Pierre Laurent Aimard - ein Adept der Moderne auf den Pfaden der Klassiker?

  • Pierrre Laurent Aimard - ein Adept der Moderne auf den Pfaden der Klassiker


    Warum noch eine Gesamtaufnahme von Beethovens Klavierkonzerten? Pierre Laurent Aimard beantwortet diese Frage für sich so: "Nie hätte ich mir vorstellen können, dass ich einmal eines dieser alten Schlachtrösser machen würde, von denen es derart viele (oft bemerkenswerte) Einspielungen gibt und die so häufig in Konzerten gespielt werden. Angesichts des so gesättigten Schallplattenmarktes wäre mir diese Idee sogar abwegig erschienen. Ich habe es immer vorgezogen, etwas "Nützliches" zu machen, d. h. Werke aufzunehmen die noch nicht im Katalog vertreten waren und besonders auch, mich zeitgenössischer Kompositionen anzunehmen."


    Warum hat er dann doch die alten Schlachtrösser aufgenommen? Dazu später mehr. Pierre Laurent Aimard ist vor allem wegen seiner Einspielungen von Werken der Moderne bekannt. Da wären zu nennen Messiaen, Ligeti und etliche mehr. Seit einigen Jahren ist bei Aimard eine Entwicklung in die andere Richtung zu beobachten: Der Pianist wendet sich zunehmend mehr den "Klassikern" zu. Den Anfang machte eine Aufnahme der Etuden Debussys, es folgten Aufnahmen mit Werken von Ives, dann Beethoven und zuletzt Mozart und Schumann.


    Für mich ist Pierre Laurent Aimard eine der interessantesten Figuren im Klassikzirkus. Ein ernsthafter uneitler Künstler, dem jeglicher PR-Rummel abold ist. Aimard wurde 1957 in Lyon geboren, wo er mit 12 Jahren das Studium am dortigen Konservatorium aufnahm.


    Er setzte sein Studium am Pariser Konservatorium, dort begegnete er in der Person des Ehemannes seiner Klavierlehrerin Yvonne Loriod dem Komponisten Olivier Messiaen- und er entwickelte sich zu einem seiner prononciertesten Interpreten.


    1973 - mit 15 Jahren - gewann er den Internationalen Wettbewerb „Olivier Messiaen“, womit auch seine internationale Karriere einsetzte. Von da an konzertierte er weltweit mit Dirigenten wie Pierre Boulez, Sergiu Celibidache, Seiji Ozawa, Zubin Mehta, Christoph von Dohnanyi, Andrew Davis, Giuseppe Sinopoli, Charles Dutoit und Kent Nagano. 1976 gründete Pierre Boulez das Ensemble InterContemporain und lud den gerade erst 19-jährigen Pierre-Laurent Aimard als Gründungsmitglied dazu ein.


    Man kann sich jetzt mit Recht fragen, warum wendet sich ein Künstler mit dieser Prägung auf einmal den Klassikern zu?


    „Es war für mich eine riesige Freude, diesem unvergleichlichen Musiker, Kulturmenschen und Künstler zu begegnen. Er hat mich dann aufgefordert, ein paar Töne zu spielen. Und ich habe gedacht, es wäre dumm, für Monsieur Harnoncourt Ligeti zu spielen. Also habe ich eine Beethoven-Sonate vorgetragen, und ich war ganz überrascht und irrsinnig erfreut, zu sehen, dass seine Reaktion positiv ausfiel und er vorschlug, mit ihm zu musizieren und die Beethoven-Konzerte zu machen.“


    Am Beispiel Aimards lässt sich auch ein interessantes Phänomen innerhalb der Klassikszene beobachten: Wendet sich ein Künstler dem "Standardrepertoire" zu, sieht er sich oft dem Zwang ausgesetzt, sein Vorgehen - wie Aimard im Fall Beethovens- zu legitimieren. Denn was kann Aimard (oder ein anderer Künstler) bieten, was die großen Alten nicht schon gesagt hätten? Es gibt die Symphonischen Etüden (Aimards neueste Aufnahme) ja schon von Arrau, Kempff, Richter etc. pp.


