Eine Lanze für Sir Edward!

  • Hallo Forum,


    ich denke, in dem älteren Thread Edward Elgar (1857 - 1934)
    ist Sir Edward Elgar ein wenig zu schlecht weggekommen. Dort entspann sich eine für meine Begriffe recht fruchtlose Diskussion um die "Einstufung" des Komponisten vor/zwischen/hinter anderen Kollegen. Mit Verlaub: so eine Diskussion, ist, öffentlich vorgetragen, schlichter Unsinn. Schließlich obliegt es jedem Hörer und Musikliebhaber selber, eine solche Reihung für sich vorzunehmen, so etwas ist absolut subjektiv.


    Was man gerechterweise allenfalls versuchen kann, ist, eigene Präferenzen klarzustellen und dezent für bestimmte Werke eines Komponisten ein wenig zu werben, keinesfalls jedoch, im Sinne der eigenen Meinung zu missionieren. Weil genau das versucht wurde, beginne ich hiermit einen neuen Thread.


    Eines vorweg: man darf mich getrost als anglophil bezeichnen, ich mag Elgar, Vaughan-Williams und sogar William Walton. Britten ist mir persönlich schon zu modern. Ich bedauere es außerordentlich, daß in Deutschland so wenig Elgar gespielt wird, vor allem seine 2 bis 3 Sinfonien höre ich, auch im Radio, viel zu selten.


    Von den dreien ziehe ich die zweite vor, der langsame Satz ist eine ergreifende Totenklage Elgars für "seinen" König, Edward VII. Elgar ahnt hier womöglich schon das Ende seiner Epoche im Jahre 1918 voraus. Empfehlenswerte Aufnahmen neben Handley sicher Tate.


    Daß er danach noch 16 Jahre lebte, ermöglichte ihm z.B. die Aufnahme seines Violinkonzertes mit Yehudi Menuhin 1932. Diese Aufnahme ist allererstes Pflichtprogramm für den Elgarfreund. Die Erinnerungen Menuhins zu dieser Aufnahme in seinen Lebenserinnerungen werfen einen recht interessanten Blick auf den alten Elgar.


    Noch später begann die Planungsphase seiner 3. Sinfonie, die, wenn ich mich recht erinnere, sogar ein Auftragswerk für die BBC sein sollte. Die hat er leider nicht vollenden können, er starb 1934 qualvoll an Krebs. Vor ein paar Jahren erschien bei Naxos eine Aufnahme eines in meinen Augen sehr gelungenen Komplettierungsversuches von Anthony Payne mit dem Bournemouth Symphony Orchestra unter Paul Daniel (Naxos 8.554719).


    Eine weitere CD möchte ich erwähnen, ich fand sie letztes Jahr bei Saturn in Köln: eine Aufnahme des ebenfalls komplettierten Klavierkonzertes mit dem Pianisten David Owen-Norris und dem BBC Concert Orchestra unter David Lloyd-Jones (Dutton CDLX7148 ).


    Das Klavierkonzert ist interessant, aber m.E. nicht so gelungen, wie die 3. Sinfonie. Die CD wird durch die Zugaben erst rund, von denen ich eine herausgreifen möchte, um ein wenig den Kaufappetit zu fördern: die Spanish Serenade op.23 von 1892 auf Worte von Henry Wadsworth Longfellow (1807-82):


    Stars of the summer night!
    Far in yon azure deeps,
    Hide, hide your golden light!
    She sleeps!
    My lady sleeps!
    Sleeps!


    Moon of the summer night!
    Far down yon western steeps,
    Sink, sink in silver light!
    She sleeps!
    My lady sleeps!
    Sleeps!


    Wind of the summer night!
    Where yonder woodbine creeps,
    Fold, fold thy pinions light!
    She sleeps!
    My lady sleeps!
    Sleeps!


    Dreams of the summer night!
    Tell her, her lover keeps
    Watch! while in slumbers light
    She sleeps!
    My lady sleeps!
    Sleeps!


