Ravel: L'heure espagnole

  • Kann mir jemand eine gute Aufnhame vom Opern-Einakter Ravels: L'heure espagnole empfehlen?


    Danke!

    Gruß ab


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    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Eine, wie ich finde, immer noch sehr zu empfehlende Einspielung ist diejenige unter der Leitung von Lorin Maazel aus der Mitte der 60er Jahre. Maazel lässt da keine Langeweile aufkommen und bei den Sängern ist mit Jane Berbié, Jean Giraudeau, Gabriel Bacquier, José van Dam und Michel Sénéchal eine sehr muntere Truppe zusammenkommen.


    Im Doppelpack gibts dazu noch "L´Enfant", auch mit Maazel und z. B. mit Berbié, Rehfuss, Maurane oder Sénéchal auch prima besetzt.

  • Die Aufnahme mit Cluytens kenne ich leider nicht, sie ist - glaube ich - bei uns z. Zt. auch nicht erhältlich. Allerdings ist die Sängerbesetzung vielversprechend - und ich kann mir auch vorstellen, dass Cluytens die Aufnahme ansprechend leitet.


    Überhaupt scheinen die älteren Aufnahmen (auch Bour, z. B.) die stärkeren zu sein. Ich besitze auch eine neuere (mit Ollman, Ainsley, Barber), die mir weit weniger gut gefällt, als die früheren Einspielungen.


    Schade übrigens, dass man dem Stück auf der Bühne so selten begegnet...

  • Ich habe gerade selbst etwas recherchiert und bin auf folgende interesseante Aufnahmen gestoßen:


    und vielleicht noch interessante, nachdem Jean Fournet so überaus phantastisch auch Debussys Pelleas et Melisande dirigiert hat:


    Kennt jemand etwas davon?


    (Die Bour-Aufnhame gibt von einem Label-Sponsor ja gerade um wohlfeile 4 EUR gemeinsam mit L'enfant et les sortileges auf 2 CDs)

    Gruß ab


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    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • die spanische Stunde läuft derzeit an der Volksoper...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Nachdem diese herrliche Kurzoper endlich mal wieder bei uns aufgeführt wurde (s. Frankfurt, Städtische Bühnen, "L´heure espagnol/La vida breve" Ravel/de Falla, 22.02.2009), fahre ich mal in meinen Auslagerungen aus den Rätselthreads hiermit fort um auch den zu der Oper gehörenden Thread wieder zu beleben. Der Kern des adaptierten Textes stammt aus dem Lösungsthread Der Lösungsthread zu "Grisetten, Treulose, Kurtisanen - Das erste luderliche Rätsel"


    Zunächst eine Kurzsynopsis dieses Einakters, der leider, ebenso wie Ravels L'ENFANT ET LES SORTILEGES, bei uns trotz seines sprühenden Humors kaum zu sehen ist, weil diese Oper zum optimalen Verständnis die Originalsprache braucht, an die sich die Musik sehr eng anlehnt:


    Der Mauleseltreiber Ramiro kommt in den Uhrmacherladen um seine Uhr reparieren zu lassen. Der Uhrmacher Torquemada untersucht sie, aber seine Frau Concepcion drängt ihn, die Rathausuhren nachzusehen und aufzuziehen. Eigentlich sind ihr ja die Rathausuhren egal, aber sie hat nun einmal für diese feste Uhrzeit ein Rendezvous mit ihrem Liebhaber vereinbart, bei dem ihr Ehemann begreiflicherweise stören würde. Nun aber stört auch Ramiro, der von Torquemada gebeten wird, im Laden auf ihn zu warten. Um ihn loszuwerden, bittet Concepcion Ramiro, Standuhren in ihr Zimmer zu tragen, was dieser gutmütige Bulle von Mensch bereitwillig tut. Da tritt Gonzalvo ein, ein weiterer Verehrer Concepcions. So muss Ramiro, um die beiden in Ruhe zu dem kommen zu lassen, von dem sie gerne mehr täten, unentwegt Standuhren hin und her tragen.


    Richtig kompliziert wird die Angelegenheit, als der eigentlich mit ihr verabredete Liebhaber Concepcions,
    Bankier Inigo, im Laden erscheint. Beide Verehrer müssen sich daher von Conception, während sie mit ihnen kokettiert, in grosse Uhrgehäuse stecken lassen, die der bärenstarke Mauleseltreiber unerschütterlich auf den Rücken nimmt. Schliesslich wird der Frau klar, dass sie in Ramiro ein wahres Juwel vor sich hat, und gewährt ihm ein Schäferstündchen (die spanische Stunde ist dehnbar). Indessen kehrt Torquemada zurück und findet die beiden Liebhaber in den Uhren. Ein Geschäft witternd, versucht er ihnen die Uhren anzudrehen, und den beiden Liebhabern bleibt nichts anderes übrig, als Interesse zu heucheln und ihre jeweiligen Verstecke käuflich zu erwerben. So haben beide Eheleute ihren Spaß, und der Zuschauer sein Vergnügen an dem abschließenden (einzigen) Ensemble, in dem Concepcion im Rhythmus einer Habanera das Publikum belehrt, dass auch ein Maultiertreiber Fortune haben kann, wenn er ein tüchtiger Liebhaber ist.


    Dieses nicht von ungefähr an eine - allerdings sehr moderne - Zarzuela erinnernde Kabinettstück (im wahrsten Sinne des Wortes) ist für mich ein gutes Beispiel dafür, dass man eine Oper auch zu früh sehen kann um sie wirklich schätzen zu können. Ich sah sie nämlich erstmals, leider bislang auch das einzige Mal, in sehr jungen Jahren in Frankfurt und konnte mit ihr überhaupt nichts anfangen. Ravels Klangwelt braucht fortgeschrittene Hörer, die sich nicht nur an seinem Humor ergötzen können, der einen schon in der Orchestration dieser köstlichen Musikkomödie immer wieder anspringt. Man sollte sich auch in Ravels musikalischen Strukturen mit ihren fast schn obsessiv häufgen Rhythmuswechseln zurecht finden und eigentlich auch der französischen Sprache zumindest ansatzweise mächtig sein, wenn man den Einakter wirklich goutieren will. Hat man den Einstieg aber einmal geschafft (die Kenntnis des von Alviano angedeuteten BOLERO reicht dazu kaum), erwartet einen hier ein Juwel, das seinesgleichen sucht. Zu Recht wird das Stück gerne zusammen mit L'ENFANT ET LES SORTILEGES gegeben, was allerdings leider auch dafür sorgt, dass sich der Publikumszuspruch in Grenzen hält.


    Diese Kopplung (plus Strawinskys LE ROSSIGNOL) gibt es auch auf einer der besonders empfehlenswerten Einspielungen, nämlich der unter Lorin Maazel mit Jane Berbié, Michel Sénéchal und Gabriel Bacquier:



    "Meine" Aufnahme ist eine ältere, die es wohl nicht mehr gibt, mich aber gehindert hat, die Alternativen kennen zu lernen. Sie wurde von Armin Jordan dirigiert. Die Hauptrollen dieser Erato-Aufnahme sangen Elisabeth Laurence, Michel Sénéchal, der lange auf die Rolle des Torquemado abonniert war, und Gino Quilico. Sehr gute Aufnahmen, die ich leider alle nicht kenne, wurden, den Kritiken in diversen Schallplattenführern zufolge, auch von Ernest Ansermet und Serge Baudo eingespielt.


    Soweit erst mal diese Anregung, sich auch mal wieder mit Ravels Opern zu beschäftigen.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Von allen Aufnahmen, die ich kenne, gefällt mir überraschenderweise die historische Erstaufnahme aus dem Jahre 1929, die unter Ravels Beteiligung entstand am besten:

    L'HEURE ESPAGNOLE


    Opera in One Act
    Music by Maurice Ravel
    Text by Franc-Nohain


    Cast:
    Concepcion - Jeanne Krieger
    Gonsalve - Louis Arnoult
    Torquemada - Raoul Gilles
    Ramiro - J. Aubert
    Don Inigo Gomez - Hector Dufranne
    Orchestra under the direction of Georges Truc



    Bei keiner anderen Aufnahme kann man das von Ravel genau notierte Ticken und Bimmeln der Uhren in Torquemadas so metrisch genau deutlich hören.
    Die Sänger treffen den leichten Ton dieser etwas frivolen Komödie virtuos und beschwingt. Ravels Erbgut, die Präzision des Vaters, Ingenieur aus einer schweizer Uhrmacherfamilie, verbindet sich mit dem spanischen Erbe mütterlicherseits - sie war Baskin - auf unnachahmliche Weise. Wer diese Aufnahme z.B. mit der Ansermets aus dem Jahre 1953 (auch auf der preiswerten Doppel-CD) vergleicht, hört sofort die Unterschiede. Suzanne Danco bleibt stets "Grande Dame", um als Conception glaubhaft zu sein.
    Dabei ist die Klangqualität dieser Aufnahme für ihr Alter (1929!) erstaunlich gut. Wer keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen historische Mono-Aufnahmen hat, kann sie mit Vergnügen hören!

  • 'HEURE ESPAGNOLE


    Danke für den Tipp! Das werde ich gleich überprüfen:



    Ein puppenstubenhaftes Uhrwerkticken meine ich übrigens auch bei Ravels eigenem Dirigat des Bolero zu vernehmen :hello:

    Gruß ab


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    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke