Qualität statt Quantität - Wenigaufnehmer

  • Wer kennt sie nicht? Es geht um jene Interpreten, die gerne mal zwischen zwei Auftritten 20 Jahre Pause machen (bzw. gemacht haben), um dann mit jeder Interpretation einen neuen Meilenstein zu setzen.


    Berühmte Beispiele wären einmal der Dirigent Carlos Kleiber - von starkem Lampenfieber beinflusst hat sich der öffentlichkeitsscheue Halbargentinier stets zurückgezogen und musste oft lange überredet werden, um sich endlich an ein neues Werk zu wagen. Dann verlangte er immer viel Zeit, um an seiner Interpretation bis ins letzte Detail zu feilen und was herauskam, wurde dann auch entsprechend von der Kritik immer in großen Tönen gelobt.


    Da wäre zu nennen z. B. die legendäre Einspielung der Beethoven Sinfonien 5&7, eindeutige Referenzaufnahme auf dem Markt.


    Neben Carlos Kleiber fällt mir noch der Pianist Krystian Zimerman ein, der auch gerne sehr lange an seinen Interpretationen feilt und meistens sehr überzeugende Aufnahmen abliefert, leider auch oft zu stolzen Preisen ;)


    Nun dürft ihr eure Favoriten nennen. Wie viele von der Sorte gibt es überhaupt?

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Zitat

    Original von rappy
    Da wäre zu nennen z. B. die legendäre Einspielung der Beethoven Sinfonien 5&7, eindeutige Referenzaufnahme auf dem Markt.


    Ich weiß, jetzt kommt sicher Widerspruch von manchem, aber für mich ist die bekannte Karajan-Aufnahme der Fünften von 1962 die Referenz.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Och, Felipe!!! Offtopic!!! Laaaaangweilig. Bitte mit Karajan in den Bombast-wir achten ungern auf-Details-und-lassen uns gern-zudröhnen-thread. Hier gehts um anderes. :beatnik:


    Noch so ein Fall dürfte doch der Pianist Arturo Benedetti Michelangeli sein, oder?


    :hello:
    Wulf

  • Ich hoffe, ich verlasse nicht den Sinn des Threads wenn ich an dieser Stelle behaupte, daß die Klassikfreunde allzu gerne all jenen undisziiplinierten und eigenbrötlerischen Künstler zu "Genies" hochstilisieren, deren Hauptbeschäftigung in Absagen bestand, sei es durch "Indisposition" oder einfach "schlechte Laune", all jene, die (fast) jeder von ihnen gemachten Aufnahme die Freigabe verweigerten (früher war sowas möglich !!) - und die letztlich - als sie starben mal ein halbes Dutzend autorisierte Einspielungen hinterließen.


    Ich gestehe offen - mit diesen Leuten kann ich nur wenig anfangen.


    Natürlich gibt es auch "Fließbandarbeiter" - und hier ist die Inspiration selten vorhanden - aber 2-3 Aufnahmen pro Jahr - und das in erstklassiger Qualität - das sollte man von einem Künstler schon verlangen können..


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sagitt meint:


    Künstler, die sich rar machen, haben wahrscheinlich die unterschiedlichsten Motive. Eines kann sein,überkritisch mit sich selbst zu sein und deswegen sich durch eine Aufnahme nicht festlegen zu wollen.
    Ohnehin ist für den Künstler,wenn er nicht Glen Gould heisst, die Aufnahme oft ein Erlebnis minderen Ranges.
    Man kommt von irgendwo eingeflogen,trifft auf einen anderen Star, probt ein wenig, muss dann in irgendeiner Reihenfolge ( bei Opern extrem) eine Aufnahme machen. Hört das Tun nie im Zusammenhang, bis die Aufnahme nicht vorliegt.
    Nicht umsonst hat Bernstein in den letzten Jahren nur live-Aufnahmen gemacht.
    Diejenigen, die wenige Aufnahmen gemacht haben,obwohl sie hätten ganz viel produzieren können, sind zumeist in ihren Interpretationen interessanter als diejenigen, die Gesamtaufnahmen einspielen.
    Ich höre lieber ein Konzert von Benedetti-Michelangelig als die Gesamtaufnahme aller Werke aller Komponisten von Buchbinder !

