Giuseppe Martucci - italienischer Meister der Spätromantik

  • nachdem Edwin :hello: an anderer Stelle wiederholt auf Giuseppe Martucci (1856-1909) aufmerksam gemacht hat, nehme ich die Veröffentlichung seines sinfonischen Werks mit The Philharmonia unter Francesco D’Avalos bei Brilliant Classics zum Anlass, um diesem Komponisten eigenen Raum zu widmen.




    Symphony No. 1 in D minor, Op. 75
    Symphony No. 2 in F major, Op. 81
    Piano Concerto No. 1 in D minor (1878 )
    La canzone dei ricordi (R.E. Pagliara) (c. 1886-87)
    Piano Concerto No. 2 in B flat minor, Op. 66* (1884-5)


    Weil ich bislang nichts von diesem Komponisten gehört habe, gleich die Frage, was von diesen Aufnahmen zu halten ist, die immerhin vom Penguin CD Guide empfohlen wurden.


    Was ist sonst empfehlenswert?

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

    Einmal editiert, zuletzt von a.b. ()

  • Ich habe diese Einspielungen nach ihrem erstmaligen Erscheinen unter dem ASV Label Anfang der 90er Jahre erworben. In den Folgejahren habe ich immer wieder mal das 1. Klavierkonzert gehört. Für den Rest (also die beiden Sinfonien, das 2. Klavierkonzert und die kürzeren Orchesterstücke) konnte ich mich nicht recht erwärmen. Sie erschienen mir langweilig.


    Im Frühjahr dieses Jahres besuchte ich dann in der Alten Oper Frankfurt ein glänzendes Konzert des Philharmonia Orchestra unter Riccardo Muti. Den Abschluss des Konzertes bildete Tschaikowskys 6. Sinfonie. Nach diesem "Abschied" wäre an sich nur Stille angemessen gewesen. Stattdessen wandte sich Muti an das Publikum und hielt eine kurze Ansprache über die Herkunft und das Werk Giuseppe Martuccis, aus der hervorging, dass er sich wie schon Toscanini dem Werk Martuccis sehr verbunden fühlt und es bekannt machen möchte. Als Zugabe ließ Muti dann das Nocturno op. 70, 1 (mit solo Cello) spielen. Es erschien mir dabei weitaus ansprechender als in der Einspielung auf meiner CD. Ein wunderbar elegischer Ausklang.


    Meines Wissens nach handelt es sich bei dem „The Philharmonia“ auf den CDs nicht um das Philharmonia Orchestra London, auch wenn dies immer mal wieder so behauptet wird. Auch das Spiel des „The Philharmonia“ ist aber im Ganzen recht gut. Die Orchestersprache Martuccis ist im Bereich zwischen Brahms und Schumann anzusiedeln, jedoch nicht auf dieser Höhe. Dafür erscheinen mir das thematische Material und seine Bearbeitung zu gehaltlos. Auch sind einprägsame bzw. markante Themen, Motive oder Melodien nur sehr vereinzelt anzutreffen. Vielleicht könnte man die sinfonische Musik mit der von Bruch oder Raff auf eine Stufe stellen (wobei aber aus meiner Sicht schon Raffs 5. „Leonore“ unvergleichlich besser wäre). Das 1. Klavierkonzert hat zu Beginn einen packenden Zugriff, der an das 1. Klavierkonzert von Brahms erinnert. Auch hier vermag Martucci die Höhe aber nicht zu halten. Gleichwohl ist das 1. Klavierkonzert insgesamt mein Favorit unter Martuccis Werken und durchaus hörenswert.


    Loge

  • Im Rahmen meiner Arbeiten am Tamino Themenverzeichnis bin ich auf diesen (noch?) Minithread gestoßen und habe mich erinnert, daß ich vor einigen Monaten zumindest 2 Martucci-Cds gekauft habe , die allerdings noch ungehört im Regal liegen.