    Was Elgar hier mit dem Chor anstellt, ist für mein unbedarftes Ohr nicht einfach bloß gut, es ist genial. Duftig und leicht, sehr empfehlenswert für den bekennenden Spätromatiker, der in nunmal bin.


    Jetzt bin ich gespannt, ob sich die Kontroverse hier fortsetzt.


    Holger

    Die Wahrheit liegt hinter dem Denken.

  • Hallo Holger,


    Gute Idee von Dir und ein schöner Eröffnungsbeitrag.
    Ich wünsche dem Thread viel Erfolg und schütze ihn als blauer Büttel vor extremen Elgar-Verunglimpfungen, die hiermit von moderater Seite als unerwünscht erklärt werden.

  • Hi , Holger!


    Wenns um elgar geht, wäre zu erwähnen:


    die wunderschöne streicherserenade.


    Klein aber fein :D


    das cellokonzert in e - moll.


    Durch Jackie so richtig bekannt geworden :jubel:


    Mit seinen Symphonien bin ich leider noch nicht bekannt gemacht worden.
    Weiß da irgendein tamino auszuhelfen?


    Hoffe, dass ich gerade nicht wieder komplett das threadthema verfehlt habe :untertauch:


    LG florian


    :hello:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

  • Hallo Holger,


    von mir als Verehrer Sir Edwards vielen Dank an dich für diesen Thread. Es wird längst Zeit, dass dieser Komponist hier mal wieder gewürdigt wird. Ich muss sagen, ich höre seine Orchestermusik deutlich lieber als die stilistisch vielleicht vergleichbare von Richard Strauss.


    Ich habe mich in letzter Zeit seinem sinfonischen Schaffen bis in die Orchesterminiaturen hinein genähert, vornehmlich anhand aktueller NAXOS-Veröffentlichungen, z. B. unter James Judd. Ich verfüge leider nicht über genug Vergleichsmaterial, um sie interpretatorisch kompetent einzuordnen, aber von der Klangqualität sind sie auf einem aktuellen Stand, und das ist mir immer recht wichtig.


    Das Chorwerk in seiner ganzen Breite steht mir noch bevor, ich habe mal vor längerer Zeit den Traum des Gerontius gehört, davon ist bei mir damals nicht so viel hängengeblieben.


    Es ist schwer, den Reiz Elgarscher Orchestermusik angemessen in Worte zu fassen, aber für mich ist es eine gewisse edle Melancholie, die besonders in Zusammenhängen wie dem von dir zu Recht hervorgehobenen 2. Satz der 2. Symphonie deutlich wird. Auch wenn Elgars Musik in triumphale Pracht übergeht, bleibt eine gewisse dunkle Patina, die ein Abgleiten ins Triviale verhindert. Liegt das an der Orchestrierung? An speziellen Kunstgriffen in der Harmonik? Ich kann es momentan nicht sagen.


    Sein Violin- und sein Cellokonzert gehören sicher zu den Höhepunkten ihrer jeweiligen Gattung. Die Enigma-Variationen zählen m. E. ebenso wie die zwei vollständigen Symphonien zu den großen Schätzen der Spätromantik. Aber auch kleinere Werke wie der herrlich düstere "Krönungsmarsch" sollte man unbedingt gehört haben.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Es freut mich sehr, daß es nun auch einige Antworten gibt. Daher möchte ich noch einige Aufnahmen aus meinem CD-Fundus ansprechen, die ich für interessant halte.


    Neben dem Cellokonzert, welches eigentlich erst durch Jacqueline du Pre (was für eine tolle Frau und was für ein viel zu früher Verlust für die Musikwelt) wirklich ans Tageslicht kam, ist auch die Bearbeitung dieses Werkes für Bratsche :yes: des wohl prominentesten aller Bratscher, Lionel Tertis, erwähnenswert. Es gibt wenigstens eine Aufnahme auf CD, und zwar mit dem Solisten Mark Braunstein (Virgin VJ 791455-2).


