Alexis Weissenberg - Synthese von Intellekt und Emotion.

  • Liebe Forianer,


    Den Anstoß für diesen Thread gaben mehrere Zufälle. Zunächst fand ich in meiner Sammlung im Rahmen des Scarlatti-Threads seine CD, die er für die Deutsche Grammophon gemacht hat, und ich nahm die Gelegenheit wahr sie nach langer Zeit bewusst zu hören. Als ich dieser Tage die Scarlatti Aufnahme mit Maria Tipo suchte (sie war nicht lagern, ist aber bereits bestellt) fiel mir erneut der Name Weissenberg auf, in Form einer CD der Serie Nipper-Collection. Ich erinnerte mich, daß auch diese CD bei ihrem Erscheinen umstritten war, ebenso wie Weissenbergs Aufnahme der Beethoven Klavierkonzerte mit Karajan (die ich allerdings nicht kenne. So erwarb ich sie. Das Ergebnis hat mein Interesse an Weissenberg geweckt, sodaß man etliche Kritiken der Vergangenheit kritisch wird hinterfragen müssen.



    Der Pianist, der ja sehr viel Zeit damit verbrachte an seiner Technik zu feilen (unter anderem nahm er Unterricht bei Olga Samaroff Wanda Landowska und Artur Schnabel) galt ja lange Zeit als ausgesprochen "kühler Interpret", ein Schicksal, das er scheinbar mit fast allen hervorragenden Technikern teilt.
    Sei Repertoire reicht von Bach bis ins 20. Jahrhundert.


    So und nun bin ich gespannt, wer welche Aufnahmen von Ihm besitz, bzw. kennt und wie er von Euch beurteilt wird, bzw ob Ihr ihn und seine Aufnahmen schätzt.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred


    Ich habe und schätze diese CD. Ich finde sie tadellos und schön, muß aber zugeben, daß ich mich bisher nicht gerade intensiv mit Debussys Klavierwerk und seinen Interpreten beschäftigt habe.


    Bei der von Dir angesprochenen EMI CD handelt es sich wohl um die Goldbergvariationen. Ich besitze die CD und werde sie heute nacht erstmalig vollständig und intensiv hören und mich dazu morgen äussern.
    Die Brahmssonaten mit Weissenberg/Mutter in der EMI Nipper Collection hab ich auch. Kann dazu aber nicht viel sagen, da ich sonst keine Vergleichsaufnahme dazu habe. Werd aber auch noch mal reinhören.


    Beethovens Klavierkonzerte 4+5 (?) mit Karajan besitze ich auf LP, werd ich auch nochmal reinhören.


    Gruß aus frankfurt

  • Hallo


    Ich wollte gestern Weissenbergs Goldbergvaraitionen noch schnell im Bett hören, aber 77 Minuten sind halt doch eine lange Zeit, so daß ich in der Hälfte abbrach. Und Weissenbergs Interpretation lullt einen auch nicht gerade ein sonder ist eher anstrengend, wenn man aufmerksam zuhören will.
    Mir gefällt Weissenbergs Bach ganz gut, obwohl er wirklich eigenartig ist. Wenn mich meine Ohren nicht täuschen, spielt er absolut Pedal-frei, aber das sollte bei bach ja nichts ungewöhnliches sein. Weissenbergs aufnahme verdient auf jeden fall gehör, sie ist ideal für Leute, denen Glenn Gould zu exzentrisch und Murray Perahia zu romantisch spielt.
    Die Aufnahme hat swing und Intelligenz, ist gelegentlich virtuos schnell und vor allem die lockeren Phrasierungen kleinerer und größerer Abschnitte gefällt mir. Der Anschlag nähert sich gelegentlich dem perkussiven oder dem Cembaloklang an, was aber durchaus auch Cembalo-Hassern gefallen könnte.

  • Lieber Thomas ,
    Weissenbergs Debussy ist im Vergleich zu Michelangeli sehr gewöhnungsbedürftig und gehört - wie seine frühen Aufnahmen für RCA - nicht zu seinen überragnden Interpretationen .---Die BRAHMSschen Violinsonaten überzeuge durch ein hochanalytische , die falsche Brahmsschwere beiseite lassendes brilliantes Musizieren mit AS Mutter . Leider ist auf der CD dietatsächliche Präsenz nicht so gegeben wie dies in 183 z.B. im Konzert der Fall war . -- Sie sollten unbedingt , um sich ein vollständigers Bild von Weissenbergs einzigartigem Könne machen zu können - die CD-Box von EMI (2004) "Les Introuvables d'Alexis Weissenberg" kaufen . Absolute Referenzeinspielungen . Ich hoffe Ihnen geholfen zu haben .
    Beste Grüsse
    Frank Bechyna :] :]

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Alfred Schmidt ,
    Alexis Weissenbergs singuläres Können kann man über die 45 Jahre seiner Weltkarriere sehr gut verfolgen auf den 4 Cds bei EMI (2004) "Les Introuvables d'Alexis Weissenberg" . Nur Referenzaufnahmen der Klavierkonzerte , sein phantastischen Interpretationen der h-Moll-Sonate von Liszt und der b-Moll-Sonate von Frédéric Chopin .
    Sensationell ist sein ungewöhnlich schlanker Ton in Czernys "La Ricordanza" , Superb sein Intermezzo opus 118 Nr 2 von Brahms und sein JS Bach mit "Nun kom der Heiden Heiland" . Legende ist sein Stravinsky "Trois mouvements de Petrouchka" . Sein Ravel ist so nobel und tonal farbenträchtig wie der von Vlado Perlemutter .


    Ferner :
    Chopin : Nocturnes
    Rachmaninov : Préludes
    Rachmaninov : d-Moll-Konzert ( mit Ozawa-live und Bernstein )
    Rachmaninov : c-Moll-Konzert mit Karajan
    Chopin : Valse (EMI)
    A l l e seine Einspielungen von Werken Robert Schumanns ( Legende ist sein "Carnaval" wie seine "Kinderszenen" ) . Leider gibt es die fis-Moll-Sonate , opus 11, von Schumann (RCA/BMG ) nicht mehr ( LP ) .
    Weissenbergs Bach mag zwar viele provozieren , aber niemand hat die Visionen Bachs so umgesetzt wie Weissenberg mit seinen beiden Einspielungen der Goldberg-Variationen und der 6 Partiten !
    Herzliche Grüsse
    Frank Georg Bechyna

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Hallo allerseits,


    unabhängig vom Forum habe ich mir erst kürzlich die „Introuvables“ von Weissenberg zugelegt, auf die Frank – wie ich erst gestern sah – bereits mehrfach lobend hinwies. Wer immer auch Weissenberg in der Vergangenheit als „kühl“ ansah, der höre sich nur einmal sein 3. Klavierkonzert von Rachmaninov an. Ich erwähnte es bereits im Rach-Thread, bin aber dermaßen begeistert, fast außer mir vor Freude =), weil ich so lange nach einer für mich optimalen Aufnahme suchte, dass ich es auch hier noch einmal erwähnen möchte. Wer also meint, dass er mit Horowitz, Pletnev usw. bereits eine hervorragende Aufnahme besitzt, der hat natürlich Recht und möge es dabei belassen. Wer aber dieses Klavierkonzert einmal emotional-explosiv und absolut mitreißend und aufregend hören möchte, der kommt an Weissenberg nicht vorbei! Orchesterbegleitung und Klangqualität sind hervorragend.


    Zu den anderen Aufnahmen auf dieser CD hat Frank bereits hier und an anderen Stellen alles gesagt. Auch von mir: Unbedingte Kaufempfehlung!


