Beethovens Streichquartette und ihre Interpreten

  • Liebe Forianerinnen und Forianer,


    das Guarneri Quartet hat in den 90ern einen durchaus beachtlichen Zyklus bei Philips vorgelegt (derzeit nicht erhältlich). Nun aber habe ich gelesen, dass bei Brilliant Classics eine Gesamtaufnahme erscheinen soll. Diese Aufnahme soll ADD sein, muss also aus früheren Zeiten stammen. (Auf der WEBSeite von joanrecords selbst ist noch gar nichts davon zu lesen.) Ich vermute etwas verwundert, weil bislang bloß von EMI als Majorlabel Lizenzaufnahmen herausgebracht worden sind, dass es sich womöglich um die RCA-Aufnahme handeln wird.


    Wer kann mir sagen, ob vielleicht noch wo dereinst ein Zyklus erschienen ist? Kennt jemand diesesn älteren RCA-Zyklus? Kann jemand ihn empfehlen? Kennt jemand beide Zyklen (RCA&Philips) und kann die Unterschiede bennenen?


    Vielen Dank!

    Gruß ab


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    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • einzelne CDs oder auch Sets der Philips-Aufnahme kann man bei Amazon im nicht regulären Programm finden, bei amazon.com noch einige mehr, teils sogar sehr günstig.


    Aus diesem Zyklus habe ich nur mal op. 135 gehört und fand es sensationell gut.
    Aber auch die RCA Aufnahme aus den späten 60ern habe ich in guter Erinnerung, ist halt ein sehr direkter Sound, was in dem Fall kein großer Nachteil sein muß. Gleiche Stufe wie LaSalle, Amadeus u.a. (Juilliard mochte ich wegen dem Klang nicht, leider, muß ich fast sagen).


    Ich würde mal sagen,, daß Philips nie und nimmer einen solch neuen Zyklus an Brilliant verscherbelt, wenn überhaupt dann würden die wohl eher an Pentatone lizensieren (die ja das Philips Aufnahmeteam waren).


    Auf die RCA Aufnahme bei Brilliant darf man also gespannt sein.
    Für mich wird wohl trotzdem kein Weg vorbei an einem kompletten Set mit dem Takacs Quartet führen (nach genauem Durchhören der späten Quartette dazu mehr).


    Gruß, Khampan

  • Zitat

    Original von Khampan
    (Juilliard mochte ich wegen dem Klang nicht, leider, muß ich fast sagen).


    Wegen ses Quartettklangs oder aber wegen der Aufnahmequalität?


    Mir geht es ja bzgl. des "leiders" ganz gleich: die Juilliards mochte ich bei Beethoven weniger wegen des subjektiven Gefühlsausdrucks von Mann. Deren Qualität stelle ich nämlich über die vom Amadeus, Quartetto Italiano und auch von den eigenartig die Gegensätze suchenden und Kontraste schaffende LaSalles.

    Gruß ab


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    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Zitat

    Original von a.b.
    Wegen ses Quartettklangs oder aber wegen der Aufnahmequalität?


    sagen wir mal so: die Aufnahmen klingen für meine Ohren so schmutzig, daß mir zum Quartettklang nichts einfällt, wird wohl Absicht gewesen sein, also sind sie irgendwo mitschuld.


    Daß dir das Ergebnis der mehr strukturalistischer Herangehensweise der LaSalles nicht gefällt, überrascht mich etwas, denn über die Maßen "die Gegensätze suchende und Kontraste schaffende" Interpretationen findet man vestärkt bei den moderneren Gruppen, allen voran den von dir geschätzten Hagens (die schon über 30 Jahre bestehenden Takacs zählen nicht dazu).


    Gruß, Khampan

  • Bei den Juilliard-Aufnahmen muss man m.E. zwischen der frühen Aufnahme mit den mittleren Streichquartetten aus den 60er Jahren und den späteren Einspielungen von op. 18 (nicht herausragend) und der späten Quartette (sehr uneinheitlich) unterscheiden. Die Meisterstücke sind op. 59 Nr. 1 und 2 sowie op. 95 - sie bilden eine Symbiose aus "Strukturalismus" und "Subjektivismus". Die Aufnahmetechnik ist leider sehr schlecht, das CD-Remastering nicht gelungen.


    Bei den neueren Aufnahmen bevorzuge ich auch die Ensembles, die die Kontraste sehr scharf herausarbeiten - natürlich ist das spektakulärer und somit gefälliger, aber es treibt auch die Spreng- und Fliehkräfte bei Beethoven hervor. Das Hagen-Quartett wurde genannt, ich mache hier ausdrücklich nochmal Propaganda für das Artemis-Quartett. Die Lasalle-Aufnahme der späten Quartette ist sehr schön (ich höre sie nach wie vor oft), aber manchmal etwas - moderat!? Über die "Strukturalismus"-Problematik müsste man sich noch einmal gesondert unterhalten.


    Die Guarneri-Aufnahmen kenne ich nicht, habe insofern nichts zum Thread beizutragen. :D


    Viele Grüße


    Bernd

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  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Bei den Juilliard-Aufnahmen muss man m.E. zwischen der frühen Aufnahme mit den mittleren Streichquartetten aus den 60er Jahren und den späteren Einspielungen von op. 18 (nicht herausragend) und der späten Quartette (sehr uneinheitlich) unterscheiden. Die Meisterstücke sind op. 59 Nr. 1 und 2 sowie op. 95 - sie bilden eine Symbiose aus "Strukturalismus" und "Subjektivismus". Die Aufnahmetechnik ist leider sehr schlecht, das CD-Remastering nicht gelungen.


    Ich weiß nicht genau, von welchen Aufnahmen Du sprichst. Die bei Sony France wiederveröffentlichten stammen aus der Zeit von 1964-70, wobei die mittleren als erstes eingespielt wurden. Das ist sozusagen die "klassische". Die klingt zwar nicht optimal, aber "sehr schlecht" halte ich doch für eine ziemliche Übertreibung; insbesondere kann ich keine wesentlichen Klangunterschiede zwischen den wenige Jahre früher oder später aufgenommenen Stücken feststelllen. Wenn man das in derselben Zeit eingespielte "Amerikanische" von Dvorak zum Vergleich heranzieht, klingt das ebenfalls sehr trocken. Ein "Schönklangensemble" wie das Quartetto Italiano waren die Juilliards nie.



    Diese Aufnahmen klingen jedenfalls für meine Ohren um Längen besser als ein "Klassiker" aus den frühen 50ern, das Schubert-Quintett mit Casals.
    Es gibt von 3 oder 4 Stücken (u.a. op.131) noch früherere aus den späten 50ern, die kenne ich aber nicht.



    Dann gibt es eine vollständige deutlich spätere (80er Jahre)Aufnahme (teilweise live?), die in drei Lieferungen bei Sony zu haben war, die kenne ich auch nicht. Und es mag noch einzelne weitere späte Live-Aufnahmen geben.



    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Ich habe mich missverständlich ausgedrückt: gemeint waren ausschließlich die Aufnahmen 1964-70, unter denen ich nochmals zwischen der frühen Aufnahme der mittleren Quartette (1964-65) und den späteren Aufnahmen der frühen und späten Quartette (1968-70) differenziere. 1964 spielte die m.E. beste Formation mit Robert Mann, Isidore Cohen, Raphael Hillyer und Claus Adam - schon 1966 wurde Cohen durch Earl Carlyss, 1969 Hillyer durch Samuel Rhodes ersetzt. Das intellektuelle und spieltechnische Niveau der 1964er Aufnahmen wird 1968-70 - wie ich finde - nicht mehr erreicht.


    "Sehr schlecht" ist die Aufnahmetechnik nicht, Du hast recht. Ein wenig flach aber schon, auch wenn man den Aufnahmezeitraum berücksichtigt. Ich besitze die Aufnahmen sowohl auf LP als auch in der oben von Dir abgebildeten CD-Einspielung und habe mich insbesondere bei op. 59 Nr. 1 über das meiner Meinung nach misslungene Remastering geärgert (vor allem über ein Knistern, das ich auf der LP nicht wahrnehme). Ausdrücklich bezog sich meine Kritik NICHT auf das Spiel des Ensembles, dessen wenig schönklangverliebtes Spiel ich großartig finde.


    Habe soeben festgestellt, dass das hervorragend gelungene op. 95 als einziges der mittleren Quartette nicht 1964/65, sondern 1970 eingespielt wurde. Das relativiert das von mir Gesagte natürlich - aber nur ein wenig. :D


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo!


    Nach dem gesagten komme ich wohl kaum drumherum, mir die Brilliant-CDs mit dem Guarneri Quartet zu kaufen. :rolleyes:


    Den thread habe ich umbenannt (verallgemeinert) - ein thread über Gesamt-Aufnahmen der Streichquartette Beethovens hat ohnehin noch gefehlt.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Gibt es hier eigentlich auch Fans der Einspielung des Alban Berg Quartetts oder entsprechende Kritiker ?



    Habe diese Einspielung vor ca. 1 Jahr sehr günstig erworben, um mich mal in die Quartette reinzuhören. Mir fehlt aber der Vergleich, da ich wenig andere Einspielungen kenne.


    Gruß
    Sascha

  • ABQ ist sicher Meister im Auslassen von Wiederholungen.
    jaja, für viele reite ich zu sehr darauf herum. Ich finde es einfach sehr verdächtig, wenn man so am Notentext vorbei spielen kann, zu einer Zeit wo das nicht mehr selbstverständlich war.


    Gruß, Khampan

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  • Ich finde die Charakteristik verfehlt, zu behauptet, dass die Hagens bei Beethoven auf der Suche nach Kontrasten und Gegensätzen wären. Sicherlich sind sie extrem und haben extreme Farbgestaltungen und tum teil schon sehr schnelle Tempi; aber solche Kontraste wie beim LaSalle Quartett sind dort nicht gegeben, weil sie gerade mit ihrem bezwingenden Gesamtkonzept in einer völligen Einheit aufgehen, innerhalb der jeder dennoch wie ganz für sich getrennt jegliche Freiheiten hat. Die Gestaltung scheint sich irgendwo im Obertonbereich abzuspielen. Gerade ihre Einspielungen halte ich für extrem Einheitlich, wie ja auch die des Busch Quartetts.


    Das La Salle Quartett kam mir immer irgendwie wie Karajan bei Bruckner (insbes. 70er) vor: statt eines harmonischen Aufbaus zunächst nur ein "leichter" Anstieg und dann plötzlich brachiales Blech als Kontrast. Da werden Blöcke gegenüber gestellt. Sowohl bei Bruckner als noch viel mehr bei Beethoven halte ich dies für verfehlt; womöglich ist es aber auch nur eine Geschmackssache - wer weiß...

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Das


    Zitat

    Original von a.b.
    Ich finde die Charakteristik verfehlt, zu behauptet, dass die Hagens bei Beethoven auf der Suche nach Kontrasten und Gegensätzen wären.


    und das


    Zitat

    Sicherlich sind sie extrem und haben extreme Farbgestaltungen und zum teil schon sehr schnelle Tempi;


    finde ich schon ein wenig widersprüchlich.


    Zitat

    aber solche Kontraste wie beim LaSalle Quartett sind dort nicht gegeben, weil sie gerade mit ihrem bezwingenden Gesamtkonzept in einer völligen Einheit aufgehen, innerhalb der jeder dennoch wie ganz für sich getrennt jegliche Freiheiten hat. Die Gestaltung scheint sich irgendwo im Obertonbereich abzuspielen. Gerade ihre Einspielungen halte ich für extrem Einheitlich, wie ja auch die des Busch Quartetts.


    Eben: dialektisch gedacht wird gerade aus dem Zuspitzen der Gegensätze (bei den Hagens) eine neue Einheitlichkeit. Die Cavatina aus op. 130 wird extrem zurückgenommen, insbesondere das "beklemmte" Solo der ersten Violine am Rande des Verstummens - und dagegen die "Brutalität" der Großen Fuge. Das ist durchaus ein bewusstes Exponieren von Gegensätzen, aus dem eine neue Einheitlichkeit enstehen kann - aber nicht muss!


    "Extreme Einheitlichkeit" als DAS ästhetische Ideal wäre zu hinterfragen. Das Ausstellen von Fliehkräften und Gegensätzen hat auch einen ästhetischen Eigenwert.


    Zitat

    Das La Salle Quartett kam mir immer irgendwie wie Karajan bei Bruckner (insbes. 70er) vor: statt eines harmonischen Aufbaus zunächst nur ein "leichter" Anstieg und dann plötzlich brachiales Blech als Kontrast. Da werden Blöcke gegenüber gestellt. Sowohl bei Bruckner als noch viel mehr bei Beethoven halte ich dies für verfehlt; womöglich ist es aber auch nur eine Geschmackssache - wer weiß...


    Für Karajan und Bruckner kann ich das sofort nachvollziehen, für das Lasalle-Quartett nicht: Kannst Du Stellen in den späten Quartetten nennen, bei denen Dir das besonders auffällt?


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Das



    und das


    Auf die "Suche nach Kontrasten" muß sich bei Beethoven eigentlich niemand machen, die sind augenscheinlich ;)
    Bei den späten Quartetten finde ich BTW die Hagenschen Tempi keineswegs extrem. Ungewöhnlich schnell ist nur der Kopfsatz von op.18,4.
    Die große Fuge ist zwar recht schnell, aber eher klangschön, verglichen mit dem Gesäge, das man hier oft zu hören bekommt. (Auch das ist ein spannendes Thema, ob Stücke wie op. 106, op.133 oder auch Strawinskis Le Sacre dadurch an Ausdruck verlieren könne, dass sie hochvirtuosen Performen der letzten Jahrzehnte technisch "zu leicht" fallen...)


    Khampan: die meistvernachlässigte Wiederholung bei Beethoven (von einem genuin strittigen Fall wie op.13 abgesehen) dürfte die von Durchf. und Reprise in op.59,2i sein. Von meinen Einspielungen fehlt sie bei Petersen, Juilliard, Janacek, Emerson-Quartett; Melos (DG) und Musikverein Quartett berücksichtigen sie.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    spielte die m.E. beste Formation mit Robert Mann, Isidore Cohen, Raphael Hillyer und Claus Adam -


    Das intellektuelle und spieltechnische Niveau wird - wie ich finde - nicht mehr erreicht.


    Ganz meine Ansicht!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke


  • Nicht dialektisch, sondern auf das Interpretationsziel gedacht sage ich (über)pointiert : den Hagens geht es um die "neue Einheiltichkeit"; den LaSalles um das "Zuspitzen der Gegensätze". Nur das habe ich gemeint.


    Extreme Einheitlichkeit sehe ich nicht an als "das" ästehtisches Ideal überhaupt, sondern als eines, was bei einigen Musikern und Ensembles gegeben ist.


    Um Stellen nennen zu können, werde ich Zeit finden müssen, um sie mir darauf hin anhören zu können. Ich bitte um Geduld!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Bei den späten Quartetten finde ich BTW die Hagenschen Tempi keineswegs extrem. Ungewöhnlich schnell ist nur der Kopfsatz von op.18,4.
    Die große Fuge ist zwar recht schnell, aber eher klangschön, verglichen mit dem Gesäge, das man hier oft zu hören bekommt. (Auch das ist ein spannendes Thema, ob Stücke wie op. 106, op.133 oder auch Strawinskis Le Sacre dadurch an Ausdruck verlieren könne, dass sie hochvirtuosen Performen der letzten Jahrzehnte technisch "zu leicht" fallen...)


    War es nicht Hans Zender, der nach eigener Aussage Beethoven-Symphonien lieber von mittelmäßigen Orchestern hört, weil die normsprengende Gewalt dieser Werke erst bei schmerzlich hörbarer (Teil-)Überwindung der technischen und musikalischen Schwierigkeiten offenbar werde?


    Bei den Symphonien, die inzwischen von jedem Provinzorchester sauber exerziert werden, bin ich sogar geneigt, Zender zuzustimmen. Aber bei der Großen Fuge empfinde ich die Gewalt des Stückes am stärksten, wenn ein Ensemble zwar an die Grenzen des Spielbaren geht, aber trotzdem eine technisch makellose Darbietung hören lässt. So ordne ich die Aufnahme der Hagens ein, deren relative (!) "Klangschönheit" einfach durch eine hier ungewohnte spieltechnische Perfektion bei hohem Tempo entsteht. Das von Dir zu Recht erwähnte "Gesäge" ist ja nach wie vor eher die Regel als die Ausnahme und meistens auf mehr oder weniger gut kaschierte spieltechnische Probleme zurückzuführen. Das Lasalle-Quartett kann man hier leider nicht ganz ausnehmen.


    Bei op. 106 mit Korstick findet man ja eine ähnliche Problemlage wie bei op. 131 mit den Hagens. Und auch hier scheint mir die Gefahr eines Verlusts an Ausdruck (noch) nicht zu bestehen.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von a.b.
    Nicht dialektisch, sondern auf das Interpretationsziel gedacht sage ich (über)pointiert : den Hagens geht es um die "neue Einheiltichkeit"; den LaSalles um das "Zuspitzen der Gegensätze". Nur das habe ich gemeint.


    Hier melde ich dann doch zaghaften Widerspruch an und versuche, meine Meinung nicht mit den missverständlichen Begrifflichkeiten zu erläutern, sondern anhand eines konkreten Beispiels:


    Die Hagen-Einspielung von op. 132 habe ich (noch :rolleyes: ) nicht - ich vergleiche Lasalle- und Artemis-Quartett.
    Zwei Stellen in op. 132 sind ausdrücklich als "vokal" gekennzeichnet: der "Heilige Dankgesang" des dritten Satzes und das Rezitativ der ersten Geige im vierten Satz. Das Artemis-Quartett spielt den Choral des Dankgesangs als die vibratoärmste Passage des ganzen Werkes (so extrem wie kein anderes mir bekanntes Ensemble), das Rezitativ als die vibratostärkste Passage - ein Eindruck, der durch das dynamische An- und Abschwellen noch verstärkt wird. Gerade durch diese extrem herausgearbeitete Gegensätzlichkeit wird die Analogie zwischen den beiden Stellen deutlich. Beim Lasalle-Quartett gibt Walter Levin dem Rezitativ natürlich auch mehr Vibrato als dem "Dankgesang", aber als Gegensatz erkennt man die beiden Passagen kaum - weil sie in Spielweise und Tempo näher beieinanderliegen als bei den Artemis-Leuten. Also: bei den Lasalles mehr Einheitlichkeit, beim Artemis-Quartett "Zuspitzen der Gegensätze".



    Zitat

    Um Stellen nennen zu können, werde ich Zeit finden müssen, um sie mir darauf hin anhören zu können. Ich bitte um Geduld!


    Lass Dir Zeit! :)


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo!


    Dieser thread hat eine ähnliche Funktion wie der allgemeine thread über die Klaviersonaten Beethovens oder der über die Symphonien Beethovens.


    Hier kann über Gesamtaufnahmen der Quartette diskutiert werden, über den Stellenwert von Beethovens Quartettschaffen insgesamt oder andere Themen, die sich auf alle Beethoven-Streichquartette bzw. deren Interpreten beziehen.


    Diskussionen über einzelne Werke bzw. Interpretationen einzelner Werke sollten in den Spezialthreads stattfinden (genau so wie bei den Symphonien und Klaviersonaten).


    Hier eine Sammlung der threads zu einzelnen Streichquartetten:



    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartette Nr. 1 - 3 op 18
    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartette Nr. 4 - 6 op. 18
    BEETHOVEN, Ludwig van: Streichquartett Nr. 7 F-dur, op.59/1
    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartette Nr. 9 C-dur op. 59/3
    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartett Nr. 10 Es-dur op. 74
    BEETHOVEN, Ludwig van: Streichquartett Nr. 11 in f-moll op.95
    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartett Nr. 12 Es-dur op. 127
    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartett Nr. 13 a-moll op. 132
    BEETHOVEN Ludwig van: Große Fuge in B-dur op. 133
    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartett Nr. 15 cis-moll op. 131
    BEETHOVEN Ludwig van: Streichquartett Nr. 16 F-dur op. 135


    Wer zu op. 59/2 oder op. 130 etwas schrieben möchte, eröffnet bitte einen neuen thread.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo!


    Meine einzige GA ist die der Emersons:



    Mich würde mal interessieren, wie andere, die mehrere GAs, unter anderem diese, sie im Vergleich beurteilen.
    Kann dazu jemand etwas schreiben?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Antracis
    Einspielung des Alban Berg Quartetts


    op. 131 finde ich ausgezeichnet; op. 59/1 schrecklich.


    Homogenitätsqualität wie aus einem Guss! Technisch war es wohl eines der besten Streichquartette unserer Tage. Interpretatorisch oft nicht mein Geschmack, insbesondere der Ton des Primarius. Wunderbarer aber der Haydn!


    Wer weiß eigentlich, was mit dem Quartett seit dem Tot von Kakuschka geworden ist, wie ist nun die neue Dame, des alten seine Schülerin, an der Bratsche? Haben die sich nun doch aufgelöst? Pproben sie nur exzessiv? Oder sind sie auf Tour? Sind Aufnahmen geplant? Fragen über Fragen...

    Gruß ab


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    J. Locke

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  • Hohe techische Qualität in typischer Emerson-Klang-Romantik.


    (Mehr Emerson als Beethoven?) :wacky:


    Spaß beiseite, sicher kein Fehlkauf!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Das hat man davon, wenn man ungefragt einen Titel abändert. Ursprünglich wollte ich, dass es hier ausschließlich darum geht, etwas zu den Einspielungen des Guarneri-Quartets zu sagen!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke


  • Moin a.b.,


    der Grossteil Deiner Fragen wird hier beantwortet:


    ABQ


    In Zürich sind wieder drei Konzerte in dieser Saison geplant.

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

  • Danke!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Letzte Woche ist bei mir folgende Gesamteinspielung der Beethoven-Quartette eingetroffen, die bei jpc für sagenhafte 19,99 Euro angeboten wird:





    Das längliche und nicht CD-Regal-kompatible Paket enthält 10 CDs mit allen Streichquartetten einschl. der Bearbeitung von op. 14 Nr. 1 und einer zusätzlichen CD, auf die ich am Schluss eingehe. Die Aufnahmen entstanden zwischen 1996 und 2003 (in der Reihenfolge: späte, mittlere, frühe Quartette); die Klangqualität ist durchweg ausgezeichnet. Das Ensemble setzt sich traditionell aus den Konzertmeistern sowie dem Solobratscher und -cellisten des Gewandhausorchesters zusammen. Es hat eine Tradition, die bis 1808 zurückreicht, von Anfang an stark mit dem Werk Beethovens verknüpft ist und im Booklet ausführlich dargestellt wird.


    Soweit ich die Suchfunktion richtig bedient habe, wurde im Forum bisher nur die Einspielung von op. 74 ausführlicher gewürdigt, wobei Pius zu einem insgesamt positiven Urteil kam. Die Gesamteinspielung erhielt immerhin den Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik, was man nicht über-, aber auch nicht unterbewerten sollte. Der Tenor der professionellen Kritik war fast durchweg positiv, wobei vor allem die „natürliche“, nie forcierte Lesart der Werke betont wurde. Auch wenn es sich dabei um ein typisches Rezensionsklischee handelt, kann ich mir vorstellen, was gemeint ist. Zunächst einmal sind Perfektion und Homogenität des Zusammenspiels hervorragend (mit minimalen Abstrichen bei der manchmal zu diskreten Bratsche). Sodann sind die gewählten Tempi meist moderat im positiven Sinne: es gibt keine Geschwindigkeits- und Verschleppungsrekorde, ohne dass die Kontraste eingeebnet würden. Im Zweifelsfall findet man das Ensemble eher auf der gemächlicheren Seite, insbesondere bei den langsamen Sätzen (mit Ausnahme von op. 59/1; Extrembeispiel ist op. 127 mit 15:59). Für die Dynamik gilt ähnliches, wobei mir hier inbesondere im p/pp-Bereich etwas zu wenig differenziert wird. Überhaupt sind dynamische Abstufungen auf engstem Raum, wie sie Hagen- oder Artemis-Quartett brillant beherrschen, nicht die Sache der Gewandhaus-Leute, die einen im besten Sinne „philharmonischen“ Klang pflegen. Sforzati werden stärker eingebettet als etwa beim Lasalle-Quartett (op. 127, 1. Satz; die Pizzicati im Variationensatz von op. 131). Dafür „fließt“ die Musik sehr schön, und das Gewandhaus-Quartett hat trotzdem ein unleugbares Gespür für Details und Nebenstimmen. Fazit: eine Alternative zu den auf verschiedene Weise extremeren Einspielungen des Juilliard-, Lasalle-, Emerson-, Hagen- und Artemis-Quartetts; eine runde Sache im Wortsinn. Aufgrund des Preises auch für Einsteiger in die Welt der Beethoven’schen Quartette hervorragend geeignet: das Niveau ist durchgängig sehr hoch, Ausfälle gibt es nicht.


    Besonders hervorzuheben: Auf der zehnten CD finden sich u.a. Ausschnitte aus dem Variationensatz und dem Presto von op. 131 in einer Aufnahme des Gewandhaus-Quartetts von 1916 (digitale Bearbeitung von Schellackplatten). Ich kenne keine ältere Aufnahme eines Beethovenquartetts. Hier hört man „romantisches“ Quartettspiel im historischen Sinne: sehr langsames Tempo beim Variationensatz, deutliche Portamenti des Primarius – und der Schluss des langsamen Satzes erstarrt (partiturwidrig) in einem gewaltigen Ritardando (ich fühlte mich fast an den letzten Satz von Mahlers Neunter erinnert). Eine Interpretation, die wohl kaum auf Mendelssohn’sche Ideale zurückgeht, wie man sie in Leipzig eventuell noch erwartet hätte.


    Viele Grüße


    Bernd

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  • Die ganz zu Anfang erwähnte Gesamtaufnahme des Guarneri Quartet habe ich gerade im 2001 Online-Katalog gesehen.
    Es kann sich nur um die RCA-Aufnahme von 1966-1969 handeln, die im normalen Handel für das vierfache angeboten wird. In der Brilliant-Version gibt's die 8 CDs für 13 Euronen, allerdings mit der Anmerkung: Fehlt, wir liefern innerhalb von 4 Wochen.


    Ich kaufe erst, wenn mir jemand sagen kann, ob hier wenigstens die eine oder andere Wiederholung ausgeführt wird. Viel kann man ja leider aus dieser Zeit nicht erwarten, schnief.


    Daß op. 133 (Große Fuge) mit op. 132 gekoppelt ist statt mit op. 130 (als dessen ursprüngliches Finale sie geplant war), naja...


    Gruß, Khampan

  • Zitat

    Original von Khampan
    Die ganz zu Anfang erwähnte Gesamtaufnahme des Guarneri Quartet habe ich gerade im 2001 Online-Katalog gesehen.
    Es kann sich nur um die RCA-Aufnahme von 1966-1969 handeln, die im normalen Handel für das vierfache angeboten wird. In der Brilliant-Version gibt's die 8 CDs für 13 Euronen, allerdings mit der Anmerkung: Fehlt, wir liefern innerhalb von 4 Wochen.


    Auf der Brilliant-Homepage ist nun endlich näheres zu erfahren: erstaunlicherweise handelt es sich nicht um die ältere RCA-Aufnahme (die ich gerne erworben hätte), sondern um eine Lizenz der jüngeren Philips-Aufnahmen - es heißt jedenfalls " Recordings made between 1987 and 1992 in New York". Vor allem bei den späten Quartetten ist das meines Erachtens eine der besten Einspielungen überhaupt: bis in die letzten Details kompromisslos ausgeleuchtet, leuchtend im Klang und gleichzeitig doch auch fahl, introvertiert und irgendwie das Ende der Dinge umkreisend. Später Beethoven ohne Zugeständnisse und gerade deswegen überzeugend.



    Viele Grüße,
    Christian

  • Danke, Christian, für den Hinweis!
    Philips statt RCA wäre in der Tat der Knaller.
    Ich hatte auf RCA geschlossen wegen der Anmerkung ADD, die bei 2001 zu finden ist.
    Eine der beiden Angaben muß also falsch sein, wie spannend!


    Gruß, Khampan

  • Auch für mich sind die Beiträge interessant; ich werde mich nun schnell um die letzten beiden genannten Einspielungen bemühen, da verhältnismäßig preiswert.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Vom Yale Quartet gibt es eine Aufnahme (nur) der späten Quartette, sie entstand etwa um 1970 und ist in "The Complete Masterworks" von Brilliant Classics enthalten. Weil ich noch nie von diesem Ensemble gehört hatte, es aber gleichwohl sehr gut besprochen wird (Leserrezensionen bei Amazon.com) und mich die aus den Spieldauern ersichtlichen zügigen Tempi (op. 135, 1. Satz dauert nur 5:38 ) neugierig gemacht hatten, habe ich jetzt mal reingehört.


    Hier eine Zusammenfassung, natürlich rein subjektiv, und ich gebe gerne zu daß ich nicht alles ertragen habe:


    1. häufig sehr mäßige Intonation, jedes moderne Ensemble kann das live besser.
    2. Dynamik findet kaum statt (das sagt einer, dem die postmoderne Kontrastsuche à la Hagen, Artemis etc. deutlich zuviel des Guten ist).
    3. Schnitt-technisch mit zugehaltenen Ohren zusammengeflickt: op. 132 gleich nach 1:32 eine um ein Viertel verschoben spielende Viola, hörbar wurde da ein Take verwendet wo sich noch nicht alle zusammengefunden hatten. Dieses besonders krasse Beispiel ist leider symptomatisch, es gibt viele schnittbedingte Sprünge in Dynamik, Tempo, Intonation(!) und Gesamtklang.
    4. Tempowechsel (z.B. die in op. 131, 4. Satz Andante ma non troppo) machen auf mich den Eindruck von Beliebigkeit, nicht den einer konzeptionellen Absicht. Auf manche Hörer mag das reizvoll, interessant wirken, auf mich nicht.
    5. Der Wille, eine recht zügige, kompakte Interpretation mit expressiven Einlagen abzuliefern, ist durchaus erkennbar, auch ist z.B. die Artikulation hervorragend ausgearbeitet, das Zusammenspiel meist sehr gut. Potenzial wäre also vorhanden gewesen. Nur ist die Umsetzung einer ziemlichen Schlamperei auf vielen Ebenen zum Opfer gefallen.
    6. Klanglich etwas dumpf, stellenweise unausgewogen, aber noch brauchbar. Viele störende Nebengeräusche.


    Überraschenderweise :P ist von der gleichen Quartettformation sonst keine Einspielung zu finden.


    Gruß, Khampan

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