Richard Strauss: Die Frau ohne Schatten

  • Strauss‘ opus magnum „Die Frau ohne Schatten“ hat es immer schon schwer gehabt: Allein Handlung und Hintergründe lassen sich nur mit Mühe und viel Sekundärliteratur annähernd erfassen; durch Strauss häufig wuchtige Instrumentation bekommt man bei Aufführungen vom Text kaum etwas mit und die immensen aufführungstechnischen Anforderungen und Probleme tun ihr übriges, dass das Werk lange Zeit nicht den Stellenwert hatte, den es verdient.


    Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert und nur die wirklich großen Häuser wagen sich unterschiedlich überzeugend an eine Produktion des Mammutwerkes.


    Auch bei Aufnahmen sieht es nicht anders aus, dabei war Böhms Studioproduktion 1955 eigentlich eine der ersten Strauss-Opern-Studio-Produktionen. Es gibt im Vergleich zu anderen Werken dieser Größenordnung relativ wenige Aufnahmen, von denen keine restlos überzeugt (aber welche Opernaufnahme tut das schon):


    Es gab gerade mal drei ungekürzte Einspielungen: die erste (EMI, Sawallisch) ist bedauernswerter Weise dem Rotstift der Plattenindustrie zum Opfer gefallen (hat die zufällig jemand?), übrig bleiben noch die beiden Solti-Aufnahmen der DECCA, einmal als CD-Studioproduktion und zum anderen als Video-Live-Mitschnitt der Salzburger Festspiele. Aus Sängerischer Sicht ist die Studioproduktion leider nicht als ideal anzusehen (Domingos deutsche Aussprache und Hildegard Behrens), aber leider gibt es ungekürzt keine CD-Alternative mehr dazu.


    Sinopolis vielgelobte neue Aufnahme (Teldec) hinterlässt einen komischen Beigeschmack, da sie einmal die leider üblichen Striche aufweist und zum anderen stark manipuliert wurde: Ursprünglich sollte bei der Dresdner Aufführunsgsserie Heppner singen. musste aber krankheitsbedingt komplett absagen. man kann sich denken, auf welche Weise er dann doch auf die Aufnahme kam. Zudem ist es eine Geschmacksfrage, inwieweit einem persönlich Sinopolis analytische Herangehensweise bei solch einem „subjektiven“ Werk zusagt.


    Karajans Live-Enspielung bei DGG kenne ich (noch) nicht, allerdings hat der Maestro nicht nur durch Striche, sondern auch durch Umstellung von ganzen Szenen dramaturgisch in die Struktur des Werkes eingegriffen.


    Blieben noch die beiden Aufnahmen von Karl Böhm (Decca und DGG). Böhm setzte sich bekanntlich sein Leben lang für dieses Werk ein, dass er besonders mochte und stellte sich „sein“ FroSch-Ensemble zusammen.
    Der DGG-Mitschnitt (1977, Wiener Staatsoper) beinhaltet ebenfalls leider die üblichen Striche, hat aber eine bemerkenswertes Sängerensemble. Leider habe ich den Eindruck, dass der greise Böhm mit der Aufführung mittlerweile gelegentlich körperlich überfordert zu sein scheint.
    Die frühere Mono-Studio-Einspielung der DECCA hat eine überraschende Klangqualität, zudem ist es unglaublich, was Böhm aus der Partitur herausholt. Zudem beinhaltet diese Produktion bei weitem weniger Striche als die späteren... Leider gefällt mir die Sängerbesetzung im Vergleich zur späteren Aufnahme nicht ganz so gut, ist aber auch Geschmackssache...


    Es gibt noch viele andere Einspielungen, vor allem Live-Mitschnitte. Vielleicht kann sich dazu noch jemand äussern?


    Über weitere Meinungen zu dem Werk und seinen Aufnahmen freue ich mich schon.


