Lieber Taminoianer
Ich sammle nun schon ein parr Jahrzehnten Tonträger, etwa mit 15 habe ich angefangen - und es fasziniert mich heute noch genauso wie am Beginn...
Seither ist jedoch eine Menge Zeit vergangen und der Geschmack hat sich gewandelt. Ich brauche nur die "großen" meiner Zeit aufzuzählen - und jeder weiß was ich meine: Karajan, Böhm, Bernstein, Klemperer, Karl Richter, das waren nicht nur meine "Hausgötter", nein sie prägten den Geschmack einer ganzen Generation. Heute sind sie nicht mehr jedem vertraut - natürlich kennt man ihre Namen, aber vielen haben sie heute gar nichts mehr zu sagen, ihr Stil ist "veraltet". Heute wissen wir besser, wie Mozart, Beethoven haydn Bach und Bruckner zu klingen hat- wie das alles zu interpretieren ist .
Wissen wir das wirklich ?
Ich erinnere mich gut an jene Zeit, als Wilhelm Kempf stolz drauf war die "alte Zeit" überwunden zu haben - er spielet eigenene "zeitgemäße" Kadenzen - die alten Zöpfe waren ab. Karl Richters moderenes temperamentvolles Bach-Dirigat wurde gelobt - und zugleich angefeindet. Herbert von Karajan setzte bei Beethoven Maßstäbe in Sachen von Klangschönheit, Erhabenheit und gleichzeitig schlankem sportivem Zugang zum Werk, in Karl Böhm hatte man endlich den "idealen" Mozart-Interpreten gefunden, einer dessen Mozart immer "natürlich" und richtig" klang - er war mehr oder weniger unangefochten. Ingrid Haeblers silbrig filigranes Mozart-Klavierspiel machte sie geradezu zu einer Ikone - endlich war es gelungen den duftig -leichten Klang eines Cembalos mit den Vorzügen eines modernen Flügels zu vereinen, die Künstlering macht jedoch auch gelegentlich Aufnahmen auf alten Hammerflügeln....
Heute klingt viele ganz anders. Die historische Aufführungspraxis wurde angeblich wiederentdeckt, sie klingt oft merkwürdig aggressiv. Mit neuen namen kamen auch neue Sichtweisen: Norrington, Rattle, Gardiner und Harnoncourt, Concerto Köln, Il giardino armonico, das Freiburger Barockorchester und etliche andere neue Interpretationen traten auf den Plan. Wer mit diesen Einspierlungen groß geworden ist, der empfindet die Älteren manchmal ziemlich temperament - und farblos (?)
Aber auch die historische Aufführungspraxis wurde modifiziert, und zwar durch HIP (historisch informierte Performance), hier konnte auch modernes Instrumentarium verwendet werden, allerdings wurde versucht die Spielweise, wie sie auf alten Instrumenten üblich ist, beizubehalten
(In meinen Augen ist das weder Fisch noch Fleisch - eine Eigenmächitgkeit, die mir nicht vertretbar scheint.)
Aber nun zum eigentlichen Thema.
Was könnte in der nächsten Zeit kommen ? Wie wird man in 5- 10 - 15 Jahren die klassischen Standardwerke interpretieren ?
Wie wird man die heutige Szene beurteilen ?
Ein rein hypothetischer Thread....
mfg
aus Wien
Alfred