Oh Mann - der Fülle an weihnachtlicher Bach-Kantaten-Musik ist im Moment einfach kein Ende :]
Es ist fast wie mit dem ganzen guten Essen, das während er vergangenen Tage von Familie und Freunden quasi permament angeboten wird und wurde
Nun ja - von zuviel guter Musik ist noch niemand dick geworden und man kann es sich das Anhören schließlich auch einteilen.
Für den heutigen dritten Weihnachtstag empfehle ich auf jeden Fall
BWV 133: Ich freue mich in dir
Kantate zum dritten Weihnachtstag (Leipzig, 27.12.1724)
Lesungen:
Epistel: Hebr. 1,1-14 (Christus ist höher als die Engel)
Evangelium: Joh. 1,1-14 (Prolog des Johannes-Evangeliums)
Der Tag wird auch als Gedenktag des Apostels Johannes begangen:
Lesungen in diesem Fall:
Epistel: 1. Joh. 1,1-10 (Gott ist Licht; Christi Blut reinigt von der Sünde)
Evangelium: Joh. 21,20-24 (Jesu Worte zu Petrus über Johannes)
Textdichter: unbekannt; inspiriert durch Caspar Zieglers Choral
Choral (Nr. 1 und 6, sowie in Nr. 3 u. 5): Caspar Ziegler (1621-90)
Sechs Sätze; Aufführungsdauer: ca. 20 Minuten
Besetzung:
Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass; Coro: SATB; Oboe d'amore I + II, Cornetto (Zink), Violino I/II, Viola, Continuo
1. Choral SATB, Cornetto, Oboe d'amore I + II, Streicher, Continuo
Ich freue mich in dir
Und heiße dich willkommen,
Mein liebes Jesulein.
Du hast dir vorgenommen,
Mein Brüderlein zu sein.
Ach, wie ein süßer Ton!
Wie freundlich sieht er aus,
Der große Gottessohn!
2. Aria Alt, Oboe d'amore I + II, Continuo
Getrost! es fasst ein heil'ger Leib
Des Höchsten unbegreiflichs Wesen.
Ich habe Gott - wie wohl ist mir geschehen! -
Von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Ach, meine Seele muss genesen.
3. Recitativo Tenor, Continuo
Ein Adam mag sich voller Schrecken
Vor Gottes Angesicht im Paradies verstecken.
Der allerhöchste Gott
Kehrt selber bei uns ein.
Und so entsetzet sich mein Herze nicht;
Es kennet sein erbarmendes Gemüte.
Aus unermess'ner Güte
Wird er ein kleines Kind
Und heißt mein Jesulein.
4. Aria Sopran, Streicher, Continuo
Wie lieblich klingt es in den Ohren,
Dies Wort: mein Jesus ist geboren,
Wie dringt es in das Herz hinein!
Wer Jesu Namen nicht versteht
Und wem es nicht durchs Herze geht,
Der muss ein harter Felsen sein.
5. Recitativo Bass, Continuo
Wohlan! des Todes Furcht und Schmerz
Erwägt nicht mein getröstet Herz.
Will er vom Himmel sich
Bis zu der Erde lenken,
So wird er auch an mich
In meiner Gruft gedenken.
Wer Jesum recht erkennt,
Der stirbt nicht, wenn er stirbt,
Sobald er Jesum nennt.
6. Choral SATB, Cornetto, Oboe d'amore I + II, Streicher, Continuo
Wohlan, so will ich mich
An dich, o Jesu, halten,
Und sollte gleich die Welt
In tausend Stücke spalten.
O Jesu, dir, nur dir,
Dir leb ich ganz allein;
Auf dich, allein auf dich,
Mein Jesu, schlaf ich ein.
"Manchmal ist weniger mehr!" - dieses geflügelte Wort könnte ohne Weiteres auf diese Bachkantate zutreffen.
Kein weihnachtliches Geprunke mehr mit Pauken und Trompeten - es herrscht durchweg ein verinnerlichender Tonfall vor, auch sowas passt schließlich zu Weihnachten.
Alfred Dürr schreibt dazu sehr schön treffend:
ZitatBachs Komposition trägt einige Züge, die wir wohl als Rücksichtnahme auf die Gegebenheiten seines Leipziger Amtes deuten dürfen: Die Kräfte können am letzten von drei aufeinander folgenden Festtagen nicht mehr allzu stark beansprucht werden, und so gilt es, sich in der Beschränkung als Meister zu erweisen. Dem Komponisten ist dies in bewunderungswürdiger Weise gelungen.
Dem ist eigentlich nichts weiter hinzuzufügen!
Die hier gewählte Form der Choralkantate ist übrigens charakteristisch für Bachs 2. Leipziger Kantatenjahrgang des Jahres 1724/25: Die Textdichtung ist inspiriert durch und orientiert sich gleichermaßen an einem liturgisch zum jeweiligen Sonntag passenden Choral.
Der Hinweis auf Adam im Rezitativ Nr. 3 ist (ich bin kein Theologe!) meines Wissens darauf zurückzuführen, dass der an Weihnachten geborene Jesus als der neue Adam aufzufassen ist, durch den der einstige Sündenfall im Paradies endgültig getilgt wurde. So habe ich das - glaube ich - schon einmal gelesen.
Die Arie Nr. 4 mit dem für einen Komponisten wohl geradezu unwiderstehlichen Text "Wie lieblich klingt es in den Ohren" ist meiner Meinung nach auch besonders schön gelungen - ein ganz wundervolles Musizieren der verschiedenen Streicherstimmen mit der Sopransolistin!