    Wozu dann noch eine weitere machen?


    Im Fall Beethovens hat Aimard die Antwort selbst gegeben:


    "Intensität und Frische. Ablehnung jeder Routine, unbezähmbare Lust am gemeinsamen Musizieren: In diesem so unerwarteten Unterfangen habe ich gefunden, was ich in der Musik von heute und gestern immer gesucht habe - die Neubelebung einer Komposition dank Schöpferkraft, Rsikiobereitschaft und dem Ausleben des Augenblicks."


    Hier einige Aufnahmen des Pianisten:


    Ligeti:



    Debussy:



    Beethoven:





    Und jetzt meine Frage an Euch! Was haltet Ihr von diesem ungewöhnlichen Wanderer zwischen den Welten?
    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Christian,


    als COE-Bewunderer (weil sie die Tücken ihres modernen Instrumentariums im Griff haben) habe ich mir die Beethoven-Klavierkonzerte geleistet und bereue den Kauf nicht. Eine konsequent lyrische Version der alten Schlachtrösser, der man die innerlich überzeugte Liebe zum Detail in jedem Takt anhört.


    Manches habe ich spritziger im Ohr, etwa die letzten Sätze der ersten beiden Konzerte, aber warum nicht einmal eine andere Lesart, wenn sie denn so von Herzen kommt wie hier.


    Mir geht sie jedenfalls zu Herzen, und das ist alles, was ich von einer Aufnahme verlange...


    Solo-CDs von ihm habe ich nicht und das wird sich in der nächsten Zeit auch nicht ändern, da weder Zeit noch Budget ausreichen, um alles interessante zu erwerben. Daher bleibt es für mich erstmal bei der Erforschung historischer Instrumente :yes:.


    Aber Aimard und das COE demonstrieren hier nachdrücklich, dass man auch auf modernen Instrumenten eine klanglich und musikalisch ansprechende Interpretation gestalten kann - ganz besonders glücklich bin ich beim COE z.B. mit dem Flötisten, der es tatsächlich schafft, seine Metallquerflöte so umsichtig zu bedienen, dass sie nicht das ganze Holz aus dem Gleichgewicht bringt und mein zartes Trommelfell durchlöchert.


    Was alles nichts daran ändern kann, dass z.B. Schoonderwoerd schon rein vom Instrumentarium her so viele Vorteile hat, dass Aimard immer nur eine interessante Ergänzung sein kann.


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Für mich ist Pierre Laurent Aimard eine der interessantesten Figuren im Klassikzirkus. Ein ernsthafter uneitler Künstler, dem jeglicher PR-Rummel abold ist.


    Das kann ich nur bestätigen. Ich hatte das Glück ihn in Köln im Rahmen eines Konzertes in der Philharmonie mit Ligetis Klavierkonzert zu treffen. Er ist mir also nicht nur als Pianist, sondern auch als Mensch sympathisch.
    Besonders schätze ich ihn auf Grund seines Engagements für die sog. "Neue Musik".


    Gruß


    Arne

    Einmal editiert, zuletzt von Arne ()

  • Hallo Christian,


    auch ich habe ein paar Aufnahmen - wenn mich jetzt nicht alles täuscht drei an der Zahl - mit Aimard.
    Da wären zum einen die genannten Debussy Etudes und Images, zu welchen ich mich aber nicht äußern kann und möchte, da ich mich mit 'reiner' Klaviermusik einfach noch schwer tue und somit ein Urteil davon sicherlich nicht unberührt bleiben würde.