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  • Natürlich kann man sich auf diese Art interessant machen. Ich glaube aber kaum, dass das jemandem gelingen kann, der weniger als erstklassig ist. Man darf auch nicht eine Abneigung gegen das Studio oder gegen Konzerte mit Rarmachen gleichsetzen. Gould hat das Konzertieren recht bald ganz eingestellt, im Studio war er relativ fleißig. Andere haben weiterhin konzertiert, aber kaum Studio-Aufnahmen gemacht.


    Zu den bisher erwähnten könnte man noch Friedrich Gulda nennen: Immer wieder hat er zeitweilig dem Klassischen Konzertbetrieb den Rücken gekehrt, in seinen letzten 20 Lebensjahren nur ganz wenige, vereinzelte Aufnahmen gemacht und auch insgesamt ist das eingespielte (ebenso wie das Konzert-)Repertoire sehr überschaubar: Beethoven, Bachs WTK, Mozart und ein wenig Schubert. Der kleine Rest stammt ausnahmslos aus seiner frühen Zeit um 1960.


    Ein anderer Fall ist Martha Argerich. Sie gibt schon seit Jahren (wohl aufgrund von Lampenfieber, in letzter Zeit auch aus gesundheitlichen Gründen) keine Solo-Abende mehr und macht auch keine Solo-Aufnahmen. Dafür aber eine Menge Kammermusik und live auch ein (allerdings recht begrenztes) Konzertrepertoire. Sehr ärgerlich z.B., dass sie weder Solosonaten noch das 4. u. 5. Konzert von Beethoven zu spielen scheint...


    Auch Sviatioslav Richter hat ab den 70ern nicht viele Plattenaufnahmen gemacht, sich hauptsächlich auf Live-Konzerte (solo und Kammermusik) in selbstgewähltem, oft eher intimem Rahmen beschränkt. Allerdings wurde davon ziemlich viel mitgeschnitten und ist dann später auch erschienen. Das eigentlich Spannende bei Richter sind aber die Lücken in seinem außerordentlich breiten Repertoire, das von Bach und Händel bis zu Berg, Britten und Schostakowitsch reicht, gerade bei Komponisten, von deren Werken er herausragende Interpretationen geliefert hat. Angeblich sollen einige dieser Fehlstellen darin begründet sein, dass er eine für ihn definitive Interpretation eines Kollegen gehört hatte und das Stück daraufhin nicht (mehr) öffentlich spielte. Wenn ich recht sehe, fehlt da z.B.


    Beethovens Waldsteinsonate, einige andere Sonaten sowie das 2.,4. und. 5. Konzert
    Schuberts D 959
    Chopins Sonaten?
    Schumanns Carnaval und Kreisleriana
    Brahms' 1. Konzert und die 3. Sonate (sehr irritierend bei einem Pianisten, der eine der berühmtesten Einspielungen des 2. Konzerts hinterlassen hat)
    Rachmaninoffs 3. Konzert


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ein anderer Fall eines Pianisten ist Radu Lupu. Er hat das Aufnehmen vor mehr als 10 Jahren aufgegeben - es scheint daran zu liegen, dass er Perfektionist ist - wie schade!


    Viele Gruesse,


    Flo

  • Sagitt meint.
    Zusammen mit Kremer zeigt die Argerich, wie grossartig sie Beethoven spielen kann. Ich finde, nach wie vor, den besten Klavierpart bei der Kreutzer-Sonate. Dann habe ich einige wenige Solo-Aufnahmen von ihr, ich erinnere aus dem Stand op. 101 und bin so was von enttäuscht. Würde niemals denken, das ist die gleiche Pianistin.


    Wie so etwas nur möglich ist ?


    Nachtrag: auch das dritte Konzert mit Abbado finde ich nicht sonderlich überzeugend.

  • Zitat

    eindeutige Referenzaufnahme auf dem Markt.


    Hallo Rappy, FelipeII und wulf,


    was ist denn da "eindeutig Referenz" ? Da ist mir die von Felipe genannte Aufnahme auch lieber, sowie sehr viele andere.
    Von wulfs Beitrag als Antwort zu Felipe, möchte ich mich auch weit distanzieren - da entspricht kein Wort der Realität, sondern enthält nur stark übertriebene Worte.
    ?( Das ist ja auch nicht der Sinn und dasThema dieses Threads.


    :yes: Alfred hat in seinem Beitrag die Antwort auf dieses Hochstilisieren von Künstlern gegeben, ohne Namen zu nennen.
    ;) :D Aber wir wissen wen er meint.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang