Hallo allerseits
Natürlich muss ein solch lachhaftes Thema von RIDEAMUS kommen.
Hier geht es aber um eine der schwierigsten therapeutischen Aufgaben der Musik, nämlich die Auslösung von Gelächter, das bekanntlich die beste Medizin ist.
Das einfachste Mittel ist natürlich die Parodie oder Travestie, wie sie einst Gerard Hoffnung, Victor Borge, Georg Kreisler und andere so unwiderstehlich beherrschten, die man nicht primär mit dem Begriff des Komponisten verbindet, obwohl sie es auch waren. Um die geht es aber hier erst einmal nicht, sondern um ganz "seriöse" Komponisten, die diese Kunst ebenso beherrschten, wenn ihnen danach war. Man denke nur an Verdis FALSTAFF, der nicht nur in einer weisen Betrachtung über die komiche Welt mündet, sondern auch voller köstlicher Miniaturen steckt, wie etwa das instrumentale Geklimper, wenn Falstaff sein Geld zählt. Das klingt so unerwartet bildhaft, dass ich stets lachen muss, obwohl ich es inzwischen natürlich erwarte, bzw. kaum abwarten kann, was der Dirigent daraus macht.
Hier geht es also nicht um gute Komödien oder witzige Dialoge und Verse, sondern um derartig lach-hafte Kabinettstücke der ernst zu nehmenden MUSIK. Selbstverständlich sollen dabei auch derartige Leistungen in der symphonischen oder Instrumentalliteratur, wo sie am schwersten fallen, nicht außen vor bleiben. Man denke an Mozarts Dorfmusikantensextett oder die überraschende Pointe von Haydns Symphonie mit dem Paukenschlag. Wichtig ist, dass sie Euch zum Lachen bringen, wenn sie Euch begegnen und nicht durch eine schlechte Aufführung total verhunzt werden (nicht aber DESWEGEN).
In einem anderen Thread, der fast das Gegenteil verlangt ( heiss und kalt ), habe ich folgende Stücke genannt, die da eigentlich nicht hingehören und deshalb hierher adaptiert werden sollen:
Zum Schießen im genannten Sinne sind für mich etwa
"What's the use" aus CANDIDE. Dieses Ensemble im mitreißenden Walzertakt, das den zynischen Text herrlich konterkariert, macht mich immer gleich etwas fröhlicher, wenn ich nur daran denke und mir dazu noch den begeistert sich im Rhythmus wiegenden Bernstein in seiner DVD-Aufnahme vorstelle.
Ähnlich wirkungsvoll sind die Ensembles "Der Roderich, der Roderich" und "Sieben Jahre war ich in Batavia" meines Namenspatrons Rideamus in Künnekes DER VETTER AUS DINGSDA, der aus vielen Gründen in jede Operettenbestenliste gehört. Freche und völlig unerwartete (auch unerwartet moderne und komplizierte) Rhythmen vereinigen sich hier auf das glücklichste mit buchstäblich unerhörten Reimen und werfen alles über den Haufen, was man allgemein von einer Operette erwartet, wobei gerade in dieser an anderen Stellen auch dem gemütvollen Affen heftig Zucker gegeben wird. Dafür lasse ich auch gerne mal die ganze LUSTIGE WITWE sausen, so sehr ich sie sonst mag und sie ebenfalls in jede Bestenliste gehört, obwohl sie zwar sehr viel Charme und Schwung, aber, im Gegensatz zur FLEDERMAUS, wenig musikalischen Witz hat. Verstehe einer, warum der VETTER so selten aufgeführt wird und von sogenannten renommierten Häusern gar nicht. Da steckt nämlich wirklich Musik drin, und zwar in jedem Wortsinne.
Nicht zu vergessen natürlich "Von vorne von vorne, da ist er ganz aus Horne..." aus Oscar Straus' von mir schon mehrfach propagierten DIE LUSTIGEN NIBELUNGEN, die überhaupt voller lach-hafter Stücke steckt, deren Witz beileibe nicht nur auf billigen Wagner-Parodien beruht, obwohl Rideamus und Sraus zu höchsten Höhen gelangen, wenn sie über ihre eigenen Reime und musikalischen Klimaxketten den Stab brechen:
"Lodernde Liebe liegt in den Lüften
Mächtige Minne saust durch den Saal."
Wirklich komisch wird das erst durch die Musik, die mindestens Offenbach nicht weniger zum Lachen gereizt hätte als mich dessen Travestie der Schwerterweihe in Meyerbeers HUGENOTTEN in dem "patriotischen Trio" seiner LA BELLE HÉLÉNE: "Lorsque la Grèce est un champ de carnage". Oder man denke daran, wie er nach dem pompösen Aufmarsch der Könige diesen lächerliche Couplets widmet und etwa bei der Vorstellung des edlen Menelas, "Le roi barbu, qui s'avance" die Betonung ausgerechnet auf das groteske "bü" legt.
Überhaupt ersetzt vieles von Offenbach, aber auch von Rossini, einen ganzen Medizinkoffer, aber die einzelnen Medikamente zu benennen, sei gerne erst einmal Euch überlassen.
Aus der Oper sollte man unbedingt noch die Chorprobe aus Lortzings ZAR UND ZIMMERMANN erwähnen, deren Witz erst durch die Musik richtig zündet. Wer bei der köstlich schlichten Monotonie von "Heil sei dem Tag, an welchem Du bei uns erschienen" nicht lachen muss, hat entweder keinen Humor mit- oder einen Regisseur bzw. Dirigenten abbekommen, der sofort gefeuert gehört.
Gleiches gilt für die köstliche "Amen" - Fuge aus Hector Berlioz' LA DAMNATION DE FAUST, die leider oft ihre Wirkung verfehlt, weil man in dem Zusammenhang (und bei Berlioz generell) überhaupt nicht damit rechnet, mit musikalischem Humors konfrontiert zu werden. Dabei gibt es kaum einen komischeren Moment in der Musik, als wenn die eifrig kanonisierenden Studenten gegen Ende des Chorals ihre "Amen" auf das Niveau einer heftig meckernden Ziegenherde hetzen. Berlioz, der längst nicht so humorlos war wie man ihn sich gemeinhin vorstellt, hat darin seinen Abscheu gegenüber den während seines Musikstudiums von den Akademikern geförderten Chorälen auf dieses Wort höchst konkret und umwerfend grotesk formuliert. Köstlich auch das geradezu plakativ komponierte Durcheinander der Karnevalszene von BENVENUTO CELLINI, das selbst denjenigen, der das nicht auch sieht, zum Lachen reizen muss.
(Á propos: hat jemand noch nicht mitbekommen, dass diese Oper am nächsten Mittwoch von ARTE übertragen wird?)
Damit soll es erst einmal genug sein. Ich freue mich auf weitere Anregungen, hoffentlich auch von vielen Musikstücken, die ich noch nicht kenne.
Euer :D:D:D:D:D:D:D:D:D:D:D:D:D Rideamus