Aus aktuellem Anlass ein Überblick über die erhältlichen Gesamtaufnahmen von "Giulio Cesare" - im Wesentlichen handelt es sich um die folgenden zwei, wobei die Wahl letztlich reine Geschmackssache ist (und man eigentlich beide haben sollte).
Die vollständigste Version bietet Rene Jacobs mit dem Concerto Köln (harmonia mundi 1991):
Insgesamt eine hochdramatische, zupackende Variante mit einer ebenso agierenden Jennifer Larmore in der Titelpartie. Mühelos in der Höhe mit ziemlich weiblich timbrierter, voluminöser und vibratoreicher Stimme - passt perfekt zum Klangbild der Aufnahme, ist aber sicher nicht "reiner" Originalklang. Barbara Schlick ist eine lyrische Cleopatra, Marianne Rorholm ein jugendlicher Sesto. Die junge Bernarda Fink begeistert als Cornelia ebenso wie Derek Lee Ragin als erwachsen-gefährlicher Tolomeo und Furio Zanasi als Achilla, der in seiner Stimme Gewalt und (vorgetäuschten) Charme wunderbar vermischt.
Das ganze dauert knapp über 240 Minuten; die dafür notwendige vierte CD ist freundlicherweise gratis.
Mark Minkowski wählte mit Les Musiciens du Louvre (DG-Archiv 2003) einen sanfteren Zugang als Jacobs und strich - da live im Wiener Konzerthaus aufgezeichnet - ein wenig mehr (knapp 220 Minuten):
Der auffälligste Unterschied ist dazu die Besetzung der Titelpartie mit Marjana Mijanovic - eher geringes Volumen der Stimme, dafür eine atemberaubende tiefe Lage und ein androgynes Timbre. Magdalena Kozena singt Cleopatra mit viel Schmelz, Anne Sofie von Otter ihren Sesto ein wenig herb, aber gestalterisch sehr intensiv. Charlotte Hellekant ist eine solide Cornelia, Alan Ewing ein eher derb-brutaler Achilla. Bejun Mehtas Tolomeo ist ein ägyptischer Caligula.
Zwecks Vollständigkeit:
Zusätzlich existieren noch weitere Einspielungen, darunter ein englischer "Julius Caesar" unter Mackerras mit einer nicht mehr ganz taufrischen Janet Baker sowie Della Jones, James Bowman und John Tomlinson (CHANDOS) - durchaus interessant mit sehr gelungener Textübertragung aber eher für Fans und Sammler. Noch mehr gilt das für einen von Universal wieder aufgelegten "Cesare" mit einem völlig fehlbesetzten Dietrich Fischer-Dieskau in der (transponierten) Titelpartie - anders als die Mackerras Einspielung hat diese Variante mit Barockoper übrigens nicht ernsthaft etwas zu tun.