    Nicht viel besser sieht es mit Messiaens Turangalila-Symphony aus. Dieses Werk habe ich mir erst einmal zu Gemüte geführt - es war mehr der Drang, wenigstens einmalig das Werk als Ganzes zu hören, als geschmackliche Vorlieben (den ersten Hörversuch brach ich nach der Hälfte ab). Sicherlich war es keine Qual, aber richtig berührt - im positiven Sinne - hat mich das Stück nicht.



    Nun aber zu der CD, welcher ein Urteilsspruch meinerseits absolut möglich ist. Es handelt sich um die Einspielung Dvoráks Klavierkonzert mit dem Concertgebouw Orchestra unter Harnoncourt.
    Es ist zwar schon wieder gut zwei Wochen her, dass ich die Aufnahme gehört habe, weshalb ich hier mal von Details Abstand nehmen möchte, der allgemeine Eindruck hat sicher allerdings in mir festgesetzt.


    Das Spiel löste in mir absolut kein Wohlgefallen aus. Da war einfach keine emotionale Bindung, welche sich zum Werk - oder eben zur Interpretation - aufgebaut hat. Es war wie eine Kluft, die nicht überwunden werden konnte.
    Ich war regelrecht erschrocken über diese Tatsache, gefällt mir das Klavierkonzert doch sehr gut und rührt mich immer wieder an, lässt mich mit der Musik mitgehen. Jedoch nicht mit Aimard. Mir kam es vor, als habe er selbst eine Distanz zur Musik, die ihn genauso in 'Kälte' versetzt hat, wie mich. Das angesprochene 'Herz in der Musik' konnte ich in keinsterweise auch nur ansatzweise erleben.
    Wie gesagt eher im Gegenteil - die Distanziertheit des Künstlers trieb mich selbst vom Werk hinweg. Es wirkte fad und langatmig auf mich - um nicht langweilig in den Mund zu nehmen. Keine wirklichen Spannungsbögen, die das Stück interessant gestalten - nichts.


    Das war für mich eine herbe Enttäuschung. Ich hatte schon anfänglich Probleme mit der Interpretation, weshalb sie eine längere Zeit im Schrank verschwand, bis zu diesem vergangenen Tag.
    Mein Ersteindruck wurde bestärkt - um aber einmal zu sehen, dass es nicht am Klavierkonzert selbst lag, legte ich anschließend Richter mit dem Bayerischen Staatsorchester München unter Carlos Kleiber auf: ganz anders. Von den ersten Tönen merkte ich Leidenschaft und 'Angeschlossenheit' an der Musik...



    Eine CD ist mir nun aber doch noch eingefallen. Wiederum Harnoncourt an seiner Seite: Beethoven Tripelkonzert, Chorfantasie sowie Rondo in B für Klavier und Orchester.
    Bisher habe ich hier aber noch nicht reingehört.


    Irgendwie spüre ich trotz der Erfahrung bei Dvorák aber keine persönliche Distanz oder Abneigung Aimard gegenüber - eher Interesse, da so viele gerade von Beethovens Klavierkonzerten schwärmen...


    Lieben Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • So ganz taufrisch ist die Neuigkeit ja auch nicht mehr, aber spannend dürfte das Ergebnis trotzdem sein:


    Aimard hat das Label gewechselt und steht jetzt bei der DG unter Vertrag.


    Aimars erstes Projekt bei der neuen Firma ist Altvater Bach gewidmet: Die Kunst der Fuge. Erscheinungstermin ist der 18. Januar.


    Man könnte jetzt natürlich wieder lange und breit über die Frage diskutieren: Bach auf dem modernen Flügel? Und die Kunst der Fuge? Muss das wirklich sein? Aber davon einmal abgesehen könnte es wirklcih interessant sein, wie ein Musiker mit Aimards Hintergrund sich Bach nähert. Daneben ist auch der Vergleich mit Grigori Sokolovs Aufnahme desselben Stücks bestimmt nicht uninteressant, oder mit der Einspielung Evgeni Koroliovs- der ja als ausgewiesener Bach-Experte gelten kann- und der auch wenn mich nicht alles täuscht im Klavierforum auch noch völlig fehlt:






    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Ich kenne Aimard zwar nur von den Aufnahmen mit Harnoncourt her, muss aber sagen, dass er mich immer überzeugt hat.


    Neben den 5 Klavierkonzerten habe ich ihn auch noch mit dem Tripelkonzert und der Chorfantasie



    sowie dem Dvorak Konzert



    In diesen Aufnahmen ist er weniger lyrisch als bei den Konzerten, sondern legt bei Beethoven und Dvorak eine unglaubliche Vitalität und Frische an den Tag. Bei Dvorak schafft er mit Harnoncourt eine schon fast martialisch anmutende Einspielung.
    Ich wünschte Harnoncourt hätte die Brahmskonzerte mit ihm und nicht Buchbinder eingespielt. Welch' unglaublich differenziertes Spiel wäre dabei rausgekommen!



    Ansonsten spielt Aimard Repertoire, das mich weniger interessiert. Vielleicht lege ich mir den Bach zu, mal sehen.



    LG
    Georg

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Gegen Bach auf dem Flügel habe ich nichts Prinzipielles einzuwenden, bei der "Kunst der Fuge" scheint mir das eh unproblematischer zu sein als bei den Partiten, Suiten etc. Allerdings (ich mag mich täuschen) scheint mir der interpretatorische Spielraum bei diesem Werk doch recht gering zu sein - insofern habe ich leichte Zweifel, ob hier eine neue Sicht o.ä. auf die "Kunst der Fuge" zustandekommen wird.


    Ansonsten halte ich Aimard für einen großartigen Pianisten - nur bei seiner hochgelobten Schumann-CD habe ich einige (kleine) Probleme, finde ihn bei op. 13 etwas zu "klassizistisch".


    Gerade die beiden Liveauftritte, die ich erlebt habe, waren sehr beeindruckend. Einmal Messiaens "Le Réveil des oiseaux" hier in Bamberg mit den Symphonikern unter Nott (gibt's ja auch als DG-CD mit Aimard und Boulez), und das zweitemal letzten Sommer in Luzern: Aimard leitete zweimal das Mahler Chamber Orchestra vom Flügel aus - Mozarts KK KV 415 (wunderbar, sehr markant - kein Vergleich mit der viel konventionelleren Mozart-CD mit dem Chamber Orchestra of Europe) und Beethovens zweites Klavierkonzert (ebenfalls vorzüglich).


    Grandios aber vor allem das Stück, bei dem Aimard nur als Dirigent auftrat: Haydns Symphonie Nr. 102 - so ungebärdig und wild habe ich das Stück noch nie gehört. Alles sehr HIP-nah, durchaus mit kleineren Wacklern im Orchester (was an Aimards unkonventioneller Zeichengebung gelegen haben mag), aber mit ungeheurer Spielfreude und Phantasie (die Wiederholungen im Menuett waren erheblich variiert - endlich mal!).


    Wer weiß, ob Aimard nicht nochmal à la Barenboim oder Eschenbach aufs Dirigentenpult wechseln wird. Vielleicht war's aber auch nur ein Experiment.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Ansonsten halte ich Aimard für einen großartigen Pianisten - nur bei seiner hochgelobten Schumann-CD habe ich einige (kleine) Probleme, finde ihn bei op. 13 etwas zu "klassizistisch".



    Vergesst mein obiges Gebrabbel bezüglich der Schumann-CD. Ich habe jetzt die Symphonischen Etüden op. 13 mit Aimard nochmal durchgehört - es ist eine ganz fantastische Einspielung, die in fast jeder Variation traumsicher Tempo und Charakter trifft. Gerade die drei, vier besonders vollgriffigen Stücke klingen hier nicht ganz so massiv (Arrau kann einem hier das Fürchten lehren). Mein länger zurückliegender "klassizistischer" Eindruck bezog sich wohl auf eine der fünf nachgelassenen Variationen (Nr. 3; Track 11), die er für meinen Geschmack ein bisschen zu trocken spielt, und vielleicht auch die wunderschöne letzte, lyrische Variation vor dem Finale - obwohl er da eigentlich nichts falsch macht. Wie auch immer - eine dicke Empfehlung!


