Psalm 51 von Bach nach dem Stabat Mater von Pergolesi

  • Bach hat das Stabat Mater von Pergolesi für seine eigenen Zwecke verändert. Im Autograph ist eine memerksenwerte Bearbeitung der Partitur von Pergolesis Stabat mater erhalten, eingerichtet für Gottesdienste der Thomanerkirche. Zunä-chst gab er dem Werk des Italieners an Stelle der altkirchlichen Sequenz eine versifizierte Fassung des 51. Psalmes in deutscher Sprache. Dann veränderte er den Notentext der Singstimmen, indem er größer gehaltene Notenwerte des Originals in reiche Melismen auflöste, um Steigerungen zu erreichen, die er zur Ausdeutung der deutschen Worte für Chorfassungen durch Neugestaltungen nach den Regeln des doppelten Kontrapunktes und mit dem Endzweck, erhöte Wirkungen zu schaffen.


    Für mich, als Sängerin, ist das eine sehr interessante Variante. Viele kleine Kadenzen verändern das Original und ist gut zu singen, doch mich stört der deutsche Text, er läßt sich nicht so gut umsetzen.


    Auf meiner CD singen:
    I Barocchisti, Nancy Argenta
    Dirigent: Diego Fasolis


    Foto kann ich leider nicht einfügen...bin zu blöd dazu.


    Liebe Grüsse

  • Zitat

    Original von musika
    Dann veränderte er den Notentext der Singstimmen, indem er größer gehaltene Notenwerte des Originals in reiche Melismen auflöste, um Steigerungen zu erreichen, die er zur Ausdeutung der deutschen Worte für Chorfassungen durch Neugestaltungen nach den Regeln des doppelten Kontrapunktes und mit dem Endzweck, erhöte Wirkungen zu schaffen.


    Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie Bach durch die Aufteilung der Haltenoten eine größere Spannung als Pergolesi erzielt. Gerade durch diese oft dissonant gesetzten Haltenoten wird in den Duetten eine hohe Innenspannung erzeugt (man nehme sich nur den Anfang des Stabat mater). Un im Fac, ut ardeat cor meum oder dem Schlussamen erscheint mir ein noch mehr an Bewegung eher verwirrend denn spannend.
    Interessieren würde mich die Bearbeitung natürlich trotzdem mal :)


    Gruß
    Rosenkavalier

  • Zitat

    Original von Rosenkavalier


    Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie Bach durch die Aufteilung der Haltenoten eine größere Spannung als Pergolesi erzielt. Gerade durch diese oft dissonant gesetzten Haltenoten wird in den Duetten eine hohe Innenspannung erzeugt (man nehme sich nur den Anfang des Stabat mater). Un im Fac, ut ardeat cor meum oder dem Schlussamen erscheint mir ein noch mehr an Bewegung eher verwirrend denn spannend.
    Interessieren würde mich die Bearbeitung natürlich trotzdem mal :)


    Gruß
    Rosenkavalier


    Ich habe zwar noch nicht alles durchgesehen, aber der Anfang der dissonanten Haltenoten bleibt auch bei Bach erhalten.


    Ich kann dir gerne den Klavierauszug zum Workshop mitbringen, wenn du möchtest.


    LG


  • Gerne! :hello: :hello:


    Gruß
    Rosenkavalier

  • Als ich fürs Saarland nach einer Aufnahme mit "deutscher Aussprache" des Magnificat suchte, habe ich diese CD erwischt - und ich habe es beim Reinhören nicht gleich gemerkt... ich hatte dieses "das kenne ich, was ist das nur Gefühl". Ich würde ebenfalls gerne einen Blick in den KA werfen !



    Es grüsst LaCastafiore

  • Haaa, ich habe es geschafft, dank Andrew, vielen Dank dafür.


    Also hier meine CD, finde sie sehr hörenswert.




    Liebe Grüsse

  • Guten Tag


    auch nThomas Hengelbrock



    hat mit dem Balthasar-Neumann-Ensemble den Psalm 51 hervorragend eingespielt.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Was mich interessiert: spielt bei einer der oben erwähnten Aufnahmen ein Cembalo im Continuo mit? Das ist eines der Bach-Werke, bei denen es keinen Zweifel über die Mitwirkung eines Cembalos bei seiner Aufführung gibt - also würde ich es gerne mal so hören.
    Die beiden Aufnahmen die ich habe, verzichten seltsamerweise darauf:


    Ars Antiqua Austria, Gunar Letzbor (Symphonia SY 95139, 1995)
    Le Parlement de Musique, Martin Gester (Tempéraments TEM 316020, 2000)

  • Guten Morgen


    Zitat

    Original von miguel54
    Was mich interessiert: spielt bei einer der oben erwähnten Aufnahmen ein Cembalo im Continuo mit?


    Hab eben mal reingehört, in der Aufnahme mit dem Balthasar-Neumann-Ensemble spielt kein Cembalo mit, höre da aber zur Orgel eine Theorbe zirpen.


    Zitat

    Das ist eines der Bach-Werke, bei denen es keinen Zweifel über die Mitwirkung eines Cembalos bei seiner Aufführung gibt - also würde ich es gerne mal so hören.


    Auf was stützt sich diese These ?