    Bei Weissenberg’s Rachmaninov-„Préludes“ von 1969 soll es sich um eine der Referenzen handeln, weil dieser großartige Pianist hier quasi Rachmaninov’s Erbe antrat und in der Tat eine sachlich-kühle Interpretation vorlegte. Ich habe diese CD geordert und bin sehr gespannt darauf:



    Rachmaninov: 24 Preludes (Ges.-Aufn.)
    Alexis Weissenberg, Klavier


    Gruß, Cosima


    P.S.: Die o.g Debussy-CD besaß ich auch einmal. Auch ich war nicht sehr angetan und verkaufte sie später wieder.

  • Liebe Cosima ,
    auch hierzu ghabe ich irgendwo einiges geschrieben .
    F a k t ist : Es handelt sich um eine der ganz wenige Aufnahmen , die weltweit nie aus den Katalogen "verschwunden" sind .
    Der mir bekannte , grösste Bewunderr dieser Aufnahme von Alexis Weissenberg war übrigens Herbert von Karajan !
    Beste Grüsse
    F r a n k

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Cosima ,
    ich habe mich noch einmal wissend gemacht .
    Dei Aufnahme ist ein Live-Mitschnitt von 1972 .
    Die LP wurde vom "BSO radio broadcast" veröffentlicht . Dort liegen wohl auch alle Rechte .
    Ob die LP erhältlich ist , weiss ich nicht .
    Beste Grüsse
    F r a n k

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • hallo,


    mir gefallen zwei cds mit alexis weissenberg, den ich 1981 in neuss live erlebte, außerordentlich gut, ich halte sie für seine besten aufnahmen. einmal die von Thomas Bernhard erwähnte debussy-platte der DG. ein eigener weg der debussy-darstellung, mit erstaunlicher beherrschung von klang und anschlagsfinessen. und dann folgende:



    das 1. brahms-konzert ist eine DDD-aufnahme mit dem philadelphia orchestra unter muti und die sinfon. variationen von franck eine quadrophone-aufnahme mit den berliner philh. unter karajan (im original mit dem 2. rachmaninov gekoppelt). die triller und der pianistische zugriff im ersten satz des brahms sind wirklich gewaltig. im franck dann die dynamischen abstufungen und der überquellende kehraus in den final-variationen. zudem sind diese aufnahmen ein beispiel für die gelungene kooperation zwischen solist und orchester. und der preis von 4.99 € ist wirklich eine beleidigung für diese aufnahmen :D


    gruß, siamak

    Siamak

  • Liebe Forianer,
    Zeit, diesen thread nochmals vorzukramen, denn eine entscheidende Sache wurde, wenn ich richtig gelesen ahbe, noch gar nicht erwähnt.
    Weissenberg musste seine Karriere aus gesundheitlichen Gründen relativ abrupt beenden - tragisch, wenn man bedenkt, dass in diesem Alter die meisten Musiker überhaupt erst ihre "reifen" Interpretationen vorlegen...

    Weiß jemand, woran Meister Weissenberg danieder liegt?


    Die stellenweise getätigte Äußerung, Weissenberg sei "kühl", teile ich nicht. Besonders seine Rachmaninow-Préludes sind ob ihrer stupenden Virtuosität ein sogkräftiger Strudel, in den man beim Hören gerät. Bei Weissenberg liegt die Leidenschaft eher im Motorischen, als im Kantablen. Man muss also schon gewillt sein, die gängigen Vorstellungen von "Gefühl" bzw. "Wärme" über Bord zu werfen, um die glutvolle Passion in Weissenbergs Spiel zu erkennen.
    Diese Lust am Vorwärtsdrang gibt z.B. auch seinen Chopin-Nocturnes eine unverwechselbare Note. Warum soll's in der Nacht nicht auch ausgesprochen turbulent zugehen...