    Für "Carnaval" hab ich jetzt leider keine Zeit mehr.





    Viele Grüße


    Bernd

  • Jetzt hat auch [URL=http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,526676,00.html]Spiegel Online[/URL] Aimard entdeckt. Und singt dabei ein Loblied auf Universal, als ob sie dafür bezahlt würden.

  • Besonders interessant finde ich diese Aussage:


    Zitat

    Für die Deutsche Grammophon ist dieser Zukauf und dessen Debüt-CD ein (verkraftbares) Wagnis


    Und da sage noch einer, die Majors wagen nix mehr. :D


    :hello:
    Sascha

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  • Ja, so eine "Debut-CD" ist wirklich ein Wagnis, hat doch DG mit Aimard bereits die Notations von Boulez vor ein paar Jahren auf den Markt gebracht.
    ?(


    ... und in den 90ern das Klavierkonzert von Ligeti und Werke von Messiaen.

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Ja, so eine "Debut-CD" ist wirklich ein Wagnis, hat doch DG mit Aimard bereits die Notations von Boulez vor ein paar Jahren auf den Markt gebracht.
    ?(


    ... und in den 90ern das Klavierkonzert von Ligeti und Werke von Messiaen.



    Naja, nach den Gesetzen des Marketings ist bei einem Pianisten eine "Debut-CD" eben eine Solo-CD. In den "Notations" hat Aimard ja noch als Mitglied des Ensemble Intercontemporain mitgeklimpert, bei "Boulez conducts Ligeti" steht als Interpret Boulez im Mittelpunkt und Aimard ist nur einer von drei Solisten. Auch bei der Messiaen-CD spielt Aimard ausschließlich im "Réveil des oiseaux" - sonst ist dies eher eine "Boulez-dirigiert-Messiaen"-CD.


    Wohlgemerkt, ich versuche nur die Logik des Plattenkonzerns nachzuvollziehen. :D


    SPIEGEL-Artikel zur klassischen Musik und Klassikszene sind fast ausschließlich als blutdruckerhöhende Mittel oder als Klopapier zu gebrauchen (letzteres allerdings bei "Spiegel Online" auch nicht mehr, es sei denn, man druckt sich den Quatsch aus). Das war schon zu Zeiten des seligen Klaus Umbach so.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hier kann man ihn bei der CD-Aufnahme beobachten - offenbar im Mozartsaal (Wiener Konzerthaus). Ich freue mich schon auf den 8. Mai.


    "http://www.amazon.com/Bach-Art-Fugue/dp/B000ZGKBYE/ref=pd_bbs_sr_1?ie=UTF8&s=music&qid=1200494328&sr=8-1"


    (ohne Anführungsstriche)

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Aimards Debütaufnahme bei der DG finde ich wie Kurzstueckmeister nach den letzten sehr kommerziell ausgerichteten Debüts des Gelb-Labels ebenfalls sehr mutig:



    Im Vergleich zu Kocsis (Philips) spielt Aimard auf den ersten Eindruck hin einiges schneller und vor allem mit weniger Hall. Insgesamt eine vorzügliche Aufnahme, teilweise wunderbar lebendig - allein die langsameren Stücke habe ich bei Kocsis versunkener, schöner in Erinnerung.


    Ein Wucht ist die unvollendete letzte Fuge: es ist sehr ergreifend, wie hier alle Themen zusammenfinden und sich gegenseitige durchdringen - dieses Zusammenfinden der eher dunkel getönten, zuweilen dissonanten Themen in einem plötzlich schier unendlich lebendigen Lebenfluss ist sehr berührend, man muss das von Aimard gehört haben!


