Wie nähern sich die Forumsteilnehmer einem neuen Werk

  • Da ich in einem anderen Thread etwas neues gelernt habe, nämlich den Unterschied zwischen Programm und absoluter Musik, muss ich fragen, wie ihr euch der absoluten Musik nähert. Wie schafft sich ein musikalisch Interessierter aber nicht versierter Hörer zu so einem Werk einen "Zugang", wobei mir aus einem Thread zum Begriff "Zugng" dessen Fragwürdigkeit bewußst ist.


    Bin schon sehr auf die Antworten gespannt.

    Sagt nicht:"Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern:"Ich habe eine Wahrheit gefunden." (Khalil Gibran; Der Prophet, dtv, 2002)

  • Dazu gibt es schon einen Thread, sogar aktuell:


    "Was versteht Ihr eigentlich unter "Zugang" ?"


    Tip: Vor Eröffnung eines neuen Themas bitte unbedingt prüfen, ob es das schon so oder ähnlich gibt.

  • Hallo Franz,


    Bei mir bist Du jedenfalls an der falschen Adresse.
    Denn ein Werk beruehrt mich (stark oder kaum) oder es tut es nicht.
    Wenn die Antwort ja ist, will ich es unbedingt hoeren. Je mehr eine Saite klang, je oefter ich das Werk hoeren will.
    Wenn nicht, dann bin ich gar nicht interessiert. Und weil ich schon zu wenig Zeit habe um meine "schoene" Musik zu drehen, werde ich auch nicht versuchen das zu aendern.


    War es nicht Goethe, der sagte "In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister". Nicht dass ich damit behaupten will, ein Meister zu sein. Aber Musik aus meiner kleinen Epoche kann ich zumindest übersehen und (hoffentlich) verstehen. Und dabei natuerlich GENIESSEN.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Dazu gibt es schon einen Thread, sogar aktuell


    Aber dort geht es doch nicht darum, wie man sich einem neuen Werk nähert, oder?
    Ulli schreibt: Es gefällt ihm sofort oder gar nicht, Punkt, aus.
    Das beantwortet zwar Franzens Frage aber Ullis Thread stellt nicht Franzens Frage, oder?


    Ich denke, in der Regel hört man sich es erstmal an und checkt dabei mehr oder weniger bewußt, was einem da von wo anders her bekannt vorkommt. Und ab dann wirds individuell je Hörer und je Werk unterschiedlich, eventuell wirken sich auch Booklet- oder sonstige Texte auf den weiteren Verlauf der Hirntätigkeit aus.
    :hello:

  • Ich denke, dass zwischen beiden Threads ein Unterschied ist. In dem von Dir angesprochenen Thread, den auch ich schon mitverfolgt habe, wird eine Begriffsbestimmung für den Begriff "Zugang" zur Musik versucht.


    Meine Frage ziehlt auf die Vorgehensweise oder auch Technik ab, die einem Hörer ein Stück zu erschließen vermag. So in der Richtung: "Ich schiebe die CD in den Player und schaue mal, was in mir passiert" oder "Ich lese zuerst eine kurze Beschreibung zu dem Werk und versuche das gelesene im Werk nachzuvollziehen." Vielleicht wird dadurch meine Frage klarer.


    Ich denke daher, dass der Thread eine eigenständige Berechtigung hat.

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  • In dem von dir genannten Thread steht doch eigentlich schon fast alles zu diesem Thema.


    Ich meine ja, dass man ein Werk einfach öfter hören muss um komplexere Melodien und Strukturen heraushören und verstehen zu können, je öfter desto besser.
    Natürlich gibt es eine Grenze, wenn einem das Werk nach dem dritten oder vierten mal hören noch immer überhaupt nicht zusagt, dann sollte man sich nicht weiter damit rumquälen.


