Man möge mir verzeihen, daß ich hier nochmals einen neuen Thread zu Bruckners Neunter eröffne. Mir geht es darum, die Diskussion bestimmter Aspekte schlicht vielleicht etwas besser zu trennen und damit auch für die Forums-Mitglieder das Lesen differenzierter und übersichtlicher zu gestalten. Ich würde mir wünschen, daß in diesem Thread insbesondere die folgenden Fragen diskutiert werden:
Wohin soll sich die Aufführungspraxis der Neunten Sinfonie entwickeln?
Soll die Neunte weiterhin – entgegen Bruckners bekundeter Absicht – als dreisätziger Torso aufgeführt werden?
Soll sie – wie Bruckner bekundet wünschte – mit dem Te Deum als "Notfinale" zum Abschluß gebracht werden?
Soll sie mit einer vervollständigten Aufführungsfassung des Finale-Fragments beendet werden?
In welchem Rahmen sollten Werke zeitgenössischer Komponisten, die sich in Eigen-Kompositionen mit dem Material zum Finale (oder der Neunten als Ganzes) auseinandersetzen, zu Gehör gebracht werden?
Sollte man Bruckners eigenes Material zum Finale bedenkenlos über Bord werfen und stattdessen ein völlig neues Finale aus zweiter Hand komponieren?
Wie beurteilt Ihr die Möglichkeit einer aufführbaren Darstellung des Fragmentes ohne Auskomposition der Lücken?
Sollte es Bearbeitungen des Finales für Klavier, zwei Klavier oder Orgel geben? (Hierbei entfiele immerhin der Aspekt der Ergänzung fehlender Instrumentierungsarbeiten Bruckners)
Es soll hier also ausdrücklich nicht um die Problematik der Aufführungsfassung Samale et al. ("SPCM-Version") gehen – dazu bitte im anderen Thread –, sondern um Bruckners Absichten mit der Neunten und der Art, wie fortan mit ihr umgegangen werden soll. Die Meinungen zu diesem Thema sind, wie die vorausgehenden Diskussionen auch in anderen Threads gezeigt haben, vielfältig und gehen weit auseinander. Mich würde interessieren, solche Meinungen einmal konzentriert zu sammeln und zu bündeln, um dadurch die Chance zu bekommen, vielleicht auf den ersten Blick unvereinbare Positionen zu hinterfragen und Annäherungen zu ermöglichen. Denn was mich ganz besonders betroffen macht, ist nicht nur die Heftigkeit, mit der entsprechende Debatten in letzter Zeit geführt wurden, sondern auch der mitunter dabei entwickelte Fanatismus. Dabei blieb differenziertes Denken und eine kritische Auseinandersetzung mit der Sache leider weitgehend auf der Strecke. Der Sache – nämlich dem Bemühen um Bruckner und sein Werk – dient dies meines Erachtens nicht.
Abschließend wäre ich sehr dankbar, wenn sich diese Debatte nicht wieder auf die (in diesem Forum hoffentlich überwundene) Komposition von Herrn Marthé verengt. Mir geht es hier ausdrücklich um die breite, allgemeine Diskussion.