    Gruß
    Karsten

  • Ich schätze die Frau ohne Schatten sehr. Aber wie Karsten hat mich das Stück vor größte Verständnisschwierigkeiten gestellt.
    Wesentliche, vielleicht entscheidende Hinweise zu dem dramatischen Konflikt zwischen dem Färberpaar und dem Geschehen zwischen Kaiser und Kaiserin habe ich erfahren durch den Aufsatz von Hans Mayer, Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss, in: Hans Mayer, Ein Denkmal für Johannes Brahms, Bibliothek Suhrkamp FfM 1993, Seiten 106 bis 145.


    In diesem Aufsatz finden sich übrigens auch spannende Hinweise zu Goethes Fragment eines zweiten Teils der Zauberflöte.


    Auch zum Gesamtverhältnis von Hofmannsthal ./. Strauss und ihrer gemeinsamen Arbeitsweise - und dem Gegenseitigen-Aneinander- Vorbei-Verstehen - findet sich Aufschlussreiches. Vielleicht, ja wahrscheinlich gibt es wesentlich Ausführlicheres, aber mir hat schon dieser Aufsatz sehr geholfen.


    Mit freundlichen Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Zitat

    Original von MStauch
    Aber wie Karsten hat mich das Stück vor größte Verständnisschwierigkeiten gestellt.


    Na, also das ist vielleicht übertrieben ausgedrückt. Ich will nicht behaupten, auf Anhieb oder mittlerweile die FroSch komplett "verstanden" zu haben...
    Setzt man sich aber mit den ungekürzten Text/Aufnahme auseinander so stellen sich manche dramatagurgische Probleme/Unklarheiten, die sich durch die teils massiven Striche ergeben, erst gar nicht und liest man dann noch einige gute Artikel (Booklet, Konzertführer...), so kann man manche Klippe "ruhiger" umschiffen... Tiefer kann man in die Materie immer noch eindringen....


    Gruß
    Karsten

  • Zitat

    Die frühere Mono-Studio-Einspielung der DECCA hat eine überraschende Klangqualität,


    das muss man richtigstellen: diese Studioaufnahme ist in bester STEREOqualität und stellt bestimmt die Referenz für diese Oper dar.
    Die Rysanek ist hier am Höhepunkt ihrer stimmlichen Kunst und hier wohl ihn ihrer Paraderolle schlechthin.
    Ganz ausgezeichnet auch die anderen Protagonisten: Schöffler singt den Barak mit dermaßen viel Empathie, dass einem fast die Tränen kommen könnten.
    Hopf als Kaiser, Höngen als Amme und Goltz als Färberin lassen auch absolut keine Wünsche offen. Kurt Böhme als Kaiserbote ist geradezu eine Verschwendung für diese (kleine) Rolle. Welche Opernaufnahme heutzutage kann mit derartigen Stimmen in Nebenrollen aufwarten (auch Terkal als Jüngling ist lobend zu nennen)? Die ganze Aufnahme klingt wie ein Vermächtnis aus einer untergegangenen Epoche.


    Das einzige was ich vielleicht kritisieren könnte: Alle drei großen Frauenstimmen sind wie gesagt superbe; nebeneinander klingen die Stimmem für meinen Geschmack aber fast zu homogen. Vor allem für die Amme würde ich mir eine etwas dunklere Stimme wünschen - aber das ist nur eine Frage der Vorliebe.


    Und zur Frage des Verständnisses der Oper: natürlich ist eine geistige Durchdringung des Hofmannsthal-Librettos kein Kinderspiel. Aber ist denn zB die Zauberflöte leichter zu verstehen? Für mich nicht.
    Oder wenn Kinder "Hänsel und Gretel" lesen: Haben sie weniger Freude daran, weil sie die psychologischen Hintergründe dieses Märchens gar nicht verstehen können? Ich denke nicht, und so seh ich es auch mit dieser Oper.
    Übrigens wer will, kann sich den ohnehin sehr lesenswerten Briefwechsel Strauss-Hofmannstahl vornehmen, dort erklärt Hofmannstahl in einem langen Brief die Rolle der Färberin (weil Strauss am Anfang der Kompositionsarbeit andeutete, dass er noch Schwierigkeiten hätte, in diese Rolle reinzufinden - was man der Figur meiner Ansicht nach auch anmerkt)


    Hyperion

  • Zitat

    Original von hyperion70
    das muss man richtigstellen: diese Studioaufnahme ist in bester STEREOqualität [....]