    Seit kurzem gehe ich so vor:


    Ich lege die CD rein und Spiele zuerst den kürzesten Satz des Werks (also zumeist das Scherzo oder Menuett), da kann ich dann ruhig auch nebenbei etwas tun, zum Beispiel am Computer sitzen und schreiben so wie ich gerade ;)
    Habe ich mir jenen Satz dann erschlossen wende ich mich dem Kopfsatz zu.
    Da heisst es dann wirklich aufmerksam und konzentriert zuhören.
    Am besten ist es wenn man sich Abends ins Bett legt, das Licht im Zimmer ausmacht und dann in die Musik eintaucht.
    Ist der Kopfsatz zu Ende, drücke ich die Wiederholungstaste.
    Das mache ich insgesamt zwei mal.
    Danach, wenn mir noch nach Hören zumute ist, kann ich mich schon an den zweiten Satz wagen, der meist ein langsamer, in sich gekehrter, ruhiger ist.
    Danach lasse ich oft gleich das Scherzo folgen, welches ich ja bereits teilweise vom "nebenbei" hören kenne und tue mir somit leichter und kann tiefer in die Musik eintauchen.
    Für das Finale gilt ähnliches wie für den Kopfsatz, die Wiederholungstaste sollte man hier schon auch ein paar mal betätigen bis man der Musik ganz folgen kann.


    Nachdem ich diese "Tortur" hiner mir habe, lege ich ein paar Tage Pause ein bis ich mir das Werk wieder "antue", damit sich mein Gehirn "erholen" und die inflationären, musikalischen Informationen verdauen kann.
    Jedoch plötzlich, man lege die CD ein paar Tage später erneut ein und drücke auf PLAY, man höre und staune, die Musik kommt einem so bekannt und vertraut vor, das kennt man doch, diese Melodien, diese Harmonien, dieser Tutti Einsatz, diese Kadenz, dieses Staccato genau hier, ja, das ist Musik, das ist genial! :D


    mit Grüßen
    Christoph

  • Hallo Hayate!


    Also Dein Beitrag ist genau das, worauf ich gehofft habe.
    Danke.


    lg,
    Franz

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  • Zitat

    Original von Hayate
    Am besten ist es wenn man sich Abends ins Bett legt, das Licht im Zimmer ausmacht


    Ich mach das am Sofa mit gedämpftem Licht. Bringt aber leider nicht viel.
    :stumm:
    Beim ersten Mal kann ich fast nie die Konzentration halten.

  • Wie ich bereits bei "Zugang" erwähnt habe, handelt es sich meiner Meinung nach, um ein Schlüsselerlebnis der Sinne, im Wahrsten Sinne des Wortes.Dieser Schlüssel bereit den Weg auf den ich mich anhähern kann.
    Padre

  • Zitat

    Original von Franz Laier
    Meine Frage ziehlt auf die Vorgehensweise oder auch Technik ab, die einem Hörer ein Stück zu erschließen vermag. So in der Richtung: "Ich schiebe die CD in den Player und schaue mal, was in mir passiert" oder "Ich lese zuerst eine kurze Beschreibung zu dem Werk und versuche das gelesene im Werk nachzuvollziehen." Vielleicht wird dadurch meine Frage klarer.


    Ich denke daher, dass der Thread eine eigenständige Berechtigung hat.


    Ich auch, zumal der andere thread nach vielversprechendem Beginn viel Abschweifung enthält. :D


    Also wie mache ich das: Ich schiebe die CD in den Player und höre das Stück an. Manchmal mache ich sogar was anderes nebenher. Mir der Zeit sickerts ein und man "kennt" das Stück auf oberflächliche Weise. Das geht seltsamerweise einerseits bei Musik, mit deren Stil man ganz gut vertraut ist, oder aber mit Musik, die einem so fremd ist, dass man sich erstmal an den bloßen Klang gewöhnen muß, bevor man sich näher damit beschäftigt.
    (ich käme aber nie auf die Idee, eine Sinfonie, die ich nicht kenne, in der verkehrten Satzreihenfolge zu hören)
    Mitunter lese ich auch einen Kommentar in Booklet oder Konzertführer und versuche beim Hören nachzuvollziehen, was dort steht.


    Aber sinnvoll (und das mache ich auch manchmal) ist sicher mehrmaliges konzentriertes und offenes Hören. Dabei kann man versuchen, nachzuvollziehen, was "passiert", d.h. , welche Stellen gefallen einem besonders gut, was taucht wiederholt auf, letzlich welche Strukturen, welche Entwicklungen gibt es in diesem Musikstück.


    Ich habe zwar manchmal vage oder konkrete bildliche oder häufiger rein emotionale Assoziationen beim Musikhören, aber das ist nicht zentral für mich. Musik ist Musik, was sie bedeutet, kann nur durch Musik ausgedrückt werden, sonst hätte der Komponist ein Bild gemalt oder ein Gedicht geschrieben.
    Programmmusik hats bei mir eher schwer...sie muß mir ohne Programm gefallen und einleuchten (und ich mag komischerweise auch viele berühmte Programmstücke nicht besonders)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Original von Franz Laier
    Ich denke daher, dass der Thread eine eigenständige Berechtigung Hat.


    D'accord :hello:



    Ich mache es ähnlich wie bei DVDs mit Kinofilmen, ich taste mich allmählich heran.


    Ich höre ein Stück üblicherweise erst ein paar Mal, sehr oft im Auto (bin beruflich häufiger lange auf der Autobahn unterwegs), aber auch abends am PC. Erst muß ich ein Gefühl für die Musik bekommen, bevor ich mich näher damit beschäftige.


    Meistens recherchiere ich dann (wenn nicht schon vor dem Kauf der CD geschehen) etwas über den Komponisten, seine Zeit, das Werk (Booklet, Bücher, Internet).


    Dann erst setzt das konzentrierte Hören ein, wobei das leider nicht so oft möglich ist wie es wünschenswert wäre.


    Man muß ungestört sein, also Frau und Kinder am besten zu Freunden abschieben oder ins Kino :D Klingel und Telefon abstellen, und es sich im Ohrensessel gemütlich machen. Bei Liedern, Opern und anderen Vokalwerken Text in die Hand nehmen. Und dann hinein in den Kunstgenuß!


    Ich höre mir immer die Werke in der korrekten Reihenfolge an, meistens auch die CD kpl bis zum Ende. Richtig greulich und abscheulich war noch keine! Wenn mir die Musik nicht gefällt, kommt die CD in den Schrank und erhält später eine zweite oder dritte Chance. Mir geht es relativ oft so, daß ich einen Zugang zu einem Werk erst nach wiederholtem Hören bekomme.


    Im Zweifel bleibt Amazon Marketplace oder Ebay oder Tausch im Forum.

  • Bei mir kommt es ein wenig darauf an, in was fuer eine Gattung das Werk faellt.


    Gehoert es zur Vokalmusik, so lasse ich beim ersten Hoeren das Werk auf mich wirken,
    ohne den Text mitzuverfolgen. Das wuerde mich zunaechst nur ablenken und deswegen wird es erst fruehestens beim zweiten mal hoeren nachgeholt.


    Bei nicht-vokaler Musik, sei es nun ein Grossteil des symphonischen oder ein Grossteil des Kammermusikschaffens, geht es mir aehnlich wie Johannes. Ganz hauefig wird noch etwas nebenbei gemacht. Ausgenommen solche Sachen, welche Konzentration erfordern, wie z.B. Lesen. Aber Aufraeumen eignet sich ganz gut..... :rolleyes:


    Eine schreckliche Marotte von mir, unabhaengig vom Genre, ist das "Antesten". Liegt mir z.B. eine neue Symphonie vor, so wird jeder Satz einmal kurz angespielt, bevor ich mich dem kompletten Werk naehere.


    :hello:
    Wulf

  • Bei mir kommt das ganz drauf an.
    Habe ich den komponisten bereits kennen und lieben gelernt, ist der einstieg leichter. Was nicht heißt, dass ich von meinen lieblingskomponisten jedes werk mag.


    (So zum beispiel nino rotas strada. Absolut genial, aber mit dem concerto soiree und der musik zum gepard kann ich gar nichts anfangen.)


    Um nicht vom thema abzuweichen, grundsätzlich bin ich für alles offen.