    Schöne Grüße!
    Daniel

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  • hallo Daniel,


    ich habe leider nirgends einen naeheren hinweis hierzu gefunden. lediglich genau das, was du jetzt erwaehntest, im rondomagazin. er scheint noch am leben zu sein und gelegentlich als juror bei wettbewerben zu erscheinen.


    gruss, siamak

    Siamak

  • hallo siamak,


    ich frage mich laufend, wie sich jemand fühlt, der zum künstlerischen Schweigen verdammt ist. Es muss doch fürchterlich für so einen absurd begabten Pianisten sein, quais über nacht nicht mehr Klavier spielen zu können...
    Aber weissenberg steht da nicht mal alleine da. meines wissens ereilte auch Solomon ein ähnliches schicksal. diese armen Schweine müssen bei lebendigem Leibe zusehen, wie sie peu à peu in Vergessenheit geraten - ultrahart!


    Grüße
    daniel

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Auch wir wissen nichts über seine Krankheit. Wenn wir uns nicht irren, haben wir schon Plakate gesehen, dass Weissenberg an einem Musikfestival für Jugendliche in Engelberg, Innerschweiz, als Juror auftritt.


    Wir verglichen vor geraumer Zeit seine Einspielung bei der Deutschen Grammophon von 1987 mit dem Italienischen Konzert BWV 971 von Johann Sebastian Bach.
    Er spielt den ersten Satz ungeheuer schnell - schneller als Gould - für uns bereits gehetzt und dadurch klingt es verwaschen. Der zweite langsame Satz ist klar gespeilt mit schönem Tempo, ausdrucksvoll mit grossem Spannungsbogen. Trotzdem gefällt uns sein Spiel nicht, zu gewagt und extrem seine Interpretation, die nicht passen mag in die Zeit von Bach. :(


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • hallo romeo und julia,


    ich bin überrascht. ich wusste bis dato nicht, das weissenberg das italienische konzert für die DG aufnahm. was ist denn noch auf dieser platte/cd ?


    ich habe seine aufnahme obigen werkes für EMI aus den 60er jahren. es hört sich in etwa so an, wie ihr es beschrieben habt. demnach hat er seine interpretation nicht wesentlich geändert. ich finde auch, dass die ecksätze hektisch klingen. bei gould klingen sie mit drive aber nicht hektisch. ein labsal dagegen brendels einspielung !


    gruß, siamak

    Siamak

  • Hallo Siamak


    Auf der DG-Einspielung aus dem Jahre 1987 sind noch die Partitas
    BWV 828 & 830 eingespielt worden.
    Die Interpretationen weisen bezüglich Tempi und Intonation denselben extremen Charakter auf.


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

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  • hallo,


    ich habe nochmalig weissenbergs bach-box durchgehört.



    beim italienischen konzert bleib ich bei der obigen beurteilung. auch die goldberg-variationen werden IMO in den raschen stücken arg strapaziert. es fallen dabei auch vereinzelt unregelmäßigkeiten im 'laufwerk' auf.


    die 6 partiten, die französische ouvertüre sowie die chromatische fantasie und fuge profitieren erheblich von weissenbergs art des spiels ! nach gould und schiff würde ich hier auf weissenberg zurückgreifen. ich hörte ihn anfang der 80er jahre auch live mit js bachs 4. partita d-dur, exzellent !


    gruß, siamak

    Siamak

  • hallo,


    js bachs 1. partita b-dur bwv 825 assoziiere ich seit meiner jugend immer mit dinu lipatti. ich muss bezgl. weissenberg anmerken, dass er dieses werk atemberaubend virtuos darbietet. bei anderen außer lipatti verbreitet sich IMO hier immer etwas langeweile. doch weissenberg überzeugt in jedem der sätze. die courante wird mit einem raschen non-legato absolviert, dass einem 'die spucke wegbleibt'. im gegensatz zu dem italienischen konzert klingt es hier nicht gehetzt sondern eben virtuos.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Zitat

    Original von Daniel Behrendt


    meines wissens ereilte auch Solomon ein ähnliches schicksal. diese armen Schweine müssen bei lebendigem Leibe zusehen, wie sie peu à peu in Vergessenheit geraten - ultrahart!



    Weiß jemand hinsichtlich Weissenberg näheres hierzu? Über Google ist nichts zu finden! Vielleicht die Ärzte in unserem Forum?

  • hallo Tom,


    ich habe neulich boris bloch nach der erkrankung weissenbergs gefragt. bloch traf ihn in den letzten jahren mehrfach im rahmen von wettbewerben (als juror). weissenberg erkrankte wohl schon seit anfang der 80er jahre an morbus parkinson ! seit den 90er jahren sind die symptome so ausgeprägt, dass er nicht mehr spielen kann.


    gruß, siamak :(

    Siamak

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  • Wuerde gerne mal wieder diesen thread wiederbeleben mit einer CD von ihm, die meine absolute Referenzaufnahme der Rachmaninoff Klaviersonaten ist.



    Weissenberg sagt über sich selbst:
    “Zwei Aspekte meiner Persönlichkeit bestimmen alles, was ich in der Musik tue, und sie sind völlig konträr: Meine Seele ist logisch, mein Körper jedoch temperamentvoll. Gefühlsmäßig bin ich Slawe: ich durchlebe Höhen und Tiefen, ich bin launisch und kann sehr sentimental und sehnsüchtig sein. Mit dieser Sehnsucht meine ich eine abenteuerliche Reise in Körper und Kopf, greifbarer als nur eine zwischenmenschliche Beziehung oder ein Liebeserlebnis. Die Ursache ist das Land, das man vermisst - das ganze Klima und die Topographie -, oder eine andere Person, die Aura eines anderen Menschen, der etwas für einen getan hat und der einem im Leben einfach fehlt. Sehnsucht kann für einen Künstler gefährlich werden, weil sie leicht außer Kontrolle geraten kann. Sie kann einen zerreißen.“


    Horowitz: “Wenn mir je einer folgen kann, dann ist es Alexis Weissenberg“


    Gould:
    ... dass Weissenberg ihn durch seine Kunst selbst mit Werken fasziniere, zu denen er selbst eigentlich keinen Zugang gehabt habe. Und führte neben Weissenbergs Chopin vor allem dessen "Carnaval" von Robert Schumann exemplarisch an.


    Kennt jemand die Kompositionen von Weissenberg, eingespielt von Simon Mulligan?

  • Die von ThoamsBernhard geschätzte Debussy-CD lässt mich etwas gespalten zurück. Zugegeben: Es gibt Stellen, Momente, in denen Weissenberg einen edlen, vielleicht perfekten Ton an den Tag legt - diese Stellen hat bisher kein mir bekannter Pianist/Pianistin so edel ausgeleuchtet wie Weissenberg.
    Insgesamt ist mir sein Spiel aus mehrerer Hinsicht zu extrem. Die Tempi sind IMO deutlich überzogen, Weissenberg scheint Vortagsbezeichnungen nicht ganz so genaus zu nehmen, habe ich den Eindruck. Da ist Thibaudet viel eher dran und gefällt mir insgesamt doch besser. Beispielsweise bei der Suite Bergamasque - der 2. Satz ist ein Menuett - bei Weissenberg ist es eher eine Achterbahnfahrt.


    Sicher eine sehr interessante , für meinen Geschmack aber überzogene Interpretation. Für einen Einstieg ist die Werkauswahl nicht die schlechteste, aber ob die Int. hilft...