    Eine weitere Empfehlung für das Violinkonzert ist die Aufnahme mit Itzhak Perlman von 1982 auf DGG. Er meistert das Konzert in gewohnt souveräner Manier. Hillary Hahn habe ich mal im Radio gehört, auch sehr schön, ich denke aber, sie hätte sich veilleicht besser noch ein bißchen Zeit damit gelassen.
    Irgendwo habe ich übrigens mal gelesen, es sei keineswegs Zufall, daß Elgars Violinkonzert die Opusnummer 61 trüge, weiß da jemand Näheres dazu ?


    Sehr lebendig ist die Einspielung der Konzertouvertüre "Alassio" mit dem BBCSO unter Sir John Pritchard. Das kommt mir vor, als würde der an Regen gewöhnte Brite Elgar im sonnigen Italien so richtig aufblühen und Lebensfreude entwickeln. (Kopplung mit der 1. Sinfonie auf IMP BBCRD 9121.)


    Auch noch ein schöne CD ist die Emi CDM 7632802 mit einer Sammlung kleinerer Orchesterwerke (Nurserey Suite, Severn Suite, The Crown of India-Suite u.a.) mit dem RLPO unter Sir Charles Groves.


    Weniger empfehlenswert finde ich die Aufnahme der 2. Sinfonie von Daniel Barenboim (der mir sowieso als Pianist immer mehr gefallen hat) auf Sony SBK 67176. Der Klang ist mulmig und verwaschen, alles klingt wie auf eine Entfernung von 100 Metern mitgeschnitten.


    Auch noch so richtig weiter gekommen bin ich mit der Chormusik, den Gerontius kenne ich nicht näher, ich habe ihn vor Jahren mal auf BBC Radio 3 gehört, er steht aber auf dem Investitionsprogramm.


    Holger

    Die Wahrheit liegt hinter dem Denken.

  • Zitat

    ich höre seine Orchestermusik deutlich lieber als die stilistisch vielleicht vergleichbare von Richard Strauss.


    Zweifellos - aber dazu bedarf's nur etwas verfeinerten musikalischen Geschmacks.


    Ich gehöre nun zu denen, denen Elgars Musik im höchsten Maße suspekt ist (die Gründe will ich nicht wiederholen, ich habe sie im anderen Thread dargelegt) - schöne Werke, bei denen man nicht gar so intensiv hinterfragen muß, ob das nun mehr ist als ein in Musik gefaßter Hurra-Patriotismus, sind für mich die bereits genannte "Alassio"-Ouvertüre, die symphonische Studie "Falstaff" und der Orchesterliederzyklus "Sea pictures".
    Bei den Oratorien stelle ich nach wiederholtem Hören die "Apostel" über den "Gerontius".


    :hello:

    ...

  • Ich muß gestehen, daß ich Elgars Symphonien nicht viel abgewinnen kann, ohne sie freilich deshalb verdammen zu wollen. Das gilt auch zB für seine britischen Landsleute Stanford und Parry. Das liegt weniger an den Symphonien selbst als daran, daß ich generell den Symphonien des Zeitraums ab etwa 1850 im allgemeinen negativ gegenüberstehe.


    Die geistlichen Chorwerke habe ich schon lange nicht mehr gehört, aber - soweit ich mich erinnern kann - waren sie mir immer einige Nummern zu groß.


    Ich bevorzuge die kleineren Werke (okay, Enigma und Falstaff sind nicht mehr klein, aber keine Symphonien):


    Serenade e-Moll für Streicher op. 20 (1892)
    Enigma-Variationen op. 36 (1899)
    Cockaigne (In London Town), Ouvertüre op. 40 (1901)
    Introduktion und Allegro für Streichquartett und Streichorchester op. 47 (1905)
    In the South (Alassio), Ouvertüre op. 50 (1904)
    Elegy für Streicher op. 58 (1909)
    Falstaff op. 68 (1913)
    Severn Suite für Blechbläser op. 87 (1930)

  • Hallo Holger,


    bei manchen Komponisten und Themen halte ich es für sinnvoll, unterschiedliche Ebenen oder Aspekte auf zwei oder drei Threads aufzuteilen. So ergibt sich ein differenzierteres Gesamtbild und die Diskussion tritt nicht so auf der Stelle.


    Zitat

    Dort entspann sich eine für meine Begriffe recht fruchtlose Diskussion um die "Einstufung" des Komponisten vor/zwischen/hinter anderen Kollegen.


    Deshalb finde ich es prima, dass du hier Edward Elgar noch einmal auf große fahrt schickst. Hier wäre eine gute Gelegenheit, n i c h t Elgars Relevanz und Wertigkeit innerhalb der Musik seiner Zeit zu diskutieren (dafür ist ja Edward Elgar (1857 - 1934) da), sondern einzelne Aufnahmen seiner Werke vorzustellen.


    Über sein Cellokonzert gibt es einen eigenen Thread ( Edward Elgars Cellokonzert ), ich habe es auch in "meinem Kanon" (klingt etwas vermessen :untertauch: ) unter Andrew: Unverzichtbare Klassikaufnahmen vorgestellt.


    Ich habe eine Reihe von LPs von Elgars Symphonien und ENIGMA mit Davies. Leider ruhen sie bis zum nächsten Umzug im Keller. Auf CD habe ich mir die Einspielungen unter Leitung von Barenboim gekauft, die ich nicht schlecht, aber auch nicht wirklich überzeugend finde. Hier werde ich noch einmal etwas investieren, und dein Thread ist eigentlich ein guter Anlass dazu. :yes:


    Eine sehr schöne CD ist



    [SIZE=7](leider kein Cover bei jpc)[/SIZE]


    The Lighter Elgar [SIZE=7]Ich weiß, dass schon bei diesem Titel auf den Handrücken einiger Taminos und Paminas Werwolfshaare wachsen ...[/SIZE]
    Chanson de matin; Minuet from Beau brummel; The Starlight Express; Sun dance; Dream Children, Salut d'amour; Romance for Bassoon and orchestra; May Song u.a. mit Northern Sinfonia Orchestra, Leitung: Neville Marriner.


    Die Werke dürften ähnlich interessant und klangschön sein wie die von Robert genannten.


    Mich würden unterschiedliche Einspielungen der ENIGMA-Variationen interessieren. kennt z.B. jemand die mit den Wienern und JE Gardiner? Welche anderen sind empfehlenswert? Vielleicht könnten ein paar unterschiedliche Einspielungen des Violinkonzertes und anderer Orchesterwerke vorgestellt werden.


    Vielen Dank für "Elgar - die zweite" ! :)


    Grüße aus Ostfriesland, das von 1815 bis 1837 zum britischen Empire gehörte, Andrew :D

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Den Elgar habe ich nahezu komplett - mit ihm begann meine anglophile Phase.


    Eines meiner liebsten Chorwerke ist sein "Dream of Gerontius". Vielleicht, weil es eine meiner ersten Elgar Aufnahmen war.


    Ich bin immer wieder auf Barbirollis Einspielung zurückgekommen.



    Ausserdem besitze ich noch eine Decca Einspielung mit Britten und eine mit
    Hodgson, Tear, Luxon, Scottish National Orch., Gibson.


    Mit den Aposteln und "Kingdom" bin ich dagegen nie richtig warm geworden - muss sie mal wieder hören.


    Von den 2 (3) Sinfonien ist mir die 2te die liebste, und zwar die Lyrita Aufnahme mit Leppard.


    Die Cockaigne Ouvertüre kann man ab und zu richtig "knallen" lassen.


    Bei EMI gab's eine Kassette mit wunderbarem Begleitbuch und allen Aufnahmen, die er noch selbst dirigiert hat - klanglich allerdings teilweise sehr gewöhnungsbedürftig. Sie ist nie auf CD erschienen - bei dem aufwändigen Begleitbuch allerdings verständlich. Man hätte wohl ein Mikrofilm-Lesegerät benötigt.


    Mir ist Elgar nach wie vor genauso lieb wie jeder andere Komponist jenseits von Brahms und Beethoven (willkürlich gewählt). Ich weiss nicht, wie viele du Pré Cellokonzerte ich im Laufe meines Lebens gekauft habe um sie zu verschenken. Dabei fallen mir die "Sea Pictures" ein, die ich auch sehr schätze. Zitate daraus gibt's ausserdem im Violinkonzert - oder umgekehrt (mir ist die Reihenfolge im Moment nicht geläufig).
    Einen unvergesslichen Abend in der Düsseldorfer Tonhalle erlebte ich mit Daniel Hope (Violinkonzert) vor einigen Jahren, Holsts "Planeten" gab's ausserdem - sehr gewagt bei der Tonhallen-Akustik.


    Natürlich stellt z.B. Vaughan Williams ein völlig anderes Kaliber dar, aber das schmälert mir den Edward nicht.


    Was mir auch nach Jahrzehnten noch lieb und teuer ist, erkenne ich in erster Linie daran, was ich als MP3 zum aushäusigen Hören noch auf die Speicherkarten kopiere =).


    Liebe Grüsse
    Walter

  • Der Falstaff überzeugt mich momentan wirklich (noch nicht so oft gehört, danke, Edwin, für die Empfehlung!) während die Enigma-Variationen allmählich ihre Schwächen entblößen (wenig zwingende Aneinanderreihung von Effekten vor allem gegen Ende, das verpufft alles recht rasch um irgendetwas anderem Platz zu machen, mitunter empfinde ich das als reichlich klischeehaft).


    Also: Hört den Falstaff!
    :hello:

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Holger,


    wenn es um Elgar geht, dann stehen bei mir die Enigma-Variationen ganz an der Spitze. Was hier klischeehaft sein soll, kann ich nicht nachvollziehen - Effekte mag ich zudem !


    Ansonsten möchte ich mich der o.g. Liste von Robert Stuhr anschließen, die auch für mich gilt (mit Außnahme der SevernSuite, die ich gar nicht kenne).
    Ich möchte dieser Auflistung für mich aber noch das Cellokonzert hinzufügen.


    Den Sinfonien Nr.1 und 2 kann ich ich auch nicht so viel abgewinnen.
    :D Ich gebe zu schon eingeschlafen zu sein, als diese liefen und das trotz meiner Solti-Aufnahmen (Decca), der noch einigermaßen "was drauß machen".


    :) Ein wichtiges Elgar-Werk mit Gänsehautfaktor ersten Ranges wurde noch nicht genannt:
    Pomp and Circumdances Nr.1-5 (besonders Nr.1) :jubel:
    Auch hier ist die Solti-Aufnahme mit dem LSO erstklassig.

    Decca, ADD


    Im Prinzip würde diese eine Elgar - CD für mich schon fast ausreichen , da sie meinen Elgar abdeckt.
    Die Cockaigne (In London Town), Ouvertüre op. 40 und die In the South (Alassio), Ouvertüre op. 50 ist bei mir mit den Sinfonien mit Solti bei Decca gekoppelt - dafür werden die CD´s auch gerne aktiviert.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    schöne Werke, bei denen man nicht gar so intensiv hinterfragen muß, ob das nun mehr ist als ein in Musik gefaßter Hurra-Patriotismus, sind für mich die bereits genannte "Alassio"-Ouvertüre, die symphonische Studie "Falstaff" und der Orchesterliederzyklus "Sea pictures"


    Hallo Edwin,


    wenn es um Hurra-Patriotismus in der Musik geht, fällt mir viel eher Smetana ein als Elgar. Sogar die [color="red"]Pomp and Circumstance[/color]-Märsche sind zwar patriotisch, aber das naive "Hurra" sehe ich nirgendwo. Ich finde auch in den triumphalen Passagen viel Moll oder zumindest Harmonien, die in Richtung Moll gefärbt sind und nirgendwo den protzigen Imperialismus erkennen lassen, der dem PACS-Marsch Nr. 1 leider in Form des Textes "Land of hope and glory" untergeschoben wurde.
    Der mir sehr wichtige "Coronation March" z. B. lässt vor meinen Augen viel mehr die düsteren Bilder der blutgetränkten Geschichte Englands erstehen als die Zuckerwatte einer verklärten imperialen Gegenwart.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von teleton
    Den Sinfonien Nr.1 und 2 kann ich ich auch nicht so viel abgewinnen.
    :D Ich gebe zu schon eingeschlafen zu sein, als diese liefen und das trotz meiner Solti-Aufnahmen (Decca), der noch einigermaßen "was drauß machen".


    Na Du machst ja richtigen Lanzensalat für Sir Edward :D
    Ich hab zwar nur die jüngsten Aufnahmen von Colin Davis (alle drei Sinfonien) aber schlafe dabei nicht ein. Allerdings sind sie schon arg langsam und mich würde nach Alternativeinspielungen gelüsten. Wie sieht es mit Previn aus?

  • Hallo Draugur!
    Elgar hat im Ersten Weltkrieg ein paar hurra-patriotische Kantaten geschrieben und hat auch einen zumindest seltsamen Charakter offenbart, als er anläßlich eines Streiks dafür eintrat, diesen mit Waffengewalt zu beenden (meine Quelle ist ein Gespräch mit Sir Peter Maxwell Davies, der prinzipiell den Saal verläßt, wenn ein Werk Elgars gespielt wird - Davies' Vater war unter den Streikenden und wäre somit ein potentielles Opfer gewesen.)
    Ich glaube auch, aus diversen Orchesterwerke eine Art Imperiale Geste herauszuhören - aber das ist in dem anderen Thread heftig und kontrovers diskutiert worden, wer will, kann dort nachlesen; ich halte es nicht für sinnvoll, diesen Thread damit zu belasten.
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    ja, ich habe bei Elgar auch oft das Gefühl, er sei ein Patriot gewesen, und auch die imperiale Geste ist da. Aber, ist das schlimm ? Nur wir Deutschen haben mit dem Begriff "Patriot" ein handfestes Problem. In Österreich ist das meiner Erfahrung nach schon sehr viel geringer. Und wer hätte zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehr Berechtigung gehabt als ein Engländer, die imperiale Geste zum Klingen zu bringen ?


    Elgars Musik ist damit ein Dokument seiner Zeit. Spätestens hier wird klar, daß Musik sehr oft ein Spielgelbild oder auch ein Zerrbild (Schostakowitsch) gesellschaftlicher oder politischer Verhältnisse sein kann.


    Daß er auch durchaus anders konnte, zeigt die "Spanish Serenade", die ich anfangs zitierte.


    Und noch etwas: hurra-patriotische Dinge gab es im ersten Weltkrieg in allen beteiligten Nationen, in Deutschland und Österreich sind sie nur untergegangen, weil wir verloren haben. Das ist musikhistorische Siegerjustiz. Und Streiks in den Fabriken an der "Heimatfront" hat es auch in diversen kriegführenden Ländern gegeben, diese richteten sich in der Regel gegen die schlechte Versorgungslage. Auf Arbeiter tatsächlich geschossen wurde insbesondere in Frankreich. Dies alles nur am Rande.


    Holger

    Die Wahrheit liegt hinter dem Denken.

  • Hallo Edwin,


    ich verstehe nicht, warum Elgar anhand seiner patriotischen Gelegenheitswerke ein Strick gedreht werden soll und Smetana oder Schostakowitsch aufgrund ihrer patriotischen bzw. linientreuen Hauptwerke nicht, aber ich bin auch der Ansicht, dass diese Diskussion damit nicht belastet werden sollte.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Hallo Draugur,
    der Unterschied zwischen Elgar und Schostakowitsch besteht in der Freiwilligkeit. Wenn der in einer verbrecherischen Diktatur lebende Schostakowitsch sozusagen unter Androhung von größten Nachteilen für Leib und Leben eine "Festouvertüre" komponiert, ist das etwas Anderes, als wenn der in einer (freilich unter Kriegsgesetz stehenden) Demokratie lebende Elgar aus freien Stücken entscheidet, Krieg und Britentum zu verherrlichen.
    Sorry, das mußte noch gesagt werden - bitte meine Argumente im anderen Thread nachlesen, ich würde sie hierorts nur wiederholen, und dieser Thread hat wohl ein anderes Ziel.
    :hello:

    ...

