Jon Vickers - Ein großer Tragiker


  • Zitat

    I believe that I try to touch the fundamental essences of the struggle of existence that are timeless and universal, so that I can reach through the proscenium arch and sort of gather the audience into my arms and bring them into the stage and say, "You feel these things with me; you feel these emotions with me. You put yourself into these situations and when you go out of here and you wrestle with those thoughts and emotions, you might go out of here a better person."


    Dieses Zitat aus einem Interview aus den 80er Jahren gibt eine Ahnung des künstlerischen Selbstverständnisses einer Ausnahmeerscheinung des letzten Jahrhunderts. Ein Thread über Jon Vickers fehlt bisher bei Tamino, sein 80ter Geburtstag im Oktober des letzten Jahres ging leider, vom Forum unbemerkt, vorüber. Dennoch findet er sich unter den Lieblingssängern 2006 im entsprechenden Thread immerhin auf Platz 22, muss bei vergleichbarem Repertoire nur Melchior den Vortritt lassen (womit aus meiner Sicht die beiden herausragenden „Ereignisse“ des dramatischen Tenorgesangs im 20 Jahrhundert genannt wären)


    Vickers hat sich, wie das Zitat verdeutlicht, nie als Entertainer begriffen. Als Künstler wie als Mensch von großer Eigenart, schwierig und kompromisslos, lehnte er Rollen wie den jungen Siegfried (fraglich, ob er die hohe Tessitura bewältigt hätte) und Tannhäuser aus moralischen Gründen ab, andererseits gab es immer wieder zahlreiche Anekdoten mit zwiespältiger Wirkung. Fest steht, dass uns dieser Künstler Rollenportraits hinterlassen hat, die aus dem Rahmen treten. In erster Linie sind hier wohl Peter Grimes, Aeneas, Otello und Tristan zu nennen. Aber auch als Florestan, Don Jose oder Siegmund hat er eindringliche Darstellungen abgeliefert.
    Derart eloquente dramatische Darstellungskunst ist schnell geeignet, die Zuhörerschaft zu spalten. Was den einen fasziniert, nervt den anderen. Hinzu kommen bei Vickers stimmliche und gesangliche Charakteristika, die sehr unterschiedliche Wirkung bei den Menschen erzielt haben. Die Stimme war von großer Eigenart, eher rau und heiser im Klangcharakter. Sie strahlte in Verbindung mit dem schier unerschöpflichen Volumen nicht tenoralen Glanz, sondern eher pure Kraft und Energie aus. (Man höre beispielsweise das „Esultate“ in der Aufnahme unter Serafin). Vickers machte jedoch auch von der Fähigkeit, dieses mächtige Organ subtil einzusetzen, häufig Gebrauch. Auch an dieser Stelle ist wieder eine Eigenart festzustellen, denn unabhängig davon, ob die künstlerische Absicht bisweilen nicht in einem perfekt gestützten Mezza Voce, sondern eher in einem merkwürdigenden Säuseln mündete, schien der Klang irgendwie nie organisch mit dem Charakter der Vollstimme verbunden.


    Dennoch, selbst der gestrenge Jürgen Kesting urteilt fasziniert , dass die Kunst von Vickers nicht mit normalen Maßstäben zu messen sei, schon gar nicht mit rein vokalen. Ich persönlich habe immer den Eindruck, das der Mann tatsächlich um sein Leben singt, finde auch den Stimmklang im Bezug zu den dargestellten Charakteren durchaus passend – eben stimmig.


    Fast wäre die Bühne an Vickers vorbeigegangen, er hatte sich schon selbst eine Frist gesetzt, seine sängerischen Pläne zu begraben, da es mit der Karriere nicht recht voran ging, als dann doch der Ruf nach Covent Garden kam und die Weltkarriere beginnen konnte. Die Opernwelt wäre ärmer gewesen ohne Ihn. Zum Glück ist er in vielen seiner besten Rollen gut dokumentiert. Sogar ein Video von seinem Tristan existiert und obwohl es qualitativ locker mit einer der gerade ach so modischen Handy-Kameras aufgenommen sein könnte, teilt sich die Ausnahmeerscheinung Vickers mit (Nilsson als Isolde!)


    Gruß
    Sascha

  • Hallo Sascha,


    es ist in der Tat mehr als erstaunlich, daß zu Jon Vickers bisher kein eigenständiger Thread existierte. Um so dankbarer bin ich dafür, daß Du dieses Versäumnis nachholtest, denn Vickers zählt auch zu meinen favorisierten Tenören.


