Die Bachkantate (131): BWV35: Geist und Seele wird verwirret

  • BWV 35: Geist und Seele wird verwirret
    Kantate zum 12. Sonntag nach Trinitatis (Leipzig, 8. September 1726)




    Lesungen:
    Epistel: 2. Kor. 3,4-11 (Die Herrlichkeit des Amtes, das zur Gerechtigkeit führt)
    Evangelium: Mark. 7,31-37 (Heilung eines Taubstummen)



    Sieben Sätze, Aufführungsdauer: ca. 31 Minuten


    Textdichter: Georg Christian Lehms (1684-1717), aus dessen „Gottgefälligem Kirchen-Opffer“ von 1711



    Besetzung:
    Solo: Alt; Oboe I + II, Oboe da caccia, konzertierende Orgel, Violino I/II, Viola, Continuo





    1. Concerto (d-moll) Oboe I + II, Oboe da caccia, Orgel, Streicher, Continuo


    2. Aria Alt, Oboe I + II, Oboe da caccia, Orgel, Streicher, Continuo
    Geist und Seele wird verwirret,
    Wenn sie dich, mein Gott, betracht’.
    Denn die Wunder, so sie kennet
    Und das Volk mit Jauchzen nennet,
    Hat sie taub und stumm gemacht.


    3. Recitativo Alt, Continuo
    Ich wund’re mich;
    Denn alles, was man sieht,
    Muss uns Verwund’rung geben.
    Betracht’ ich dich,
    Du teurer Gottessohn,
    So flieht
    Vernunft und auch Verstand davon.
    Du machst es eben,
    Dass sonst ein Wunderwerk von dir was Schlechtes ist.
    Du bist
    Dem Namen, Tun und Amte nach
    Erst wunderreich;
    Dir ist kein Wunderding auf dieser Erde gleich.
    Den Tauben gibst du das Gehör,
    Den Stummen ihre Sprache wieder;
    Ja, was noch mehr,
    Du öffnest auf ein Wort die blinden Augenlider.
    Dies, dies sind Wunderwerke,
    Und ihre Stärke
    Ist auch der Engelchor nicht mächtig auszusprechen.


    4. Aria Alt, Orgel, Continuo
    Gott hat alles wohlgemacht!
    Seine Liebe, seine Treu
    Wird uns alle Tage neu.
    Wenn uns Angst und Kummer drücket,
    Hat er reichen Trost geschicket,
    Weil er täglich für uns wacht.
    Gott hat alles wohlgemacht!


    Seconda parte


    5. Sinfonia (d-moll) Oboe I + II, Oboe da caccia, Orgel, Streicher, Continuo


    6. Recitativo Alt, Continuo
    Ach, starker Gott, lass mich
    Doch dieses stets bedenken,
    So kann ich dich
    Vergnügt in meine Seele senken.
    Lass mir dein süßes Hephata
    Das ganz verstockte Herz erweichen;
    Ach, lege nur
    Den Gnadenfinger in die Ohren,
    Sonst binich gleich verloren.
    Rühr’ auch das Zungenband
    Mit deiner starken Hand,
    Damit ich diese Wunderzeichen
    In heil’ger Andacht preise
    Und mich als Erb’ und Kind erweise.


    7. Aria Alt, Oboe I + II, Oboe da caccia, Orgel, Streicher, Continuo
    Ich wünsche nur bei Gott zu leben,
    Ach! wäre doch die Zeit schon da,
    Ein fröhliches Halleluja
    Mit allen Engeln anzuheben!
    Mein liebster Jesu, löse doch
    Das jammerreiche Schmerzensjoch
    Und lass mich bald in deinen Händen
    Mein martervolles Leben enden!