  • Hallo Holger66,

    Zitat

    des wohl prominentesten aller Bratscher, Lionel Tertis


    Nur damit die Viola angemessen gewürdigt wird, möchte ich hinzufügen, daß William Primrose mindestens so prominent wie Tertis war :hello:


    Michael

  • Edwin:


    Zitat

    Bei den Oratorien stelle ich nach wiederholtem Hören die "Apostel" über den "Gerontius".


    Hallo Edwin, also das erstaunt mich jetzt doch ein wenig. Zugegeben, die Orchestermusik in "The Apostles" gehört zum Schönsten aus dem Fundus des instrumentalen Elgar, aber "Gerontius" mit seinen herrlichen Chören, die in einem geradezu "praeraffaelitischem" Licht schimmern, dem wundervollen
    Text von Kardinal Newman, also das alles kann schon mit dem Werk verglichen werden, welches ich für das eindrucksvollste aus jener Epoche halte, nämlich
    Draesekes "Christus", (mein Draeseke-Thread" ist schon in Planung !)

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Immer mal wieder gerne höre ich eine CD mit Kammermusik von Elgar. Streichquartett und Klavierquartett, beides aus Elgars Spätphase. Sehr gefühlvolle Musik!


  • Hallo Forum,


    nach langer Abwesenheit möchte ich diesen uralten Thread wieder aufnehmen und diese Dokumentation der BBC über Sir Edward empfehlen:


    http://www.youtube.com/watch?v=3V904QpK-Bw


    Wer anderthalb Stunden Zeit hat, bekommt einen schönen und fundierten, wenn auch nicht kompletten Überblick über Sir Edwards Schaffen, das Cellkonzert fehlt leider aus unerfindlichen Gründen.


    Holger

    Die Wahrheit liegt hinter dem Denken.

  • Um den Thread über "Orchester mit ihren einheimische Komponisten" nicht unnötig mit Elgar und Barenboim zu belasten, mache ich hier an richtiger Stelle weiter.
    Ein Thread über Elgars Sinfonien Nr.1 und 2 gibt es bei Tamino leider nicht.


    Caruso über Barenboims neue Aufnahmen der Sinfonien Nr. 1 und 2:

    Die Musikkritiker im Vereinigten Königreich sind seit je felsenfest davon überzeugt, dass nur britische Orchester in der Lage seien, Elgar zu spielen. Es war für sie jetzt ein regelrechter Schock, dass die Staatskapelle Berlin Aufnahme von Elgars Sinfonien gemacht hat, die in einem Blindhörtest von allen beteiligten englischen Kritikern und Musikern als absolut autentisch bezeichnet und als "Referenzaufnahme" gekürt wurde. ("The finest version of the work to appear on disc in many years...")


    Erst der neue Bruckner-Zyklus, nun der Elgar: Wird doch der Barenboim jetzt, im Alter, nicht glatt wieder ein interessanter Dirigent werden.
    Auf dem Cover sieht er jedenfalls "very British" aus.


    Lieber Caruso und Josef,
    wie sehr man durch einen Beitrag über eine Neuaufnahme daneben liegen kann, zeigt mir die nachfolgende Rezension eines sehr versierten und von mir geschätzten Elgar-Kenners über die Barenboim-Aufnahme der Sinfonie Nr.2 mit der Staatskapelle Berlin (Decca, 2013), der so ziemlich alle einigermaßen bedeutenden Orchesteraufnahmen der Elgar-Sinfonien rezensiert hat. Diese Rezension möchte ich Euch nicht vorenthalten.
    :?: Ich frage mich andererseits, wo Du (Caruso) die INFO her hast, dass die "Musikkritiker in England" diese Barenboim-Aufnahme als "Referenz" bezeichnet haben. Offenbar steht das im Textheft der CD ... ich halte das für ein Gerücht oder ein Ausruf von Leuten in Unkenntnis !



    Ich persönlich bin ja nun nicht der grosse Elgar-Fan, aber wenn ich mir Elgars Orchesterwerke anhöre, dann nur mit Solti (Decca). Andere Aufnahmen habe ich auch gar nicht mehr.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang