Jacques Louis David [1748-1825]
Portrait de Pierre Sériziat, 1795
Paris, Musée du Louvre
LUDWIG VAN BEETHOVEN [1770-1827]
Concert 4 & 5 pour le pianoforte avec accompagnement d'orchestre
ARTHUR SCHOONDERWOERD
Ensemlbe Cristofori
Alfred meinte zu Recht:
Zitat
Ich bin derzeit grade in einem Schoonderwoerd-Taumel - und finde wir sollten die Aufnahmen der beiden Klavierkonzerte Nr. 4 und 5, die bis dato vorliegen, in den Spezialthreds dieser Konzerte ausführlicher besprechen.
Ich denke, da gibt es bereits einige Hinweise im Thread über Beethovens Klavierkonzerte im Allgemeinen - offenbar besteht Austauschbedarf, nachdem die ungläubige Taminogemeinde sich allmählich aufrafft, sich diese unglaubliche Einspielung endlich zuzulegen. Daher gibt es nun einen Spezial-Thread.
Nachdem einige Sinfonien Beethovens, vornehmlich die 3te "Eroica" op. 55 in Es-Dur, auf Basis der Möglichkeiten des danach benannten "Eroicasaales" diverse Dirigenten und Ensembles inspirierten, das Aufführungsflair in der Besetzungsgröße [eher sollte man von Kleinheit schreiben] des Orchesters nachzuempfinden [wenn nicht gar im besagten Saale aufzuführen und einzuspielen], wagte sich Arthur Schoonderwoerd im September 2004, selbiges auf das 4te und 5te Klavierkonzert Beethovens zu übertragen. Er hielt sich dabei an die Ausführungen "Beethovens Konzerträume, Raumakustik und symphonische Aufführungspraxis an der Schwelle zum modernen Konzertwesen" von Stefan Weinzierl [PPV Medien GmbH, 03/2002, ISBN-10: 3-923639-42-2] - insbesondere zu dem bereits erwähnten "Eroicasaal" im Palais Lobkowitz/Wien, in dem viele Werke Beethovens aus der Taufe gehoben oder auf Wunsch des Prinzen Lobkowitz gegeben wurden. Darunter befinden sich die Sinfonie Nr. 3 [erste Aufführung in Wien: 08/1804 Palais Lobkowitz, erste öffentliche Darbietung am 07.04.1805 Theater an der Wien] und das 4te Klavierkonzert [03/1807 Palais Lobkowitz / erste öffentliche Darbietung: 08.12.1808 Theater an dier Wien].
Der "Eroica Saal" im 1ten Stock des Palais mißt knappe 16x7 m bei einer Höhe von 7,5m und ist daher eine Art größeres Wohnzimmer:
Auf dem gezeigten Bild wirkt der Saal größer, als er tatsächlich ist - in Wirklichkeit ist dies ein sehr gemütlicher ruhiger Raum, der eine gewisse Intimität und Bescheidenheit ausstrahlt. Eben diese Bescheidenheit ist auch bedingt durch die "Größe" des Saals notwendig, wenn man dort ein Orchester platzieren und zudem noch ein kleines privates Publikum unterbringen möchte. Es gab angeblich 24 Plätze für die Musiker und 18 Zuhörerbänke [nicht Plätze, das wäre ein Mißverhältnis!]. Wenn man sich nun die Besetzung des G-Dur-Konzertes op. 58 betrachtet [Violine I, Violine II, Viola, Violoncelo, Kontrabaß, 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Clarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, Pauken und - Pianoforte], so kann man leicht ausrechnen, wie die Streicher besetzt waren: Die Holz- und Belchbläser sind ohnehin stets solistisch/paarweise besetzt [12 Musiker], Pauker und Pianisten gibt es jeweils einen [2 Musiker], so verbleiben wegen der Platzierung des Pianofortes [das obligatorisch mehr Platz einnimmt als andere Instrumente] noch rund 6 oder 7 Plätze für die Streicher. Die Streicherbesetzung sieht demnach wie folgt aus: 2 Violinen [eine erste, eine zweite], 2 Violen [da geteilt], 2 Celli [ebenfalls geteilt] 1 Kontrabaß: Fertig ist der Lack und der Saal proppenvoll. Vielleicht ließen sich noch ein bis zwei besonders gelenkige oder kleinwüchsige Violinisten hineinquetschen, darüber ließe sich gewiß diskutieren...