    Die zeit, um ein werk von vorn bis hinten durchzuhören, fehlt mir im moment. Es kommen also zuerst sporadische hörproben. Kann allerdings sein, dass bei nächtlichem erledigen der hausaufgaben schon mal zwei komplette bruckner symphonien durchlaufen. :D


    Auf jeden fall habe ich für alle gattungen etwas übrig, für manche mehr, für manche weniger. Zugang zu einem werk ist also auch stark von der grundeinstellung abhängig.


    So war ich früher: "Nur Romantik, alles andere kann mir getrost gestohlen bleiben."
    Hat sich dann aber gott sei dank geändert :D


    LG florian


    :hello:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

  • Hallo,
    bei mir ist es umgekehrt. Das Werk nähert sich mir, indem sich Fragmente unauslöschlich in meinem Kopf festsetzen und zwar beim ersten Hören, meistens Radio beim Autofahren.
    Diese Bruchstücke bringen mich dann dazu, mich intensiv mit dem Stück zu beschäftigen. Kaufe ich mir dann den Tonträger birgt dieser oft wieder neue Stücke die das selbe bewirken. Danach geht dann noch die Suche nach der besten Interpretation los.
    Die Auslöser für diese "Screenshots" sind bestimmte Stellen die mich irgenwie wohl emotional berühren. Erklären kann ich es nicht.


    Schönen Abend


    Holger

  • Hi , Holger!


    Ich kann dich gut verstehen. Bei mir so geschehen mit Tschaikowskys Ballettsuiten. Einmal hineingehört und ich wäre der netten bedienung im plattenladen fast ohnmächtig vornüber ins dekollete gefallen :stumm::D


    LG florian


    :hello:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

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  • Wichtig finde ich auch, dass man sich nicht selber als das Jüngsten Gericht aufspielt beim ersten Hören und direkt entweder den Daumen nach oben oder nach unten richtet. Gebt
    den Werken mehrere Chancen!


    Es gibt mehrere Beispiele von mir zu berichten, wo ich erst Jahre später Stücke an
    mein Herz gelassen habe und mich dann fragte, wie ich den vorher so blöd sein konnte
    und die Musik ablehnen konnte. :O


    :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Hallo Florian,
    die Suiten haben bei mir schon länger einen bleibenden Eindruck hinterlassen :pfeif: Da empfehle ich Dir die Serenade für Streichorchester op.48 von Tschaikowsky wenn Du sie nicht schon kennst.


    Hallo SMOB,
    da hast Du Recht, aber in diesen Fällen lag es meistens an einer schlechten ersten Interpretation. Das ist mir z.B.bei einigen Stücken von Chopin so ergangen. Ob diese Wertung gerecht ist sei mal dahin gestellt, das ist halt mein Geschmack.


    Holger :hello:

  • Bei mir kommt es auf das jeweilige Musikstück an. Leicht zugängliche und nachvollziehbare Musik ist dabei ja unproblematisch. Entweder springt der Funke sofort oder gar nicht über.


    Dann gibt es natürlich kompliziertere Werke, die bei mir schon etwas Konzentration erfordern, um ihnen folgen zu können. Dann muss ich zunächst wirklich in der Stimmung sein, überhaupt Musik hören zu können. Außerdem brauche ich absolute Ruhe (meistens in der Nacht wenn Frau und Kind schon schlafen) und schließlich darf ich selbst nicht allzu müde sein, um nicht beim Musikhören einzuschlafen. Erst wenn all diese Voraussetzungen beisammen sind kommt die CD in den Player und der Kopfhörer auf die Rübe.


    Sollte ich dann nach wie vor der Musik nichts abgewinnen können, wird die CD zunächst mal für die nächsten Wochen/Monate/Jahre zur Seite gelegt (so jüngst geschehen mit der CD, die der letzten FonoForum-Ausgabe beilag und Klaviermusik des ansonsten von mir sehr geschätzten Hans Werner Henze enthält).


    Viele Grüße
    Frank

  • Ich finde interessant zu lesen, dass einige Hörer gerade bei neuen Werken noch andere Dinge nebenbei machen. Das wäre für mich undenkbar.


    Wie gehe ich vor?


    Wenn ich eine CD eines für mich neuen Werkes habe, wird diese eingelegt und möglichst ganz gehört. Dabei sitze ich konzentriert vor der Anlage und höre.
    Sollte keine Spannung aufkommen, wäre der Griff zur FB zum weiterspringen, die Folge. Doch kommt es äußerst selten vor, das ich eine CD kaufe von dessen Inhalt ich nun ganz und gar nicht überzeugt sein könnte.
    Irgendwie beschäftigt man sich ja schon vorher mit dem Material oder hat an anderer Stelle (Live, im Radio, usw.) schon etwas gehört.


    Bei neuen CD´s und insbesondere bei CD-Boxen mit mehreren CD´s habe ich allerdings die gleiche Neugierde wie Wulf:

    Zitat

    Eine schreckliche Marotte von mir, unabhaengig vom Genre, ist das "Antesten". Liegt mir z.B. eine neue Symphonie vor, so wird jeder Satz einmal kurz angespielt, bevor ich mich dem kompletten Werk naehere.


    Ja, ich spiele auch mehrere Sätze quer durch die CD-Box an, um festzustellen, wo es Interessant klingt und wo :D "was los ist".


    :] Genau diese Neugierde wird mich in den nächsten Tagen befallen, wenn meine Bax-Sinfonien-Box mit Handley(wem sonst ? :D) kommt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Ich finde interessant zu lesen, dass einige Hörer gerade bei neuen Werken noch andere Dinge nebenbei machen. Das wäre für mich undenkbar.


    Bei mir auch so. Das einzige, was ich neben dem Musikhören tue, ist essen (diese Tätigkeit ist auch historisch korrekt ;) ).


    Auch das Anspielen von Trackbeginnen kommt bei mir gar nicht in die Tüte.


    Allerdings höre ich CDs meistens nicht als Ganzes sondern nur Stücke - diese dann aber meistens als Ganze.


    Ansonsten unterscheidet sich das erste Hören nicht von späteren Durchläufen - nur, dass ich meistens noch viel zu wenig mitkriege.
    ;(


    Das Mitlesen vom Text betreibe ich recht uneinheitlich. Wenn die Musik komplex ist, unterbleibt es vor allem beim ersten Mal fast immer.


    Worauf kaum eingegangen wurde, ist, wie man sich innerlich der Musik nähert. Meine Hauptaufmerksamkeit liegt meistens bei der Harmonik und zwar etwas zu kurzatmig. Vor allem bei Barockmusik habe ich inzwischen gelernt, sofort mehr auf die Melodie zu achten, da man sonst nur beim Generalbass rumgrundelt, was bei monodischen Abschnitten (und die machen womöglich mehr als 90 % der Opern aus) ziemlich sinnlos ist. Bei Neuer Musik gibt es wohl keine Parameter die allgemeingültig zuerst in besonderem Ausmaß wahrgenommen werden (hier gibt es auch die meisten Stücke die ich nur einmal höre - nämlich in Konzerten).


    Was ich schon erwähnt habe, der Vergleich mit Bekanntem spielt immer eine große Rolle, auch das Erinnern an cirka zeitgleich Entstandenes. Das nimmt in der Regel bei wiederholtem Hören etwas ab, da ich dann schon die charakteristischen Eigenschaften gerade dieses Stückes/Komponisten erkennen kann und somit weniger darauf angewiesen bin, mit anderem zu vergleichen.
    :hello:

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  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Bei mir auch so. Das einzige, was ich neben dem Musikhören tue, ist essen (diese Tätigkeit ist auch historisch korrekt ;) ).


    Wenn ich mir die Literatur so durchlese, ist Trinken, Unterhalten, Lachen, Schäkern mit Frauenzimmern und Kartenspielen definitiv auch korrekt! :D

  • Hallo,


    wenngleich ich fast ausschließlich ein "konzentrierter" Musikhörer bin und selten Musik nebenbei höre, höre ich ein Musikstück beim ersten Kennenlernen nicht unbedingt mit voller Konzentration, sondern etwas oberflächlich. Es kommt mir beim ersten Mal hauptsächlich auf den Gesamteindruck und die "Kultur" der Sprache an.


    Wenngleich SMOB wohl Recht hat, dass einem durch Voreile etwas verloren gehen kann, entscheide ich nach dem ersten Hören meist: Muss ich nicht mehr wiederhören (das ist der Regelfall) oder: da werde ich mich noch einmal näher mit befassen (kommt leider nicht allzu häufig vor). Das weitere Kennenlernen geschieht dann meist mit voller Konzentration, und erst nach mehrmaligem Hören informiere ich mich für weitere Informationen, um in das Werk weiter einzudringen. Aber wie der bekennende Autonomieästhetiker J.R. benötige auch ich sowieso wenige Informationen vorab, da ich doch eher zur "absoluten" Musik tendiere.


    Vor dem ersten Anhören lese ich nichts über das Stück; der erste Eindruck soll stets durch mich alleine entstehen.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    Original von Uwe Schoof
    Wenngleich SMOB wohl Recht hat, dass einem durch Voreile etwas verloren gehen kann, entscheide ich nach dem ersten Hören meist: Muss ich nicht mehr wiederhören (das ist der Regelfall) oder: da werde ich mich noch einmal näher mit befassen (kommt leider nicht allzu häufig vor)


    Na dann hast du aber einen relativ eingeschränkten Musikhorizont wenn bei dir das Weglegen von CDs bereits nach erstmaligem Hören der Regelfall ist.


    Ich sehe das als die falsche Methode an.
    Der Ersteindruck ist zwar von gewisser Bedeutung, wird aber oft stark überschätzt.
    Hätte ich das mit meinen CDs bisher stets so gehandhabt wie du, dann wäre ich jetzt nicht über Beethovens "Für Elise" hinaus.


    Darf ich dich vielleicht noch fragen nach welchen Kriterien du deine Entscheidung triffst ein Werk definitiv wegzulegen?
    Was muss ein Werk bei dir falsch machen um im Regal zu verstauben?

  • Zitat

    Original von Uwe Schoof
    Vor dem ersten Anhören lese ich nichts über das Stück; der erste Eindruck soll stets durch mich alleine entstehen.


    Es wird aber doch recht selten vorkommen, daß man sich einem Werk völlig ohne Vorkenntnisse nähert. Selbst wenn man das Stück noch nicht kennt, so doch meist den Komponisten. Ganz jungfräulich bleibt meiner Meinung nach ein Wunschtraum. Oder wie schaffst Du es?

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  • Mittlerweile nähere ich mich einem neuen oder unbekannten Werk dergestalt, dass ich hier im Forum nach dem Stück, eventuell der Aufnahme gezielt suche, wenn die Anschaffung sowieso nicht schon dadurch inspiriert wurde. Zusammen mit der Aufnahme lese ich dann nochmal alles nach (höre am PC), schreibe unsinnige Sachen. Und wenn ich dann innehalte, weil mich unterschwellig was beeindruckt hat, dann hör ich das Werk später noch einmal mit Muße... Nur bei Vokalwerken (Oper, Oratorium) brauch ich gleich Muße und Textheft...

  • Hallo,


    Zitat

    Darf ich dich vielleicht noch fragen nach welchen Kriterien du deine Entscheidung triffst ein Werk definitiv wegzulegen? Was muss ein Werk bei dir falsch machen um im Regal zu verstauben?


    Der größte Fehler: Es muss mich nicht vorher fragen, wie ich es denn gerne hätte.


    Spaß beiseite: Die Frage nach den Kriterien ist eine für mich nicht leicht zu beantwortende Frage; besonders deshalb, da ich beim ersten Hören nicht sehr aktiv und sachlich bewertend vorgehe, sondern eher das Gefühl befrage. Es sagt mir: Ich fühle mich wohl beim Hören dieser Musik oder: Ich fühle mich nicht wohl. Ein Stück mag technisch noch so interessant sein - ich meide es, wenn mir die Handschrift des Komponisten bzw. ggf. des Interpreten im obigen Sinne missfällt. Nun ist es so, dass mir nur, im Gegensatz zu früher, ein sehr kleiner Teil der Musik zusagt; die wenigen Komponisten und Werke, die mir allerdings wichtig sind, höre ich häufig und intensiv. Ich bin anscheinend eher ein vertikaler denn ein horizontaler Musikhörer.


