Nachdem sich so viele Taminos, an Edelsteine in der Musik, mit fundierten Beiträgen beteilgt haben, möchte ich fragen, was euch zu Musik und Lyrik, Lyrik und Musik einfällt.
Ich freue mich auf eure Antworten.
Padre
Musik und Lyrik
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Musik im Mirabell
Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten.
Bedächtig stille Menschen gehn
Am Abend durch den alten Garten.Der Ahnen Marmor ist ergraut.
Ein Vogelzug streift in die Weiten.
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offne Fenster.
Ein Feuerschein glüht auf im Raum
Und malet trübe Angstgespenster.Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.
Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.
Die Magd löscht eine Lampe aus,
Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.Georg Trakl
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Hallo Barockbassflo,
bist du auch ein Trakl-Fan?
Padre -
Hallo Padre,
nein, ganz sicher nicht - die meisten seiner Gedichte sind mir viel zu undurchdringlich düster.
Auch die Musik im Mirabell ist hart an der Grenze, aber die Schatten die ins Dunkel gleiten sind es mir wert.
Ich schätze generell das Schwierige und Dunkle und Düstere nicht so sehr, ich bin für Sonne, Luft, Grün, Frieden und Freude.
Spaßgeneration halt .
BBF -
Das hast du schön gesagt, ich danke dir dafür.
Gruß
Padre -
Das Konzert
Die nackten Stühle horchen sonderbar
Beängstigend und still, als gäbe es Gefahr.
Nur manche sind mit einem Mensch bedeckt.Ein grünes Fräulein sieht oft in ein Buch.
Und einer findet bald ein Taschentuch.
Und Stiefel sind ganz gräßlich angedreckt.Aus offnem Munde tönt ein alter Mann.
Ein Jüngling blickt ein junges Mädchen an.
Ein Knabe spielt an seinem Hosenknopf.Auf einem Podium schaukelt sich behend
Ein Leib bei einem ernsten Instrument.
Auf einem Kragen liegt ein blanker Kopf.Kreischt. Und zerreißt.
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Nachtcafé
824: Der Frauen Liebe und Leben.
Das Cello trinkt rasch mal. Die Flöte
rülpst tief drei Takte lang: das schöne Abendbrot.
Die Trommel liest den Kriminalroman zu Ende.Grüne Zähne, Pickel im Gesicht
winkt einer Lidrandentzündung.Fett im Haar
spricht zu offenem Mund mit Rachenmandel
Glaube Liebe Hoffnung um den Hals.Junger Kropf ist Sattelnase gut.
Er bezahlt für sie drei Biere.Bartflechte kauft Nelken,
Doppelkinn zu erweichen.B-Moll: die 35. Sonate.
Zwei Augen brüllen auf:
Spritzt nicht das Blut von Chopin in den Saal,
damit das Pack drauf rumlatscht!
Schluß! He, Gigi! –Die Tür fließt hin: Ein Weib.
Wüste ausgedörrt. Kanaanitisch braun.
Keusch. Höhlenreich. Ein Duft kommt mit. Kaum Duft.Es ist nur eine süße Vorwölbung der Luft
gegen mein Gehirn.Eine Fettleibigkeit trippelt hinterher.
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Hallo P und BBF!
Ich bin auch ein Trakl-Fan, gerade weil er so dunkel schreibt. Daher noch ein Beispiel - etwas anderes als expressionistische Gedichte wurden bisher ohnehin nicht notiert.
Trompeten
Unter verschnittenen Weiden, wo braune Kinder spielen
Und Blätter treiben, tönen Trompeten. Ein Kirchhofsschauer.
Fahnen von Scharlach stürzen durch des Ahorns Trauer
Reiter entlang an Roggenfeldern, leeren Mühlen.Oder Hirten singen nachts und Hirsche treten
In den Kreis ihrer Feuer, des Hains uralte Trauer,
Tanzende heben sich von einer schwarzen Mauer;
Fahnen von Scharlach, Lachen, Wahnsinn, Trompeten.Georg Trakl
Gruß, Wolfgang
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... mit der 35. Sonate hat sich Benn ein bisschen vergaloppiert.