    Viele Grüße,
    Christian

  • Ich finde auch, dass Aimard die Kunst der Fuge sehr schön spielt; Koroliov bleibt aber für mich unübertroffen, auch was den Klang des Klaviers und die Aufnahmetechnik betrifft. Bei Aimard stört mich außerdem bei jedem Anschlag das Klopfen, das sich relativ stark auf die Mikrophone übertragen hat. Ich möchte die Aufnahme aber nicht missen.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

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  • Wie dem aufmerksamen Tamino und der aufmerksamen Pamina nicht entgangen seien könnte, höre ich seit einigen Stunden Aimards Interpretation der Kraft durch Fugen.


    Vorher war er mir wirklich nur durch Werke Messiaens, Ligetis und Boulez' bekannt, die ich aus den verschiedensten Gründen größenteils sehr Lieb gewonnen habe. Natürlich war der Anteil Aimards daran mehr oder weniger groß, je nach dem.


    Da ich ... bei ihm ... irgendwie ... den Eindruck hatte, dass ... er in der Lage ist, sehr komplexe Werke einerseits so zu spielen, dass man sie nachvollziehen und beim Hören mitverfolgen kann, er aber andererseits immer noch sehr ausdrucksstark interpretieren kann, war ich sehr gespannt auf seine KdF-Einspielung, die ich zuvor nur von Gould und dem Emerson String Quartet kannte.


    Jedenfalls: diese oben beschriebene Eigenschaft, höre ich jetzt zumindest auch aus seiner Bach-Einspielung heraus. Man kann dem Stück, das ich wohl als "komplex" beschreiben darf, sehr leicht folgen, es verschließt sich unter seinen Händen nicht, im Gegenteil: es wirkt un-glaub-lich transparent, durchhörbar und man hat niemals den Eindruck, dass man der Musik nicht mehr folgen könnte, oder dass man an dieser oder jener Stelle nochmal zurückspulen sollte, um genauer hinzuhören - Nein, es ist wirklich, wenn ich mal dieses größenwahnsinnige Wort gebrauchen darf, zumindest für mich in gewisser Hinsicht eine "Offenbarung", eine Erschließung.


    Gleichzeitig ist er allerdings nicht nur jemand, der Strukturen aufzeigt, sondern er spielt auch sehr emotional, und ... ich fühle ich mich noch immer ganz "emotional" sehr angesprochen von der Musik und seiner Interpretation.
    Also viel mehr als bloße Mathematik, viel mehr als ein verkopfter Contrapunctus nach dem anderen.


    Worauf ich ursprünglich hinaus wollte, ist dass ich nach Intervies und Berichten über ihn gesucht habe und gerade zwei Seiten gefunden habe, die ich posten wollte.


    Zunächst ein Interview auf "Planet Interview" (eine empfehlenswerte Seite, wie ich finde)
    http://www.planet-interview.de…iew=aimard-pierre-laurent


    Zitat

    Um Haydn, Mozart und Beethoven zu verstehen, müssen Sie nur eine Sprache sprechen können. Aber für Ligeti, Boulez und Messiaen brauchen Sie schon drei Sprachen. Das finde ich aber auch wunderschön, denn das ist der Zustand der Welt mit ihren vielen verschiedenen Kulturen und Sprachen. Wir wollen doch nicht, dass alle Leute dieselbe Sprache sprechen, oder?


    Wenn man Sie als Botschafter dieser vielen verschiedenen Sprachen betrachtet - wo sehen Sie Resultate Ihrer Arbeit?


    Aimard: Ich habe zum Beispiel dieses Jahr in New York zwei Klavierabende gegeben, den einen nur mit Werken von Messiaen, den anderen mit Charles Ives und Elliot Carter, also nicht gerade leichte Kost. Aber beide waren ausverkauft



    ...und weiterhin eines in der FAZ
    http://berufundchance.fazjob.n…Tpl~Ecommon~Scontent.html


    Zitat


    In unserem Jahrhundert leben wir mit einer natürlichen Trennung zwischen dem Profanen und dem Religiösen. Bei Bach waren die Welten noch eins. Seine Stücke für das Klavier sind natürlich keine Messen, aber es gibt Referenzen zu alten kirchlichen Polyphonien, zu religiösen Stücken, gleichzeitig sind aber immer auch Anspielungen auf die Welt zu hören. Wenn Bach nur für sich selbst komponiert hat, schien er keine Trennung zwischen religiösen Konventionen und profanen Zitaten vorzunehmen.


    (...)


    Bach war sicherlich der gigantischste menschliche Computer, den wir höchstens noch mit Albert Einstein vergleichen können. Aber er war eben auch ein Mensch, hatte 21 Kinder, führte eine Zettelkartei für seinen Rotwein und bewies bei gesellschaftlichen Auftritten immenses Temperament. Dieses Doppelleben sorgt für seine irritierende Position in der Musik. Wir können seiner Musik vollkommen logisch begegnen, aber all das bleibt stumm, wenn wir es nicht erleben. Das Verblüffende ist, dass Bach den Ausdruck nicht wegen, sondern trotz der Struktur schafft. Die Form ist für ihn nur eine permanente Herausforderung, die wahrscheinlich von einem generellen Glaubensbekenntnis geprägt ist.

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Zitat

    Original von Marc


    ...und weiterhin eines in der FAZ
    http://berufundchance.fazjob.n…Tpl~Ecommon~Scontent.html


    In dem oben zitierten Interview wurde Aimard auch die obligatorische Frage nach der Wahl des Instruments gestellt. Darauf antwortete Aimard sinngemäß: Er sei auf Cembalo oder Hammerflügel nur Dilettant, deswegen (unter anderem) die Wahl des Flügels als Instrument für diese Aufnahme.


    Das klingt wie Wasser auf die Mühlen derjenigen, die meinen Pianisten sollten von der Kunst der Fuge die Finger - und den Profis (sprich Cembalisten) den Vortritt lassen :D


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    In dem oben zitierten Interview wurde Aimard auch die obligatorische Frage nach der Wahl des Instruments gestellt. Darauf antwortete Aimard sinngemäß: Er sei auf Cembalo oder Hammerflügel nur Dilettant, deswegen (unter anderem) die Wahl des Flügels als Instrument für diese Aufnahme.


    Das klingt wie Wasser auf die Mühlen derjenigen, die meinen Pianisten sollten von der Kunst der Fuge die Finger - und den Profis (sprich Cembalisten) den Vortritt lassen :D


    Wus?
    Ich glaub', dann habe ich was überlesen. ?(


    Im Booklet sagt er jedenfalls, dass für ihn fest stünde, dass die KdF für ein Tasteninstrument geschrieben worden sei, stellt sich nur die Frage für welches. Dieses und jenes Stück passe zu einem Cembalo, dieses zu einer Orgel, ein anderes zu einem Kammer-Ensemble, manche gar zu einem A-cappela-Chor.
    O-Ton Aimard:
    "Man darf eher vermuten, dass Bach gewissermaßen ein Idealinstrument vorschwebte, das genügend unterschiedliche Spielweisen zulässt, um all die Musiktypen wiederzugeben. Angemessen eingerichtet ist das moderne Klavier der Gegenwart mit seinen vielfachen Möglichkeiten ein hervorragendes Instrument für die KdF. Es erlaubt eine überzeugende Aufführung dieses Werks ohne jede Einschränkung."


    Aber die Frage nach dem Instrument passt wohl eher in den entsprechenden Thread, aber ich habe mich gerade nur gewundert, weil ich seine Aussagen anders im Kopf hatte.

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • 9 Jahre Funkstille
    Wahrscheinlich hat Aimard in der Zwischenzeit keine Aufnahmen gemacht. ODER DOCH ???
    Scheint so ...



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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