabelhaft wie die Schumann-Sinfonien :stumm:.
    :D Jetzt gibts aber wieder heisse Widerspüche - oder ?
    :D Karajan-Gegner vor :untertauch:


    Hallo Wolfgang,


    scheinbar hat Karajan die Manfred-Ouvertüre nicht aufgenommen (Quelle: karajan.org).


    Bedauerlicherweise liegen etliche interessante Werke wie auch Tschaikowskys "Francesca da Rimini" unter ihm nicht vor. Über die Gründe kann man nur Mutmaßungen anstellen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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