Gruß, Wolfgang
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Lieber Wolfgang,
nur zur Klarstellung noch einmal völlig redundant: ich bin kein Trakl-Fan!
LG,
Flo -
8oHallo Kurzstückmeister
Bäh - ist das grässlich und hässlich.
ZitatGrüne Zähne, Pickel im Gesicht
winkt einer Lidrandentzündung.
Fett im Haar
spricht zu offenem Mund mit RachenmandelIch hätte noch zu ergänzen (als weitere Aneinanderreihung von Ekelhaftigkeiten):
Mitesser auf der Nase, Warzen am Hals
mit Schuppen auf den Schultern.Mundgeruch macht sich breit wenn die Trompete bläßt
Ich konnte mit den Werken von Benn schon zu Schulzeiten nichts anfangen...
Gänsehaut-Grüße von Mimi
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Ob Trakl -Fan oder nicht, die Beiträge waren schön. Danke euch!." Man muss sich vielleicht mit der Biografie von Benn beschäftigen, um zu verstehen, warum er solche Texte schrieb.
Padre -
Ich verstehe den Sinn nicht, Padre. Sollen hier Gedichte über Musik aufgelistet werden, oder soll darüber gesprochen werden, wie diese beiden Künste zusammenfließen?
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Zitat
Original von Padre
Man muss sich vielleicht mit der Biografie von Benn beschäftigen, um zu verstehen, warum er solche Texte schrieb.
Jedenfalls war er Arzt, was auf seine Lyrik nicht ohne Einfluss blieb.
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Hallo.c.m.d.
gelegentlich wird ein weinig abgeschweift. Eigentlich meinte ich Gedichte die Musik zum Inhalt haben. Vielleicht kannst du eins beisteuern.
Padre -
bei interesse verweise ich gerne auf meine eigenen arbeiten hier. sie alle sind unmittelbar von musik inspiriert oder haben einen musikalischen 'duktus'. wen's interessiert: literaturforum. eigenes.
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Hallo Klingsor,
natürlich!
Padre -
Es gibt bei Benn auch reichlich Gedichte, OHNE jenes von einigen zart besaiteten beanstandetes Ekel-Vokabular !
Viele seiner Gedichte sind so hinreissend voller Musk, daß es villeicht gerade deswegen nur so wenige bedeutende Vertonung seiner Verse gibt, oder wie bitte sollte man DAS komponieren ? Hier ist wirklich schon mit den Worten alles gesagt:aus Fernen, aus Reichen
was dann nach jener Stunde
sein wird, wenn dies geschah,
weiß niemand, keine Kunde
kam je von da,
von den erstickten Schlünden,
von dem gebrochnen Licht,
wird es sich neu entzünden,
ich meine nicht.doch sehe ich ein Zeichen:
über das Schattenland
aus Fernen, aus Reichen
eine große, schöne Hand,
die wird mich nicht berühren,
das läßt der Raum nicht zu:
doch werde ich sie spüren
und das bist du.und du wirst niedergleiten
am Strand, am Meer,
aus Fernen, aus Weiten:
»- erlöst auch er«;
ich kannte deine Blicke
und in des tiefsten Schoß
sammelst du unsere Glücke,
den Traum, das Loos.ein Tag ist zu Ende,
die Reifen fortgebracht,
dann spielen noch zwei Hände
das Lied der Nacht,
vom Zimmer, wo die Tasten
den dunklen Laut verwehn,
sieht man das Meer und die Masten
hoch nach Norden gehn.wenn die Nacht wird weichen,
wenn der Tag begann,
trägst du Zeichen,
die niemand deuten kann,
geheime Male
von fernen Stunden krank
und leerst die Schale,
aus der ich vor dir trank.
Gottfried Benn (1927)Aber auch Georg Trakl wie übrigens alle Lyrik, die sich vom späten Hölderlin ableitet, ist mir teuer und es vergeht selten ein Tag , in dem ich nicht darin lese. Dieser Tage besuchte ich in Krakau das Sterbezimmer Trakls, das noch so wie bei seinem Tode vorhanden ist.