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Naja, was heisst hier "bachtypisch" - das erhaltene Notenmaterial und andere Quellen zur Aufführunsgpraxis belegen, das ein Cembalo in Bachs Kirchenmusik doch häufiger mitwirkte als es heute praktiziert wird (s. z.B. Laurence Dreyfus, Bach's Continuo Group). Es wird immer wieder dafür und dagegen argumentiert und liegt natürlich in der Entscheidung des Ensembleleiters, aber ich habe den Eindruck, dass da eher Gewohnheit und Routine die Oberhand gewinnen.
    Im konkreten Fall von BC 26 "Tilge, Höchster, meine Sünden" existieren zwei verschiedene Stimmen für Orgel und Cembalo, beide beziffert, also eindeutig dadurch und durch die Beschriftung für diese beiden Instrumente bestimmt - warum also lassen dann alle das Cembalo weg? Hat der Herausgeber der heute verbreiteten Notenausgabe (die ich leider noch nicht in der Hand hatte) die Cembalostimme am Ende einfach weggelassen?


    Ich würde es einfach gerne mal so hören - ich habe z.B Pergolesis Stabat Mater mit Doppelaccompagnement gehört und es klang wunderbar - die Orgel gibt die Fülle und das Cembalo die oft unterschätzte rhythmische Kontur im Basso continuo. Habe auch die h-moll Messe live so gehört - phantastisch! (Da gibt es inzwischen Aufnahmen, aber mit einem etwas finseligen Cembalo.)


    Bach ist immer für Überraschungen gut - Christoph Wolff entdeckte z.B. in den Originalstimmen des Cembalokonzerts A dur BWV 1055, dem einzigen mit authentischem Stimmenmaterial(!), eine Bezifferung im Bass - d.h. da muss ein zweites Cembalo im Continuo mitgespielt haben. Christopher Hogwood und Christophe Rousset haben es dann auch so aufgenommen.


    Ich stelle mir das so vor, dass Bachs Söhne und Schüler sich regelrecht darum gekloppt haben, wer denn bei der Aufführung diesmal cembalo continuo spielen darf, denn zu ihrer Ausbildung gehörte es - das ist belegt - und sie haben es aus der Partitur gespielt, dann wurde das Schreiben einer Stimme gespart, denn Zeit und geübte Schreibhände waren knapp. Deshalb gibt es so wenige speziell für Cembalo geschriebene Stimmen - die brauchte er nicht.


    Also ich wage nicht zu sagen, was "bachtypisch" ist - das verstellt nur den Blick auf die verwegenen Dinge, die er manchmal gemacht hat und die den regelversessenen Exegeten späterer Jahrhunderte nicht ins Konzept passen, bei denen alles nach dem von ihnen erdachten Schema ablaufen muss.


    Ein Faktor mag auch sein, dass man dann eben zwei Tastisten bezahlen muss, und aufeinander eingespielt sein müssen sie auch noch - das kann man nicht einfach so, Doppelaccompagnement spielen. Da fehlt es wohl am guten Willen der Dirigenten und kompetenten Spielern.

    2 Mal editiert, zuletzt von miguel54 ()

  • Guten Tag



    Zitat

    Original von miguel54
    Naja, was heisst hier "bachtypisch" - das erhaltene Notenmaterial und andere Quellen zur Aufführunsgpraxis belegen, das ein Cembalo in Bachs Kirchenmusik doch häufiger mitwirkte als es heute praktiziert wird (s. z.B. Laurence Dreyfus, Bach's Continuo Group). Es wird immer wieder dafür und dagegen argumentiert und liegt natürlich in der Entscheidung des Ensembleleiters, aber ich habe den Eindruck, dass da eher Gewohnheit und Routine die Oberhand gewinnen.


    Die interessante Frage Cembalo in Bach-Kantaten wäre einen eigenen Thread wert !?



    Zitat

    Bach ist immer für Überraschungen gut - es gibt auch von Christoph Wolff entdeckte Hinweise in den Originalstimmen, dass ausgrechnet beim Cembalokonzert A dur BWV 1055, dem einzigen mit authentischem Stimmenmaterial(!) eine Bezifferung im Bass steht - d.h. da muss ein zweites Cembalo im Continuo mitgespielt haben. Christopher Hogwood und Christophe Rousset haben es dann auch so aufgenommen.


    Interessanterweise läßt R. Goebel in seiner Einspielung der Overtüren BWV 1066, 1068 + 1069 mit der musica antiqua Köln zwei Cembali mitspielen und rechtfertigt dies mit der zeitgenössischen Praxis, dass der Kapellmeister am Cembalo und ein offenbar durchgängig beschäftigter 2. Cembalist als klangliche und rhythmische Stütze im Ensemble mitwirkte.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Göbels Verwendung zweier Cembali habe ich bei dieser Aufnahme auch mit Freude vermerkt. Das kann man z.B. bei Quantz nachlesen, der über Orchestergrößen schreibt, und meint, ab einer bestimmten Streicherstärke nehme man einen zweiten Flügel (kann die Stelle gerade nicht finden). Das betont auch wieder die Rolle des Cembalo als rhythmische Stütze des Ensembles.


    Die Anregung zum Thread über das Cembalo in Bach-Kantaten nehme ich gerne auf!