Noch ein Intendant gesucht

  • Grüß Euch ... alle miteinander.


    Stellt Euch bitte Folgendes vor (auch wenn's am konkreten Beispiel Berlin schwer fällt):


    In einer international orientierten Hauptstadt mit zahlreicher ausländischer Klientele gibt es neben dem etablierten Opernhaus (oder gar mehreren) eine „kleines“ Haus, das sich, etwa nach dem Vorbild des ursprünglichen Konzepts der Komischen Oper, ganz dem sogenannt leichten Musiktheater widmet.


    Dank seiner gesunden Mischung aus Spieloper/Opéra comique u.ä., Operette und klassischen Musicals hat es eine starke Publikumsbindung für dieses Repertoire entwickelt und kann es sich daher leisten, mit entsprechendem Personal fremdsprachige Stücke in der Originalfassung aufzuführen. Selbstverständlich werden die deutschen Texttitel über der Bühne eingeblendet, da es durchweg Stücke spielt, in denen Gesang UND Sprache, gelegentlich auch der Tanz, wichtig sind. Ausnahmen mit Rezitativen gibt es - in Grenzen - nur für die italienische Buffo-Oper. Durchkomponierte Stücke werden hier gerne der großen Oper überlassen. Nachträglich mit Rezitativen versehene Kompositionen werden selbstverständlich in der Originalfassung mit Dialogen gespielt, so dass HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN und CARMEN keinesfalls Fremdkörper wären. Es werden also beileibe nicht NUR heitere Stücke gespielt. Natürlich bemüht man sich vorbildlich, nicht mit den gängigen Stücken der großen Häuser zu konkurrieren. Die geschützten Musicals der Spezialtheater (Webber, Schoenberg, Elton John, Steinmann etc.) sind aus rechtlichen Gründen ebenfalls tabu.


    Leider kann sich das Haus nur ein Repertoire von 40 Stücken leisten, da die Lagerräume nicht mehr Platz haben als für maximal 40 Inszenierungen, und die allgemeine Finanzlage eine Erweiterung nicht erlaubt. Ihr müsst also für jedes Stück, das neu hinzu kommt, eines eliminieren, es sei denn, die Kulissen eines anderen Stückes erlauben mit leichten Änderungen die Präsentation eines weiteren, das in der gleichen Periode und an ähnlichen Schauplätzen spielt.


    Und noch ein weiteres: um die internationale Klientele zu erhalten und das erfolgreich aufgebaute, internationale Ensemble zu beschäftigen, muss stets MINDESTENS die Hälfte französischer, englischsprachiger oder anderer internationaler Herkunft sein. Außerdem gibt es einmal im Jahr Zarzuela-Wochen, für welche die besten spanischen Spezialisten und Inszenierungen eingeflogen werden, die drei zusätzliche Stücke dieses Repertoire geben. Die zählen nicht mit, da die Kulissen nicht gelagert werden müssen, und sollten jedes Jahr gewechselt werden, so dass in einem Dreijahreszyklus mindestens 9 Stücke zur Aufführung kommen.


    Als Letztes muss noch erwähnt werden, dass das Theater sich bemüht, alle zwei Monate (außer der Sommerpause) eine Premiere herauszubringen, also fünf pro Jahr, und stets MINDESTENS ein neues Stück anzubieten, das für Kinder besonders geeignet ist und deutsch gespielt wird, sowie natürlich eine heitere Sylvestergala, für die eigens teure Gaststars verpflichtet werden, die ungern neue Stücke lernen. Dafür sollten wenigstens drei Stücke jederzeit zur Auswahl stehen, da Stars ja gerne auch mal absagen.


    Der bisherige Intendant, der dankenswerterweise meinen Geschmack teilt, hat folgendes Repertoire aufgebaut, das nur im Rahmen der Vorgaben zu erneuern ist, also zusammengefasst:
    5 neue Inszenierungen pro Jahr, höchstens 40 Stücke oder Dekorationen insgesamt, davon mindestens die Hälfte international sowie stets ein Kinderstück und ein Galastück für Spitzenkräfte. Außerdem drei beliebig wechselnde Zarzuelas.


    Deutsches Repertoire (nach Komponisten geordnet):
    Ralph Benatzky: Im weißen Rössl
    Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker
    Nico Dostal: Clivia
    Leo Fall: Madame Pompadour
    Friedrich von Flotow: Martha
    Hans Král: Brundibar (Oper für Kinder)
    Eduard Künneke: Der Vetter aus Dingsda
    Franz Léhar: Der Graf von Luxemburg (Gala)
    Albert Lortzing: Der Wildschütz
    Karl Millöcker: Der Bettelstudent
    Oscar Straus: Die lustigen Nibelungen
    Johann Strauß II: Die Fledermaus (Gala)
    Franz von Suppé: Boccaccio
    Carl Zeller: Der Vogelhändler


    Englisches Repertoire
    William Balfe: The Bohemian Girl
    Leonard Bernstein: Candide (Gala)
    Cy Coleman: On the Twentieth Century
    George Gershwin: Of Thee I Sing / Let 'Em Eat Cake (Doppelstück mit ähnlicher Dekoration)
    Jerome Kern: Show Boat
    John Kander: Cabaret
    Frank Loesser: Guys and Dolls
    Frederick Loewe: My Fair Lady (Gala)
    Cole Porter: Kiss me Kate
    Richard Rodgers: Babes in Arms
    Stephen Sondheim: A Little Night Music
    Jule Styne: Funny Girl (Gala)
    Arthur Sullivan: The Gondoliers


    Französisches Repertoire
    Jean Francois Auber: Fra Diavolo
    Edmond Audran: La Poupée
    Hector Berlioz: Béatrice et Bénédict
    Emanuel Chabrier: L' Étoile
    (Florimond Ronger, genannt:) Hervé : Le Petit Faust
    Alexandre Charles Lecocq, : La fille de Madame Angot
    André Messager: Véronique
    Jacques Offenbach: La Belle Helene
    Jacques Offenbach: La Grande Duchesse de Gerolstein


    Internationales Repertoire (Buffo & Co)
    Domenico Cimarosa: Il matrimonio segreto
    Gaetano Donizetti: Don Pasquale
    Gioacchino Rossini: La Cenerentola (Oper auch für Kindervorstellungen auf deutsch)
    Smetana, Bedrich: Die verkaufte Braut (Oper auch für Kindervorstellungen auf deutsch)


    Zarzuelas
    Francisco Asenjo Barbieri: El Barberillo de Lavapies
    Federico Chueca: La Gran Via
    Amadeo Vives: Bohemios


    Für die nächste Saison angekündigt sind noch folgende Werke, die Ihr aber nicht übernehmen müsst:
    Oscar Straus: Hugdietrichs Brautfahrt;
    Maury Yeston: Nine;
    Maurice Yvain: Ta bouche / Pas sur la bouche (Doppelinszenierung in ähnlichen Kulissen);
    Gian Carlöo Menotti: Hilfe! Hilfe! Die Globolinks (Kinderoper)
    und das Einaktergespann: Pimpinone (Telemann) / La Serva padrona (Pergolesi)


    Als die nächsten Zarzuelas sind geplant:
    Francisco Alonso: La Linda tapada;
    Manuel F. Caballero: El duo de la Africana
    und Ruperto Chapi: La Revoltosa.
    Wenn Euch das Repertoire nicht so vertraut ist, solltet Ihr Euch während Eurer Amtszeit damit vetraut machen. Bis dahin könnt Ihr natürlich die Fachleute konsultieren, die sich auf folgender höchst empfehlenswerter Website tummeln (leider nur auf englisch): www.zarzuela.net.