    Der Text dieser Kantate aus dem Jahre 1711 zum 12. Sonntag nach Trinitatis von Georg Christian Lehms entstammt derselben Sammlung wie der Text der Kantate BWV 199, der für den 11. Sonntag nach Trinitatis verfasst wurde.
    Die hier besprochene Kantate hat Bach jedoch nicht in Weimar komponiert (wie BWV 199), sondern erst während seiner Leipziger Amtszeit als Thomaskantor.
    Der Text bezieht sich mehrfach auf das Sonntagsevangelium und drückt – neben dem Lobpreis der vollbrachten Wunder Jesu - den Wunsch aus, wie der Taubstumme zur Zeit Jesu von diesem geheilt zu werden – im Sinne von Erkenntnis und Glaubensstärke.
    Sogar der im Evangelium enthaltene Begriff “Hephata“ (“Tu dich auf!“), mit dem Jesus die Heilung des Taubstummen bewirkt, wird im Rezitativ Nr. 6 erwähnt. Wie in den meisten Kantatendichtungen von Georg Christian Lehms lässt sich auch im vorliegenden Text eine gewisse, zeittypisch-barocke Todessehnsucht nicht leugnen – dies beschränkt sich hier in der Hauptsache auf die in fröhlich-zuversichtlichem C-Dur stehende Arie Nr. 7, die die Kantate beschließt.


    Wie die erwähnte Kantate BWV 199 ist auch die hier besprochene Kantate eine “Cantata“ im eigentlichen Wortsinn: Eine Komposition für eine Solostimme, die von einem Instrumentalensemble begleitet wird. Typische Elemente einer „normalen“ Bachkantate (wie Chor oder Choral) fehlen völlig.
    Der Solopart dieser Kantate ist wieder einmal dem Alt übertragen worden, ein Umstand, der gerade bei den Kantaten, die im Jahr 1726 entstanden sind, auffällt.
    So hatte Bach schon im Juli 1726 die Kantate BWV 170 für Solo-Alt komponiert und im Oktober 1726 sollte noch die Kantate BWV 169 folgen.
    So fällt also die Mutmaßung nicht schwer, dass Bach zu dieser Zeit ein besonders begabter Altist zur Verfügung stand, dem er diese Kantaten anvertrauen konnte.


    Wie schon im Zusammenhang mit der Solokantate BWV 199 erwähnt, stellt eine Kantate, die nur für eine Singstimme geschrieben wurde, für Interpret wie Komponist eine besondere Herausforderung dar: Aus dem Mangel an Abwechslung (was den Gesangsvortrag betrifft) darf kein Eindruck von Einförmigkeit und Langeweile entstehen!


    Bach löst dieses Problem bei der vorliegenden Kantate unter anderem mit der Betonung des konzertanten Elements im Orchesterpart: Gleich zwei Sätze (Nr. 1 und 5) sind ausgewachsene Konzertsätze, die wohl (wie in den meisten dieser Fälle) aus Bachs Zeit am Köthener Hof (1717-23) stammen dürften, in der Bach als Hofkapellmeister hauptsächlich Instrumentalmusik zu komponieren hatte, und die hier eine „Leipziger Wiederverwendung“ finden.
    Im Original dürfte es sich bei diesen Konzertsätzen um ein Oboenkonzert gehandelt haben, wobei sich die beiden Ecksätze des Konzerts jetzt vermutlich in den Kantatensätzen 1 und 5 wiederfinden dürften – der langsame Mittelsatz könnte sich hinter der Arie Nr. 2 verbergen, die bis auf die Hinzunahme der Altstimme dieselbe Besetzung aufweist wie die beiden anderen erwähnten Sätze. Aber hier ist man mangels Vorlage des Originalkonzerts auf Spekulation angewiesen – also ein reizvolles Betätigungsfeld für Musikwissenschaftler aller Art... ;)


    Man kann jedenfalls festhalten, dass Bach bei vielen Kantaten, die im Zeitraum von ca. 1726 bis 1729 entstanden, ältere Konzertsätze als Einleitungssinfonien seiner Kantaten „recycelte“, so dass das Verfahren in der hier besprochenen Kantate nichts ungewöhnliches darstellt.


    In der vorliegenden Kantate ist der Part des Soloinstruments des wiederverwendeten Konzerts jedenfalls der Orgel übertragen worden, die Bach damit aus ihrer Rolle als unverzichtbar-unscheinbares Begleitinstrument innerhalb der Continuogruppe herausholt. Es dürfte sich bei dieser Orgel jedoch nicht um eine große Kirchenorgel gehandelt haben, sondern eher um ein kleines transportables Orgelpositiv.


    Eine besondere Parallele findet sich zur Kantate BWV 146, die Bach möglicherweise im Mai 1726 (also im selben Jahr) erstmals aufgeführt haben könnte: In beiden Kantaten spielt die als Soloinstrument eingesetzte Orgel eine bedeutende Rolle, in beiden Kantaten stammen diese „Konzertsätze“ aus älteren Solokonzerten und in beiden Fällen hat Bach diese Sätze später nochmals umgearbeitet und zu seinen in den 1730er Jahren entstandenen Cembalokonzerten werden lassen, die fast ausnahmslos aus Bearbeitungen älterer Konzertsätze entstanden sind.


    Bei der hier besprochenen Kantate ist diese spätere Umarbeitung in ein Cembalokonzert (BWV 1059) deshalb so interessant, weil von eben diesem als einzigem nur ein lediglich neuntaktiges Fragment (des ersten Satzes) vorliegt. Es ist nicht bekannt, ob der Rest des Autographs verloren gegangen ist, oder ob Bach die Umarbeitung selber nie zuende gebracht hat (oder bringen wollte).
    Jedenfalls bietet die Tatsache, dass sich in der hier vorliegenden Kantate möglicherweise alle drei Sätze des ursprünglichen (Oboen-) Konzerts wiederfinden, eine willkommene „Spielwiese“ für Forscher und Interpreten, die so versuchen können, ein unvollständig erhaltenes Cembalokonzert Bachs zu rekonstruieren. Gustav Leonhardt hat sich hier beispielsweise mit recht überzeugendem Ergebnis (wie ich finde) betätigt.
    Im Falle des fehlenden Mittelsatzes, dessen Herkunft nicht so eindeutig zuordbar ist, wie die der beiden Ecksätze (die Arie Nr. 2 müsste schon mit deutlichen Eingriffen in ihre musikalische Substanz bearbeitet werden, um aus ihr den langsamen Satz eines Cembalokonzertes gewinnen zu können!), greift Gustav Leonhardt daher zu einer Lösung, die Bach selber in seinem 3. Brandenburgischen Konzert [BWV 1048] für den Mittelsatz vorgesehen hatte: Eine kurze, improvisierende Kadenz, die harmonisch zum Schluss-Satz überleitet, ersetzt den langsamen Satz (ein Verfahren, das auch andere Barock-Komponisten, wie z. B. Georg Friedrich Händel gelegentlich anwandten).
    Wie gesagt: Die Findung einer überzeugenden Lösung bleibt spannend und man darf kreativ sein – das ist ja auch was! :yes:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von MarcCologne
    BWV 35: Geist und Seele wird verwirret


    Bei der hier besprochenen Kantate ist diese spätere Umarbeitung in ein Cembalokonzert (BWV 1059) deshalb so interessant, weil von eben diesem als einzigem nur ein lediglich neuntaktiges Fragment (des ersten Satzes) vorliegt. Es ist nicht bekannt, ob der Rest des Autographs verloren gegangen ist, oder ob Bach die Umarbeitung selber nie zuende gebracht hat (oder bringen wollte).
    Jedenfalls bietet die Tatsache, dass sich in der hier vorliegenden Kantate möglicherweise alle drei Sätze des ursprünglichen (Oboen-) Konzerts wiederfinden, eine willkommene „Spielwiese“ für Forscher und Interpreten, die so versuchen können, ein unvollständig erhaltenes Cembalokonzert Bachs zu rekonstruieren. Gustav Leonhardt hat sich hier beispielsweise mit recht überzeugendem Ergebnis (wie ich finde) betätigt.
    Im Falle des fehlenden Mittelsatzes, dessen Herkunft nicht so eindeutig zuordbar ist, wie die der beiden Ecksätze (die Arie Nr. 2 müsste schon mit deutlichen Eingriffen in ihre musikalische Substanz bearbeitet werden, um aus ihr den langsamen Satz eines Cembalokonzertes gewinnen zu können!), greift Gustav Leonhardt daher zu einer Lösung, die Bach selber in seinem 3. Brandenburgischen Konzert [BWV 1048] für den Mittelsatz vorgesehen hatte: Eine kurze, improvisierende Kadenz, die harmonisch zum Schluss-Satz überleitet, ersetzt den langsamen Satz (ein Verfahren, das auch andere Barock-Komponisten, wie z. B. Georg Friedrich Händel gelegentlich anwandten).
    Wie gesagt: Die Findung einer überzeugenden Lösung bleibt spannend und man darf kreativ sein – das ist ja auch was! :yes:


    Bob van Asperen hat mit dem Emsemble Melante Amsterdam bei dieser



    vom BWV 1059 als Mittelsatz eine kleine Variantion von 37 sec. verwand.




    M. Ponseele mit dem Ensemble il Gardellino nimmt in dieser



    Einspielung als 2. Satz für BWV 1059 die Sinfonia aus der Kantate BWV 156 "Ich steh mit einem Fuß im Grabe" und beruft sich auf den amerikanischen Musikwissenschaftler J. Rifkin.
    Kann man sich anhören :]


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Taqg


    diese schöne Bachkantate gehört schon seit LP-Zeiten zu meinen Lieblingskantaten =) =)


    Ich kenn sie nur von Männers gesungen, mein Favorit ist diese



    mit Andreas Scholl :jubel: :jubel: :jubel:


    Habe auch noch diese



    Aufnahme unter Harnoncourt mit Paul Esswood von 1974.
    Interssant ein Vergleich beider Einspielungen über die Jahre.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Liebe Bachfreunde,


    Dienstag haben Uwe (der andere Norderstedter aus unserem Kreis) und ich bei einem gemeinsamen Hörabend in die Kantate hineingehört. Uns lagen die oben genannte Aufnahme von Herreweghe mit Scholl und die Leusink-Aufnahme mit Buwalda vor.


    Zuerst spielten wir Herreweghe und hörten ein sehr gutes Bach-Spiel mit einem herausragenden Andreas Scholl. Der sehr kurze Nachhall der Orgel fiel mir auf - der Aufnahmeort scheint sehr trocken gewesen zu sein. Vereinzelt hätte ich mir mehr Auszierungen gewünscht, was Uwe nicht so sah. Das aber sind Marginalien. Die Aufnahme ist großartig.


    Vielleicht war es ein Fehler, zuerst die Herreweghe-Aufnahme zu hören. Als wir nämlich anschließend Leusink hörten, machten wir lange Gesichter. Nachdem dann auch noch Buwalda einsetzte, entschieden wir sehr schnell, dass wir das nicht weiter hören wollten. Grauslich klang Buwaldas Stimme nach Scholls Wohlklang.


    Klarer kann ein Sieg bei einem Vergleichshören gar nicht ausfallen.


    Viele Grüße
    Thomas

  • Hallo Thomas,


    das klingt aber spannend: Ihr veranstaltet gemeinsame Norderstedter Klassik-Hörabende?
    Wow - bin beeindruckt! :hello:


    Ihr hört aber nicht nur Bachkantaten (obwohl das natürlich ein schier unerschöpfliches Gebiet ist, mit dem man sich viele, viele Male beschäftigen kann)?

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Wer die Kantate von einer Altistin gesungen hören möchte, ist mit dieser Aufnahme mit Marianne Beate Kielland mehr als gut bedient:




    Müller-Brühl hat übrigens auch das aus der Kantate rekonstruierte Oboenkonzert, BWV 1059 eingespielt.



    Als Adagio wurde hier der langsame Satz aus dem Oboenkonzert von Alessandro Marcello eingefügt - gut anzuhören.


    Mit Gruß von Carola

  • Guten Tag



    Evtl. wollte Bach bei seinen Experimenten mit den solistischen Einsatz der Orgel in Kanatensätzen befähigte Orgelspieler -z.B. seinen Sohn Wilhelm Friedemann, der später als Hallenser Kantor bei der Aufführung von Kantaten seines Vaters nicht wenige Arien für solistische Holzbläser- oder Streichinstrumenten mit obligater Orgel besetzte- fördern und vorstellen ? Oder trat Vater Bach selbst als Solist auf ?


    Zitat

    Es dürfte sich bei dieser Orgel jedoch nicht um eine große Kirchenorgel gehandelt haben, sondern eher um ein kleines transportables Orgelpositiv.