    :hello:
    Wulf

  • [quote]Original von flotan
    Wuerde gerne mal wieder diesen thread wiederbeleben mit einer CD von ihm, die meine absolute Referenzaufnahme der Rachmaninoff Klaviersonaten ist.
    [img]


    Weissenbergs Verdienste um die starkt vernachlässigte erste Sonate op. 28 Rachmaninoffs sind kaum in Zweifel zu ziehen. Er war seiner Zeit fast der einzige bekannte Intepret der sich um dieses klanglich farbenreiche Werk bemühte. Seine Deutung hat den Standarts gesetzt. :jubel:


    Eine weitere gelungene Darstellung ist die des Italieners Sergio Fiorentino. Fiorention spielt nicht ganz so kompackt und virtuos wie Weissenberg, dafür veredelt er mit seinem warmen duftigen Ton Rachmaninoffs Klangpracht. Eine hörenwerte Alternative! :hello:


    Gruß NIko

  • Weissenberg kenne ich von genau 2 Schallplatten her - Bach Transkriptionen (EMI, C 061 - 12 505), großartig gespielt, ganz anders als Gould, eher etwas romantisierend, aber mit einem ungeheuren Anschlag, einer meiner Lieblingsscheiben seit über 20 Jahren.


    Zu allererst zu nennen: Liszts Bearbeitung der Präludium und Fuge a-moll, BWV 543, ein Stück zum drin Versinken


    dito die Siloti-Bearbeitung des Präludium h-moll, BWV 855


    Auf der zweiten Platte (Electrola - 1C 037 - 10 463) spielt Weissenberg die Chromatische Fantasie und Fuge (der ich wenig abgewinnen kann) und die Partiten BWV 829 und 831. Die Partiten werden weitgehend mit einem gewissen Rubato gepielt, das ich nicht sonderlich schätze, aber das letzte Stück der 831 reißt alles raus: es hat den Titel "Echo", dauert keine 2 Minuten, überstrahlt aber den Rest der Platte fast supernovaartig - mit Swing und Verve gespielt gehört dieses kurze Stück zu meinen nicht viel mehr als 10 Lieblingssätze umfassenden Referenzklavierwerken Bachs, Score 10, etwas, das man sich 50mal hintereinander anhören kann, ohne daß es irgendwas an Substanz oder Geheimnis verliert.

  • Kann mir jemand sagen, ob bei der Weissenberg-Aufnahme der Rachmaninov Préludes, mit der ich schon lange liebäugle, die billigere Neuasugabe bei Esprit klanglich "verschlimmbessert" worden ist gegenüber der früheren unter RCA unten? Danke!



    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

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  • Lieber 'a. b.' :



    Die Gesamteinspielung der Préludes von Sergey Rachmaninov ist 1968 - 1969 bei RCA aufgenommen worden ( 2 LPs ; RK 516 - 1 / 2 ) . Recording Engineer war Allen Zentz ; Produzent war der legendäre John Pfeiffer . In der ersten CD - Übertragung wurden als Supervisor André Gauthier und und als Engeneer Jay Newland
    angegeben ( Technik-Studios : BMG / RCA , New York City ) . Die erste Veröffentlichung in den USA erfolgte durch "General Electric Company" und BMG , USA , 1970 .


    Die Vertriebsrechte hate BMG Ariola für Europa . In Europa erfolgte die erste Veröffentlichung 1972 durch RCA mit eionem sehr guten Einführungstext von Uwe Kraemer .



    Die erste von Dir genannte CD - Übertargung erfolgte 1990 durch "BMG Classics" ( GD 60568 ) mit einer sehr guten Texteinführung durch Susan Lee Fogel Lloyd . Die ursprüngliche LP - Einspielung war in analoger Aufnahmetechnik gefertigt worden . Es gelang in der Übertragung auf CD den vollen Freuquenzumfang beizubehalten .



    Klangtechnisch finde ich diesen beiden Aufnahmen ohne Einschränkung sehr gut .


    Die zweite CD durch RCA mit Alexis Weissenberg ist dann nach den Vorstellungen der heutigen Technik unterworfen worden .


    Je nach Abspielgerät , Lautsprechern bzw. Kopghörern kann man dies auch feststellen .


    Alexis Weissenberg selbst hat in der von ihm ausgewählten Interpretation des Préludes Opus 32 No 10 , b - minor , auf die Ausgabe von 1970 zurückgegriffen ( "Great Pianist of the 20 th Century" ; Vol. 97 , CD 1 ; 1998 ) .


