Grüß Euch ... alle miteinander.
Stellt Euch bitte Folgendes vor (auch wenn's am konkreten Beispiel Berlin schwer fällt):
In einer international orientierten Hauptstadt mit zahlreicher ausländischer Klientele gibt es neben dem etablierten Opernhaus (oder gar mehreren) eine „kleines“ Haus, das sich, etwa nach dem Vorbild des ursprünglichen Konzepts der Komischen Oper, ganz dem sogenannt leichten Musiktheater widmet.
Dank seiner gesunden Mischung aus Spieloper/Opéra comique u.ä., Operette und klassischen Musicals hat es eine starke Publikumsbindung für dieses Repertoire entwickelt und kann es sich daher leisten, mit entsprechendem Personal fremdsprachige Stücke in der Originalfassung aufzuführen. Selbstverständlich werden die deutschen Texttitel über der Bühne eingeblendet, da es durchweg Stücke spielt, in denen Gesang UND Sprache, gelegentlich auch der Tanz, wichtig sind. Ausnahmen mit Rezitativen gibt es - in Grenzen - nur für die italienische Buffo-Oper. Durchkomponierte Stücke werden hier gerne der großen Oper überlassen. Nachträglich mit Rezitativen versehene Kompositionen werden selbstverständlich in der Originalfassung mit Dialogen gespielt, so dass HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN und CARMEN keinesfalls Fremdkörper wären. Es werden also beileibe nicht NUR heitere Stücke gespielt. Natürlich bemüht man sich vorbildlich, nicht mit den gängigen Stücken der großen Häuser zu konkurrieren. Die geschützten Musicals der Spezialtheater (Webber, Schoenberg, Elton John, Steinmann etc.) sind aus rechtlichen Gründen ebenfalls tabu.
Leider kann sich das Haus nur ein Repertoire von 40 Stücken leisten, da die Lagerräume nicht mehr Platz haben als für maximal 40 Inszenierungen, und die allgemeine Finanzlage eine Erweiterung nicht erlaubt. Ihr müsst also für jedes Stück, das neu hinzu kommt, eines eliminieren, es sei denn, die Kulissen eines anderen Stückes erlauben mit leichten Änderungen die Präsentation eines weiteren, das in der gleichen Periode und an ähnlichen Schauplätzen spielt.
Und noch ein weiteres: um die internationale Klientele zu erhalten und das erfolgreich aufgebaute, internationale Ensemble zu beschäftigen, muss stets MINDESTENS die Hälfte französischer, englischsprachiger oder anderer internationaler Herkunft sein. Außerdem gibt es einmal im Jahr Zarzuela-Wochen, für welche die besten spanischen Spezialisten und Inszenierungen eingeflogen werden, die drei zusätzliche Stücke dieses Repertoire geben. Die zählen nicht mit, da die Kulissen nicht gelagert werden müssen, und sollten jedes Jahr gewechselt werden, so dass in einem Dreijahreszyklus mindestens 9 Stücke zur Aufführung kommen.
Als Letztes muss noch erwähnt werden, dass das Theater sich bemüht, alle zwei Monate (außer der Sommerpause) eine Premiere herauszubringen, also fünf pro Jahr, und stets MINDESTENS ein neues Stück anzubieten, das für Kinder besonders geeignet ist und deutsch gespielt wird, sowie natürlich eine heitere Sylvestergala, für die eigens teure Gaststars verpflichtet werden, die ungern neue Stücke lernen. Dafür sollten wenigstens drei Stücke jederzeit zur Auswahl stehen, da Stars ja gerne auch mal absagen.
Der bisherige Intendant, der dankenswerterweise meinen Geschmack teilt, hat folgendes Repertoire aufgebaut, das nur im Rahmen der Vorgaben zu erneuern ist, also zusammengefasst:
5 neue Inszenierungen pro Jahr, höchstens 40 Stücke oder Dekorationen insgesamt, davon mindestens die Hälfte international sowie stets ein Kinderstück und ein Galastück für Spitzenkräfte. Außerdem drei beliebig wechselnde Zarzuelas.