Zu den größten Kostbarkeiten meiner Bibliothek zählt das einzige, noch zu Trakls Lebzeiten erschienene Buch aus der Reihe "Der jüngste Tag" (1913)
Grodek
Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldenen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düster hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.Doch Stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.Unter goldenem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme der Geistes
nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungeborenen Enkel.Georg Trakl 1914
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Hallo BBB,
ich gebe dir in deinen Einschätzung recht und danke dir für deinen Beitrag.
Padre -
Wir hatten hier gerade gestern in einem anderen Thread das Thema, dass das Böse und Hässliche spätesntens seit dem 1.Weltkrieg eine feste Kategorie der Literatur(Lyrik und Prosa) ist. Auch vorher schon, siehe deutsche Romantik, Marquis de Sade , Edgar Alan Poe etc.
Wenn die Welt ekelhaft ist, muss es die Speigelung in der Literatur auch sein dürfen. "Bah und igitt" sind eher die Zustände und der Spiegel dieser Zustände(was Kunst ja AUCH sein sollte!) hat nciht die Schuld daran.
Das nur ganz kurz dazu, denn da könnte man ganze Dissertationen drüber schreiben.
Dasselbe gilt auch für die Musik und Malerei. Der Kubismus und Joseph Beuys sind für manche Leute auch igitt und moderne Musik sowieso.
Aber sollen die Künstler die Welt lieber idyllisieren und verkitschen???
Das ist eine wirklich philosophische Grundsatzfrage, die hier aufgeworfen wird.Benn war vielleciht ein zweifelhafter Mensch, aber ein grosser Dichter war er ohne jeden Zweifel und Trakl genauso.!!!!!!!!!!!!!!
Das leitet gleich zu Erfreulicherem über ,nämlich einem meiner Lieblingsgedichte von meiner Lieblingsdichterin, die dazu noch Geliebte Benns war und unter serh schwierigen Umständen in ekelhaften Zeiten verarmt und krank in Jerusamel starb. Else Lasker-Schüler:
Mein blaues Klavier
Ich habe zuhause ein blaues Klavier
und kenne doch keine NoteEs steht im Dunkel der Kellertür
seitdem die Welt verrohteEs spielen Sternenhände vier
-die Mondfrau sang im Boote-
Nun tanzen die R.
Ratten im Geklirr.Zerbrochen ist die Klaviatür
Ich beweine die blaue Tote.Ach liebe Engel öffnet mir
-ich ass vom bitteren Brote-
Mir lebend schon die Himmelstür
Auch wider dem Verbote. -
Hallo verehrte Queen.
mimi hat hier ihre Meinung geäußert und dargestellt, dass das nicht ihr Geschmack ist und das ist völlig legitim.
Die Romatiker mit blauen Blumen, Klaviere und Pferde klingen da angenehmen.
Nun fiel mir auch etwas ein": Hinter der Trommel da laufen die Kälber, das Fell für die Trommel das liefern sie selber!
( Auszug: Kälbermarsch, Bern Brecht 1933)
Padre -
Ja , lieber Padre, genau dasselbe habe ich auch getan, also haben wir schon zwei "Legitimierte" hier und vielleicht werden es sogar noch mehr.
Ohne unterschiedliche Meinung keine Diskussion. Hinter der Trommel wollen wir ja nciht herlaufen, wezr auch immer sie schlagen mag!Lieber Klingsor, gibst du bitte den genauen link zu Deinem Literaturforum?