    Die neueste Bearbeitung hat dasselbe technische Niveau gehalten wie die beiden früheren hier erwähnten Aufnahmen .


    Meine eigene Erfahrung hat mich gelehrt , wenn möglich , alle Aufnahmen anzuhören , um mir ein sicheres Urteil selbst bilden zu können .


    Beste Grüsse ,




    Frank



    PS.: Wie problematisch dies ist hat Dr. Seletzky , London & Oxford , in einem sehr umfangreichen Übersichtsartikel anhand der s e h r unterschiedlichen Qualitäten der Aufnahmen von Maria Callas eingehend beschrieben ( alle Aufnahmen bei EMI ) .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Den Namen Alexis Weissenberg verbinde ich hauptsächlich
    mit seiner Interpretation von Beethovens "Appassionata" ,
    die ich, Sviatoslav Richter ausgenommen, bisher von keinem anderen
    Pianisten annähernd überzeugend gehört habe !


    Dies ist eine der Aufnahmen, an die ich mich immer erinnern werde
    (eine alte EMI - LP) !

    Gruß,


    Michael

  • Liebe Weissenberg - Bewunderer !



    Diese LP ( später CD der EMI ) mit drei Namenssonaten ist auch für mich ein Meilenstein der Beethoven-Interpretationen .



    Dier Aufnahme der "Appassionata" hat die Konsequenz einer scharfsinnigen Notenanalyse , eine perfekte Technik und auch
    die kontrollierte Leidenschaft .


    Auch ich schätze diese Interpretation , die derzeit nur sehr schwer erhältlich ist , ganz besonders !


    Beste Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Frank,


    ich kann Dir nur voll und ganz zustimmen -
    was die Appassionata betrifft!
    z.B. das Piu Allegro in der Coda zum 1.Satz
    reisst mich jedesmal aufs Neue vom Stuhl - obwohl ich
    die Aufnahme schon über 25 Jahre kenne
    (und leider noch immer nicht auf CD habe -
    mittlerweile verströmt meine LP eine "gesunde Lagerfeuerromantik" !!)


    Auch der Beginn und Schluß des 3.Satzes scheint mir
    unter Weissenbergs Händen das richtige Maß an
    "Beethoven-Raserei" zu haben !


    Freut mich sehr daß es noch andere Liebhaber dieser Aufnahme gibt !

    Gruß,


    Michael

  • Lieber Micha ,



    mit dem reinen Beethoven - Programm der Namenssonaten "Pathetique" , "Mondschein" und "Apaasionata" habe ich Alexis Weissenberg mindestens zweimal in Deutschland im Konzert gehört .


    Die "Pathétique" vööllig ohne den unlogischen Beinahmen "Pathétique" ;


    die "Mondscheinsonate" ohen dass ein - sonnloses - Sekulieren über den "Sinmn" der Soantenbezeichung möglich gewesen wäre .


    Und auch die "Appassionata" mit einer angemessenen analytischen Schärfe und interpretatorischen Klarheit wie sie unter Berücksichtigung der von Beethoven vorgebenen Tempobezeichungen wohl später nur S. Richter und Emil Gilels gespielt haben .


    Es ist schwer unter den rund 200 verschiedenen Aufnahmen unterscheiden zu können . Manches bleibt dennoch als einmalig , herausragend in einem hängen .


    Die Suche nach der CD ( EMI ) ist selbst bei EMI ( fast ) sinnlos .


    Die LP war klangtechnisch übrigens sehr gut .


    Persönlich kenne ich nur wenige Personen , die diese CD sicher bzw. höchstwahrscheinlich haben . Es besteht leider keine Chance , sie zu bekommen .


    Ich habe mich jahrelang darum bemüht .


    Meine ursprüngliche CD habe ich 1994 in dem Glauben verschenkt , diese Aufnahme jederzeit weider kaufen zu können .


    Vielleicht schreibst Du die EMI in Köln einmal an .


    Beste Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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