    Seinen Siegmund (sowohl unter Leinsdorf als auch unter Karajan, trotz der "Winterstörme", die dem Wonnemond wichen ;) ), seinen Otello unter Serafin und seinen Florestan (unter Klemperer und Karajan) möchte ich nicht missen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Für mich ist Vickers einer der interessantesten Vertreter seines Stimmfaches überhaupt, weil er zum einen nie an der Oberfläche bleibt, sondern immer auch die Person, die er darstellt, erfahrbar macht. Zum anderen ist er ein sehr musikalischer Sänger: am Ende der Radames-Arie oder der José-Arie bildet er den Schlusston im vorgeschriebenen Piano und nicht als knalligen Stentorton, sein "Winterstürme" leidet nicht an der Unfähigkeit mancher Sänger, auch noch weichere, dynamisch diffrenziertere Töne zu zeigen und sein Enée präsentiert einen Tenor, der allen Facetten dieser Partie gewachsen ist.


    Bemerkenswert auch seine italienischen Partien jenseits des "Otello"(zurecht eine seiner "Glanzpartien"): auch als Radames, Cavaradossi oder Canio war Vickers eine sehr gute Besetzung - erst recht als Partner der Callas in "Medea" (Kesting meinte, erst mit Vickers als Giasone habe die Medea der Callas einen gleichrangigen Partner gefunden).


    Für mich eine sehr berührende Aufnahme: die "Winterreise" von Vickers, mehr noch, als seine "Dichterliebe". Das sehr langsame Grundtempo ist irritierend, aber die gestalterische Kraft dieses Sängers ist schon enorm, gerade auch, weil man seinen Namen nicht zuerst mit Liedgesang in Zusammenhang bringen würde.


    Die Aufnahme, mit der ich mich am schwersten tue, besitze ich nicht komplett: der "Messiah" in einer modernen Nachinstrumentierung, aber als Empfehlung will ich neben dem "Peter Grimes", den ich ganz phantastisch finde, noch den "Samson" erwähnen - auch hier zeigt Vickers alles, was ihn auszeichnet: kluge Gestaltung, sehr gelungener Einsatz seiner stimmlichen Mittel und ein Engagement beim Singen, das sich dem Hörer direkt mitteilt.

  • Hallo Forianer,


    zu seinen besonderern Leistungen gehört auch seine herausragende exemplarische Interpretation des "Tristan" unter Böhm und Karajan.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • ...wobei ich ausnahmsweise ein klein wenig zu der Karajan-Aufnahme tendiere: Vickers singt hier (im Studio) die Partie ungekürzt und ich mag Helga Dernesch total gerne, dazu kommt eine gute Aufnahmequalität. Nachteile: HvK, auch wenn ich diese Aufnahme ganz ok finde und Christa Ludwig, die von der ersten bis zur letzten Note angestrengt klingt.


    Im Live-Mitschnitt aus Orange ist klar, dass der Klang keine Studio-Qualität erreicht und: es zirpen die Zikaden, dass es eine Freude ist. Als Dokument ist die Böhm-Aufnahme allemal ihr Geld wert: die Nilsson und Vickers haben hier - zum einzigen Mal? - zusammen auf der Bühne gestanden und liefern eine Wagner-Vorstellung, die man heute so nicht mehr erleben kann.


    (Liebestraum, Du siehst so anders aus...)

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  • Zitat von Norbert

    Seinen Siegmund (sowohl unter Leinsdorf als auch unter Karajan, trotz der "Winterstörme", die dem Wonnemond wichen ;) ), seinen Otello unter Serafin und seinen Florestan (unter Klemperer und Karajan) möchte ich nicht missen.

    Hallo Norbert,


    in der Tat hat Vickers immer etwas Probleme mit dem deutschen Idiom gezeigt, wenn auch bei weitem nicht so schlimm, wie beispielsweise Domingo. Dennoch finde ich es gerade bezeichnend, dass es nicht nur uns beide nicht stört, sondern auch offenbar viele andere nicht Anstoß daran nehmen. Genauer betrachtet: Peter Grimes, Aeneas, Otello and Tristan: Vier seiner größten Rollen in vier verschiedenen Sprachen. Und es war sicherlich nicht die großartige Sprachbeherrschung, die das ermöglichte, vielmehr hat vermutlich die überragende interpretatorische Leistung eventuelle sprachliche Defizite vergessen gemacht.


    Leinsdorf-Walküre (sicher auch wegen London interessant!) und der Karajan-Florestan (bei dem Kesting Vickers Leistung noch engagierter bewertet als bei Klemperer) fehlen leider noch in meinem Regal. Wird aber nachgeholt. Faszinierend bei der Karajan-Walküre finde ich noch, wie der Dirigent im Finale des ersten Aktes arg breite Bögen spannt, Vickers ihm aber mit schier endlosem Atem mühelos folgt. Für mich ist das die mitreißenste Interpretation dieser Stelle, dass stelle ich auch über Walter/Melchior.



    Zitat von Alviano

    Für mich eine sehr berührende Aufnahme: die "Winterreise" von Vickers, mehr noch, als seine "Dichterliebe". Das sehr langsame Grundtempo ist irritierend, aber die gestalterische Kraft dieses Sängers ist schon enorm, gerade auch, weil man seinen Namen nicht zuerst mit Liedgesang in Zusammenhang bringen würde.