    Da hast (auch) Du recht! Können wir uns darauf einigen: Die Studioaufnahme wurde sowohl Mono als auch stereo aufgenommen und war bis 1970 NUR Mono erhältlich. So hab ich's zumindest im Booklet gelesen.


    Zitat

    Original von hyperion70
    [...] und stellt bestimmt die Referenz für diese Oper dar.


    Sehe ich auch so. Aber wenn die blöden Striche nicht wären...


    Gruß
    Karsten

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  • Hallo zusammen!


    Ich suche momentan eine Aufnahme von Strauss Oper Frau ohne Schatten. Als großer Böhm-Fan tendiere ich natürlich zu seiner Einspielung, die jedoch - wie ich gehört habe - eine sehr problematische Tonqualität hat. Ich bin zwar kein Fetischist was das angeht aber um eine Oper kennenzulernen finde ich eine einigermaßen anständige Aufnahmequalität schon wichtig. Als Alternative kommt daher evtl. Sinopoli in Frage. Vielleicht kann mir jemand was zu diesen beiden Aufnahmen sagen?!


    Viele Grüße,
    Thomas

  • Hallo,


    na ja, soo schlecht ist der Mitschnitt von 1977 auch wieder nicht. Die Decca-Studio-Aufnahme von 1955 scheint zur Zeit nicht lieferbar zu sein, so dass die Auswahl sehr klein ist. Sinopoli wird auch nicht schlecht sein (aber teuer!), do dass du eventuell Solti's Salzburg-DVD in Erwägung ziehen kannst (wieder wie Böhm mit den Wienern).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Thomas,


    obwohl ich keinerlei Vergleichsaufnahmen hier zu Hause stehen habe, kann ich aber ohne Einschränkung die Gesamtaufnahme (tatsächlich gesamt, weil glücklicherweise ohne die ätzenden Striche, die sich manche Dirigenten erlauben) unter Wolfgang Sawallisch von 1987 (bei EMI) empfehlen. Durchweg gutes bis hervorragendes Sängerensemble (mit Cheryl Studer als Kaiserin, Hanna Schwarz als Amme, Alfred Muff als Barak, auch René Kollo als Kaiser macht eine gute Figur). Was ich allerdings als größte Leistung dieser Einspielung ansehe, ist Sawallischs gleichfalls sehr souveräne wie in den dramatischen Stellen enorm zupackende und fesselnde Interpretation mit dem Chor und SO des BR. Besonders beeindruckend die bei anderen Dirigenten meist gestrichene oder stark gekürzte melodramatische Szene des von der Kaiserin gesprochenen Monologs: "Ach! Mein Liebster starr! Lebendig begraben im eigenen Leib! Erfüllt der Fluch! ...".
    Auch die von Dir gewünschte Klangqualität ist über jeden Zweifel erhaben: Absolut brillantes Klangbild!


    Ich weiß jedoch nicht, ob die Aufnahme im Augenblick erhältlich ist. Ansonsten ist vielleicht Solti auch nicht zu verachten.


    Schöne Grüße
    Johannes

  • Hallo Guercoeur!


    Zitat

    Original von Guercoeur
    obwohl ich keinerlei Vergleichsaufnahmen hier zu Hause stehen habe, kann ich aber ohne Einschränkung die Gesamtaufnahme (tatsächlich gesamt, weil glücklicherweise ohne die ätzenden Striche, die sich manche Dirigenten erlauben) unter Wolfgang Sawallisch von 1987 (bei EMI) empfehlen.
    [...]
    Auch die von Dir gewünschte Klangqualität ist über jeden Zweifel erhaben: Absolut brillantes Klangbild!
    [...]
    Ich weiß jedoch nicht, ob die Aufnahme im Augenblick erhältlich ist.


    Die Sawallisch-FroSch ist wirklich hervorragend. Aber leider ist sie (ebenso wie Sawallischs ungekürzte Elektra) seit Jahren aus dem EMI-Katalog gestrichen. Wirklich eine Schande, aber es ist nun mal sehr teuer, diese Aufnahme im Katalog zu halten (mangels Nachfrage und zudem müssen ja sowohl an Hofmannsthals als auch an Strauss' Erben bzw. deren Verlage Gebühren gezahlt werden).


    Zitat

    Original von Guercoeur
    Ansonsten ist vielleicht Solti auch nicht zu verachten.


    Ja, zu verachten ist es sicher nicht. Vom Orchester/Dirigat her noch ungemein spannender (oder besser: extremer/hektischer - eben "Solti") als Sawallisch. Was die Sängerbesetzung angeht, muss man sicher nach seinen persönlichen Präferenzen gehen (Domingos deutsche Diktion muss nicht jedem Gefallen ;) ).


    Als Alternative bleibt dann noch Soltis DVD-Mitschnitt der Salzburger Festspiele. Tolle Sängerbesetzung und Soltis Dirigat und ungekürzt (allerdings wurden wohl aus gesangstechnischen Gründen in dem von Dir erwähnten gesprochenen Kaiserinnen-Monolog manche Zeilen [nicht die Musik!] ausgelassen).


    Gruß
    Karsten

  • Hallo Karsten,


    oje, oje, nach Deiner Beschreibung der Solti-Interpretation werde ich wohl doch nicht um eine Bestellung der CD- bzw. der DVD-Ausgabe herumkommen. Bei den anderen Opern (insbesondere bei 'Elektra') ist er ohnehin meine erste Wahl.


    Beste Grüße
    Johannes

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  • Zitat

    Original von Dude
    Ich suche momentan eine Aufnahme von Strauss Oper Frau ohne Schatten. Als großer Böhm-Fan tendiere ich natürlich zu seiner Einspielung, die jedoch - wie ich gehört habe - eine sehr problematische Tonqualität hat. Ich bin zwar kein Fetischist was das angeht aber um eine Oper kennenzulernen finde ich eine einigermaßen anständige Aufnahmequalität schon wichtig. Als Alternative kommt daher evtl. Sinopoli in Frage. Vielleicht kann mir jemand was zu diesen beiden Aufnahmen sagen?!


    http://tamino-klassikforum.at/thread.php?threadid=672


    Schau mir hier nach ;)
    Besteht irgendwie die Möglichkeit, die beiden Thread "zusammenzulegen" ??


    Gruß
    Karsten



    Ja die Möglichkeit besteht, weil die beiden Threads sich zeitlich nicht überschneiden, ansonst würden die Beiträge nämlich ineineander ohne
    Bezug zueinander geschachtelt, nach dem Datum ihrer Erstellung. Daher Bitte ich ber Eiblicken eines Doppelthreads diesen
    SOFORT der Moderation zu melden.
    Treads werden jetzt verbunden.
    Alfred Schmidt, Administrator
    .

  • Zitat

    Original von Guercoeur
    oje, oje, nach Deiner Beschreibung der Solti-Interpretation werde ich wohl doch nicht um eine Bestellung der CD- bzw. der DVD-Ausgabe herumkommen. Bei den anderen Opern (insbesondere bei 'Elektra') ist er ohnehin meine erste Wahl.