    Allerdings ist mein Interesse für das Kennenlernen neuer und mir unbekannter Musikstücke sehr groß. Ich gehe häufig auf Konzerte und Festivals (im April zum bestimmt zehnten Mal z.B. wieder in Witten, wo viele Uraufführungen gespielt werden).


    Zitat

    Es wird aber doch recht selten vorkommen, daß man sich einem Werk völlig ohne Vorkenntnisse nähert. Selbst wenn man das Stück noch nicht kennt, so doch meist den Komponisten. Ganz jungfräulich bleibt meiner Meinung nach ein Wunschtraum. Oder wie schaffst Du es?


    Natürlich habe ich bezüglich vieler Stücke und Komponisten Hintergrundwissen, das ist dann halt so. Da ich aber auch neugierig bin und zeitgenössische Musik sowie auch die
    Musik unbekannterer Komponisten der Vergangenheit ausprobiere, betrete ich verhältnismäßig häufig Neuland.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    Original von teleton
    :] Genau diese Neugierde wird mich in den nächsten Tagen befallen, wenn meine Bax-Sinfonien-Box mit Handley(wem sonst ? :D) kommt.


    Hallo Wolfgang!


    In diesem Falle ist Handley tatsächlich erste Wahl, weil kaum jemand dürfte sich je so mit Bax auseinandergesetzt haben wie Handley es tat.


    Übrigens: In fast allen Sätzen ist was los. Wenn Du aber nach Action suchst empfehle ich Dir mal den Beginn des dritten Satzes aus der 5. Symphonie...
    Da geht ordentlich die Post ab!! :D


    Symphonie Nr.3 und Nr.6 finde ich persönlich am stärksten, aber auch die 4. gelingt ihm prächtig (hier ist auch ordentlich was los... ;) )


    :hello:
    Wulf.

  • Im Idealfall lerne ich ein für mich neues Werk immer mit den Noten bzw. der Partitur in der Hand kennen. Schon das reine Mitlesen in einer Partitur ermöglicht ein tieferes Verständnis eines Werkes, von der intensiveren Auseinandersetzung mit dem Notentext ganz abgesehen.


    Natürlich funktioniert das nicht immer, weil Noten/Partituren/Klavierauszüge oft relativ teuer sind und ich daher meist auf die Bestände der hiesigen Bibliotheken angewiesen bin. Falls mir der Notentext nicht zur Verfügung steht, versuche ich das Werk (in gewissen zeitlichen Abständen) mehrfach konzentriert zu hören (bei Vokalmusik/Oper mit dem Text in der Hand). Dabei bin ich dankbar für jede fundierte Information zum Werk - womit vor allem Erläuterungen zur musikalischen Struktur gemeint sind und weniger biographische Komponisten-Anekdötchen (obwohl ich die keineswegs verschmähe).


    Natürlich kann es ein besonderes Erlebnis sein, z.B. im Konzert Musik "unvoreingenommen", ohne jede Vorbereitung zu hören. Aber ich kenne eher das Gegenteil: Zuviel geht an mir vorbei und ich kann das neue Werk nicht wirklich würdigen. Bei Uraufführungen kaufe ich mir sogar das Programmheft (was sonst fast nie passiert), um irgendwelche Informationen zu kriegen :rolleyes:.


    Und nein, ich bin kein Kontrollfreak :D. Es macht mir nur ungeheuren Spaß - oder besser: es bedeutet mir eine große innere Bereicherung, auf diese Weise ein neues Werk kennenzulernen.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hi , Zwielicht!


    Bin genau deiner meinung. Als Beispiel sei Bruckners 7. genannt. Da ich das werk im september auf einer konzerttournee durch schweden spielen werde, besorgte ich mir die partitur.


    Und vor allem bei bruckner entgeht mir persönlich einiges, wenn ich nicht den genauen notentext vor mir habe.


    LG florian


    :hello:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

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