    Damit Ihr Gelegenheit habt, Euer eigenes Repertoire aufzubauen, bekommt Ihr einen Dreijahresvertrag mit Verlängerungsoption, Ihr dürft also am Schluss noch fünf weitere Titel ankündigen, die irgendwie nicht gepasst haben, die Ihr aber spielen würdet, wenn die Option gezogen wird.


    Und nun ans Planungswerk. Es wäre natürlich nicht nur nett, sondern Euren Geldgebern gegenüber auch notwendig, wenn Ihr Eure Entscheidungen KURZ begründen könntet.


    Halt! Das Wichtigste fehlt noch: Dieses interessante Planspiel verdanken wir in erster Linie Edwin, dessen Idee dazu ich aus diesem spannenden Thread entnommen habe:
    Wenn ich was zu reden hätte... - Der Tamino-Spielplan


    Ich danke ihm dafür, dass er mir liebenswerterweise nicht nur gestattete, ihn zu kopieren, sondern auch bekundet hat, dass er schon sehr auf die Ergebnisse dieser Variante gespannt ist.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Rideamus,


    ein interessantes Theater hast Du da auf die Beine gestellt!


    Bevor ich mir Gedanken über eine mögliche Bewerbung für diese Intendanz mache, muss ich mich erst mit dem bestehenden Repertoire vertraut machen - Kannst Du noch einen Fachmann für die weniger bekannten Teile des englischen und insbesondere des französischen Repertoires empfehlen?


    (die einfachste und sicher erfolgversprechende Lösung, in Meiningen auf Heldenfang zu gehen und dem dortigen Intendanten Ansgar Haag seinen Operndirektor Dr. Klaus Rak abzuwerben, scheidet ja nach den Spielregeln "zwischen den Zeilen" und dem Sinn und Zweck dieses Spieles aus ... :) )


    :hello:
    Elisabeth

  • Hallo Elisabeth,


    Intendanten sind zwar nicht gerade berühmt dafür, ihre Macht teilen zu wollen, aber ich kann in den Spielregeln nichts erkennen, das gegen eine Konsultation oder gar Kooperation spricht, und auch nichts, das zur Eile antreibt.


    Eine Partnervermittlung will dieses Forum aber nicht sein, denke ich. :D


    Allgemein bin ich mir bewusst, dass die Aufgabe keine ganz einfache ist, und der eine oder andere hat auch schon protestiert. Dennoch wäre es der erste Intendantensitz, um den sich niemand drängt, und der kluge Intendant nimmt sich Zeit, seine Bewerbung vorzubereiten. Der Vorgänger hat ja auch sehr lange daran gearbeitet, dieses Repertoire auf die Beine zu stellen, und so amtsmüde, dass er seinen Sessel sofort räumen will, ist er auch noch nicht.


    Deshalb lasst Euch ruhig Zeit. Manche Sprichworte sind so blöd gar nicht, und "gut Ding will Wele haben" ist ein solches. Schließlich ist das hier kein Rätsel, das man unbedingt als Erster lösen sollte.


    Frohes Konzipieren wünscht


    :hello: Rideamus

  • Zitat


    Eine Partnervermittlung will dieses Forum aber nicht sein, denke ich. :D


    Nö, ich hatte eher daran gedacht (OT: in bester Vorgesetztenmanier :D ) die Arbeit zu delegieren und den Ruhm einzuheimsen.... :pfeif:


    Ernsthaft: gibt es eine empfehlenswerte Internetseite zu dem von mir angesprochenen Repertoire?


    :hello:
    Elisabeth

  • Zitat

    Original von Elisabeth
    Ernsthaft: gibt es eine empfehlenswerte Internetseite zu dem von mir angesprochenen Repertoire?


    Liebe Elisabeth,


    eine angemessene Antwort auf Deine Frage wäre etwa so umfangreich wie der musikbezogene Teil von Google. Deshalb würde ich zunächst einmal Volker Klotz' hervorragendes Handbuch empfehlen, das die Operette und die Zarzuela hervorragend abdeckt und sich auch sehr gut liest:



    Was Websites betrifft, so habe ich die englische zur Zarzuela ja schon genannt. Für Leute mit akzeptablen Französichkenntnissen empfehle ich dringend die Website der französischen Zeitschrift Opérette:
    Opérette


    Auch eine deutsche Website gibt es, die schon seit Jahren im Wachsen begriffen und dennoch sehr unvollständig ist:
    http://www.welt-der-operette.com/


    Außerdem diese, die ich für Fakten immer wieder konsultiere:
    http://www.operone.de/


    Ansonsten browse ich immer nach bestimmten Namen, denn die führen mich am ehesten weiter. Die viel gerühmte und gescholtene Wikipedia kommt dann meist ziemlich früh, besonders, wenn man sich nicht nur auf die deutsche beschränken muss.


    Aber wenn Du die alle erst lesen willst, ist der Intendantenposten bestimmt schon besetzt, denn das wird Dich wahrscheinlich in das nächste Jahrzehnt hinein tragen.


    Außerdem wird mir womöglich Alfred böse, wenn ich jetzt noch mehr Links anführe, die von Tamino wegführen, obwohl sie mich in der Summe zu ihm hin geführt haben.


    Also viel Spaß beim Suchen und Anreichern des Wissensschatzes. Darauf kommt es ja bei diesem Spiel wie auch bei Tamino überhaupt vor allem an, oder?


    :hello: Rideamus

  • Vielen Dank, lieber Rideamus,


    für diese ausführlichen Hinweise.


    Du hast recht - Tamino sorgt für viele Anregungen zur Erweiterung des Wissensschatzes.
    Und (obwohl Du sicher kein "fishing for compliments" betreiben wolltest): Dein Anteil daran ist nicht gering...


    Ich freue mich jedenfalls darauf, mich auch mit mir unbekanntem Repertoire auseinanderzusetzen und mich an der Konzeption eines Spielplans für dieses Spiel zu versuchen - auch wenn das wahrscheinlich noch bis zu meinem Urlaub wird warten müssen.


    :hello:
    Elisabeth

  • Hallo Rideamus,
    gestern dachte ich noch, dass mich meine Signatur zum Intendanten prädestinieren würde. Zugleich machte ich mich ans Werk und hatte nach 3 Stunden eine Spielzeit zusammen. Dann fingen die Probleme an. :faint: :faint: Das Repertoire von 40 Stücken für das "kleine Haus" in der Tradition der Opera comique ist ja heftig. Ich habe vorerst die Arbeit an meiner Bewerbung eingestellt und warte mal das Wochenende ab. Vielleicht kann ich dann ja einige Stunden ohne Unterbrechung arbeiten (ja, diese Bewerbung ist richtige Arbeit). Vielleicht ist der Posten ja bis dahin auch schon an einen kompetenteren Bewerber vergeben. Jetzt genehmige ich mir ein Glas Rotwein, versuche mich an Maggies Rätsel und muss dann meine Signatur vielleicht auf die erste Zeile der Zueignung ändern.


    Liebe Grüße


    Emotione

  • Bevor ich meine Bewerbung abgebe, hätte ich gerne noch ein paar Fragen geklärt bzw. beantwortet:
    - Ab wann ist die Position ausgeschrieben (die Vorbereitungszeit ist für die Spielplangestaltung und für Engagements nicht ganz unbedeutend)
    - Wie sehen die bestehenen Verträge aus (befristet, kündbar, unkündbar)
    - Können (finanzielle Grenzen) und/oder dürfen für einzelne Produktionen auch Gäste engagiert werden
    - Wenn es 40 Werke im Repertoire gibt bedeutet das "echtes" Repertoiretheater (wie es einstmals in Wien der Fall war), bedeutet das Semi-Staggione (was Wien heute de facto bietet) ode ist eher an ein System wie in Zürich gedacht. Oder kann ich mir als neuer Direktor das aussuchen ?


    Oder sollten wir zu diesem Fragenereich (welche Rahmenbedingungen hat/braucht ein Intendant) ein neues Thema eröffnen ?


    Michael 2


  • Hallo Michael,


    willkommen im Kreis der prospektiven Tamino-Intendanten.


    Da wir von einer virtuellen Position sprechen, eine virtuelle Antwort auf Deine Fragen, die ich der Einfachkeit halber nummeriert habe:


    1. Der gegenwärtige Intendant macht so lange weiter wie der neue braucht um eine eigene Spielzeit auf die Beine zu stellen. Das aufgeführte Repertoire der jetzt kommenden Saison ist aber die Grundlage für das Bewerbungskonzept, nach dem entschieden wird. Bewerbungen sollten also spätestens in ein paar Monaten eingehen.


    2. Unkündbare Verträge gibt es nirgendwo. Der garantierte Vertrag des neuen Intendanten läuft auf drei Jahre mit Verlängerungsoption. Ein GMD kann neu berufen werden. Orchester, Chor und Comprimarii haben die üblichen Gewerkschaftsverträge. Führende Sänger/Innen können nach dem Stagione-Prinzip besetzt und ausgetauscht werden. Grundlage der Entscheidung sind aber in der hier entscheidenden ersten Runde die Repertoirevorstellungen, noch nicht die personellen.


    3. siehe 2. Es gibt keine festen Stars und Regisseure, und der Intendant muss natürlich auch nicht alles selber machen.


    4. Gedacht ist an ein Repertoiretheater, das aber relativ große Freiheit in der Auswahl der wichtisten Künstler hat, folglich ziemlic viel in überschaubaren Blöcken spielen muss.


    5. Der Aufgabenbereich des heutigen Intendanten wäre bestimmt ein toller Thread für und von jemandem, der da firm ist, also nicht für mich.


    Reicht das für's Erste?


    Bin mal gespannt, was Du aus diesen Vorgaben machst.


    :hello: Rideamus

  • Es ist noch schwerer als ich schon dachte. Ich fürchte, ich werde ein Versager.
    Oder ist es erlaubt, ganz unkonventionell, vieles zu streichen und z.B. das Akzent Richtung Belcanto Opern und Vorgänger zu verschieben?.
    Rossini und Donizetti haben noch soviel unbekanntes. Mercadantes Oper sind kaum bekannt. Wer hört jetzt noch Opern von Mayr. Um von sehen zu schweigen.
    Aber auch Richtung Barock und Mannheimer: Graun, Hasse und J.C. Bach z.B. Und etwas später Paisiello, Salieri, Dittersdorf und Myslivececk. Um einige bekannten Namen zu nennen.
    Da soll man doch mal schauen.


    LG, Paul

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  • Lieber Paul,


    erlaubt ist alles, solange die Proportionen gewahrt bleiben und nur die Italiener Secco-Rezitative liefern dürfen. Dittersdorf ist mit DOKTOR UND APOTHEKER ohnehin schon vertreten, aber der hat ja auch noch viel anderes geschrieben.


    Im Endeffekt ist das Wichtigste aber ein erfolgversprechendes Programm, kein Raritätenkabinett. Wenn Du die Träger des Hauses also mit einem abgewandelten Konzept überzeugen kannst... wer weiß?


    Aufmerksam studiert wird Dein Vorschlag in jedem Fall werden.


    :hello: Rideamus

  • [Zitat] Original von Rideamus
    Manchmal geht mir die eurozentrische Arroganz unserer Musikwahrnehmung, die ja schon an der spanischen Grenze halt macht, ziemlich auf den Keks, und das nicht nur, weil sich (vermutlich mangels hinreichender Sachkenntnis) niemand an mein harmloses Intendantenspiel (Noch ein Intendant gesucht) traut, nur weil da auch Musicals und Zarzuelas vorkommen. [/Zitat]


    Lieber Rideamus,


    wer sagt denn, dass sich keiner an dieses Spiel traut?


    Aber dieses (inhaltlich anspruchsvolle) Spiel macht ganz schön viel Arbeit - und das m. E. nicht unbedingt der Musicals wegen :yes: - dafür aber auch sehr viel Spaß, und es gibt auch wieder viel neues zu entdecken :jubel:


    Jetzt bin ich aber doch gespannt, ob noch ein(e) andere(r) Tamino/a die Bewerbung vor mir fertig haben wird!


    :hello:

    Elisabeth

  • Lieber Rideamus,



    ich freue mich, nun endlich mein Konzept für die folgenden Spielzeiten Deines Theaters vorzustellen:


    1. Spielzeit


    Premieren:


    Emmerich Kalman: Die Zirkusprinzessin - Kalman fehlt im Repertoire!


    Gian Carlo Menotti: Hilfe! Hilfe! Die Globolinks (Kinderoper) – diese Planung meines Vorgängers passt schön ins Konzept, zumal Menotti viel zu selten aufgeführt wird


    Mitch Leigh: Man of la Mancha


    Francois Adrien Boildieu: La Dame Blanche – wunderbare Musik, die leider viel zu selten aufgeführt wird.


    Domenico Cimarosa: L´impresario in angustie (Der Operndirektor), ergänzt um Il maestro di capella als Einlage für den Baß – mit einer spritzigen Inszenierung kann ich den Theaterbetrieb schön auf´s Korn nehmen.


    Gestrichen werden:


    Leo Fall: Madame Pompadour
    Oscar Straus: Die lustigen Nibelungen
    Cy Coleman: On the Twentieth Century
    Alexandre Charles Lecocq, : La fille de Madame Angot
    Domenico Cimarosa: Il matrimonio segreto



    2. Spielzeit


    Premieren:


    Hermann Goetz: Der Widerspenstigen Zähmung - zusammen mit Kiss me Kate kann ich diesen Stoff in zwei Varianten zeigen, die ich mit Rücksicht auf auswärtige Besucher parallel spielen möchte.


    Oscar Straus: Hugdietrichs Brautfahrt – ein interessantes Projekt meines Vorgängers passt erst jetzt und füllt die Lücke der Straus-losen Spielzeit.


    Vincent Youmans: No, No, Nanette – ein köstliches Musical, das leider viel zu selten gespielt wird. Passend dazu könnte ich als PR bei ausgewählten Vorstellungen eine vorhergehende Teestunde (nicht nur tee for two) anbieten.


    Jules Massenet: Don Quichotte – passend zum Man of la Mancha schlägt auch hier wieder meine Vorliebe für parallele Stoffe durch.


    Paisiello, Barbier (Oper auch für Kindervorstellungen auf deutsch) – Damit ergänze ich das Repertoire der großen Häuser und kann ein konzertantes Beiprogramm und spezielle Kindereinführungen – mit Vergleich zu Rossini – anbieten etwa in dem Stil, wie es Gert Albrecht Hamburg macht. Hinzu kommt, dass ich keinen Chor brauche, was diesem tariflich freie Tage sichert.



    Gestrichen werden:


    Carl Zeller: Der Vogelhändler
    Frank Loesser: Guys and Dolls
    Stephen Sondheim: A Little Night Music
    André Messager: Véronique
    Gioacchino Rossini: La Cenerentola (Oper auch für Kindervorstellungen auf deutsch) – eine schöne Produktion, die aber inzwischen sehr lang läuft und daher abgespielt ist.


    3. Spielzeit


    Premieren:


    Paul Abraham: Ball im Savoy - ein amüsantes Stück eines viel zu selten gespielten Komponisten.


    Mark Lothar: Momo (Oper für Kinder) – dazu eine Zusammenarbeit mit einigen Kinos, die in zeitlicher Nähe zu Premiere und ersten Vorstellungen den Film „Momo“ zeigen.


    Jerry Herman: Hello Dolly – wird sicher ein Kassenschlager!


    Offenbach, Barbe-Bleue – zusammen mit der Streichung der Belle Helene ein kleiner Umbau des Offenbach- Repertoires


    Giuseppe Verdi, Un giorno di regno – mit Verdis früher Buffo-oper mache ich keinem großen Haus Konkurrenz, ziehe aber gleichzeitig interessiertes Publikum an.


    Gestrichen werden:


    Nico Dostal: Clivia
    Hans Král: Brundibar (Oper für Kinder) – muss jetzt neuem Platz machen
    Albert Lortzing: Der Wildschütz
    Richard Rodgers: Babes in Arms
    Jacques Offenbach: La Belle Helene



    Zarzuelas für die drei Spielzeiten:


    Hier übernehme ich für meine erste Spielzeit gerne die hervorragende Vorarbeit meines Vorgängers – das schafft mir Zeit, mich genauer einzuarbeiten.


    Francisco Alonso: La Linda tapada;
    Manuel F. Caballero: El duo de la Africana
    und Ruperto Chapi: La Revoltosa


    In der zweiten Spielzeit gibt es dann:


    Antonio Vives: Dona Frasquita
    José Serrano: El trust de los tenerios
    Pablo Luna: La pícara molinera


    Für die dritte haben mich die Gäste für folgendes Programm begeistert, was hoffentlich auch meinem Publikum gefällt:


    Emilio Arrieta: Marina
    Vicente Lleo: El Corte del Faraon
    Pablo Sorozábal: La Taberna del puerto



    Und meine Stücke für die Verlängerungsoption:


    Albert Lortzing: Zar und Zimmermann
    Franz von Suppé: Banditenstreiche
    Jerry Bock: Anatevka (Fiddler on the Roof)
    Richard Rodgers: South Pacific
    Janacek: Das schlaue Füchslein (als Kinderoper auf deutsch)




    Und damit hoffe ich, dass dem Auswahlkomitee zur Entscheidung über die Besetzung der Stelle noch weitere Bewerbungen vorgelegt werden. :yes:


    :hello:


    LG, Elisabeth

  • Liebe Elisabeth,


    Deine Bescheidenheit und Ermutigung, was andere Bewerber betrifft, ehrt Dich, aber wenn ich in der Jury säße, würde ich schon mal mindestens kein Veto einlegen, wenn man sich für Dich entscheiden wollte, auch wenn mich der Verlust mancher Stücke zu Tränen rührt. Vor allem die ersatzlose Streichung Sondheims schmerzt mich sehr. Da würde ich statt MOMO und dem langweiligen Film lieber für INTO THE WOODS als Kinderstück plädieren.


    Ansonsten aber sehe ich mit Vergnügen, dass Du auch die Kasse berücksichtigst und die alten Schlachtrösser wieder beleben willst. Ob man wohl Agnes Baltsa für HELLO DOLLY interessieren könnte? ?( ?( ?( Hier ist ja die prominente Besetzung der Hauptrolle essentiell, und mindestens passabel singen muss sie ja auch (noch) können.


    Etwas übertrieben finde ich allerdings den Doppelpack aus SOUTH PACIFIC und ANATEVKA in der Verlängerungsliste, zumal DU alle anderen Schlachtrösser auch weiter führst. Aber darüber lässt sich, da Langzeitprojekt, sicher noch diskutieren, oder?


    Mit den Zarzuelas bin ich dagegen sehr einverstanden. :D Besonders gespannt bin ich da auf Serranos EL TRUST DE LAS TENORIOS, das ich noch gar nicht kenne.


    Also: meine Stimme hast Du, es sei denn, dass demnächst eine noch aufregendere Bewerbung kommt. :)


    :jubel: Rideamus, der sich besonders dafür bedankt, dass Du seinen VETTER AUS DINGSDA im Repertoire gelassen hast.

  • Danke für die Blumen, lieber Rideamus! =)


    Über den Film Momo lasse ich ja mit mir reden - der füllt ja auch nicht meine Kasse.
    Von der Oper habe ich eine Vorstellung der Uraufführungsserie gesehen, und die ist wirklich gut! (Ob der Bayerische Rundfunk seine Aufnahme endlich mal ´rausrückt? :boese2: )



    Baltsa als Dolly klingt gut - aber jetzt habe ich den schwarzen Peter, dazu einen ebenbürtigen Horace Vandergelder zu finden :pfeif: - Natürlich läßt sich nach Vertragsabschluß darüber diskutieren, ob und zu welchen Bedingungen dieser verlängert wird :D



    Trotzdem hoffe ich, dass die Jury (und - da offenes Bieterverfahren - auch ich) noch ein paar spannende Bewerbungen lesen dürfen!



    Vielleicht traut sich ja doch noch jemand, den VETTER zu streichen :stumm:


    :angel:


    Elisabeth

  • Zitat

    Original von Elisabeth
    jetzt habe ich den schwarzen Peter


    A propos: noch hast Du ihn nicht, aber Du solltest DER SCHWARZE PETER von Norbert Schultze duchaus mal in Betracht ziehen, wenn Du den Job kriegst. Der wird viel zu sehr vernachlässigt.


    R.

  • Hallo zusammen,



    das darf doch wohl nicht wahr sein, dass Ihr mich hier alle im Regen stehen lasst. :boese2: :no:


    Ich warte auf weitere Bewerbungen!!!


    (Und aus eigener Erfahrung: die Arbeit daran macht viel Spaß!)


    :hello:


    Elisabeth

  • Zitat

    Original von Rideamus eine „kleines“ Haus, das sich, etwa nach dem Vorbild des ursprünglichen Konzepts der Komischen Oper, ganz dem sogenannt leichten Musiktheater widmet.


    Gute Absicht, lieber Kultursenator - aber die vorgestellte Ausschreibung entspricht _nicht_ dem "ursprünglichen Konzept der Komischen Oper". Und nicht allein deshalb nicht ;-), weil es für diese essenziell war, ausschließlich deutschsprachige Aufführugen zu veranstalten. Aber bleiben wir nur mal dabei: Texteinblendungen sind m.E. generell unpassend für eine Volksoper (was Felsensteins Intention nach meiner Überzeugung eher beschreiben dürfte), zumal du ja davon ausgehst, dass ständig ein internationales Publikum in relevanter Größe potenziell erreichbar ist. Doch wozu? - hervorragende muttersprachliche Inszenierungen können Touristen auch zu Hause sehen. Ein derartiges Anspruchsdenken erscheint mir zu elitär für eine "kleine" Bühne, die sich gegenüber einem oder mehreren Großen Opernhäusern profilieren soll.


    Was du als Voraussetzung umreißt entspricht nach meiner Meinung eher der Situation von Berlin Mitte der Neunziger (Metropol) oder im heutigen Dresden (Staatsoperette) ... Wenn Kollo/Steiner sich damals mit einem solchen Denkansatz zu Wort gemeldet hätten! Jetzt ist das Ensemble weg, das Haus verkauft ... und vor allem das Publikum (auch das nachgewachsene, noch nie erreichte!) sitzt zehn Jahre später noch immer auf der Straße. Falls also deine politische Vorgabe eine "Volksbühne des Musiktheaters" meint, so bin ich dabei, darüber mal ernsthaft zu reden.


    Jedenfalls sehe ich grundlegenden Klärungsbedarf in folgenden Punkten, bevor die eigentliche Vertragsverhandlung eröffnet (und ein entsprechendes Angebot durch mich unterbreitet) werden kann:


    1. Planungssicherheit für den Vertragszeitraum muss gegeben sein - die bereitgestellten Mittel werden bei Vertragsabschluss im (detailliert ausgehandelten und) aufgelisteten Umfang garantiet. Darin enthalten sind die Einnahmen aus dem Kartenverkauf in vorveranschlagter Höhe - sollten diese geringer ausfallen, so kommt das im Endergebis einer Streichung der Subvention gleich, werden sie übertroffen, einer Erhöhung.


    2. Um die gewünschte Profilierung zu erreichen wird ein festes Ensemble (Solisten, Ballett, Chor, Orchester) gesichert. Neue Verträge sind ebenfalls über drei Spielzeiten (mit Verlängerungsoption) abzuschließen. Zusätzlich werden gesondert Mittel bereitgestellt, um einzelne, namhafte Gäste zu verpflichten.


    3. Generell finden ausschließlich deutschsprachige Aufführungen statt. Unverändert anzustreben sind aber die von dir umrissenen Grenzen des Repertoires. Zunächst einmal werde ich - so nicht bereits vorhanden - zeitgemäße deutschsprachige Textbücher in Auftrag geben. (BTW: Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit deinem verfügbaren Zeitvolumen aus, wärest du ggf. selbst bereit, mit einer eigenen Arbeit zum Erfolg beizutragen?) Außerdem strebe ich an, in jeder Spielzeit eine Uraufführung auf der Großen Bühne herauszubringen und zwei bis drei auf der Kleinen Bühne. Die Bereitstellung der dafür verfügbaren finanziellen Mittel ist Bestandteil des Vertrages.


    4. Der Umbau von Teilen des Foyers zu einer Nebenspielstätte wird kurzfristig realisiert. Dauerhafte Publikumsbindung wird sowohl über die Große Bühne (1000 Plätze, ausgewiesene "Große" Erfolgsstücke - Inszenierung, musikalischer Leitung wie Besetzung erfahren, Schwerpunkt: Bedienung Erwartungshaltung; Stichwort "Tradition";) als auch über die Kleine Bühne (300 Plätze, unbekannte oder neue Einakter bzw. angemessen "verschlankte" Literatur, "Work in Progress"; Stichwort "experimentell";) erreicht.


    Entspricht dies deinem politischen Ziel wie finanzhaushaltlichen Möglichkeiten?


    Dann ruf bitte gleich zurück, um uns kurzfristtg zum Mittagessen zu verabreden.


    Nochmals meine herzlichsten Glückwünsche zur Wahl!


    Fantasio

    «Bewundern Sie Offenbach nicht zu sehr: Er ist zwar ein exzellenter Harmoniker, aber
    im Hinblick auf den Kontrapunkt verdient er keineswegs Ihre ausschließliche Bewunderung.»
    Richard Wagner, 14.11.1867

  • Sehr geehrter Herr Fantasio,


    gerne bestätige ich den Empfang Ihrer interessanten Bewerbung - oder sollte ich sagen, Ihres Versuches einer Vorklärung einer möglichen Bewerbung. Vorab darf ich betonen, dass ich keineswegs zum Kultursenator gewählt, bzw. berufen wurde. Wie Sie den Medien vielleicht entnommen haben, ist Berlin "arm aber sexy", und wenn ich nach Letzterem auch noch suche, darf ich bestätigen, dass es definitiv arm ist - und zwar so arm, dass es sich keinen eigenen Kultursenator mehr leisten kann. Vielmehr hat sich der Regierende Bürgermeister dazu durchgerungen, das Amt selbst zu verwesen. Immerhin: der aber darf sich bekanntlich alles leisten, ganz unabhängig davon, ob das gut so ist. Unter dieser Prämisse war ich als bisheriger Herr des Spieplans auch damit einverstanden, als Vorsitzender der Findungskommission zu fungieren, den Wowerreitet, gibt es stets heiße Eisen zu schmieden.


    In dieser Eigenschaft darf ich auf die wesentlichen Punkte Ihres Schreibens wie folgt Bezug nehmen:


    Zitat

    Original von Fantasio
    Die vorgestellte Ausschreibung entspricht nicht dem "ursprünglichen Konzept der Komischen Oper". Und nicht allein deshalb nicht ;-), weil es für diese essenziell war, ausschließlich deutschsprachige Aufführugen zu veranstalten. Aber bleiben wir nur mal dabei: Texteinblendungen sind m.E. generell unpassend für eine Volksoper (was Felsensteins Intention nach meiner Überzeugung eher beschreiben dürfte), zumal du ja davon ausgehst, dass ständig ein internationales Publikum in relevanter Größe potenziell erreichbar ist. Doch wozu? - hervorragende muttersprachliche Inszenierungen können Touristen auch zu Hause sehen. Ein derartiges Anspruchsdenken erscheint mir zu elitär für eine "kleine" Bühne, die sich gegenüber einem oder mehreren Großen Opernhäusern profilieren soll.


    Rein historisch gesehen, haben Sie zweifellos Recht. Deshalb habe ich in meiner Ausschreibung ausdrücklich ein "in etwa" eingefügt, das dafür steht, dass natürlich die vor rund 100 Jahren entworfene Konzeption der Komischen Oper den heutigen Gegebenheiten angepasst werden musste. Vielleicht haben Sie in dem sogenannten Tamino-Forum die Diskussion um original- oder deutschsprachige Aufführungen verfolgt. Darin wurde unter anderem mit gutem Grund darauf abgehoben, dass es nicht nur immer schwerer wird, qualifizierte Sänger, von Stars ganz zu schweigen, für Darbietungen in deutscher Übersetzung zu gewinnen, sondern das ohnehin nicht selten fragile Verhältnis prima le parole, dopo la musica, das m. E. auf viele Werke der leichteren Gattung eher zutrifft als bei der großen Oper, sehr leicht zuungunsten des jeweiligen Werkes erschüttert werden kann.


    Dennoch bin ich im Prinzip gerne bereit, mit Ihnen auch über ein solches Konzept zu diskutieren, wobei ich darauf hinweisen muss, dass das unter anderem bedeutet, dass Sie überwiegend mit sängerischen Nachwuchskräften aus deutschsprachigen Ländern werden arbeiten müssen, da ich geradebrechte deutschsprachige Dialoge keineswegs als brechtsche Verfremdungseffekte ansehe, sondern lediglich als befremdliche.


    Zitat


    Was du als Voraussetzung umreißt entspricht nach meiner Meinung eher der Situation von Berlin Mitte der Neunziger (Metropol) oder im heutigen Dresden (Staatsoperette) ... Wenn Kollo/Steiner sich damals mit einem solchen Denkansatz zu Wort gemeldet hätten! Jetzt ist das Ensemble weg, das Haus verkauft ... und vor allem das Publikum (auch das nachgewachsene, noch nie erreichte!) sitzt zehn Jahre später noch immer auf der Straße. Falls also deine politische Vorgabe eine "Volksbühne des Musiktheaters" meint, so bin ich dabei, darüber mal ernsthaft zu reden.


    Hier kann ich nicht umhin, Ihnen in voller Gänze zuzustimmen, muss aber betonen, dass ich mangels eigener Beteiligungsmöglichkeit daran jede Verantwortung für das damalige Fiasko ablehnen muss. Da wir aber ohnehin die Komische Oper nicht ersetzen wollen oder können - wer dächte bei einem so vielfach ausgezeichneten Haus ausgerechnet daran? - bitte ich um Verständnis, dass alternative Pläne vorerst noch als vertrauliche Interna behandelt werden müssen. Gehen Sie aber ruhig einmal davon aus, dass eine sogenannte Volksbühne des Musiktheaters unseren Plänen zumindest vom inhaltlichen Konzept her nicht nachhaltig im Wege stehen muss.


    Jedenfalls sehe ich grundlegenden Klärungsbedarf in folgenden Punkten, bevor die eigentliche Vertragsverhandlung eröffnet (und ein entsprechendes Angebot durch mich unterbreitet) werden kann:


    Zitat


    1. Planungssicherheit für den Vertragszeitraum muss gegeben sein - die bereitgestellten Mittel werden bei Vertragsabschluss im (detailliert ausgehandelten und) aufgelisteten Umfang garantiet. Darin enthalten sind die Einnahmen aus dem Kartenverkauf in vorveranschlagter Höhe - sollten diese geringer ausfallen, so kommt das im Endergebis einer Streichung der Subvention gleich, werden sie übertroffen, einer Erhöhung.


    Ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich mit diesem Konzept wirklich einen Gefallen tun und Ihren Mitarbeitern die nötige Sicherheit liefern können. Vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Gremien halte ich diese Bedingung jedoch für grundsätzlich verhandelbar.


    Zitat


    2. Um die gewünschte Profilierung zu erreichen wird ein festes Ensemble (Solisten, Ballett, Chor, Orchester) gesichert. Neue Verträge sind ebenfalls über drei Spielzeiten (mit Verlängerungsoption) abzuschließen. Zusätzlich werden gesondert Mittel bereitgestellt, um einzelne, namhafte Gäste zu verpflichten.


    Unter der Voraussetzung, dass Sie unter diesen Bedingungen das benötigte hochqualifizierte Ensemble zusammenbekommen können, räume ich Ihnen gerne ein, dass Sie mit dieser Vorstellung bei mir offene Türen einrennen. Allerdings steht dies unter der unbedingten Voraussetzung einer Einhaltung aller bestehenden Verträge bei gegebener Akzeptanz herrschender kameralistischer Kalkulationsprinzipien. Beachten Sie dazu bitte auch meinen Vorschlag im nächsten Punkt.


    Zitat


    3. Generell finden ausschließlich deutschsprachige Aufführungen statt. Unverändert anzustreben sind aber die von dir umrissenen Grenzen des Repertoires. Zunächst einmal werde ich - so nicht bereits vorhanden - zeitgemäße deutschsprachige Textbücher in Auftrag geben. (BTW: Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit deinem verfügbaren Zeitvolumen aus, wärest du ggf. selbst bereit, mit einer eigenen Arbeit zum Erfolg beizutragen?) Außerdem strebe ich an, in jeder Spielzeit eine Uraufführung auf der Großen Bühne herauszubringen und zwei bis drei auf der Kleinen Bühne. Die Bereitstellung der dafür verfügbaren finanziellen Mittel ist Bestandteil des Vertrages.


    Bei dieser Bedingung können Sie auf große Sympathie meinerseits rechnen, werden aber nur sehr bedingt realisierbare Parameter vorfinden. Allein die Beauftragung und Durchführung der Übersetzung sowie die Neueinstudierung aller im Repertoire befindlichen Werke ist geeignet, eine Schließung des Hauses für eine ganze Saison zu erzwingen. Hier sollten Sie, auch im Sinne bestehender Verträge mit unseren internationalen Künstlern, die Möglichkeit eines Mischprogramms für einen längeren Zeitraum des Übergangs ins Auge fassen. Darüber, dass Premieren nur noch in deutscher Sprache einstudiert werden, ließe sich grundsätzlich reden - ein den hohen künstlerischen Ansprüchen unserer großen Stadt angemessenes und für das geplante Repertoire geeignetes Ensemble dafür vorausgesetzt. Im übrigen können Sie selbstverständlich damit rechnen, dass ich diesem Hause in jeder Funktion unterstützen werde, in der ich ihm hilfreich zu sein vermag.


    Was aber die Zahl der Uraufführungen betrifft, so gebe ich Ihnen den gut gemeinten Rat, Ihren ungestümen Profilierungsdrang erheblich zügeln. Wo bitte wollen Sie die Talente hernehmen, die Ihnen so viele neue Werke schaffen, die zumindest einigermaßen Repertoirebeständigkeit erwarten lassen? Meines Wissens wurde in Deutschland bislang nicht ein einziges vernünftiges Musical verfasst, das über die gegenwärtige Mode hinaus zu wirken verspricht, von Operetten im letzten halben Jahrhundert und gar Zarzuelas ganz zu schweigen. Ich bin zwar mit Ihnen der Meinung, dass die KÜnstler der Gegenwart auch von einem solchen Haus im Rahmen des Möglichen gefördert werden müssen. Uraufführungen von einem Terminprinzip abhängig zu machen ist jedoch ähnlich unsinnig wie alljährlich eine mustergültige Opernaufnahme einzufordern.


    Zitat


    4. Der Umbau von Teilen des Foyers zu einer Nebenspielstätte wird kurzfristig realisiert. Dauerhafte Publikumsbindung wird sowohl über die Große Bühne (1000 Plätze, ausgewiesene "Große" Erfolgsstücke - Inszenierung, musikalischer Leitung wie Besetzung erfahren, Schwerpunkt: Bedienung Erwartungshaltung; Stichwort "Tradition";) als auch über die Kleine Bühne (300 Plätze, unbekannte oder neue Einakter bzw. angemessen "verschlankte" Literatur, "Work in Progress"; Stichwort "experimentell";) erreicht.


    Über diesen Punkt wird noch eingehend zu diskutieren sein, auch unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Realisierbarkeit (s. mein obiges Zitat zum finanziellen Status der Stadt). Eine Diskussion darüber halte ich aber erst für sinnvoll, wenn wir über ein inhaltliches Konzept zu einer Übereinstimmung gelangen können. Leider lassen Sie ein solches über vage Generalisierungen hinaus bislang vermissen. Mit den von Ihnen formulierten Zielen kann ich mich zwar ungeachtet ihres höchst ungefähren Charakters grundsätzlichanfreunden. Sie wissen aber sicher auch, dass der Teufel im Detail steckt, und von dem war bislang leider nur sehr wenig zu erfahrenen.


    Gestatten Sie mir abschließend ein persönliches Kompliment zu Ihrem Namen, der mich sicher nicht ganz zu Unrecht an ein Werk eines von mikr besonders geliebten und hoffentlich auch von Ihnen bevorzugten, deutsch-französichen Komponisten erinnert.


    Ihrem Programmkonzept sehe ich mit Interesse entgegen und verbleibe


    mit freundlichen Grüßen
    gez.
    Rideamus
    Vorsitzender der Findungskommission

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  • Ooops, plötzlich so förmlich, lieber (künftiger) Kultursenator? Es tut mir leid, ich vergesse manchmal die Zeit, hatte vorhin grad' den Kalender von 2009 aufgeschlagen. :-) Denn das ist doch wohl klar: So viel Lärm um Nichts wird nicht unbemerkt bleiben!


    Zitat

    Original von Rideamus: Vorab darf ich betonen, dass ich keineswegs zum Kultursenator berufen wurde.


    Offenheit gegen Offenheit: Ich möchte den Posten eines Intendanten auch nicht geschenkt haben! Wenn du also ein Amt ohne Kompetenzen ausübst, so erinnere ich daran, dass ich dafür bekannt bin den Schlüssel zu besitzen, ohne ihn jemals zu benützen. Hoppla! Wenn du auf eine Realität aus bist zu der dir die realen Mittel fehlen, so lass dich von mir in ein Fantasiereich locken, wo Träume noch Wunder tun!


    Zitat

    Original von Rideamus: immer schwerer, qualifizierte Sänger, von Stars ganz zu schweigen, für Darbietungen in deutscher Übersetzung zu gewinnen


    Man verwechsele nicht etwa "qualifiziert" mit "verkäuflich". Ein Volkstheater braucht keine Stage-Hopper, deren womöglich größte Kunst darin besteht, ihre vorgestaltete Partie in den ganz gleichen Inszenierungen auf verschiedenen Bühnen präzise abliefern zu können - sondern Sänger-Darsteller, die miteinander ein Stück erarbeiten (sich gemeinsam erringen) können und wollen. Stars eignen sich dafür wohl eher nicht (und kämen uns darüber hinaus teuer zu stehen ;-) ... denn auch mit den für sie eingesetzten Mitteln müssen schließlich die eigenen Künstler gebunden werden).


    Zitat

    Original von Rideamus: [...] das unter anderem bedeutet, dass Sie überwiegend mit sängerischen Nachwuchskräften aus deutschsprachigen Ländern werden arbeiten müssen


    Nachwuchskräfte wie Hortense Schneider, als sie 1855 Jacques Offenbach vorgestellt wurde? Oder Werner Enders, als er 1955 zu Walter Felsenstein kam :-) Tja, damit wird man leben müssen, aus der Mitte eines guten Ensembles entwickeln sich ganz eigene Publikumslieblinge.


    Zitat

    Original von Rideamus: Hier kann ich nicht umhin, Ihnen in voller Gänze zuzustimmen [...] - bitte ich um Verständnis, dass alternative Pläne vorerst noch als vertrauliche Interna behandelt werden müssen. Gehen Sie aber ruhig einmal davon aus, dass eine sogenannte Volksbühne des Musiktheaters unseren Plänen zumindest vom inhaltlichen Konzept her nicht nachhaltig im Wege stehen muss. [...] Vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Gremien halte ich diese Bedingung jedoch für grundsätzlich verhandelbar.


    Danke für die riesigen schillernden Sprech-bla-bla-blasen!


    Zitat

    Original von Rideamus: Unter der Voraussetzung, dass Sie unter diesen Bedingungen das benötigte hochqualifizierte Ensemble zusammenbekommen


    Zusammenhalten und gemeinsam entwickeln, das ist das Geheimnis eines Ensembles. Dieser Weg ist ziemlich sicher mit Enttäuschungen verbunden, schafft aber auch _darüber_ Verbundenheit mit dem Publikum. Denn es ist am Werden beteiligt.


    Zitat

    Original von Rideamus: Allerdings steht dies unter der unbedingten Voraussetzung einer Einhaltung aller bestehenden Verträge bei gegebener Akzeptanz herrschender kameralistischer Kalkulationsprinzipien.


    Ein so großer Narr bin ich nicht, über diesen Punkt spotten zu können.


    Zitat

    Original von Rideamus: Allein die Beauftragung und Durchführung der Übersetzung sowie die Neueinstudierung aller im Repertoire befindlichen Werke ist geeignet, eine Schließung des Hauses für eine ganze Saison zu erzwingen ... Darüber, dass Premieren nur noch in deutscher Sprache einstudiert werden, ließe sich grundsätzlich reden


    Danke für den Hinweis, davon sprach ich. Aber morgen ist heute gestern gewesen. Ergründen wir erst einmal die Möglichkeiten, das Unmögliche lösen wir gleich danach!