    Das lag teilweise daran, dass meine Kaufwut derzeit keine Grenzen kennt - aus Angst irgendwann könne das meiste gestrichen sein, zum andern an der Tatsache, dass ich zwar den Vorsatz hatte, unbekannte Komponisten kennenzulernen, was mir aber oft ziemliche Unlust bereitet - sodaß ich solche Hörsitzungen gerne verschiebe.
    Unter dem Eindruck der ersten beiden Beiträge bekam ich aber doch Lust auf Martucci - und wie durch ein Wunder - wahrscheinlich durch eine Mischung von Glück und Gottesfügung fielen mir schon nach kurzem Stöbern in meinem Pool "unerhörter ;) " Tonträger - zwei CDs mit Martuccis Werken in die Hand, welche beide erst 2009 im Handel erschienen sind (Aufnahmen zwischen Oktober 2007 und April 2008) und zwar Mit dem Orchestra Sinfonia di Roma unter Francesco La Vacchia, der auch Casellas Werke für Naxos eingespielt hat.
    Wie man Martucci einstuft (derzeit höre ich die erste Sinfonie und bin gerade am Ende des triumphierend leuchtenden 4. Satz angelangt) ist sicher eine Frage des persönlichen Standpunkts.
    Wer "Modernität" erwartet, der wird vermutlich enttäuscht sein.Die erste Sinfonie op 75 ist frei von Modernismen jeglicher Art Es ist eher Musik in Richtung Raffs - wie Loge bereits richtig bemerkte - oder aber -allgemeiner formuliert - romantischer Musik des 19. Jahrhunderts. Einen Qualitätsunterschied zu Raff konnte ich indes nicht feststellen.
    Ganz in der Tradition der "Alten" - und mit teilweise betörenden lyrischen Stellen und auch wirkungsvoll auftrumpfenden Sequenzen.
    Eine Empfehlung an den "konservativen" Klassikfreund - Wer Ohren hat der höre......

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred



    PS: Soeben bin ich - nach Ende der Sinfonie - in eines der "kleineren Stücke" gestolpert.
    Und ich finde es überhaupt nicht langweilig .....

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo zusammen!


    Giuseppe Martucci (1856-1909)
    Klaviertrios Nr.1 & 2 (op.59 & 62)

    Trio Vega
    Naxos, DDD, 2014


    Giuseppe Martucci war ein konservativer Tonsetzer spätromantischen Gepräges. Seine beiden Klaviertrios stehen in der Tradition von Brahms und Schumann und sind meiner Ansicht nach außerordentlich gelungen, sowohl dramatisch, als auch voll von eigenständigen melodischen Einfällen. Das ist mal wieder eine dieser Entdeckungen, die sich zu 105% mit meinem persönlichen Beuteschema decken und die mir große Freude gemacht haben. Beide Trios sind klassisch-viersätzig und mit Spieldauern von rd. 30 und rd. 40 Minuten durchaus großformatig angelegt, ohne dass man sagen kann Martucci habe sich mit Ihnen überhoben. Mich jedenfalls hat er keine Minute gelangweilt. Die Kritik scheint es ganz ähnlich wahrgenommen zu haben und attestiert eine sehr gute Interpretation durch das Trio Vega.
    Diese CD ist Hinweis und Anlass genug, mich eingehender mit den weiteren Werken Martuccis zu befassen. Auf Naxos gibt es ja dankenswerter Weise mittlerweile einige Produktionen, vor allem auch in Sachen Orchesterwerke.


    Viele Grüße
    Frank


  • Wie schon in Beitrag 3 vom 21. Oktober 2012 geschrieben, habe ich einige Aufnahmen von Martucci erworben, darunter auch die von Hüb vorgestellte Naxos- CD mit den beiden Klaviertrios Nr 1 und 2 (Bild links).
    Das Klaviertrio Nr 1 in C-dur op 59 komponierte Martucci 1882, als er noch in Neapel lebte. Der Brahmsche Einfluß ist ebenso unüberhörbar wie der wesentlich weichere beschwingte italienische Unterton. Eine perfekte Symbiose also.
    Diese findet sich auch im Klaviertrio Nr 2 in Es-Dur welches im Folgejahr entstand.
    Der Gesamteindruck ist farbig und lieblich, niemals aggressiv, sperrig oder aufgesetzt dynamisch, die Tontechnik angenehm natürlich - für Freunde melodiöser Kammermusik ein Muss.
    -------------------------------------------------------------
    Rechts im Bild finden wird eine - ebenfalls in meiner Sammlung vorhandenen - Alternativaufnahme mit dem mir bislang unbekannten Quartetto Noferini. Die Brilliant Classics CD ist etwas großzügiger bespielt, sie enthält zusätzlich das das Klavierquintett op 45. sowie einige kleiner Stück, durchwegs Bearbeitungen für Streichquartett. Über die Interpretation und den klang kann ich noch nicht berichten - die CD ist noch "unerhört"....