    Hallo Alviano,


    interressant, der Liedsänger Vickers fehlt auch noch (wie so vieles) in meiner Sammlung. Ich war sehr erstaunt, bei der Vorbereitung auf diesen Thread - ich hätte 10 Seiten über diesen Mann schreiben können, gehe mit Deiner Einschätzung als "einer der interessantester Vertreter seiners Faches" vollkommen konform - herauszufinden, dass Vickers zu Beginn seiner Karriere ungefähr 400 (!) deutschsprachige Lieder in seinem Repertoire hatte.
    Den Tristan unter Karajan halte ich ebenfalls für überragend. Vickers Leistung im dritten Akt ist so einer der Höhepunkte in der gesamten Operndiskographie, wo eine gültige Interpretationsmöglichkeit
    wirklich bis an die Grenze ausgereizt wird und festgehalten wurde. Besser kann man das nicht machen, nur anders.



    Eine Anekdote am Rande: Eine gute Freundin von mir hörte Vickers in Wien live unter Karajan als Florestan. Sie versichert glaubhaft, dass sie noch heute einen Kloß im Hals bekommt, wenn Sie daran denkt. Sein "Gott, welch Dunkel hier" sei auch nach der langen Zeit dann sofort wieder präsent, es habe sich Ihr "ins Herz eingegraben". Und die Frau hat an vielen internationalen Bühnen so manches erlebt in den letzten 50 Jahren und neigt nicht zur Übertreibung.



    Gruß
    Sascha

  • Zitat von Antracis

    Hallo Norbert,


    in der Tat hat Vickers immer etwas Probleme mit dem deutschen Idiom gezeigt, wenn auch bei weitem nicht so schlimm, wie beispielsweise Domingo. Dennoch finde ich es gerade bezeichnend, dass es nicht nur uns beide nicht stört, sondern auch offenbar viele andere nicht Anstoß daran nehmen. Genauer betrachtet: Peter Grimes, Aeneas, Otello and Tristan: Vier seiner größten Rollen in vier verschiedenen Sprachen. Und es war sicherlich nicht die großartige Sprachbeherrschung, die das ermöglichte, vielmehr hat vermutlich die überragende interpretatorische Leistung eventuelle sprachliche Defizite vergessen gemacht.

    Hallo Sascha,


    ich kann mit Vickers' deutscher Aussprache sehr gut leben; seine "Winterstörme" stellen eher einen zu verschmerzenden "Ausreißer" dar und sind bei Karajan erheblich deutlicher zu hören als bei Leinsdorf.


    Selbst im gesprochenen Wort im Fidelio schlägt sich Vickers sehr achtbar.



    Zitat

    Leinsdorf-Walküre (sicher auch wegen London interessant!) und der Karajan-Florestan (bei dem Kesting Vickers Leistung noch engagierter bewertet als bei Klemperer) fehlen leider noch in meinem Regal. Wird aber nachgeholt. Faszinierend bei der Karajan-Walküre finde ich noch, wie der Dirigent im Finale des ersten Aktes arg breite Bögen spannt, Vickers ihm aber mit schier endlosem Atem mühelos folgt. Für mich ist das die mitreißenste Interpretation dieser Stelle, dass stelle ich auch über Walter/Melchior.

    Beide Aufnahmen lohnen sich auf jeden Fall. Bei der Walküre entdeckt man zum Beispiel eine ganz wunderbare Gré Brouwenstijn als Sieglinde, und auch Karajan weiß im Fidelio mit einer sehr guten Besetzung aufzuwarten (man erlebt Marzelline und Jacquino selten so fragil-jugendlich wie bei Karajan; Helen Donath und Horst Laubenthal liefern ein feinsinniges Rollenporträt ab, vom väterlich-warmen Karl Ridderbusch als Rocco ganz zu schweigen).


    In Karajans Deutung der Walküre finde ich den gesamten ersten Akt sehr stimmig und spannend dirigiert, wobei das breit genommene Finale auch für mich ein Highlight darstellt.


    Ich finde es überhaupt erstaunlich, wie sehr wir in unseren Meinungen bezüglich Vickers und der Karajan-Walküre übereinstimmen...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat von Alviano

    Im Live-Mitschnitt aus Orange ist klar, dass der Klang keine Studio-Qualität erreicht und: es zirpen die Zikaden, dass es eine Freude ist. Als Dokument ist die Böhm-Aufnahme allemal ihr Geld wert: die Nilsson und Vickers haben hier - zum einzigen Mal? - zusammen auf der Bühne gestanden und liefern eine Wagner-Vorstellung, die man heute so nicht mehr erleben kann.


    Ich weiß nicht, wie das mit den inzwischen erhältlichen DVDs aussieht, aber ich habe den Orange-Mitschnitt auf CD (Rodolphe) und da gibt es zwar ein paar Nebengeräusche, aber es ist Stereo und ziemlich gut anhörbar. (ich hatte sie vor einigen Jahren mal einem Bekannten zukommen lassen, der ein Video oder eine DVD mit unterirdischer Klangqualität besaß)
    Sie weist einen (wohl üblichen) Schnitt im 2. Akt auf.


    Den Fidelio unter Karajan habe ich zwar inzwischen, jedoch noch nicht gehört. Ich kann die Begeisterung für seinen Florestan unter Klemperer nicht ganz teilen. Mir die die Stimme zu grob, rauh und schwer, zu viel Tristan statt Florestan. (Ich bin kein Sangesexperte, aber Beethoven konnte kaum mit einem schweren Heldentenor rechnen und das paßt auch gar nicht zu der Partie).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Es geht um Fidelio.


    Man muß doch feststellen, daß die Stimme von Vickers zur Zeit der Klemperer Studio-Aufnahme (1961) besser war, als zur Zeit der Karajan Studio-Aufnahme (1970). Außerdem waren Christa Ludwig, Walter Berry, Gottlob Frick und Franz Crass hervorragend. Und nicht zuletzt ist Fidelio die Oper, welche O. Klemperer sein Leben lang begleitet hat. Kurzum, ich denke, daß diese Aufnahme nicht zu übertreffen ist.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat von Johannes Roehl

    Ich kann die Begeisterung für seinen Florestan unter Klemperer nicht ganz teilen. Mir ist die Stimme zu grob, rauh und schwer, zuviel Tristan statt Florestan. (Ich bin kein Sangesexperte, aber Beethoven konnte kaum mit einem schweren Heldentenor rechnen und das paßt auch gar nicht zu der Partie).

    Hallo Johannes,


    stilistisch ist es sicher zwiespältig. Man darf aber nicht vergessen, dass Vickers auch seine gewaltige Stimme sehr zurücknehmen und subtil singen konnte. Zusammen mit der großen Ausdrucksintensität, die er erreicht, ist das für mich ein sehr überzeugendes Rollenportrait. Der Florestan ist ja von vielen Heldentenören gesungen worden, ich glaube, sogar Melchior hat ihn einige Male gesungen. James King zum Beispiel verfügt zwar über eine schlankere Stimme, bleibt aber in der großen Arie unter Böhm sehr ausdrucksarm. Großartig ist auch Rosvaenge, der ja ebenfalls eine sehr charakteristische und starke Stimme besitzt, auch wenn man den nicht als Heldentenor, sondern eher als lyrisch-dramatischen Tenor einschätzen dürfte. Hochgelobt wird ja auch immer wieder Patzak, der über eine schlankere Stimmcharakteristik verfügt haben dürfte, ich kenne aber die Aufnahme nicht.


    Generell ist für mich die sängerische Gestaltungsfähigkeit beim Florestan das essentielle Merkmal, und da punktet Vickers wenig unerwartet sehr hoch. Aber ich schrieb ja oben schon: Die Stimme ist sicher in Ihrer scharfen Charakteristik ein Objekt zwiespältiger Rezeption, zumal wenn man z.B. den Don José oder italienische Partien betrachtet. Ich bin da aber wenig objektiv, weil ich von der Kompromisslosgikeit seiner Kunst regelmäßig hypnotisiert werde. :D



    Zitat von Herbert Henn

    :Und nicht zuletzt ist Fidelio die Oper, welche O. Klemperer sein Leben lang begleitet hat. Kurzum, ich denke,daß diese Aufnahme nicht zu übertreffen ist.

    Ich halte den Klemperer-Florestan ebenfalls für eine der großartigsten Opernaufnahmen überhaupt. Aufnahmetechnik, Orchester, Dirigent, Chöre, Hauptrollen, Nebenrollen... nicht nur keine Ausfälle zu beklagen, sondern durchweg homogen sehr gut bis überragend besetzt. Meist ist es ja eher so, dass man bei den großen Aufnahmen neben allem Glanz immer eine bittere Pille zu schlucken hat.


    :hello:
    Sascha

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  • Zitat

    Ich weiß nicht, wie das mit den inzwischen erhältlichen DVDs aussieht, aber ich habe den Orange-Mitschnitt auf CD (Rodolphe) und da gibt es zwar ein paar Nebengeräusche, aber es ist Stereo und ziemlich gut anhörbar.


    Auf diesen CDs ist der Radio-Mitschnitt des ORTF, das hat nichts mit der Tonspur der Video-Aufzeichnung zu tun!


    Es sind auch mehr als nur "ein paar Nebengeräusche". Der Mistral bläst einige Male ganz schön drein - aber dennoch ein großartiges Dokument.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Für mich d e r Florestan (ich hab´s schon mal im Forum erwähnt);
    das bezieht sich auf den Mitschnitt unter Klemperer aus Covent Garden, in dem sein hohes interpretatorisches Niveau auch von den übrigen Mitwirkenden gehalten wird.
    Die Karajan-Aufnahme ist im großen und ganzen (meine Meinung) zu der Covent Garden-Aufnahme als Gegenstück zu sehen; hier klingt Vickers nicht so frei wie in London, der Hauptdarsteller ist das Orchester.
    Mit Vickers und Dernesch existiert ein Fidelio-Mitschnitt aus Dallas unter Mackerras von 1971 (sehr schöne Aufführung, die Hauptpartien betreffend).


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo zusammen,


    ein wunderbarer Thread über einen wunderbaren Sänger!


    Was mich an Jon Vickers immer fasziniert, ist, dass er die heldentenorale Kraft sehr überlegt einsetzt und zu zarter Mezza voce fähig ist. Ausbrüche haben dann eine ganz andere Dimension.


    Ein wunderbares Beispiel ist sein Gesang aus dem Nilakt der Aida:
    "Pur ti riveggio, ma dolce Aida..." ist noch voller Kraft und Optimismus, der Gesang und die Stimmung verschatten sich immer mehr, das "Sovra una terra estrania..." ist schon fast ein Abschied, eine Ahnung von dem, was erst kommen wird.


    Ich kenne keine Interpretation, die hier auch nur annähernd dem Gesang Vickers' gleichkommt - und das, obwohl die Stimme nicht wirklich "sinnlich schön" ist. (Im übrigen ist die Gesamtaufnahme der Aida aus dem Jahre 1962 mit dem Orchester der Oper Rom unter Solti mit Leontyne Price als Aida, Rita Gorr als Amneris, Robert Merrill als Amonasro auch sonst fantastisch - bis hin zur noch heute beeindruckenden Aufnahmetechnik.)


    Die weiter oben von Alviano erwähnte Messias-Aufnahme unter Beecham ist immerhin ein historisches Dokument, sicher zeitgebunden. Vickers "Comfort ye..." ist großartig, beim "the voice of him that crieth in the wilderness..." von biblischer Wucht, und in den Verzierungen des "Every valley..." erstaunlich beweglich.


    Gruß
    Pylades

  • Für mich eine der faszinierendsten Aufnahmen von Vickers ist Brittens "Peter Grimes".



    Vickers ist hier nicht mehr im Vollbesitz seiner vokalen Fähigkeiten. Aber er weiß es - und nützt es für eine einzigartige psychologische Studie. Er singt diese Rolle mit einer Intensität, die unvergleichlich ist, flüsternd, brüllend, mit letzter Zärtlichkeit und brutaler Attacke. Einer der grandiosesten Momente ist der "Now the Great Bear"-Monolog, den Vickers wie in Trance mit brüchiger Stimme singt; und dann natürlich der unbegleitete Monolog im dritten Akt, der dem Zuhörer die Kehle zuschnürt. Ich kenne keinen Sänger, der diese Einsamkeit und Verzweiflung so intensiv vermittelt, der so deutlich macht, daß man auch einem Menschen, der Schuld auf sich geladen hat, Mitleid und Verständnis entgegenbringen soll.


    Die DVD zeigt noch etwas Anderes: Nämlich eine kreuzbrave biedere Inszenierung - aber Vickers wird zum Motor dieser lahmen Regie und reißt in seinen Szenen seine Partner/innen wirklich auch zu schauspielerischen Leistungen mit.


    :hello:

    ...

  • Hallo,


    Zitat von Edwin Baumgartner

    …der dem Zuhörer die Kehle zuschnürt. Ich kenne keinen Sänger, der diese Einsamkeit und Verzweiflung so intensiv vermittelt,...


    Das ist sehr schön formuliert und beschreibt treffend, was den künstlerischen Kern von Jon Vickers ausmacht, der nun wirklich ein „Ausnahmesänger“ ist: er berührt etwas in der Seele des Hörers.


    Dabei sind Vickers’ sängerische Mittel, abgesehen von dem imposanten Volumen der Stimme, durchaus nicht die, die man von einem „Ausnahmesänger“ erwartet (heisere, manchmal brüchige Stimme, Probleme mit der Verblendung der hohen Töne,…).
    Er erreicht diesen Rang eher durch seine musikalische und auch durch schauspielerische Intelligenz – und er hat die Gabe, mit seinen Mitteln auf der nur akustischen Bühne einer Tonaufzeichnung eine dramatische Rolle zu imaginieren, weshalb ich auch empfehle, ihn auf Gesamtaufnahmen zu hören und nicht nur in Ausschnitten.


    Einen Konzertabend a la „drei Tenöre“ kann (und will) ich mir von ihm nicht vorstellen.


    Gruß
    Pylades

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  • Gestern feierte Jon Vickers seinen 85. Geburtstag. Aus diesem Anlass habe ich mich wieder einmal mit einigen seiner zentralen Rollen befasst. Zuerst hörte ich mir Florestans "Gott, welch' Dunkel hier" aus Beethovens "Fidelio" an (unter Klemperer). Der Dirigent befand nach den Proben: "Vickers, sie sind verdammt gut"! Ein Kritiker schrieb über seinen Florestan: "Die mächtige Stimme wird zum Medium des Geistigen". Nicht minder gut ist sein "Don Carlos" von Verdi: hier singt er mit Glut und Leidenschaft und gleichzeitig mit der Verzweiflung der Hoffnungslosigkeit (live unter Giuliuni, Studioaufnahme/Recital unter Serafin). Im Duett "Si, pel ciel" aus Verdis "Othello" (Partner: Tito Gobbi) skizziert er förmlich den Leidensweg und den Weg in die Selbstzerstörung. Im Liebesduett aus "Les Troyens" von Berlioz stößt er zwar stimmlich an seine Grenzen - seine h's und das c klingen angestrengt - nicht aber als "Darsteller". Auch hier produziert er wieder einmal Hochspannung (Aufnahme unter Colin Davis). Abschließend hörte ich mir seinen "Tristan" (unter Karajan) an: es gibt nur eine Handvoll Sänger, die für sich beanspruchen könnten, diese Rolle oft genug und gut genug gesungen zu haben - hier nenne ich Urlus, Melchior und Windgassen. Der vierte ist meiner Meinung nach Jon Vickers. Theodor W. Adorno schrieb einmal: "Weniges hat an Wagners Musik so sehr gelockt wie der Genuss der Qual." Der Komponist erwünschte und fürchtete gleichermaßen solche Aufführungen. Jon Vickers ist diesem Ziel sehr nahe gekommen.

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Hallo, Manfred!


    Selbstverständlich kann man die Leistungen von Jon Vickers nicht genug würdigen. Sein Florestan mit Christa Ludwig unter Klemperer gehört wohl zu seinen besten Aufnahmen. Noch besser gefällt er mir allerdings als Siegmund. Die große Szene Sieglinde/Siegmund "Winterstürme..." bis "Siegmund heiß ich..." im Liebes-Duett mit der großartigen Leonie Rysanek ist für mich kaum zu übertreffen. Daher konnte ich ihn mir stimmlich nicht als Ricardo vorstellen. Da werde ich mich mal überraschen lassen.


    Herzlichst


    Wolfgang

    W.S.

  • Ja, der hinreißende Vickers. Ich teile die Bewunderung, die hier geäußert wird, uneingeschränkt. Für mich ist der DER Tristan. Ich stelle ihn noch vor Windgassen und vor Melchior und all die anderen.


    Dem Land, das Tristan meint,
    der Sonne Licht nicht scheint."


    Wer hat das je so gesungen wie Vickers. So auf der Schwelle zum Jenseits. Und dann ist es so, als sei er schon drüben ist in dieser Welt, wohin niemand folgen kann. Seine besten Leistungen haben zuletzt Manfred und Wolfgang aufgezählt. Im Otello ist er wirklich im wahrsten Sinne des Wortes nicht auszuhalten. Er singt die Katastrophe wie es auch Max Lorenz in dem kurzen Mitschnitt einer Wiener Aufführung gelungen ist. Wolfgang hebt zu Recht den Siegmund mit der Rysanek heraus, ich würde auch die Studioproduktion der Walküre unter Leinsdorf nicht unerwähnt lassen.


    Ich liebe allerdings auch den Liedersänger Vickers. Seine Winterreise ist hoch individuell und kann mit den besten Aufnahmen mithalten. In den barocken Stücken und Liedern gibt er einen Eindruck davon, was für ein starkes Ausdrucksmittel Mezzavoce sein kann.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich liebe allerdings auch den Liedersänger Vickers. Seine Winterreise ist hoch individuell und kann mit den besten Aufnahmen mithalten. In den barocken Stücken und Liedern gibt er einen Eindruck davon, was für ein starkes Ausdrucksmittel Mezzavoce sein kann.


    Das kann ich nur bestätigen.


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
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    Giuseppe di Stefano

  • Zu dem Vickers-Selbstzitat, das hier im Eingangsbeitrag wiedergegeben ist, kann ich nur sagen :...Mr. Vickers you did it, you did it quite well, like no one else did!


    Leider muss ich sagen, dass ich nicht immer so gedacht/ es so gemeint und ihn so geschätzt habe: Ganz zu Anfang, als ich ihn das erste Mal hörte (leider weiß ich nicht mehr genau in welchem Zusammenhang das war), dachte ich schlagartig : Was für eine hässliche Stimme! :stumm:
    Ich wollte danach möglichst nie wieder eine Aufnahme mit ihm hören, so unangenehm habe ich das empfunden und deswegen einen großen Bogen um ihn gemacht. Auch wenn mich die Berichte über seinen Tristan trotzdem immer neugierig gemacht haben, ich konnte über den ersten Eindruck nicht hinaus, die Neugier war nicht stark genug.
    Dann mit einer einzigen Aufnahme bin ich zur Jon Vickers-Liebhaberin geworden, sodass sein Name bei Aufnahmen mich heute anlockt, anstatt mich abzustoßen. Ich habe die Aufnahme zu dem Zeitpunkt wegen eines anderen Sängers gekauft und ausdrücklich trotz Vickers, weil ich dachte, ich würde da schon drüberspulen können :pfeif:
    Es ist eine Live-Aufnahme aus der MET :



    Fidelio von Beethoven
    MET Orchester, Karl Böhm
    Birgit Nilsson, Jon Vickers, Oscar Czerwenka, Rudolf Schock, Hermann Uhde etc.


    Als ich dort die große Florestan-Arie "Gott welch Dunkel hier" von Vickers hörte, war das als hätte es mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Nicht nur vor Überraschung und Erstaunen darüber, wie taub ich gewesen sein konnte, sondern vor allem, weil es so unglaublich wahrhaftig klingt. Ich habe das immer und immer wieder gehört und so gesehen hat mir das körperliche Beschwerden gemacht, so sehr kann ich da mitfühlen, so sehr hat mich dieser Vickers mitgenommen in seinen Emotionen, dass es schon beinah über reinen Gesang hinausgeht. So stelle ich mir lebendigen, lebhaften Gesang vor, darin wohnt das Gefühl an sich, schon beim Gedanken bekomme ich wieder eine Gänsehaut.
    Nach diesem Erlebnis habe ich immer wieder Aufnahmen mit ihm gesucht u.a. seinen Peter Grimes. Auch in der Rolle des Herodes aus "Salome" finde ich ihn ungemeint überzeugend, mit einer der besten Rollenvertreter, die ich da kenne, weil er nie zu Karikatur, nie zum Weichling oder Clown verkommt.
    Ich bin sicher, dass ich auch demnächst seinen Otello und erst recht den schon fast mythischen Tristan mein Eigen nennen werde.
    Wenn ich hier dann noch lese, er hätte auch die "Winterreise" eingespielt, macht mich das umso enthusiastischer.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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  • Wenn ich hier dann noch lese, er hätte auch die "Winterreise" eingespielt, macht mich das umso enthusiastischer.


    Dann solltest Du hier unbedingt mal reinhören.


    Gruß
    Manfred



    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Ich finde diese Winterreise wird sehr grob gesungen, die langsamen Lieder werden nach meinem Geschmack zu langsam gesungen.
    Außerdem ist die Aufnahme übermäßig verhallt.


    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Tja, ja, ich hab mal in die "Wintereise"-Aufnahme-Schnipsel reingehört, mich würde sie sehr interessieren...wenn sie doch nur etwas güsntiger wäre ;(


    Noch mal eine Frage an alle Vickers-Freunde :
    Beim Otello (Karajan, Serafin, Levine) und beim Tristan (Karajan, Böhm), welche Aufnahme/DVD würdet ihr mir denn empfehlen?

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Liebe Schall und Wahn,


    Karajans Otello mag sicherlich ein sehr guter sein, für mich gibt's aber nur einen, den mit Serafin, wie ich seinerzeit hier kurz ausführte.


    Die Besetzung mit der Rysanek, mit Gobbi und Vickers ist für mich in der Diskographie des Otello nie wieder erreicht worden.


    Inzwischen gibt es sie in dieser Aufmachung:


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Für mich ist Jon Vickers als Florestan in den beiden Londoner "Fidelio"-Aufnahmen (1962) unter Otto Klemperer unübertroffen. Vom ersten Ton an drückt er die Leiden des Verfolgten ungeheuer eindrucksvoll aus. Großartig gelingen ihm auch die Jubeltöne im Duett "O namenlose Freude". Wie kein anderer Tenor kann Vickers die ganze Gefühlscala des Florestan erlebbar machen. Klemperer stand für beide Aufnahmen auch ein "Traumensemble" zur Verfügung. Deshalb sind die beiden Klemperer-Aufnahmen in ihrem künstlerischen Rang mindestens gleichwertig zum berühmten Furtwängler-"Fidelio" aus dem Jahre 1953 einzustufen. Beide Leonoren in den Klemperer Aufnahmen sind fantastisch. Wobei ich - man möge mir verzeihen - die mich durch Gefühlintensität und Herzenswärme stärker ansprechende Sena Jurinac der vielleicht gesanglich sogar einen Tick besseren Christa Ludwig vorziehe. Es sind eine große Zahl hervorragender "Fidelio"- Aufnahmen auf dem Markt. Die Klemperer-Aufnahmen verdanken ihre herausragende Stellung zum großen Teil dem Gesangstragöden Jon Vickers.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Mein lieber Hans!


    Hier teile ich mal wieder Deine Einschätzung. Auch ich besitze beide Aufnahmen und könnte auf Anhieb keine Entscheidung treffen, welche Aufnahme wohl die Bessere sei. Beide Sängerinnen sind natürlich von der Stimmlage her sehr verschieden. Bisher gab ich der Aufnahme mit Christa Ludwig den Vorzug. Aber auch Sena Jurinac gehört, wie Du treffend schilderst, zu den herausragendsten Sängerinnen dieser Rolle.



    Herzlichst
    Wolfgang

    W.S.

  • Liebe Schall und Wahn!

    Tja, ja, ich hab mal in die "Wintereise"-Aufnahme-Schnipsel reingehört, mich würde sie sehr interessieren...wenn sie doch nur etwas güsntiger wäre

    Wenn Du Vickers-Fan bist, wirst Du sicher seine Aufnahme der Winterreise genießem können. Man muss allerdings sagen, dass sie schon sehr eigenwillig ist und Vickers nicht wirklich als ein Liedersänger überzeugen kann. Er hat ja auch Schumann Dichterliebe aufgenommen. Hab ich mal für einen Canadischen Dollar auf einem Flohmarkt erwischt. Da ist er allerdings noch weniger stimmig als in der Winterreise!



    Noch mal eine Frage an alle Vickers-Freunde :
    Beim Otello (Karajan, Serafin, Levine) und beim Tristan (Karajan, Böhm), welche Aufnahme/DVD würdet ihr mir denn empfehlen?

    Beim Otello würde ich immer für die Aufnahme unter Serafin entscheiden. Erstens wegen Serafin, zweitens, weil Vickers da in vorzüglucher stimmlicher Form ist und drittens weil mich hier die Besetzung der Desdemona und des Jago eher überzeugen als in den anderen Aufnahmen, in denen Vickers singt!
    Monolog und Tod sollte man aber von dem Vickers-Portrait "Italian Opera Arias" hören! Auf die habe ich schon in dem Thread hingewiesen, in dem gefragt war, welche Sängerportraits aus der Stereo-Zeit herausragend sind.


    Beim Tristan rate ich unbedingt zu der Karajan-Aufnahme. Es gäbe auch gute Gründe für die Böhm-Aufnahme aus Orange, aber klanglich ist die sehr problematisch (Wind, Vögel und Zikaden!!!).
    Interessant ist auch die Aufnahme aus dem COLON in Bouenos Aires uner Stein! Da hat man auch Vickers mit Nilsson und - ganz prachtvoll - Crass!



    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich bin vermutlich in der Minderheit, da ich Vickers als Florestristan eigentlich zu schwer finde, so beeindruckend und emotional das auch sein mag; zwar sollte der Florestan natürlich nicht halbverhungert klingen ;), aber Beethoven kann kaum einen Wagnerschen Heldentenor für die Partie im Ohr gehabt haben. Dieses Fach hat sich doch wohl erst 50 Jahre später für die Wagner-Partien entwickelt.
    Ungeachtet dessen ist Klemperers Studio-Aufnahme (die andere kenne ich nicht) natürlich insgesamt sehr empfehlenswert, bloß sehe ich Vickers nicht als Idealbesetzung.


    Den Orange-Mitschnitt des Tristan, sofern man ihn zu fairen Preisen findet, würde ich durchaus empfehlen. (Auf dem Marketplace hat es sehr günstige Angebote, ich würde da zuschlagen.) Man hört den Wind einige Male und kurz nach Beginn des Vorspiels streiten und zischen ein paar Zuschauer für einige Sekunden. Aber insgesamt finde ich den Klang ziemlich gut, besonders wenn ich bedenke, was sonst hier im Forum so an historischen Aufnahmen oder Mitschnitten empfohlen wird.
    Natürlich ist es keine Studioqualität, aber ich würde sie eher als "etwas eingeschränkt" denn als "sehr problematisch" einordnen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lieber Johannes,


    Deinem Ideal als Florestan dürften dann wohl Peter Anders in der Aufnahme unter Ferenc Fricsay und Ernst Häfliger mit ihren leichteren lyrischeren Stimmen ebenfalls unter Fricsay eher entsprechen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Deinem Ideal als Florestan dürften dann wohl Peter Anders in der Aufnahme unter Ferenc Fricsay und Ernst Häfliger mit ihren leichteren lyrischeren Stimmen ebenfalls unter Fricsay eher entsprechen.

    Der m.E. ungerechtfertigterweise oft als unpassend abqualifizierte Haefliger gefällt mir relativ gut, wobei ich zugebe, dass der vielleicht ein wenig zu lyrisch und "unheldisch" sein könnte. Daher auch nicht ganz mein "Ideal", das ich vermutlich bei Florestan noch nicht gehört habe... Fricsays Dirigat ist, obgleich das Orchester klangtechnisch ziemlich unterbelichtet bleibt, auch erheblich dramatischer als Klemperers.
    Peter Anders' Florestan kenne ich leider nicht, das könnte ich mir von der Stimme her ziemlich gut vorstellen. Ist das dieser Mitschnitt aus Genf? Wie ist da so die Tonqualität?



    Ich bin alles andere als ein Fach/Stimmen-Experte. Mir scheint aber Florestan (wie Max) wenn überhaupt, eher den "leichteren" Wagner-Partien wie Stolzing ähnlich zu sein als Tristan. Und wie gesagt, so eindrucksvoll Vickers sein mag, Florestan ist eben nicht der delirierende Tristan im dritten Akt.

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