    Sorry, aber das ist wohl wie bei jedem guten Meisterwerk so: eine Aufnahme reicht da nicht ;)


    Da Du ja schon eine komplette CD-FroSch hast, würde ich es vielleicht mal mit der DVD versuchen (die ist auch billiger ;) )....
    Allein Schon Terfel als Geisterbote ist die DVD wert :)


    Gruß
    Karsten

  • Hallo,


    für alle Liebhaber von Strauss' "Frau ohne Schatten" ist unter http://parterre.com/unnatural_acts_archive.htm
    eine außerordentlich interessante Live-Aufnahme dieses Werkes abzurufen (alles ganz legal!). Es handelt sich hierbei um einen Mitschnitt von 1980 aus der Pariser Oper, dirigiert von Christoph von Dohnányi, der - nach den Aufführungen zu meiner Hamburger Zeit zu urteilen - einer der besten FroSch-Dirigenten ist.


    Die Besetzung ist vom Feinsten :
    Hildegard Behrens (Kaiserin), René Kollo (Kaiser), Gwyneth Jones (Färbersfrau), Walter Berry (Färber), Mignon Dunn (Amme), Franz Grundheber (Geisterbote).


    Ich war nie ein großer Fan der Jones, aber hier bietet sie Sensationelles, und auch die Behrens, die nicht Jedermanns Geschmack ist, ist hier sehr gut. Großartig die auf Tonträgerin unterrepräsentierte Mignon Dunn, die mich in ihrer dämonischen Ausstrahlung an Irene Dalis, eine ebenfalls exquisite Amme, erinnert. Kollo ist ein zugleich tonschöner und strahlkräftiger Kaiser, und Berrys Barak ist m.E. nur von einem Franz Crass in seiner menschlichen Wärme erreicht worden. Grundheber, der später auch Barak sang, ist natürlich eine Luxusbesetzung des Geisterboten.


    Fazit : Wer über die nicht berauschende Klangqualität und einige Tonaussetzer hinwegzuhören bereit ist, kann eine der besten FroSch-Aufnahmen erleben, die m.E. vielen Studioeinspielungen überlegen ist.


    Sune

  • Den von Karajan 1964 dirigierten Premierenmitschnitt der Wiener Staatsoper kann ich auch empfehlen.


    Es singen u.a.
    Jess Thomas-Kaiser
    Leonie Rysanek-Kaiserin
    Grace Hoffmann-Amme
    Walter Kreppel-Geisterbote
    Lucia Popp-Hüterin
    Fritz Wunderlich-Stimme des Jünglings
    Walter Berry-Barak
    Christa Ludwig-Färberin


    Bei DGG unter 457 678-2 als 3CD-Kassette erhältlich.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Dann gab es da noch den "Mitschnitt der Festaufführung anlässlich der Wiedereröffnung des Nationaltheaters München in der Inszenierung von Rudolf Hartmann" die offenbar dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit entschwunden ist, weil es schon über vierzig Jahre her ist und es davon keine CD gibt.


    Die Besetzung allein lässt das Herz höher schlagen: :yes:


    Bjoner (Kaiserin), Borkh (Färberin), Mödl (Amme), Thomas (Kaiser),
    Fischer-Dieskau (Färber). Ferner: Hotter, Hallstein, Töpper, Paskuda,
    Das Bayrische Staatsorchester dirigierte Joseph Keilberth.


    :angel:

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  • Zitat

    Original von Karsten
    Karajans Live-Enspielung bei DGG kenne ich (noch) nicht, allerdings hat der Maestro nicht nur durch Striche, sondern auch durch Umstellung von ganzen Szenen dramaturgisch in die Struktur des Werkes eingegriffen.


    Hallo!


    Ich selbst habe diese Aufnahme noch nicht gehört, habe aber erfahren, dass Karajan für diese Inszenierung in Wien die Falknerhaus-Szenen im 2. Aufzug zusammengelegt haben soll (Szenenreihenfolge also 1, 2, 4, 3, 5). Weiß jemand, welche Gründe Karajan zu dieser Umstelleung, die ja ein massiver Eingriff in das Werk ist, bewogen haben? Steht in den Bookelt-Texten vielleicht dazu was?


    Gruß
    Karsten


  • ... doch, die gibt es, wenngleich derzeit nur antiquarisch zu überhöhten Preisen:



    LG, Elisabeth


  • Weiß jemand, ob irgendwo ein Mitschnitt (DVD, CD?) erhältlich ist? Auf YouTube habe ich einen Ausschnitt gefunden, über den sich Kollo-Fans freuen werden:


    "http://www.youtube.com/watch?v=jmSBzn0SsH4" ohne Anführungsstriche


    Rechts daneben gibt es dann auch je einen Ausschnitt mit Behrens und Jones.


    Wenn man rechts oben auf den User Onegin65 klickt, kommen weitere Schätze zum Vorschein.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.


  • Ich habe mal im Booklet dieser in der Tat berückenden Einspielung nachgelesen. Dort werden zwar die Kürzungen und Umstellungen angesprochen, jedoch wird dort neben einem bloßen Hinweis darauf, dass Karajan so zwei Umbauten einsparte (ob das der Grund des Bühnenpragmatikers Karajan war?), nur auf die meist zustimmende und nur in Einzelfällen kontroverse Reaktion auf die Veränderungen hingewiesen.


    Natürlich ist diese Einspielung damit als echte Gesamtaufnahme disquallifiziert, für sich selbst genommen aber dennoch eine der schönsten des Werkes, die ich kenne.


    :hello: Rideamus


  • Ich habe die Hamburger Produktion mit King, Marton, Grundheber, Stewart und Nilsson. wäre das interessant?

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  • Ich finde die Oper absolut faszinierend.


    Leider habe ich immer meine Probleme mit Live-Mitschnitten. Nebengeräusche regen mich auf, und das am Ende des 2.Aktes, auf einem der dramatischen Höhepunkte, in meiner Böhm-Aufnahme gejubelt wird, zerstört mir die ganze Stimmung. Das ist doch keine Jubel-Stelle!


    Ausserdem stört mich der Akzent bei King enorm!


    Gibt es denn keine befriedigende Aufnahme, die musikalisch hochwertig ist und trotzdem keine störenden Nebengeräusche aufweist?


    Ich lese aus dem Thread gewisse Tendenzen zu Soltis Studioaufnahme und favorisiere die Kombination Solti/Strauss ohnehin sehr. Unvergesslich sind mir die Bilder anläßlich Soltis Tod, wie er an Strauss' Grab das Terzett aus dem Rosenkavalier dirigiert - die beiden sind für mich ein großartiges Gespann.


    Sind Eure Aussagen in diesem Thread noch aktuell oder gibt es inzwischen Besseres?

  • Tja, ich kenne auch bloß Karajan, Keilberth und Böhm, möchte aber auf keine der drei Aufnahmen verzichten.


    Böhm 1955 vor allem wegen der Rysanek in all ihren großen Szenen. Die Leuchtkraft ihrer Stimme hat nicht ihresgleichen.


    Bei Karajan hat man zudem live-Spannung und die Ludwig als Färberin - eine Idealbesetzung, die das Mädchenhafte der Figur unterstreicht (die Borkh ist mir zu sehr Heroine; die Goltz zu kühl).


    Keilberth, in sehr wohlklingendem Stereo, bietet zudem mit Dieskau den für mich berührendsten Barak (als ganze ist diese Aufnahme ohnehin die best besetzte, man nehme nur das Damentrio Bjoner-Borkh-Mödl). Es gibt hier unvergleichliche Passagen; z.B. die Verwandlungsmusiken zu Beginn des 10. Bildes im 3. Akt mit der Hallstein als Hüter der Tempelschwelle, das ist an Klangzauber unerreicht).


    Die Menschwerdung der Kaiserin parallel zur Ehekrise der Färbersfrau ist für mich eines der wahrhaftigsten musikalischen Dramen überhaupt. Da erweist sich denn die Oberflächlichkeit der meisten italienischen Eifersuchtstragödien.

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Aber das sind auch alles mal wieder Live-Mitschnitte, oder?


    Ich habe bei Opern unheimliche Probleme mit Zuschauergeräuschen, wie oben beschrieben (insbesondere auch zwischen den Akten).


    Ist denn der Solti die einzige erhältliche Studioaufnahme?

  • Von den 3 mir bekannten Studio-Aufnahmen dürfte das die Referenz sein:



    Aufnahme 1987, Studio
    Spieldauer: 190'51 3 CDs
    Dirigent: Wolfgang Sawallisch
    Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks
    Chor des Bayerischen Rundfunks
    Chorleitung: Hans-Peter Rauscher


    Barak: Alfred Muff
    Der Bucklige: Kenneth Garrison
    Der Einarmige: Jan-Hendrik Rootering
    Der Einarmige: Kurt Rydl
    Der Geisterbote: Andreas Schmidt
    Der Kaiser: René Kollo
    Die Amme: Hanna Schwarz
    Die Erscheinung eines Jüngling: Paul Frey
    Die Kaiserin: Cheryl Studer
    Dienerin: Birgit Calm
    Dienerin: Julie Kaufmann
    Dienerin: Cynthia Sieden
    Färberin: Ute Vinzing
    Hüter der Schwelle: Cyndia Sieden
    Stimme des Falken: Julie Kaufmann
    Stimme von Oben: Marjana Lipovsek
    Wächter: Jan-Hendrik Rootering
    Wächter: Kurt Rydl
    Wächter: Andreas Schmidt


    Die beiden anderen GA sind Solti und Zillig.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Bei Strauss und Wagner mag ich Kollo ziemlich (speziell beim Tannhäuser und den Meistersingern; auch ein Lied von der Erde mit ihm hat mich früher als MC mal sehr beeindruckt...)


    Ich werde mal auf die Suche gehen... bisher habe ich nur Angebote von EUR 50,-- und mehr gesehen, das ist mir zu viel. Mal auf die Jagd gehen...


    Ich muss sagen, am Solti (so sehr ich den auch bei Strauss schätze) schreckt mich die Besetzungsliste ab... ich mag auswärtigen Akzent bei deutschen Opern nicht so gerne.

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  • Gestern habe ich eine der eindrucksvollsten Opernvorstellungen der letzten Zeit gesehen. Es war ein Klangrausch ohnegleichen.
    15 Jahre hat Franz Welser-Möst die Zürcher Oper geprägt. Etwa genau so lange bin ich Abonnent und habe den künstlerischen Aufstieg dieses Opernorchesters hautnah miterlebt. Nun hat er mit Richard Strauss' „Frau ohne Schatten“ den Schlusspunkt unter seine erfolgreiche Tätigkeit gesetzt.
    Der musikalischen Spitzenleistung des Orchesters ebenbürtig war die exzellent singende Sängergilde. Roberto Sacca als lyrischer, sehr höhensicherer Kaiser. Emily Magee singt die Kaiserin mit glockenhellem Sopran. Birgit Remmert als tiefensichere Ame und Johan Reuter, der dem Barak eine berührende Wärme gab. Janice Baird als Färbersfrau meisterte die hochdramatischen Extremanforderungen mit Bravour.
    Ein grosser Abend in Zürich!

  • Nach einer abermaligen Lektüre der gleichnamigen Novelle, einem der chefs-d'œuvre von HvH, fällt mein Urteil über das Libretto und damit die Oper weniger günstig aus.


    Eine Schlüsselszene der Handlung ist die Versteinerung des Kaisers, und da erblaßt denn die Oper vor der Dichtung.


    Ich kenne die Umstände der Entstehung nicht so genau, doch fast scheint es, als habe HvH die Poesie und Symbolik dieser unübertrefflichen Szene dem Strauss vorenthalten oder gar nicht zugetraut.


    Stattdessen nehmen nun die Färber-/Färberinpassagen breitesten Raum ein (und erden die Handlung, verzerren die Ausgewogenheit der Figuren und banalisieren das Ganze, da das Färberpaar aus einer eher gleichnishaften zu einer realistischen Konfliktstruktur übertritt und dadurch im psychologischen Mittelpunkt zu stehen scheint). Die Färberin-Muisk, en passant, ist nicht Straussens beste ...


    Was meint ihr dazu?


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Am 29. Juli in 3sat:

    "Die Frau ohne Schatten"

    von den Salzburger Festspielen 2011, inszeniert von Christoph Loy, ist mit Stephen Gould, Anne Schwanewilms, Michaela Schuster und Wolfgang Koch hochkarätig besetzt. Christian Thielemann leitet die Wiener Philharmoniker.


    Freitag, 29.07.2011 20:15 - 23:20 Uhr (Live zeitversetzt)
    Länge: 185 min


    Darsteller:
    Der Kaiser - Stephen Gould
    Die Kaiserin - Anne Schwanewilms
    Die Amme - Michaela Schuster
    Barak, der Färber - Wolfgang Koch
    Färberin - Evelyn Herlitzius


    Regie: Christof Loy


    Zitat

    Während des Ersten Weltkrieges, kurz vor dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie, arbeiteten Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal an einem Werk für Wien, einer Oper, in der ein Kaiser und eine Kaiserin zu den Hauptfiguren gehören. Ein Schatten liegt über der Kaiserin: Sie kann keine Kinder gebären, unsichtbare Mächte verlangen von ihr, die Ehe eines anderen Paares zu zerstören, um selbst fruchtbar zu werden. Die Oper, die mit der Utopie endet, dass die Kaiserin sich von den dunklen Mächten lossagt und die Kraft zur Selbstbestimmung findet, wurde uraufgeführt, als es keinen Kaiser mehr gab in Österreich.


    Die Oper "Die Frau ohne Schatten" stellt - basierend auf Texten von Hugo von Hofmannsthal - Traumwelt und Wirklichkeit, Hass und Liebe gegeneinander. Personifiziert wird dies durch ein Kaiser- und ein Färberehepaar sowie eine Amme, die zwischen den Welten ihr intrigantes Spiel treibt.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Ich habe in m einem Bestand noch die nebenstehende ausgezeichnete Aufnahme von 1963 unter Joseph Keilberth mit der fabelhaften Damenriege Martha Mödl, Ingrid Bjoner und Inge Borkh sowie Dietrich- Fischer Dieskau und Jess Thomas.
    Zur Zeit ist diese Aufnahme (leider ohne Libretto), als Lizenz der DGG bei Brilliant Classics erschienen, bei JPC zum Schnäppchenpreis von 9, 99 € (3 CD's) zu haben.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo,


    ich bin kein ausgewiesener Opernfreund, die Werke die mich ansprechen und die ich halbwegs kenne und verstehe (in der Reihenfolge meines Verständnisses):
    Falstaff, Zauberflöte, Meistersinger, Die Frau ohne Schatten, Tristan, Parsival, Wozzek.


    Die Frau ohne Schatten habe ich auf 4 LPs in Stereo (Decca, mit Libretto) mit den Wienern unter Böhm; gekauft ca. 1974 im Anschluß an eine Aufführung hier in Nürnberg.


    Ich habe das Werk schon lange nicht mehr gehört; aufgrund des Beitrages hier habe ich die CD-Kassette geholt, aufgemacht und bin dabei auf eine 4-seitige (DIN A4, noch mit Schreibmaschine, 1975) Ausarbeitung von mir (für wen? Für meine 1. Ehefrau?) gestoßen, die mir völlig aus dem Gedächtnis verschwunden war. Für mich erstaunlich: Schon damals war mein Vorgehen (siehe Winterreise), erst Gedanken zum Text, dann Eindrücke zur Musik. Wegen des gar nicht so schlechten Niveaus, bin ich über mich selber sehr verwundert.


    Es bedarf schon viel Motivation, den Text abzutippen - u. U. gekürzt?


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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