    Zitat

    Original von Rideamus: Uraufführungen von einem Terminprinzip abhängig zu machen ist jedoch ähnlich unsinnig wie alljährlich eine mustergültige Opernaufnahme einzufordern.


    Wollen wir mal all die Werke aus dem Kanon streichen, die zur Premiere (fast) fertiggestellt waren? :-)


    Übrigens geht das so: Textliche Neufassungen sind kein Problem, man bietet dem/den Autor(en) 3-4% der Einnahmen der Abendkasse. Das kostet also erst einmal gar nichts oder wenig plus einen Vorschuss, der anschließend verrechnet wird.


    Urschöpfungen haben ja drei Entwicklungsstadien: 1. Schreiben, 2.Inszenieren, 3. Aufführen des Werks. Zunächst ruft man 1. einen Wettbewerb aus, dessen Preis in 2.+3. besteht. - Wobei die Projektentscheidung zwischen Intendant, Regisseur, Dramaturg und MD gemeinsam mit den Autoren fällt ... während diese noch bei der 2. Hauptprobe in der Nähe des Regiepults sitzen. Nach der 6. oder 8. Aufführung sitzen alle noch einmal mit den Solisten zusammen. Schließlich lässt man sich die Teams erst einmal auf der "Kleinen" Bühne finden und austoben, um sie mit den dort gesammelten Erfahrungen an ein abendfüllendes Stück zu lassen.


    Natürlich wäre es schön, für dies alles ein paar Euro auf Tasche zu haben. Aber auch das ist kein Problem, nicht mal in Berlin: Zunächst werden alle Beteiligten am Bankenschacher persönlich zur Kasse gebeten. Das bringt zwar keine 6 Mrd. zurück (braucht man auch gar nicht, damit ließen sich ja sogar zusätzlich die komplette Wissenschaft und die Bildung der Stadt plus sämtliche Kliniken über Jahre finanzieren), aber die gegenwärtig stattfindenden - _noch_ zukünftigen - Skandale würden erheblich unspektakulärer ausfallen, wenn das Verursacherprinzip funktionierte und die Verantwortlichen wüssten, dass sie mit ihrem privaten Vermögen für ihr gesellschaftliches Unvermögen einstehen werden müssen.


    Wenn das nicht reicht, bitte ich um den Auftrag, anlässlich des nächsten Staatsakts die Festveranstaltung vorzubereiten. Wenn beispielsweise die Deutschen nach ihrem Sieg auf Tulipan (naja, Afghanistan wäre schöner gewesen, aber solche Wunder bringe nicht einmal ich im Traum zustande!) international geehrt und in den Weltsicherheitsrat gewählt werden, und alle aktuellen Großkopfigen zur Feier in der Staatsoper versammelt sind, dann werde ich das Ding endlich der Regierung schenken und die Welt wird Beifall klatschen! Dieses Projekt nenne ich "Sieben Trillionen auf einen Streich", denn dadurch werden die finanziellen Probleme der Lindenoper gelöst, der Deutschen Oper, der Komischen Oper und zusätzlich der Opernstiftung, natürlich auch die sämtlicher freier Bühnen und Projekte in der Stadt, nicht zu vergessen die des Großen Schauspielhauses wie des Metropol-Theaters und ... Hm, irgendwas stimmt mit meinem Zeitgefühl nicht, sorry.


    Viel Spaß trotz alledem beim Ausrechnen des Intendanten! Ich muss zur Prinzessin, d.h. an die Gartentür!


    Fantasio

    «Bewundern Sie Offenbach nicht zu sehr: Er ist zwar ein exzellenter Harmoniker, aber
    im Hinblick auf den Kontrapunkt verdient er keineswegs Ihre ausschließliche Bewunderung.»
    Richard Wagner, 14.11.1867

  • Lieber Fantasio,


    da sind so viele gute Gedanken drinnen, dass man sie vielleicht doch mal ausdiskutikeren sollte. Meine Kommentare auszuschreiben würde nicht nur Hornhäute an meionen Tippfingern produzieren, sonden auch alle Leser langweilen.


    Schade, dass Du nicht intendanrt werden willst. Dein INHALTLICHES Konzept hätte mich nämlich nicht weniger interessiert als Dein konzeptionelles.


    Und was den förmlichen Charakter meines letzten Schreibens angeht: Du weißt doch, das Amt verdirbt nicht nur den Charakter, sondern aiuch den Sinn für Ironie.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus: Schade, dass Du nicht intendanrt werden willst. Dein INHALTLICHES Konzept hätte mich nämlich nicht weniger interessiert als Dein konzeptionelles.


    Um ehrlich zu sein: Ich hab es probiert. Aber erstens regt die Aufzählung von Stücken nicht meine Fantasie an ... das wäre nur dann der Fall, wenn man in diesem Zusammenhang unmittelbar über Inszenierungsideen reden würde. Außerdem hast du einen derart weiten Rahmen gesteckt, was ich begrüße!, dass ich mich selbst aber da in der Summe für absolut inkompetent halte. Was mich direkt anspricht ist deine spannende Definition eines "leichten Musiktheaters":


    Zitat

    Original von Rideamus:
    - durchweg Stücke, in denen Gesang UND Sprache, gelegentlich auch der Tanz, wichtig sind;
    - Nachträglich mit Rezitativen versehene Kompositionen werden in der Originalfassung mit Dialogen gespielt;
    - Es werden also nicht nur HEITERE Stücke gespielt.


    Ich würde, wegen der großen Bedeutung der Dialogtexte, eben nur noch den Aspekt der Muttersprache hinzufügen, eigentlich sogar eine Tendenz zur Umgangssprache festschreiben.


    Damit ist das, was wir hier und gewöhnlich überall "Operette" nennen klar umrissen und der historische "Begriff" zudem sinnvoll erweitert, so dass die Abgrenzung tatsächlich Programm ist. :-)


    Zitat

    Original von Rideamus: Du weißt doch, das Amt verdirbt den Sinn für Ironie.


    Ich glaube den Sinn für Ironie kann man genauso gut verderben oder erlernen wie Rhythmusgefühl. Aber deshalb sagt man ja mit seiner Sprache eben so viel, vor allem nonverbal ;-)


    Fantasio

    «Bewundern Sie Offenbach nicht zu sehr: Er ist zwar ein exzellenter Harmoniker, aber
    im Hinblick auf den Kontrapunkt verdient er keineswegs Ihre ausschließliche Bewunderung.»
    Richard Wagner, 14.11.1867

  • Hallo zusammen,


    Schade - die spannende Diskussion der letzte Beiträge hat wohl den Blick auf die Ausgangsfragestellung etwas verstellt.


    Aber inzwischen sind ja eine Reihe potentieller neuer Intendanten zu Tamino gestoßen. Wie wär´s: wagt sich noch jemand an ein Konzept?


    Wie schon mal gesagt: es macht zwar etwas Arbeit, aber auch viel Spaß!
    Und für so manche Nöte eines Spielplangestalters habe ich seither einen ganz andern Blick....


    LG, Elisabeth