Fairy Queen
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Zitat
Original von Fairy Queen
Lieber Klingsor, gibst du bitte den genauen link zu Deinem Literaturforum?
aber gerne, liebe fairy queen, es ist ganz einfach: hier im taminoforum. hauptforum 'kultur'; unterforum 'literatur und theater'. und dann 'eigenes'. vielleicht verlinkt es hier ja auch ein freundlicher moderator
viel spaß
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Zitat
Original von klingsor
aber gerne, liebe fairy queen, es ist ganz einfach: hier im taminoforum. hauptforum 'kultur'; unterforum 'literatur und theater'. und dann 'eigenes'. vielleicht verlinkt es hier ja auch ein freundlicher moderator
viel spaß
Oder auch ein Nicht-Moderator :] . Der begehrte Thread ist hier
Herzlichst,
Medard -
ja, danke schön, medard ... immer diese technisch begabten
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ungeziefer-serenade
läuse flöhen meine lieder
milbe durch die nacht zu dir
mücken schwärmen auf und nieder
grillen zecken heimchen bieder -
fliege biene her zu mirmade schabt am käfermieder
so zikadisch schnakt es hier
wespe raupt und hornisst schier
hummeln drohnen neben mirspinne puppt die larve über
und verheuschreckt sink ich nieder -
sag o wann libellen wirmich ameisen alle glieder
asseln klammern sich mit gier
unter falters faltenzieher
wer bremst mein verlangen mir
flöhe lausen meine lieder
ach das dich der glühwurm rühr -
wann o wanzen wir uns wieder
Raphael -
Interessant wären ja eigentlich Texte, in denen Musik nicht Thema eines literarischen Textes ist, sondern in denen versucht wird, musikalische Formen als literarisch-poetisches Strukturprinzip zu verwenden. Ein Beispiel, das wahrscheinlich jedem sofort einfallen würde, ist Celans Todesfuge, die aber leider nicht so richtig fugt - im Gegensatz zur Prosafuge über das Sommerbett in Wolfgang Hildesheimers exorbitanten Roman Tynset (die mir allerdings erheblich zu lang ist, um sie abzutippen ).
Daher zwei andere kleine Gedichte, in denen Musik auf ganz unterschiedliche Weise eine Rolle spielt:
Der Pianist
Klingende Winde lösen dich ihrem Zuge,
Deine frohen Äste treffen die andern,
Starres wird grün in deiner Sorge,
Deine Rhythmen schaffen heiße Wüsten.
Im Streichen erschauern die Zweige,
Blüten springen auf dir
Und wollen fangen, was du gibst.
Deine Früchte singen -
Deine Äste schlagen hundertfach die andern
Und ketten neue Netze:
Wir gehen durch deinen reichen Wald.Henriette Hardenberg, 1914
Orpheus
Ich steig in jeden Vorortzug
In dem eine Frau mit Samthut sitzt
Und Traum um die Augen wie du!
In allen Opernhäusern such ich die Logen ab
Für jeden Dampfer nach Thule hab ich Karten:
Seit ich, Eurydike, dich verlor
Weil ich mich einmal umsah
Muß ich mich umsehn
Nach allen Frauen der Erde.Yvan Goll, 1925
Herzlichst,
Medard -
das musikalische opfer
also bei buxtehude da wurde
der schumann reger denn jemozärtlich nahm er die
witwe des mahlers am händel
führte sie über bach und haydn
am monte verdi vorbei
auf den Schönbergwo er sie
nicht ohne liszt
verbrahmstedann aber gluck
gluck weg war er
gänzlichein telemann eben
keinen kreutzer wert
seufzte die mahlerische
undwo hindemith
als sie
den mendelssohn griegte
Raphael -
Auf das ich gleich verdroschen werde: Hier noch mehr Unfug...!
WOLFGANG HÄDECKE
Die Kunst der Fuge
(Hoffmann von Fallersleben gewidmet)häns chen klein
ging al lein
häns chen ging
klein al lein
häns al lein
klein chen ging
ging al lein
klein chen häns
ging chen häns
klein al lein
klein lein ging
häns chen al
al klein häns
ging chen lein
lein chen häns
al klein ging
klein chen lein
ging al häns
al chen klein
häns lein ging
Raphael -
Zitat
Original von raphaell
Auf das ich gleich verdroschen werde: Hier noch mehr Unfug...!Nur virtuell - Das gibt keine blauen Flecken
Herzliche Grüße,
Christian