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 2742

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Allmählich arbeite ich einige hundert von bislang ungehörten CDs aus meiner Sammlung auf. Bei dieser Gelegenheit sind mir die Aufnahmen mit Werken von Giuseppe Martucci (1856-1909) in die Hände gefallen. In Konzertführern scheint er jeweils lediglich mit einem Satz auf, dass er nämlich der Lehrer Respighis war. Martucci war nicht nur Kompoonist, sondern auch Dirigent und (vorzugsweise) Pianist. Deshalb ist in seinem Oeuvre der Bereich Klaviermusik besonders ausgeprägt, dafür verzichtete er gänzlich darauf, Opern zu komponieren, was völlig gegen den Trend der Zeit in Italien war. Im Booklet wird vermutet, daß er das erste Klavierkonzert für den Eigengebrauch geschrieben habe, er aber nicht damit zufrieden gewesen sein soll, denn er hat es nie gespielt.
    Ich verstehe das eigentlich nicht, denn ich empfinde das Konzert als durchaus beeindruckend und konkurrenzfähig mit anderen Werken seiner Zeit. Immer wieder werden Mendelssohn und Schumann zum Vergleich harangezogen, ich empfinde in gewissen Bereich eher eine weitläufige Verwandtschaft mit dem Klavierkonzert Nr. 1 von Tschaikowsky. Die Einleitung zum 1. Satz ist allerdings eher getragen und dauert 4 Minuten. Dann setzt beinahe überraschend das Klavier mit Energie ein. Man kann nicht wirklich von einer Gesamtstimmung des Konzerts sprechen, lyrische Stellen blühen wunderbar auf, es gibt farbige, belebte Stellen und versonnenes, verträumtes, nachdenkliches wirklich plakativ Auftrumpfendes scheint zu fehlen - bis man beim Filnalsatz angelangt ist. Der beginnt zwar zurückhaltend, steigert sich aber schnell zum kraftvollen klangschönen Part, der allerdings immer wieder durch sanftere Stellen abgemindert wird, bis sich das Konzert letztlich mit einem furiosen Finale endet.


    Das Konzert besteht aus 3 Sätzen und hat eine Gesamspieldauer von knapp 35 Minuten. Es sollte in keiner Sammlung fehlen, wo das romantische Klavierkonzert einen Schwerpunkt darstellt.


    mfg aus Wien
    Alfred


    Anmerkung: Manchmal zweifle ich an meinem Verstand, wenn ich - wie beispielsweise hier -falsche Coverbilder sehe.

    Aber - immer wieder stellt sich heraus, daß dieser Fehler bei jpc liegt. Hier wurde beispielsweise dem Klavierkonzert Nr 1 von Martucci ein Cover einer CD mit Liedern von Fanny Mendelssohn-Hensel - zugeordnet (auch derekt auf der Seite - und das schon seit Jahren unbemerkt.... MOD 001 Alfred


    clck 2816

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe diese Einspielungen nach ihrem erstmaligen unter dem ASV Label Anfang der 90er Jahre erworben. In den Folgejahren habe ich immer wieder mal das 1. Klavierkonzert gehört. Für den Rest (also die beiden Sinfonien, das 2. Klavierkonzert und die kürzeren Orchesterstücke) konnte ich mich nicht recht erwärmen. Sie erschienen mir langweilig


    Hier möchte ich einen Faden im wahrsten Sinne des Wortes von 2007 bis jetzt spannen.

    Ich habe Martucci im Rahmen meiner Recherchen zu unbekannten Klavierkonzerten auf YT entdeckt.

    Zuerst sein erstes Klavierkonzert, und zu dem umfassenden Kommentar von Alfred möchte ich nichts Weiteres hinzufügen, außer, dass mir dieses KK sehr gut gefällt.


    Für das Zweite konnte ich bislang mich nie recht erwärmen, ich kannte zunächst nur "die" Einspielung, ebenfalls Naxos, Gesualdo Coggi / La Vecchia;

    Bei dieser Einspielung des 2. KK kann ich dem Kommentar von Loge :"langweilig" nichts hinzufügen.


    Dagegen: hört doch mal hier rein. Auf Spotify gibt es auch das ganze Konzert.



    Hier klingt es ganz anders, hier ist es ein mitreissendes Konzert, ohne jede Langeweile, mit etlichen beeindruckenden, teils ergreifenden Passagen. Darüberhinaus melodiös, und durchaus einprägsam. Der Mittelsatz enthält fast eine "unendliche Melodie"...


    Also ich möchte hier eine Lanze für Martucci brechen.

  • Heute Habe ich mir die CD 1, der hier und schon weiter oben gezeigten CD angehört.

    Sie enthält das Klaviertrio Nr. 1 in C-dur op 59 (1882) und das Klavierquintett in C-dur op 45 (1878)

    Die Brahms-Nähe ist unüberhörbar, allerdings empfand ich die Kompositionen eher etwas "freundlicher" oder "gefälliger"

    Diee Beiden Werke füllen mit einer Gesamtspieldauer von 78:01 Minute die erste DC dieser Edition bis an den Rand.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Titel scheint mir unglücklich gewählt. Eines steht fest: Martucci war alles aber kein Spätromantiker und so sehr ich ihn verehre - seine Werke klingen hochromantisch, wie ein Mix aus Brahms und Tschaikowski.

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

  • Der Titel scheint mir unglücklich gewählt

    ^^^^^^ Titelvorschlag?

    So wie den annehmen wird dieser Beitrag und dier Anlass dazu gelöscht:hello:

    LG Alfred
    MOD 001

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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