Deutsches Repertoire (nach Komponisten geordnet):
Ralph Benatzky: Im weißen Rössl
Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker
Nico Dostal: Clivia
Leo Fall: Madame Pompadour
Friedrich von Flotow: Martha
Hans Král: Brundibar (Oper für Kinder)
Eduard Künneke: Der Vetter aus Dingsda
Franz Léhar: Der Graf von Luxemburg (Gala)
Albert Lortzing: Der Wildschütz
Karl Millöcker: Der Bettelstudent
Oscar Straus: Die lustigen Nibelungen
Johann Strauß II: Die Fledermaus (Gala)
Franz von Suppé: Boccaccio
Carl Zeller: Der Vogelhändler
Englisches Repertoire
William Balfe: The Bohemian Girl
Leonard Bernstein: Candide (Gala)
Cy Coleman: On the Twentieth Century
George Gershwin: Of Thee I Sing / Let 'Em Eat Cake (Doppelstück mit ähnlicher Dekoration)
Jerome Kern: Show Boat
John Kander: Cabaret
Frank Loesser: Guys and Dolls
Frederick Loewe: My Fair Lady (Gala)
Cole Porter: Kiss me Kate
Richard Rodgers: Babes in Arms
Stephen Sondheim: A Little Night Music
Jule Styne: Funny Girl (Gala)
Arthur Sullivan: The Gondoliers
Französisches Repertoire
Jean Francois Auber: Fra Diavolo
Edmond Audran: La Poupée
Hector Berlioz: Béatrice et Bénédict
Emanuel Chabrier: L' Étoile
(Florimond Ronger, genannt:) Hervé : Le Petit Faust
Alexandre Charles Lecocq, : La fille de Madame Angot
André Messager: Véronique
Jacques Offenbach: La Belle Helene
Jacques Offenbach: La Grande Duchesse de Gerolstein
Internationales Repertoire (Buffo & Co)
Domenico Cimarosa: Il matrimonio segreto
Gaetano Donizetti: Don Pasquale
Gioacchino Rossini: La Cenerentola (Oper auch für Kindervorstellungen auf deutsch)
Smetana, Bedrich: Die verkaufte Braut (Oper auch für Kindervorstellungen auf deutsch)
Zarzuelas
Francisco Asenjo Barbieri: El Barberillo de Lavapies
Federico Chueca: La Gran Via
Amadeo Vives: Bohemios
Für die nächste Saison angekündigt sind noch folgende Werke, die Ihr aber nicht übernehmen müsst:
Oscar Straus: Hugdietrichs Brautfahrt;
Maury Yeston: Nine;
Maurice Yvain: Ta bouche / Pas sur la bouche (Doppelinszenierung in ähnlichen Kulissen);
Gian Carlöo Menotti: Hilfe! Hilfe! Die Globolinks (Kinderoper)
und das Einaktergespann: Pimpinone (Telemann) / La Serva padrona (Pergolesi)
Als die nächsten Zarzuelas sind geplant:
Francisco Alonso: La Linda tapada;
Manuel F. Caballero: El duo de la Africana
und Ruperto Chapi: La Revoltosa.
Wenn Euch das Repertoire nicht so vertraut ist, solltet Ihr Euch während Eurer Amtszeit damit vetraut machen. Bis dahin könnt Ihr natürlich die Fachleute konsultieren, die sich auf folgender höchst empfehlenswerter Website tummeln (leider nur auf englisch): www.zarzuela.net.
Damit Ihr Gelegenheit habt, Euer eigenes Repertoire aufzubauen, bekommt Ihr einen Dreijahresvertrag mit Verlängerungsoption, Ihr dürft also am Schluss noch fünf weitere Titel ankündigen, die irgendwie nicht gepasst haben, die Ihr aber spielen würdet, wenn die Option gezogen wird.
Und nun ans Planungswerk. Es wäre natürlich nicht nur nett, sondern Euren Geldgebern gegenüber auch notwendig, wenn Ihr Eure Entscheidungen KURZ begründen könntet.
Halt! Das Wichtigste fehlt noch: Dieses interessante Planspiel verdanken wir in erster Linie Edwin, dessen Idee dazu ich aus diesem spannenden Thread entnommen habe:
Wenn ich was zu reden hätte... - Der Tamino-Spielplan
Ich danke ihm dafür, dass er mir liebenswerterweise nicht nur gestattete, ihn zu kopieren, sondern auch bekundet hat, dass er schon sehr auf die Ergebnisse dieser Variante gespannt ist.
Rideamus