Liebe Forianer,
Unerbittlich setze ich meine "Haydn-Missionierung" fort, weil ich der Meinung bin, daß wer dessen Sinfonien nicht kennt (vorerst gebe ich mich noch bescheiden, und begnüge mich mit den letzten "Großen" )
einen großen Verzicht leistet, ich meine dem entgeht ein großer Genuß.
Haydns späte Sinfonien, von denen 12 zu den "Londoner" Sinfonien zusammengefasst sind (sie sind dort entstanden), haben sich bereits von den früheren eher "kammermusikalisch" aufgefassten Sinfonien für Esterhaza emanzipiert (was kein Werturteil sein soll !!) und sind sogenannte "Große" Sinfonien, ähnlich den letzten von Mozart und den ersten Beethovens und Schuberts (wobei die Ähnlichkeit natürlich eher oberflächlich ist)
Eine dieser 12 "Londoner" Sinfonien ist die Nr 94 in C-dur, deren deutscher Titel "Mit dem Paukenschlag" ist, auf englisch und franzüsisch jedoch treffender "Surprise" genannt wird, bezogen auf einen Überraschungseffekt im 2. Satz dem Adagio, der, so sagen es wenigstens böse Zungen, das Publikum wieder hellwach machen sollte
Die Sinfonie beginnt, wie zumeist bei Haydn mit einer langsamen Einleitung in diesem Fall von betörender cantabler Schönheit und meinem Eindruck nach sogar "Süsse", aber keine Angst schon nach einigen Takten wird diese Einleitung durch ein quirliges Thema abgelöst.
Der Zweite Satz, ein Andante wird jäh durch einen Paukenschlag unterbrochen , ein Effekt, der AFAIK zur Zeit der Komposition völlig neuartig war.Danach wird das Thema variiert.
Der dritte Satz eher rustikal, ein Bauerntanz wird IMO gelegentlich zu rasch gespielt, was ihm das Typische nimmt, aber das ist Geschmackssache.
Frisch und schnell, ein heiterer Kehraus, der 4. Satz.
Die Sinfonie wurde am 23. März 1792 in London uraufgeführt. Die Spieldauer beträgt in etwa zwischen 19 und 24 Minuten.
Wenn man, wie ich, schon relativ früh, nicht nur Zugang zu Haydns Musik hatte, sondern von etlichem sogar begeistert ist, dann übersieht man manches, was einem plötzlich offenbart wird, wenn man solch einen Beitrag schreibt. In diesem Fall war es die Tatsache, daß diese Sinfonie (wahrscheinlich aber auch andere) besonders interpretationsabhängig ist, d.h. daß sie sich verändern kann wie ein Chameläon, sie verändert von Interpretation zu Interpretation spontan ihren Charakter. Das hat natürlich zur Folge, daß die Sinfonie an sich verschieden beurteilt wird, abhängig von der Interpretation. Ich habe etliches im Schrank und habe in eingiges hineingehört. Welchen Aufnahmen ich den Vorzug gebe, wird im Laufe des Threads verraten.
Glücklicherweise gibt es mehrere gute Alternativen, aber es gibt auch relativ bekannte Aufnahmen, von denen ich heute (ein Eindrück kanns ich täglich, ja stündlich Wandeln) den Eindruck hatte, daß sie dem Werk vieles vorenthalten, was dann tatsächlich zu "Papa Haydn" führt.
Ein Nachteil für Haydn ist, daß man leider die Sinfonie kurz abhören muß um sich zu äußern (kein Wunder bei 104, rep. 105 Stück), Beethovens Fünfte hat man jedoch, so glauben zumindest viele, "intus" )
Beste Grüße
aus Wien
Alfred