Der Klang jedenfalls, wie er sich aus der vorgestellten Besetzung ergibt, ist ein sehr um die warmen Töne der Violen und Celli zentrierter, weshalb sich Holz- und Blechbläser - wie auch das Pianoforte selbst - von diesem sehr stark abheben. Bedeutsam für den Klang scheint auch das eher ungewohnte col-Basso-Spiel Schoonderwoerds zu sein, das schon die ein oder andere seltsame Bemerkung hervorrief:
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Was mich ein wenig irritiert, sind die doch recht auffälligen sachfremden Geräusche ...
präziser:
Zitat
Es sind Geräusche, die gelegentlich quasi im Anlaut von Tuttistellen oder bei größerer Teilbesetzung an ein Atemholen erinnern. Das habe ich anfangs für Selbiges bei Musikern gehalten, wobei mich der etwas maschinelle Effekt von vornherein irritiert - nicht wirklich gestört - hat.
Arthur Schoonderwoerd benutzt übrigens für die Einspielung der beiden Konzerte 4 und 5 ein Pianoforte von Johann Fritz, Wien, welches c1807/1810 erbaut wurde und sich in seinem Privatbesitz befindet:
[Farbgebung ggfs. abweichend]
Das Ensemble nennt sich denn auch nach dem Musikinstrumentenbauer Bartolomeo di Francesco Cristofori [04.05.1655-27.01.1731], der gemeinhin als "Erfinder" des Hammerklaviers gilt.
Die eigentlich ausschließlich positiven Resonanzen auf die Einspielung der beiden Klavierkonzerte lässt hoffen, dass es bald eine Fortsetzung der Klavierkonzerte gibt, die vielleicht auch op. 61a und die Sinfonien inkludiert. Einige dieser Äußerungen habe ich hier zusammengetragen:
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Mit Abstand das Beste.
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Die wahrscheinlich ungewöhnlichste und - zumindest für mich (aber ich weiß mich da ja in bester Gesellschaft) - packendste Einspielung dieses Werkes!!! Es ist einfach unerhört, was Herr Schoonderwoerd und sein Ensemble hier gezaubert haben!!!
Ein schlichtes - aber überzeugendes Statement:
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HAMMER!!!!
Dagegen etwas ausführlicher:
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Ein wenig skeptisch (- und sehr neugierig) bin ich gewesen, als ich die Aufnahme bestellte. Zu lesen war ja im Forum so einiges zu dieser CD, und bei hymnischen Lobpreisungen bin ich immer ein wenig vorsichtig. Nach den ersten Hördurchgängen: Die gewohnten, oft gehörten Stücke klingen zunächst einmal anders. Man nimmt viele Details war, die sonst eher untergehen. Besonders schön: Die Eröffnungsakkorde des G-Dur-Konzerts. Und insgesamt vermisse ich den "großen Apparat" eigentlich nicht oft.
Was lange währt, wird endlich gut:
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Schoonderwoerd ist bei op. 73 (mehr als bei op. 58 ) für mich absolute Referenz geworden!
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In den letzten Tagen wurde von einigen ehrenwerten
Taminoanern wiederholt spontane Begeisterung
über bestimmte Beethovenaufnahmen geäußert.
Auch der allgemeine Wunsch "nach mehr HIP-em Beethoven"
verlautete mehrfach... Jawohl!! Bitte, mehr davon!!!
Oder das:
ZitatAlles anzeigen
vom selben Poster, der ein Posting zuvor Mozarts 'La Clemenza di Tito' / Freiburger Barock Orchester / Jacobs mit einem [einzigen!]
Zitat
:faint:
kommentierte.
Bleibt noch zu erwähnen, dass die Aufnahme nicht im Eroicasaal [wegen des Halls - das Echo beträgt lt. Schoonderwoerd 1,6 Sekunden!], sondern im Muziekzentrum Vredenburg, Utrecht entstanden ist.
An Cristoforis 277. Todestag, zugleich Mozarts 252. Geburtstag, wird das Ensemble in Innsbruck gastieren und die beiden Konzerte zum Besten geben. Selbst wenn die Welt bis dahin untergegangen sein sollte, ich werde an diesem Tag in Innsbruck sein!
Viele Grüße
Ulli