    Andere Diskussion und Meinungen :D


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von ThomasNorderstedt
    Vielleicht war es ein Fehler, zuerst die Herreweghe-Aufnahme zu hören. Als wir nämlich anschließend Leusink hörten, machten wir lange Gesichter. Nachdem dann auch noch Buwalda einsetzte, entschieden wir sehr schnell, dass wir das nicht weiter hören wollten. Grauslich klang Buwaldas Stimme nach Scholls Wohlklang.


    Klarer kann ein Sieg bei einem Vergleichshören gar nicht ausfallen.


    Hallo Thomas, das glaube ich Dir sofort, ohne dass ich diese Aufnahme mit Andreas Scholl kenne. Ich habe neben der Leussink-Aufnahme eine mit Jochen Kowalski und dem Kammerorchester CPE Bach unter Hartmut Haenchen.



    Auch bei diesem Vergleich is Buwalda der Verlierer. Interessant wäre nun der Vergleich der Sieger...


    Buwalda vergällt mir die Leussink-Aufnahmen. Er klingt mir, als wollte jemand alle Vorurteile, die gegen männliche Altisten genannt werden, bestätigen. Das ist nicht die "natürliche, andere" Stimme des Mannes, sondern es klingt verstellt, tuntenhaft, heulend. Schade.


    Gruß! Manuel Gacía
    ;( :O

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von sagitt


    Nun kommt Bernada Fink mit dem Freiburger Barockorchester. Da werden die Karten neu gemischt.


    Mittlerweile ist diese



    CD mit Bernarda Fink und dem Freiburger Barockorchester auf dem Markt.
    Und ich bin freudig überrascht, haben doch die Mezzosoprane
    von den Altisten (z.B. 1974 mit Paul Esswood und den concentus musicus Wien unter N. Harnoncourt
    und 1998 mit Andreas Scholl und dem Collegium Vocale Orchestre, Leitung: Ph. Herreweghe
    - um nur mal zwei epochemachenden Einspielungen zu nennen) das Feld wieder zurückerobert.
    Das Timbre und die Verständlichkeit der Stimmen von Bernarda Fink überzeugen bei dieser Aufnahme.
    Auch das Freiburger Barockorchester, diesmal von Petra Müllejans geleitet,
    bringen das "Concerto" und die "Sinfonia", mit die schönsten und kunstvollsten Konzertsätze Bachs,
    mit Spielfreude heraus und zeigen,
    dass das FBO mit zu den besten Barockensemblen zählt.
    (Hätte gerne etwas über die Orgel erfahren).


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • BWV 35 gehört zu meinen Lieblingskantaten. Diese Alt-Kantate, in das Gerüst eines Orgelkonzertes (Oboenkonzertes) gefügt, zeichnet sich durch Virtuosität und einer - hier eher moderaten - typisch barocken Todessehnsucht aus. Durch das Element der Orgelkonzertsätze erreicht die Cantata für eine Singstimme trotzdem große Abwechslung, auch wenn Chor und Choral bzw. weitere Solostimmen 'fehlen'. Ich finde dass viele Sätze sich durch den typischen Schwung und Drive eines Barockkonzertes auszeichnen. Die Musik ist an vielen Stellen schlicht mitreißend.


    Die Schlussarie ("Ich wünsche nur bei Gott zu leben") gefällt mir besonders. Der tänzerisch-freudige Charakter konnotiert den irdischen Tod optimistisch und freudig. "Ach wäre doch die Zeit schon da, ein fröhliches Halleluja mit allen Engeln anzuheben" hat fast schon etwas Komisches. Der Wunsch "Und lass mich bald in deinen Händen mein martervolles Leben enden" drückt einerseits die erwähnte Todessehnsucht aus, wird aber durch das Proprium des Sonntags, mit 1. Korinther 13, noch weiter ausgedeutet: Es wird der Glaube ausgedrückt, dass wir dereinst von Angesicht zu Angesicht Gott schauen werden. Und eben diese freudige Hoffnung macht Bach hörbar.


    Das mitreißende und virtuos-vorwärtsdrängende der Musik wird für mich am allerbesten in der Videoaufnahme der Netherlands Bach Society im Rahmen des Projekts "All of Bach" deutlich:

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)